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Die Zerstörung des Manuel Neuer

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aj7x3568In knapp drei Wochen startet eine Europameisterschaft im eigenen Land. Die Euphorie dürfte speziell bei den Borussen-Fans gedämpft sein. Zu tief sitzt der Schmerz der abgelaufenen Saison, der einem für die nächsten Monate jegliche Lust auf diesen Sport verleidet hat. Mit Nico Elvedi, Stefan Lainer und Maximilian Wöber werden immerhin drei Borussen bei der EM dabei sein. Außer evtl. Robin Hack hätten es mehr Borussen nach dieser Saison nicht verdient, an diesem Großereignis teilzunehmen. Schließlich gilt bei der Nationalmannschaft immer noch so etwas wie ein Leistungsprinzip, oder etwa nicht Herr Nagelsmann? Blickt man auf den deutschen Kader, darf dies zumindest auf einer Position arg bezweifelt werden.

Eine lebende Legende

Ohne Zweifel: Manuel Peter Neuer ist eine lebende Legende. Der gebürtige Gelsenkirchener gehörte spätestens seit 2008 und mindestens bis 2016 zu den weltbesten Torhütern. Er wurde von der Internationalen Federation für Fußball-Geschichte und Statistiken völlig zurecht zum Welttorhüter der Jahre 2013 bis 2016 sowie des Jahrzehnts gewählt. In der ersten Hälfte der 2010er-Jahre etablierte Neuer das aktive, offensive Torwartspiel auf Weltklasseniveau. Dank seinem Vorbild werden heutzutage von jedem Keeper auf Top-Niveau fußballerische Qualitäten erwartet.

Diesen Legendenstatus, der durch den WM-Erfolg 2014 zementiert wurde, kann niemand zerstören – außer er selbst. Denn wie so vielen großen Sportlern fällt es Neuer schwer einzusehen, wie sehr ihm Alter und Verletzungen zusetzen und er nicht mehr in der Lage ist, die Top-Leistungen aus früheren Tagen abzurufen. Vergangenen März wurde er 38 Jahre alt. Ein Alter, in dem ein Oliver Kahn seine Karriere beendete, Jens Lehmann seinen Stammplatz beim FC Arsenal verlor und Andi Köpke nur noch zweitklassig unterwegs war. Auch andere einstige Topkeeper wie Bodo Illgner, Petr Cech und Iker Casillas waren in diesem Alter schon nicht mehr aktiv. Sicher: Es gibt Ausnahmen wie Gianluigi Buffon, der auch mit 40 Jahren noch auf hohem Niveau abgeliefert hat. Die Regel ist aber eher die, dass Fußballer ab einem bestimmten Alter in den 30ern massiv abbauen. Dies mag bei Torhütern ein paar Jahre später einsetzen. In den allermeisten Fällen sind aber auch diese mit 38 bei weitem nicht mehr in ihrer Topverfassung.

Verletzungen und verpatzte Weltmeisterschaften

Dieser Prozess wird nicht gerade dadurch verbessert, wenn durch das Alter die Verletzungsanfälligkeit zunimmt. Seitdem Neuer im April 2017 für ein Jahr lang mit einem Mittelfußbruch ausgefallen ist, war er insgesamt 841 Tage, also fast 2 ½ Jahre lang verletzt. Etwas, was auch seinem Torwartspiel deutlich anzumerken ist, wie nicht erst die aktuelle Saison zeigt.

Was viele ob seines Legendenstatus nicht sehen möchten: Schon bei den letzten beiden Weltmeisterschaften gehörte Neuer zu den Schwachpunkten im deutschen Team. 2018 reichten ihm zwei Pflichtspiele nach der langen Verletzung, um Confederations-Cup-Sieger ter Stegen auf die Bank zu verdrängen. Nicht nur beim zweiten Gegentor gegen Südkorea, als er am gegnerischen Strafraum den Ball vertändelte, wirkte er unsicher. Noch drastischer fiel der Leistungsabfall aber vier Jahre später aus, als er beim letztlich entscheidenden Ausgleich dem Japaner Doan die Torwartecke überließ. Gegen Costa Rica ließ er einen harmlosen Kopfball von Campbell nach vorne abklatschen und lud Tejeda zum 1:1 ein. Beim 1:2 von Vargas irrte er mit einem Scherenschlag durch den Fünfmeterraum und ließ sich den Ball durch die Beine ins Tor schieben. Mindestens an drei der fünf Gegentore, die Deutschland in diesem Turnier kassierte, war der Ex-Schalker aktiv beteiligt. Nicht nur für den kicker war er somit der (noten)schwächste Torhüter des Turniers.

Gemischte Eindrücke in der Champions League

Es folgte die nächste schwere Verletzung aufgrund eines Skiunfalls, die jegliche Diskussionen über seinen Leistungsstatus überschattete. Seit dem peinlichen WM-Aus konnte er verletzungsbedingt kein Länderspiel mehr absolvieren.  Auf höchstem Niveau blieb ihm somit nur die Champions League, wo es für die Bayern meist erst ab dem Viertelfinale spannend wird. Gegen den FC Arsenal hielt er sich weitgehend schadlos, wenngleich er in der Nachspielzeit des Rückspiels Glück hatte, dass Saka allzu spektakulär über das von ihm unglücklich ausgefahrene Bein fiel und der Schiedsrichter somit den möglichen Elfmeter (zurecht) nicht gab.

Da Arsenal insgesamt enttäuschend auftrat, bekam Neuer leider nicht wirklich die Gelegenheit, seine vermeintliche Weltklasse unter Beweis zu stellen, die er und einige seiner Fans immer noch in ihm sehen. Dies sollte ihm erst im Rückspiel gegen Real Madrid möglich sein, als er tatsächlich einige starke Paraden zeigte. Dies alles verlor am Ende aber an Wert, da er durch seinen kapitalen Patzer kurz vor Schluss den Madrilenen das Tor zum Finale aufstieß. Zur Erinnerung: Im Vorjahr wurde Yann Sommer beim Aus gegen Manchester City dafür medial geschlachtet, dass er einen Ball nicht hielt, den ein 2-Meter-Torhüter mit Sommers Sprunggewalt evtl. hätte abwehren können. Vergessen waren vier bis fünf Weltklasse-Paraden, die Bayerns Niederlage mit 0:3 noch halbwegs in Grenzen hielten. Es war Sommers Anfang vom Ende bei den Bayern.

seitenwahl 202302181508 AJ7X7083Doch zurück zu Manuel Neuer, der sich, wenn schon nicht in der Champions League, dann aber doch zumindest in der Bundesliga sein sicheres EM-Ticket mit Startelfgarantie verdient haben sollte. Blicken wir daher auf die Daten und Fakten dieser Bundesliga-Saison.

Die Fehler des Manuel N.

Beginnen wir mit den offensichtlichen Fehlern, die Neuer in den letzten Wochen erstmals seit Jahren in die öffentliche Diskussion brachten. Während bei Marc-André ter Stegen schon ein einziger Fehler gegen den FC Valencia zu einem medialen Großereignis hochstilisiert wurde, hatte der einstige Welttorhüter in dieser Saison an zehn Gegentoren entscheidenden Anteil, acht davon in der Bundesliga. Dabei stechen drei Aspekte besonders hervor, bei denen Neuer nicht mehr an seine einstige Weltklasse heranreichen kann.

1.) Schüsse ins kurze Eck

Vor gut einem Jahrzehnt war er noch ein Meister im Eins gegen Eins. Er machte sich vor dem heranlaufenden Gegner so groß wie möglich, blieb lange stehen und konnte so einige Großchancen zunichtemachen. Mittlerweile kann man gegnerischen Stürmern nur raten, beim Anlaufen auf Manuel Neuer hoch in die Torwartecke zu zielen. So konnten ihn bei der WM 2022 der Japaner Doan und der Spanier Morata überwinden. In dieser Saison gelang dies u. a. dem Bremer Weiser, und dem Stuttgarter Stergiou. Die Schüsse von Morata und Weiser waren immerhin so scharf geschossen, dass hier kein offensichtlicher Torwartfehler zu erkennen war. Wenngleich ein Neuer zu seiner besten Zeit auch solche Bälle durchaus einmal gehalten hat.

Beim 1:5 in Frankfurt ließ Neuer einen weiteren Treffer in seiner Torwartecke zu, als ihm der Schuss von Embimbe durch die Hände flutschte. Ebenso ließ er Jeong beim 2:1 des VfB ungestört in seine Ecke köpfen und zeigte er gegen Kramaric überhaupt keine Reaktion bei dessen nicht unhaltbaren Schuss ins kurze Eck.

2.) Zögerliches Herauslaufen

Beim Gegentor von Stergiou vor einigen Wochen wurde ein weiterer Makel des neuen, alten Neuer deutlich. Im Gegensatz zu früher zögert er oft zu sehr beim Herauslaufen. Etwas, was schon beim Hinspiel gegen Real Madrid den Treffer von Vinicious erleichterte, als er viel zu lange in seinem Fünfmeterraum verharrte und genau das nicht tat, was ihn im vorigen Jahrzehnt so sehr ausgezeichnet hat: Das Antizipieren gegnerischer Möglichkeiten durch aktive Vorwärtsverteidigung.

3.) Fehlpässe

Dieser Makel überrascht, da nicht wenige seiner Fans immer noch beteuern, für Neuer sprächen seine fußballerischen Fähigkeiten, die ihn von anderen Torhütern so sehr abheben. Dagegen spricht auch hier die Statistik, denn gleich vier Gegentore in dieser Saison leitete Neuer durch einen unnötigen, weil unbedrängten Fehlpass ein. Gegen Gladbach bediente er Nico Elvedi, gegen Frankfurt Buta und gegen Hoffenheim leitete er gleich zwei Gegentore durch seine Slapstick-Pässe ein.

Die Einschätzung des kicker

Zur „Ehrenrettung" sei gesagt, dass Fehlpässe zumindest bei den „Experten“ des kicker nur bedingt als Torwartfehler zu gelten scheinen. So erhielt Neuer trotz seiner eindeutigen Beteiligung an den Gegentoren gegen Frankfurt und Gladbach jeweils eine 3 bzw. 3,5. Noten, die sonst nur Torhütern vorbehalten sind, die weitgehend unauffällig bleiben. Doch die PR-Hilfe des Nürnberger Fachmagazins für Deutschlands berühmtesten Torhüter ist mittlerweile legendär und wird beizeiten durch diverse Exklusivinterviews vergolten. Umso erstaunlicher ist es, dass Neuer trotz einer ganz bestimmt nicht überkritischen Berichterstattung in der Notenrangliste des kicker auf Platz 15 der 18 Torhüter mit mindestens 17 Saisoneinsätzen gelandet ist. Ein Notenschnitt von 3,15 ist für einen Torhüter beim kicker unterdurchschnittlich.

2024 kicker Noten

Die Bundesliga-Torhüter nach kicker-Noten 2023/24 (Quelle: https://www.kicker.de/bundesliga/topspieler-tor/2023-24/34)

 

Dies nicht nur im Vergleich zu anderen Torhütern, wie u. a. Kobel, Baumann oder Nübel, sondern auch relativ zu Neuers eigenen Leistungen in der Vergangenheit. Die folgende Abbildung belegt, dass er bis zu seiner ersten großen Verletzung 2017 auch nach kicker-Noten regelmäßig zu den Toptorhütern des Landes gehörte. 2018 brauchte er einige Zeit, um wieder ein besseres Notenniveau zu erreichen, das ihn aber in den letzten beiden Spielzeiten endgültig abhandengekommen ist.

2024 Neuers Kicker Noten

Die kicker-Noten des Manuel Neuer im Zeitverlauf (Quelle: www.kicker.de)

 

Nun sind kicker-Noten zweifelsohne eine der subjektivsten Statistiken, die sich finden lassen. Aus meiner Sicht werden diese Noten sogar noch eher zu Gunsten des Bayern-Keepers verzerrt, aber auch dies ist eine subjektive Einschätzung. Von daher wenden wir uns lieber objektiveren Statistiken zu, die sich im weltweiten Netz ebenso zuhauf finden lassen.

Gegentore pro Spiel

Die einfachste, aber leider nicht gerade aussagekräftigste Statistik sind die Gegentore pro Spiel. Diese Werte werden dadurch verzerrt, dass Torhüter von erfolgreichen Vereinen regelmäßig hinter einer besseren Abwehr stehen und von daher auch durch deren Verdienst auf bessere Werte kommen. Von daher sollte sich hier dem Torhüter des drittbesten deutschen Vereins eigentlich ein Vorteil bieten. Dies stimmt statistisch aber nur zum Teil, da Neuer in dieser Statistik auf einen Wert von 1,43 Gegentoren pro Spiel kommt (33 Gegentore in 23 Spielen). Dies ist zwar immerhin der fünftbeste Wert der Liga, aber eben auch deutlich schlechter als die Ausbeute der Keeper anderer Topvereine aus Dortmund, Leverkusen und Stuttgart. Ter Stegen weist in der spanischen Liga z. B. einen Wert von 0,96 auf (26 Gegentore in 27 Spielen).

2024 Gegentore pro Spiel

Gegentore pro Spiel in der Bundesliga-Saison 2023/24 (Quelle: https://www.kicker.de/bundesliga/torhueter/2023-24/34)

 

Abgewehrte Torschüsse in Prozent

Doch kommen wir zu weniger verzerrten Statistiken. U. a. der kicker weist in seinem Statistikfundus die Anzahl der abgewehrten Torschüsse auf. In absoluten Zahlen sind diese wenig aussagekräftig, da Torhüter von Topvereinen naturgemäß weniger Schüsse auf ihr Tor bekommen als diejenigen von Abstiegskandidaten. Deshalb macht es hier nur Sinn, die abgewehrten Torschüsse im Verhältnis zu allen Torschüssen (also in Prozent) zu betrachten. In dieser Statistik befindet sich Neuer auf Platz 12 der betrachteten 18 Torhüter. Gerade einmal 64,5 % der Schüsse auf das Bayern-Tor konnte Neuer parieren. Zum Vergleich: Bei Oliver Baumann waren es 68,9 %, bei Moritz Nicolas 69,9 % und bei Lukas Hradecky gar 76,5 %. Marc-André ter Stegen ist laut Zahlen von opta data in dieser Saison auf einen Wert von 75 % gekommen.

2024 Abgewehrte Torschsse in Prozent

Abgewehrte Torschüsse in Prozent 2023/24 (Quelle: https://www.kicker.de/bundesliga/torhueter/2023-24/34)

 

Vor seiner großen Verletzung 2017 konnte Neuer regelmäßig ebenso starke wie konstante Werte von rund 80 % abrufen. Werte, an die er anschließend nie wieder herankam.

2024 Neuers Paraden

Abgewehrte Torschüsse in Prozent von Manuel Neuer im Zeitverlauf (Quelle: www.kicker.de)

 

Post-x-Goals abzüglich Gegentore

Die vermutlich aussagekräftigste Torhüter-Statistik bietet opta data über das Portal fbref.com an. Hier werden die sogenannten Post-x-Goals bewertet: Das sind die Chancen des Gegners nach abgegebenem Schuss. Wie wahrscheinlich ist es, dass der Torhüter den Schuss abwehrt? Positive Zahlen deuten auf besseres Glück oder eine überdurchschnittliche Fähigkeit hin, Schüsse abzuwehren. Wenn man diesen Wert mit der Anzahl der tatsächlichen Gegentore vergleicht, ergibt sich ein recht sinnvoller Wert über die Saisonleistung eines Torhüters.   

Welch Überraschung: Auch in dieser Statistik fällt Manuel Neuer in dieser Saison nicht gerade positiv auf. Laut Zahlen der opta data liegen hier nur vier Bundesliga-Torhüter hinter Neuer, der gleichauf mit Moritz Nicolas Platz 13 belegt. Nach den Erhebungen von opta data hätte Neuer auf Basis der Qualität gegnerischer Torchancen 29,1 Gegentore kassieren dürfen. Tatsächlich waren es 33, also 3,9 mehr. Dabei sind die Werte von opta data noch relativ gnädig mit Deutschlands Nr. 1. Nach Einschätzung von Wyscout liegt die Diskrepanz bei Neuer in dieser Saison sogar bei -8.

Doch verbleiben wir beim anerkannten Statistik-Dienstleister opta data: Nationalmannschaftskonkurrent Oliver Baumann z. B. schneidet hier weit besser ab als Neuer: Er kassierte 3,6 Gegentore weniger als zu erwarten gewesen wäre. Auch hier sei ein Blick in die La Liga gestattet, wo ter Stegen auf eine positive Differenz von 0,7 kommt.

2024 PostxG minus Gegentore

Post-x-Goals abzüglich Gegentore (Quelle: https://fbref.com/de/wettbewerbe/20/keepersadv/Bundesliga-Statistiken)

 

Im Vorjahr schnitt Neuer in dieser Statistik übrigens noch deutlich besser ab, als er 3,7 Gegentore weniger kassierte als ihm zustand. Schon hier wurde er aber von ter Stegen überboten, der nicht zuletzt aufgrund der überragenden Quote von +8,7 zum besten Spieler (nicht bloß Torhüter!) der spanischen Liga gewählt wurde.

Vorsicht vor den Zahlen

Es sei ausdrücklich darauf hingewiesen, dass all diese Zahlenspiele mit Vorsicht zu genießen sind. Jede Statistik für sich allein betrachtet lässt sich kritisch hinterfragen und bietet kein vollständiges Gesamtbild über die komplexe Leistung eines Torhüters. Dies sei hier in keiner Weise bestritten. Wenn allerdings sämtliche relevanten Statistiken in eine deutliche Richtung zeigen und durch offensichtliche Fehler flankiert werden, dann fällt es sehr schwer, noch gute Argumente dafür zu finden, Manuel Neuer als aktuell besten deutschen Torhüter zu sehen.

Das Argument, dass er über die meiste internationale Erfahrung verfügt und schon einige Großereignisse als Stammkeeper hinter sich gebracht hat, verfängt sich mit Blick auf die letzten drei Turniere, die allesamt mit und zum Teil dank Manuel Neuer in den Sand gesetzt wurden. Der Manuel Neuer des Jahres 2014 wäre selbstverständlich für jede Mannschaft dieser Welt ein Gewinn. Dieser Manuel Neuer existiert aber schon lange nicht mehr. Und zuletzt ist er – durch sein Alter und seine Verletzungen geplagt – nur noch ein Schatten vergangener Tage und allenfalls ein durchschnittlicher Bundesligatorhüter.

Der Torhüter-Experte der 11-Freunde-Redaktion, Sascha Felter twitterte (oder x-te) daher – wohlgemerkt noch vor dem Hoffenheim-Desaster: „Rein sportlich gibt es derzeit keinen Grund, wieso Neuer bei der EM im Tor stehen sollte.“ Sehr lesenswert seine Keeperanalyse, die er in einem X-Thread auf Basis der Spiele gegen Real Madrid und Stuttgart vorgenommen hat: https://x.com/SaschaFltr/status/1787754899125522752

Keine Frage der Konkurrenz

Die Frage, wer an Neuers Stelle das Nationaltor hüten sollte, möchten wir an dieser Stelle nicht allzu sehr vertiefen, da wir als Gladbacher zweifelsohne ein wenig befangen sind. Aus unserer Sicht liefert Marc-André ter Stegen seit Jahren Weltklasse-Leistungen ab und wäre daher aktuell die natürliche Nr. 1 des Landes. Auch er wurde aber diese Saison durch eine dreimonatige Verletzung zurückgeworfen, weshalb er nicht die überragende Form der Vorsaison abgerufen hat. Insgesamt war er aus unserer Sicht weiterhin ein sicherer Rückhalt des FC Barcelona, der in 15 seiner 27 Ligaspiele ohne Gegentor blieb. Bemüht man bei fbref.com einen Quervergleich zwischen ihm und Neuer, so lässt sich zumeist ein klares Plus auf seiner Seite erkennen (Quelle: https://fbref.com/en/stathead/player_comparison.cgi?show_form=1&request=1&sum=0&comp_type=by_type&dom_lg=1&player_id1=8778c910&p1yrfrom=2023-2024&player_id2=6f51e382&p2yrfrom=2023-2024).

matsschweini

 

Der größte Vorwurf seiner Gegner besteht zumeist darin, dass er fußballerisch nicht an Neuer heranreiche. So absurd dies ob der vier Fehlpass-Gegentore des Bayern-Keepers in dieser Saison anmutet. Auch die Passstatistik gibt hier ein eindeutiges Bild ab, bei der ter Stegen mit 89,7 % gegenüber Neuer mit 86,1 % vorne liegt. Noch offenkundiger wird es bei den langen Pässen, wo ter Stegen zu 74 % erfolgreich seinen Mitspieler erreicht hat, während dies bei Neuer nur zu 64 % der Fall war.

Das Vorurteil, ter Stegen habe in der Nationalelf oft unsicher gewirkt, rührt noch immer aus den allerersten Spielen, die der damalige Gladbach-Torhüter im Jahr 2012 absolviert hat. In seinen ersten drei Partien für Deutschland wurde er hinter einer katastrophalen Abwehr verheizt und zahlte einiges an Lehrgeld mit 12 Gegentoren und teils haarsträubenden Fehlern. In seinen 37 darauffolgenden Länderspielen kommt er dagegen auf eine Gegentorquote von 0,97, die genauso hoch ist wie die Gesamtbilanz von Manuel Neuer (113 Gegentore in 117 Spielen). Den letzten Gegentreffer im Nationaldress verschuldete ter Stegen 2018 gegen Peru. In den allermeisten Spielen liefert er auch für Deutschland souverän und vereinzelt sogar glänzend ab.

Doch wie gesagt: Dies ist nur unsere, nicht gänzlich unbefangene Meinung. Es soll in diesem Text nicht um ter Stegen gehen. Auch ein Oliver Baumann oder ein Alexander Nübel hätten es auf Basis ihrer Leistungen weit eher als Neuer verdient, im kommenden Monat das deutsche Nationaltor zu hüten.

Fazit

Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass Neuer in einem einzelnen EM-Turnier noch einmal ein paar gute Tage erwischt und ordentliche bis starke Leistungen abliefert. Selbstverständlich ist er an guten Tagen immer noch zu überragenden Paraden bereit. Nur zeigt die Leistungskurve speziell der abgelaufenen Saison sehr deutlich nach unten. Der bestmögliche Prognoseindikator für zukünftige Leistungen sind in aller Regel  die Leistungen der (jüngeren) Vergangenheit. Nimmt man diese zum Maßstab, so liegt das Sicherheitsrisiko bei Manuel Neuer deutlich höher als es bei einem der anderen genannten Kandidaten wäre. Noch hätte der Nationaltrainer die Gelegenheit, dieses Risiko zu minimieren und damit die Wahrscheinlichkeit für eine erfolgreiche Heim-EM zu erhöhen. Leider – für Deutschland – ist nicht damit zu rechnen, dass er diesen mutigen Schritt wagt und sich doch noch für das Leistungsprinzip und gegen die Legendenverklärung entscheidet.

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