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Eberbach: "Seine Sucht war wie Achterbahn fahren"

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Von Martina Birkelbach

Eberbach. "Bevor ich meinen Mann kennenlernte, wusste ich nicht, was Sucht überhaupt ist. Er hat gelogen, immer wieder. Ich habe das nicht gemerkt. Ich habe ihm vertraut, ihm alles überlassen, auch Geldangelegenheiten; ich wusste nie, dass er suchtkrank ist. Erst im Laufe der Jahre kam ich da drauf, als er sich wieder einmal nicht meldete, als er wieder einmal wochenlang weg war. Er hat durch die Sucht auch viele Straftaten begangen – und mich und die Kinder da mit reingezogen. Das war psychischer Terror jeden Tag, ich habe mit einer ständigen Angst gelebt – ich hatte immer die Sorge, wie es weiter geht; seine Sucht war wie Achterbahnfahren".

Aus Eva (Name geändert) sprudeln die Erinnerungen nur so heraus. Heute lebt die junge Frau alleine mit den kleinen Kindern, getrennt von ihrem Mann. Hilfe bekommt sie von Katja Schuster, die im Diakonischen Werk Eberbach für die Schuldnerberatung zuständig ist. Denn auch finanziell sieht es bei Eva nicht gut aus. Der Weg dorthin war für Eva anfangs nicht einfach. "Da war das Schamgefühl – ich war so naiv. Doch ich fühle mich jetzt dort gut aufgehoben; Schuster ist so ein herzlicher Mensch, sie hört auch zu. Ich bin auch ein schwieriger Mensch, und ich schöpfe jetzt wieder etwas Hoffnung."

Evas "Noch-Ehemann" wurde auch von der Polizei mit Suchtmitteln erwischt. Mit dem Jugendamt wurde dann eine "Schutzvereinbarung" getroffen. Er darf die Kinder jetzt nicht mehr alleine sehen. "Er ist nie handgreiflich geworden, hat uns nie etwas körperlich getan. Aber durch die Sucht war sein Realitätssinn irgendwie nicht mehr vorhanden. Es ging um den Schutz der Kinder."

Mehrere Kredite hatte der "Noch-Ehemann" aufgenommen, teilweise mit Eva gemeinsam. "Er sagte dann, das Geld sei für ein neues Kinderzimmer. Ich habe vertraut und unterschrieben. Das Kinderzimmer kam nie, das Geld habe ich nie gesehen. Die Schulden muss ich jetzt abzahlen." Für Eva kam alles "schleichend". Auch die Straftaten hat der Vater ihrer Kinder lange Zeit versucht zu verheimlichen. Für die junge Frau war es sehr schwer, sich einzugestehen, wie "naiv" sie war. Noch schlimmer war für sie, gegenüber den Kindern dafür geradezustehen, dass der Papa nicht mehr da ist. "Ich kann nicht Mama und Papa gleichzeitig sein. Ich möchte die Kindheit meiner Kinder nicht gefährden. Die Wut, die ich gegen ihn habe, nicht an den Kindern auslassen."

Eva erzählt ganz ehrlich, dass sie an manchen Tagen schon "depressive Phasen" durchlebt, auch weil sie den Kindern so vieles nicht ermöglichen kann. Wenn ihr Noch-Ehemann gerade mal einen "normalen Tag" hat, dann gibt sie ihm die Chance, sich mit den Kindern zu treffen; in ihrem Beisein. "Belügen kann er mich nicht mehr."

Auch den gesetzlich vorgeschriebenen Kindesunterhalt zahlt der Vater ihrer Kinder nicht regelmäßig; "mal kommt Geld, mal verspätet, mal gar nicht. Oft muss ich ihn erinnern, sonst jedes Mal von Neuem einen Antrag stellen. Eva bezieht Leistungen nach dem SGB II (sogenanntes Hartz IV). 340 Euro monatlich bekommt sie für sich und die Kinder (ein verminderter Regelbeitrag, da ein Darlehen für den Umzug verrechnet wird). Dazu kommen Kindergeld und der Kindesunterhalt, wenn er denn kommt. Die Miete wird vom Amt direkt an den Vermieter gezahlt. Für Eva ist es "schwierig", mit so wenig Geld klarzukommen.

Eva würde gerne wieder arbeiten, "wieder Fuß fassen". Sie hat "im medizinischen Bereich" eine Ausbildung abgeschlossen. Doch die Arbeitszeiten müssen für die alleinerziehende Mutter mit den Betreuungszeiten der Kinder in Vereinbarung zu bringen sein. Und das ist nicht einfach.

Derzeit reicht das Geld für sie zum Leben, gerade so. Aber für Außergewöhnliches, wie etwa einen Ausflug in einen Tierpark, reicht es selten. "Nicht, dass ich das nicht machen will, aber Essen und warme Kleidung sind einfach wichtiger." Eva möchte, dass ihre Kinder eine schöne Kindheit haben. "Ich würde derzeit auch gerne außergewöhnliche Plätzchen mit ihnen backen. So wie es ihre Freunde zu Hause machen. Damit sie keine Außenseiter sind. Aber das Geld reicht eben nur für einfache Zutaten." Doch Kinder verstehen vieles natürlich noch nicht, und so muss Eva immer "jonglieren".

Schuster hat sich gemeinsam mit Eva vorerst einen Überblick über die Finanzen geschafft. Dann haben beide überlegt, welche Kosten abgeschafft werden können, und Eva führt jetzt ein Haushaltsbuch. Außerdem soll ihr Konto in ein Pfändungsschutzkonto umgewandelt werden. "Seit 1. Dezember kann eine Person jederzeit von ihrer Bank verlangen, dass ihr dort geführtes Konto in ein Pfändungsschutzkonto umgewandelt wird, auch wenn es einen negativen Saldo aufweist", erklärt Schuster. Sie ist gelernte Bankkauffrau und hat anschließend ein Studium "Soziale Arbeit" absolviert. Seit drei Jahren arbeitet sie für die Eberbacher Außenstelle des Diakonischen Werks. "Oft ist es nach Trennungen schwer, alle Unterlagen zusammenzubekommen. Und oft geht es auch um Bargeld, was einfach nicht mehr nachweisbar ist." Schuster überlegt jetzt, welche weiteren Angebote des Diakonischen Werks oder anderer Beratungsstellen sie Eva anbieten kann.

Sie will auch prüfen, welche Zuschüsse sie beim Jobcenter beantragen können, damit die Kinder in Vereinen aktiv werden können. Denn das wünscht sich Eva vor allem für die ältere Tochter. Doch die Vereinsgebühren kann sie nicht zahlen. Gerne würde die Tochter auch ein Instrument in der Musikschule lernen oder tanzen gehen. Doch diese noch höheren Beiträge sind für Eva erst recht nicht bezahlbar.

"Was für manche selbstverständlich ist, geht bei uns nicht. Essen und vor allem warme Kleidung haben jetzt Vorrang." Und auch da sind die Kinder noch nicht vollständig ausgerüstet, obwohl Eva viel in Secondhand-Läden schaut. "Ich wünsche mir auch, dass die Kinder etwas Anständiges lernen, auch wenn ich ihnen vieles nicht geben kann. Die Sucht ihres Vaters kann ich den Kindern nicht erklären. Sie verstehen das alles noch nicht. Und wenn er zum hundertsten Mal seine Versprechen ihnen gegenüber nicht einhält, dann lasse ich mir für ihn Entschuldigungen einfallen. Ich kann mich mit seiner Sucht nicht mehr beschäftigen, das habe ich lange genug getan. Ich wollte eine harmonische Familie, mit der Sucht gibt es das nicht. Da gibt es nur Lügen, Betrügen und Verschweigen."

Info: Diakonisches Werk Eberbach, Friedrichstraße 14,

Telefon 06271/92640
E-Mail: eberbach@dw-rn.de
Homepage: www.dw-rn.de

Sparkasse Neckartal-Odenwald
IBAN: DE 58 6745 0048 0001 0058 18
BIC: SOLADES1MOS

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