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Sandskulptur zum Schwetzinger Spargelsamstag: Syrischer Künstler modelliert vor dem Palais Hirsch (plus Video)

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		Sandskulptur zum Schwetzinger Spargelsamstag:  Syrischer Künstler modelliert vor dem Palais Hirsch (plus Video)

Von Sebastian Blum

Schwetzingen. Acht Tonnen Sand liegen aufgehäuft vor dem Palais Hirsch. Als Yosef Bakir den Spaten in die Hand nimmt und mit der Arbeit beginnt, kommen die ersten Schaulustigen vorbei. "Wird hier Spargel gestochen?", fragen einige. "Kommt hier ein Sandkasten für Kinder hin?", wundert sich eine ältere Dame. Yosef muss ein wenig schmunzeln. Er kennt das: Die Leute sind interessiert, wenn hier einer den ganzen Tag auf dem Schlossplatz im Sand steht und schuftet. Nein, Yosef pflanzt oder sticht keinen Spargel. Das können andere besser. Er dagegen beherrscht ein seltenes Handwerk, und die Schwetzinger können ihm jeden Tag bei der Arbeit zusehen: Yosef meißelt das königliche Gemüse aus Sand. Im Auftrag der Stadt.

Innerhalb der nächsten Woche soll er den tonnenschweren Haufen in eine 2,50 Meter hohe Skulptur verwandeln. Yosef ist eigentlich Bildhauer und Kunstmaler, hat an der Kunsthochschule in Damaskus studiert. Vor zwanzig Jahren kam er aus dem syrischen Afrin, seiner Heimat, nach Deutschland und baut seither Sandskulpturen. "Ich habe Arbeit gesucht", berichtet der 45-Jährige. In München ist er das erste Mal fündig geworden. Inzwischen hat er etwa 40 verschiedene Motive aus Sand hochgezogen, in Deutschland, Europa, sogar in Taiwan. Bis zum nächsten Samstag kommt ein Spargelbund hinzu. Doch wie geht das eigentlich, dass der Sand stehen bleibt?

"Stampfen und verdichten", erklärt Yosef den ersten und vielleicht wichtigsten Arbeitsschritt. Das nimmt im Grunde die Hälfte der Zeit ein. Acht Tonnen Sand muss er zunächst in eine selbstgewerkelte Holzkonstruktion schaufeln. Und die Sonne auf dem Schlossplatz wird stündlich heißer. Zuerst schraubt er vier Holzplatten zu einem gut halben Meter hohen, quadratischen Kasten zusammen. Drum herum zurrt er dicke Sicherheitsgurte. "Wenn der Sand erst eingefüllt ist, wird der Druck von innen sehr groß", erklärt er. Und dann kommt auch schon die erste Fuhre Sand hinein - kein Spezialsand. "Viel zu teuer, den importieren zu lassen", meint er: "Ich benutze immer Sand aus der Region, wo ich gerade arbeite." Der Berg vor dem Palais Hirsch lag vor ein paar Tagen noch in einer Grube in Mannheim.

Yosef schaufelt und schaufelt. Wasser und Stampfer helfen dann zum Verdichten. Vor allem die Ecken sind tückisch, erklärt er, "deswegen sind mir schon Skulpturen eingestürzt". Und wenn es regnet? "Da kommt ein Pavillon drüber, solange ich arbeite", erklärt er. Dann ist der erste Kasten voll, und Yosef zimmert den nächsten Holzkasten zusammen, setzt ihn oben drauf, zurrt die Gurte fest.

Das wiederholt er in den nächsten Tagen fünfmal, bis acht Tonnen Sand in einem 2,50 Meter hohen Holzturm verschwunden sind. Ist alles festgeklopft und verdichtet, nimmt er von oben den ersten Kasten ab. Und dann beginnt der Künstler mit dem Modellieren, Stück für Stück, Kasten für Kasten. Bis zum Spargelsamstag am 5. Mai soll die Skulptur stehen. Yosef gönnt sich eine Pause. Spargel kannte er bis vor zwanzig Jahren nicht, dafür Olivenhaine. "Als Kind habe ich die Bäume in Afrin gepflanzt. Jetzt sind sie getroffen worden." Getroffen.

Yosef findet, es hat lange gedauert, bis Syrien explodiert ist. Zweimal ist er während des Krieges nach Hause gereist, seine Geschwister sind vertrieben worden, leben aber noch. Vielleicht kann er sie nach Deutschland holen. "Wer weiß?", sagt Yosef. Trotzdem: "Ich muss nicht immer politische Kunst machen. Ich bereite den Menschen Freude."

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