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Studienabbrecher sind keine Versager

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		 Studienabbrecher sind keine Versager

Von Daniela Biehl

Manchmal kam es Eva Hornauer vor, als säßen da auf ihren Schultern links ein Engel und rechts ein Teufel. Eine Stimme, die sagt: "Reiß dich zusammen! Studiere weiter, bis zum Bachelor zumindest. Du brauchst ein abgeschlossenes Studium!" Und eine andere, die fordert: "Brich ab! Du schaffst es nicht mehr." Drei Semester Rechtswissenschaften hat Hornauer hinter sich: "Und jetzt weiß ich nicht mehr, ob es überhaupt das Wahre war."

Die 22-Jährige ist kein Einzelfall. "Wir haben viele Studenten in der Beratung, denen es ähnlich geht", erzählt Simone Lasser vom Career Service der Uni Heidelberg. Darum hat sie kürzlich mit der Zentralen Studienberatung - und in Kooperation mit IHK, Arbeitsagentur und Handwerkskammer - unter dem Motto "Spurwechsel - Alternativen für Studienzweifler" in die Neue Uni geladen.

Rund 40 Studenten sind gekommen. Junge Menschen, die sich im Studium überfordert fühlen, die unsicher sind, frustriert, hin- und hergerissen oder total gelangweilt. Denen es geht wie Eva Hornauer. "Es ist seltsam - ich wollte immer Jura studieren, seit ich in die fünfte Klasse kam", erzählt sie. Sie liebte Anwaltsserien, hatte sich ein dickes Gesetzbuch zugelegt, das Abitur bald in der Tasche. Auch im Studium lief alles gut. "Die Leistungen waren super, das war nicht das Problem." Aber sie fand die Rechtswissenschaften viel zu theoretisch. "Was wir lernten, hatte wenig mit der Praxis zu tun."

Also wechselte sie im Herbst kurzerhand von der Goethe-Uni in Frankfurt an die Ruperto Carola. Aber besser erging es ihr auch hier nicht: "Ich wollte mir einreden, dass ich es jetzt mag, aber es ist immer noch zu verkopft", sagt Hornauer. Kurz nach Weihnachten habe sie den möglichen Studienabbruch zum ersten Mal laut ausgesprochen. Das sei ein hartes Gefühl gewesen, erinnert sie sich: "Studieren ist wie ein gesellschaftliches Muss. Da fühlte es sich fast an, als hätte ich versagt."

Nebenan, in einem kleinen Hörsaal, hält Mira Wagner von der Zentralen Studienberatung (siehe Interview rechts) gerade einen Vortrag. "Versagt hat hier keiner", sagt sie, als habe sie Hornauers Worte gehört. "Wir haben oft ein Bild in unserem Kopf, in dem wir nur dann erfolgreich sind, wenn der Pfeil nach oben geht. Da ist ein Knick automatisch ein Rückschritt." Dabei sei es sehr mutig, auch mal zurückzugehen. Einen Plan B zeigt Benedikt Sand von der Handwerkskammer auf: Man kann schließlich immer noch eine Lehre machen. Es gebe sogar vereinzelt Studienabbrecher-Klassen: "Da kann man große Teile der Berufsschule streichen oder überspringen."

Eine Option, die sich Marius Weismehl durchaus vorstellen könnte - aber erst nach seinem Abschluss in den Biowissenschaften. "Es wäre Wahnsinn, jetzt abzubrechen", meint der 21-Jährige. Er schreibt gerade an den ersten Seiten seiner Bachelorarbeit - und wird immer häufiger von einem Gedanken geplagt: "Wie sicher ist mein Arbeitsplatz?" Bekommt er nur einen Zeitvertrag, wie in der Branche üblich? Kann er damit eine Familie ernähren? "Eine Lehre wäre sicherer", meint Weismehl. Mit Biowissenschaften war das ohnehin so eine Sache: Schon in der Schule war Bio sein Leistungskurs - aber als es dann um seine Zukunft ging, entschied er unter Zeitdruck: "Zwischen den Abiprüfungen und den Einschreibefristen."

Zeit soll er sich nehmen, rät Sand. Und Zeit will sich auch Eva Hornauer nehmen. "Ein halbes Jahr probiere ich mich jetzt aus", sagt sie. "Ich habe ein Vorstellungsgespräch beim Radio, besuche Vorlesungen in Politikwissenschaft - und schaue einfach, was mir gefällt."

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