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Ausbruch aus der Wohlfühloase

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Es ist noch nicht allzu lange her, da galt Borussia als DER Angstgegner für den großen FC Bayern. Kein anderer Verein hat im vergangenen Jahrzehnt auch nur annähernd so viele Punkte gegen den Rekordmeister geholt wie der sympathische Klub vom Niederrhein. Unvergessen nicht nur das legendäre 5:0 im Pokal 2021 oder das 3:0 in der Allianz-Arena 2018. Wenn es gegen den einstigen Erzrivalen aus den 1970ern ging, dann raffte sich die Fohlenelf fast immer zu ihrer besten Saisonleistung auf. So galt es bis 2023. Zuletzt trübten allerdings drei Niederlagen in Folge diese glorreiche Regel. Um ihren Mythos als Angstgegner zu wahren, sollte Borussia daher am kommenden Samstag alles daransetzen, die Meisterfeier der Bayern zu verhageln.

Selbst ein sensationeller Sieg über die Bayern könnte die Eindrücke der letzten Spiele allerdings nicht komplett verwischen. Das Saisonziel „einstelliger Tabellenplatz“ würde so zwar voraussichtlich erreicht. Wer aber am 27. Spieltag auf Platz 5 und in Schlagweite zu den Champions-League-Plätzen steht, der darf sich am Ende nicht über einen Platz im gesicherten Mittelfeld freuen. Insbesondere dann nicht, wenn diese großartige Chance derart fahrlässig in den Dreck geworfen wurde wie von Borussia in den vergangenen Wochen.

Kurz vor Saisonende hat sich die Mannschaft noch einmal eine veritable Krise gegönnt mit zwei Punkten aus den letzten fünf Partien, die u. a. gegen den 14., 15. und 17. absolviert wurden. Die Elf von Gerardo Seoane vermittelt seit Wochen den Anschein, als sei sie mit einem Platz im gesicherten Mittelfeld zufrieden. Anstatt mit voller Kraft alles für das große Ziel Europa zu geben, wurden die letzten Partien wie Freundschaftsspiele abgewickelt. So hübsch diese für den objektiven Beobachter anzusehen waren, so ernüchternd war es für die Fans, wieder die altbekannten „Qualitäten“ der Mannschaft miterleben zu müssen. Die vermeintliche Entwicklung dieser Saison wurde damit ad absurdum geführt.

Die aktuelle Formkrise von Borussias Königstransfer 2024 macht deutlich, dass nur er den Unterschied zum Vorjahr ausgemacht haben dürfte. Offensiv lebt die Mannschaft von der individuellen Klasse einiger Akteure, von denen mit Plea und Kleindienst zwei den Verein verlassen könnten. Dahinter ist die Personaldecke sehr dünn, sodass schon bei ein bis zwei Ausfällen ein extremer Qualitätsverlust zu beklagen ist.

Defensiv präsentiert sich die Elf inzwischen wieder ähnlich wacklig wie in den vergangenen Spielzeiten und nähert sich erneut bedrohlich der Marke von 60 Saisongegentoren. Dies ergibt sich nicht zuletzt aus dem unentschuldbaren Versäumnis, die letzten Transferperioden in diesem Bereich vollständig verpennt zu haben. Ein Manager, der die offensichtlich größte Schwachstelle im Kader derart konsequent ignoriert, hat seine Kernaufgabe verfehlt und gehört ausgetauscht.

Aber auch der Trainer muss sich kritische Fragen gefallen lassen: Sein beharrliches Festhalten an Tomas Cvancara wurde offensichtlich von dessen Teamkollegen kritisch bewertet, die seine Leistungen damit realistischer einzuschätzen als ihr Coach. Es ist generell kein gutes Zeichen, wenn derlei Vereinsinterna an die Öffentlichkeit gelangen. In der Wohlfühloase Borussia könnten solche Reibungspunkte aber auch guttun und leistungsfördernd sein. Vielmehr bedarf es im ganzen Verein einer konsequenten und schonungslosen Aufarbeitung der Gesamtsituation, um die Fehler des vergangenen Jahres nicht erneut zu wiederholen. Zu groß erscheint die Gefahr, dass Borussia auch aus dieser Saison wieder nur die fruchtlose Lehre einer internen Analyse ohne erkennbare Konsequenzen ziehen und u. a. die folgenden Fragen unbeantwortet aussitzen wird:

Wie kann es sein, dass seit Jahren keine personellen Verbesserungen in der chronisch schwachen Defensive erfolgen? Was läuft im einst höchst erfolgreichen Scouting inzwischen schief, dass es zuletzt kaum noch erfolgreiche Transfers aus dem Ausland gab? Wieso lernt der Trainer nicht aus seinen Fehlern, sondern setzt beispielsweise immer wieder auf offensichtlich gescheiterte Spieler? Es wird nicht jedes Jahr ein Tim Kleindienst auf dem Transfermarkt zur Verfügung stehen, der die unzureichende Beantwortung solcher Fragen in der Saisonanalyse zu überdecken versteht.

Mögliche Aufstellungen

Bayern: Neuer – Laimer, Dier, Stanisic, Guerreiro – Kimmich, Pavlovic – Olise, Müller, Sane – Kane

Borussia: Omlin – Scally, Itakura, Elvedi, Ullrich – Reitz, Weigl – Honorat, Plea, Hack – Kleindienst

Seitenwahl-Tipps

Michael Heinen: In München gibt es leider nichts zu feiern. Angesichts der finanziellen Wettbewerbsvorteile können die Bayern auf eine Deutsche Meisterschaft nicht ernsthaft stolz sein. Borussia wird nach dem 0:3 sogar (vorerst) in die zweite Tabellenhälfte zurückfallen.

Mike Lukanz: Meisterschale, Harry-Kane-Tränen und der Abschied von Thomas Müller. Es wird viel Pathos geben beim Freundschaftsspiel in München. Kein Gast könnte da besser passen als Borussia, die ihre Saison ja schon vor Wochen für beendet erklärt hat. Bayern wird sechs Treffer erzielen, aber weil sie das ganze Spiel versuchen werden, Müller Tore aufzulegen, werden sie defensiv nachlässig und erlauben uns auch zwei Treffer.

Christian Spoo: Borussia fährt schon mit gestreckten Waffen nach München. „Wie zum Zahnarzt, kann weh tun“, witzelt Virkus. Dass so mancher Anhänger die 1:5-Niederlage nicht so witzig findet, wird ihn dann vermutlich wieder erzürnen.

Michael Oehm: "Wie viele Gegentore sind in diesem Spiel dran? Ach ja: 5:0."

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