Fußball
News melden
Nachrichten

Lorsch/Lauresham: Im Freilichtlabor wird die Rüstung des Panzerreiters nachgebaut

0 4

		Lorsch/Lauresham:  Im Freilichtlabor wird die Rüstung des Panzerreiters nachgebaut

Von Oliver Pietschmann

Lorsch/Mannheim. Sie zogen für Könige und Kaiser ins Feld. Panzerreiter waren im frühen Mittelalter Elitetruppen. Ihre Ausrüstung kostete ein Vermögen, und sie mussten sie selber zahlen. Das Freilichtlabor in Lorsch baut die komplette Ausrüstung dieser Elite-Krieger nach.

Funken sprühen aus dem Ofen am Boden einer karg eingerichteten kleinen Schmiede. Frank Trommer sitzt auf einem Holzscheit und heizt mit zwei Blasebälgen in rhythmischen Bewegungen das Feuer auf rund 1200 Grad an. Sein Geselle, Pierre Stoll, sitzt auf dem Boden vor der Feuerstelle und stochert in den Flammen, um sie anzufachen. Der Archäotechniker Trommer aus Blaubeuren und sein Helfer schmelzen Bronze im Freilichtlabor Lauresham in Lorsch für Rüstungsteile eines karolingischen Panzerreiters, eines Elitesoldaten Kaiser Karls des Großen (768-814) und seines Herrschergeschlechts.

Zusammen mit dem Leiter des zum Unesco-Welterbe zählenden Museums, Claus Kropp, soll in jahrelanger aufwendiger Forschungs- und Handarbeit die komplette Ausrüstung eines solchen schwerbewaffneten Edelmanns wie im Frühmittelalter nachgebaut werden. Auch das Kloster Lorsch habe Kontingente solcher Reiter für Kriege abstellen müssen, sagt Kropp. "Unsere Idee war, das einmal greifbar zu machen, wie das aussieht." Das Freilichtlabor soll den Besuchern zeigen, wie Menschen auf einem Herrenhof zur Zeit des im Jahre 800 zum Kaiser gekrönten Karls des Großen und der Karolinger lebten. Das 2014 gestartete Projekt mit einem Herrenhaus, Unterkünften für die Hörigen, einer Kapelle, Werkstätten, Weiden und Gärten soll darstellen, wie vor 1200 Jahren ein herrschaftlicher Hof funktioniert hat. "Bei einer Neukonzeption soll auch der Panzerreiter ausgestellt werden", so Kropp.

Zwei Schwerter, eine Flügelkopflanze, Helm, Schild, ein Messer oder auch Schwertscheiden und -gürtel haben Kropp und sein Team schon nach alten Vorbildern und mit dem damals üblichen Handwerkszeug fertiggestellt. "Wir haben mit den einfachen Dingen angefangen", sagt Kropp. Die Rüstung und die Ausstattung des Pferdes werden knifflige Aufgaben. Da sind Kropp zufolge als archäologische Funde nur einzelne Teile oder auch gar nichts mehr erhalten. Hier müssen sich die Forscher anhand von schriftlichen oder bildlichen Überlieferungen eine Vorstellung erarbeiten. Doch Quellen können lügen. "Bis jedes Detail geklärt ist, dauert es wohl noch fünf Jahre", glaubt Kropp.

Wie aufwendig die Rekonstruktion ist, zeigt schon das Prunkstück der bisher gefertigten Waffen, ein zweischneidiges Schwert mit fein verzierter Klinge, ein sogenanntes Spatha. An diesem Schwert wurde ein Jahr gearbeitet. Ohne Hilfe von anderen Forschungsinstituten ist eine solche Rekonstruktion kaum zu leisten. "Wir haben eine ständige Kooperation mit Lorsch", sagt der Leiter der Archäologischen Denkmalpflege der Reiss-Engelhorn-Museen in Mannheim (rem), Klaus Wirth. Im Bestand der rem ist ein Spatha, das in den 30er Jahren des vergangenen Jahrhunderts in einem Weiher bei Mannheim gefunden wurde. Dieses wurde fotografiert und geröntgt. Bei einem anderen, einschneidigen Schwert konnte auch eine metallurgische Probe genommen werden. Die Forscher wollten wissen, wie im Frühmittelalter solch eine Waffe gebaut wurde, welche Stähle verarbeitet und wie diese überhaupt geschmiedet wurden.

"Die Herstellung eines Panzerreiters ist etwas Besonderes", sagt Wirth. Diese Krieger seien die "Rolls Royce-Reiter" der damaligen Zeit gewesen. Für die Ausstattung müsste man nach heutigen Maßstäben vielleicht eine Million Euro zahlen. "So etwas nachzubauen, vermittelt eine Vorstellung. Ich kenne keine Projekte, die sich das zum Ziel gemacht haben. Das ist völlig irre." Ofen, Werkzeuge, Materialien: Alles soll authentisch wie im Frühmittelalter sein. "Das waren hoch spezialisierte Waffenschmiede, es ist alles andere als das primitive Mittelalter", sagt Kropp. Auch ein Gesamtbild könne man in Lorsch bieten. Ein Panzerreiter musste nicht nur eine gute Kondition haben, wenn er mit der schweren Ausrüstung in den Kampf zog. Er brauchte vor allem Hilfe. "Pro Panzerreiter muss man mit drei oder vier Leuten im Hintergrund rechnen", sagt Kropp. Hinzu komme ein Ochsenwagen für den Transport der Ausrüstung. Im Freilichtlabor könne man dies alles nachstellen.

Bei den aktuellen Arbeiten für die Ausrüstung geht es um Schmuckverzierungen für einen Schwertgürtel. Stoll lässt die glühende Bronze in eine Vorlage aus Speckstein fließen. "Wir versuchen, archäologische Funde möglichst authentisch nachzuarbeiten", sagt Trommer. Und am Ofen ist Vorsicht geboten. Es kann passieren, dass man wegen des Funkenflugs mit einem löchrigen T-Shirt da sitzt. "Brandblasen gehören dazu."

Загрузка...

Comments

Комментарии для сайта Cackle
Загрузка...

More news:

SC Preußen 06 e.V. Münster
TuS Koblenz

Read on Sportsweek.org:

Andere Sportarten

Sponsored