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„Die Kunst ist, dass die Peitsche sich nicht anfühlt wie eine Peitsche.“ mit Konrad Bansa

Schweißtreibende Waldläufe und Schufterei auf der Laufbahn: Während die Bundesligasaison noch läuft, beginnt in diesen Wochen im unteren und mittleren Leistungsbereich bereits die Vorbereitung. Worauf ist bei der Planung der Vorbereitung zu achten – und wie motiviert man seine Spieler für diese ungeliebte Zeit? A-Lizenz-Trainer Konrad Bansa, der aktuell in der Halle eine männliche C-Jugend in seinem Heimatverein trainiert und Jugend-Nationaltrainer im Beachhandball ist, hat im Interview ein, zwei Ratschläge parat …

Quelle: TSG Münster

Konrad, worauf kommt es bei der Planung der Saisonvorbereitung an?

Die Saisonvorbereitung ist eine besondere Zeit für die Mannschaften, um sich taktisch und athletisch neu zu formieren und zugleich als Team zusammenzuwachsen. Wir sollten als Trainer alle drei Bereiche einkalkulieren – und der Plan, den wir aufstellen, sollte einerseits einen roten Faden beinhalten, aber andererseits variantenreich genug ist, um für die Spieler ständig neue Reize zu erhalten.

Genau das ist die Schwierigkeit, denn die saisonfreie Zeit kann sich – je nach Spielklasse – durchaus über vier oder sogar fünf Monate ziehen …

Für die Planung gibt es verschiedene Möglichkeiten. Pauschal lässt sich kein Ratschlag geben, da es von der Spielklasse und der Motivation der Spieler, aber auch von Hallenverfügbarkeit und Sommerferien abhängt. Die klassische Variante ist sicherlich das Training in zwei Blöcken:

Ein Block wird nach der ersten Pause nach Saisonende und Abschlussfahrt angesetzt, in dem die Grundlagen mit dem neuen Team gelegt werden. Danach folgt die Sommerpause, bevor man dann in den intensiven zweiten Block geht, der mit dem Saisonstart abschließt. Dabei gilt es natürlich, aufzupassen, dass man in der Sommerpause nicht zu viel von dem verliert, was man sich im ersten Block erarbeitet hat.

Was wäre eine andere mögliche Variante?

Ich trainiere aktuell eine C-Jugend und in diesem Altersbereich halte ich sehr viel von einer kompakten Saisonvorbereitung von fünf, sechs Wochen vor dem Saisonstart. Natürlich ist das abhängig von den Sommerferien, sodass man eventuell Abstriche machen muss. Die Phase vor den Sommerferien nutze ich, um intensiv an der individuellen Weiterentwicklung zu arbeiten – und nach den Sommerferien geht es in die Saisonvorbereitung als Mannschaft, in der ich intensiv daran arbeite, das Team zusammenzubringen.

Inwiefern wären die Sommerferien im Jugendbereich dann komplett eine Pause?

Da die Sommerferien natürlich Urlaubszeit sind, ist ein Mannschaftstraining oft schwierig – natürlich je nach Spiel- und Altersklasse. Ich würde eine strukturierte Saisonvorbereitung ab der leistungsorientierten C-Jugend – sprich im gehobenen Grundlagentraining – anvisieren. Dann erhalten die Spieler zumindest für den Fitnessbereich auch Aufgaben für die trainingsfreie Zeit mit. Es gibt aber natürlich auch jüngere Spielerinnen und Spieler, die motiviert sind und das vielleicht fordern, dann kann ich natürlich ebenfalls kleine Aufgaben verteilen.

Kommen wir zurück in den Erwachsenenbereich: Wie lang können bzw. sollten Pausenzeiten sein?

Für Spieler und Trainer ist eine Pause für Körper und Geist notwendig. Pausenzeiten sollten also ganz bewusst eingeplant werden. Die Länge ist natürlich spielklassenabhängig, weil die Intensität und Belastung ja unterschiedlich sind. Generell gilt aus meiner Sicht aber, die notwendige Pause möglichst gering halten. Wir können ja nicht zwei Monate gar nichts tun, denn dann beginnen wir bei minus Zehn statt bei Null (schmunzelt).

Wie gestaltet man die teilweise mehrmonatige Saisonpause – in der das Wettkampfziel fehlt – abwechslungsreich?

Jeder Trainer muss für sich seinen Weg finden. Grundsätzlich sind gerade in der ersten Vorbereitungsphase verschiedenste Bausteine möglich – vom Training mit vielen Spielformen über Rasen- oder Beachhandballturniere bis hin zur Integration anderer Sportarten. Man kann beispielsweise einen Triathlon gemeinsam bestreiten oder Schwimmen bzw. Radfahren auch einzeln integrieren. Letztendlich geht es neben der Verbesserung der athletischen bzw. technisch-taktischen Grundlagen darum, mit dem Team zusammenzukommen, aber zeitgleich raus aus der Halle zu kommen.

Warum ist das so wichtig?

Die neuen Impulse stärken den Teamzusammenhalt der neuen Mannschaft – und gerade, wenn man andere Events als Team absolviert, finden Neuzugänge oft gut ins Team. Sehr spannend finde ich auch die Idee vom Handball-Cross, das Michael Biegler entworfen hat. Dabei werden handballspezifischen Bewegungen mit einem Rundlauf verbunden, um die Vielfältigkeit des Spiels abzubilden und eben nicht nur stumpfe Runden auf der Bahn oder im Wald zu laufen.

Was kam bei den Teams gut an, die du trainiert hast?

Ich war abseits der Jugend meistens mit Männerteams unterwegs – und die waren oft mit guten Vorgaben bei Kraft- und Lauftraining plus Fußball zufriedenzustellen (lacht). Ich habe mal bei einem Team eine Radtour und ähnliche Aktivitäten angeboten, aber im Gespräch mit der Mannschaft stellte sich dann heraus: Die Spieler wollten sich eher durch die Laufrunden auf der Laufbahn beißen und den Rest der Zeit nutzen, um eine Runde zu kicken. Es ist vielleicht nicht ganz so schön, aber effektiv. Ich glaube daher, dass man auch ein bisschen auf die Mannschaft eingehen sollte.

Sprich: Statt mit einem durchgestylten Plan aufwarten, bei dem das Team meutert, lieber das Gespräch suchen?

Der Trainer muss natürlich der Chef sein, aber man muss die Mannschaft mitnehmen. Es bringt oft mehr, wenn die Spieler, die ja grundsätzlich Leistung bringen und besser werden wollen, auch motiviert dabei sind – und nicht nur denken: „Wann habe ich dies oder jenes endlich hinter mir?“ Bei meiner C-Jugend spielt Beachhandball dabei eine große Rolle – ich schalte vor das Training im Sand gerne einen Waldlauf. So haben wir den Ausdauertrainingseffekt gesetzt, aber der Sand stellt eine hohe Motivation da, zum Training zu kommen. Der Spaßfaktor im Sand ist groß, und die athletischen Fähigkeiten für Sprungkraft und Antritt nehmen sie nebenbei mit – und wir schulen auch noch Technik und Taktik.

Das klingt nach dem Prinzip „Zuckerbrot und Peitsche“…

Die Kunst als Trainer ist es, dass die Peitsche sich nicht anfühlt wie eine Peitsche (lacht). Wenn ich eine zusätzliche Laufeinheit für die Kreisliga-Mannschaft mit einem anschließenden Grillen im Garten verbinde, habe ich auf der einen Seite die Trainingsintensität gesteigert und auf der anderen Seite zufriedene Spieler (schmunzelt).

Ich glaube, es ist ganz wichtig, den Spielern zu vermitteln, dass sie das Gefühl der Qual auch annehmen müssen – indem man den Belastungsreiz nicht zu hoch setzt, sondern individuell und mit kleinen Dosen startet, sodass jeder Erfolgserlebnisse hat. Wenn die Spieler merken, dass sie nach und nach fitter werden, stellt sich das Gefühl des Erfolgs ein.

Gerade Intervallläufe lassen sich auch zur Willensschulung nutzen. Und ich nehme auch bei normalen Läufen immer die Zeit, um erstens selbst die Tagesleistung der Spieler einschätzen zu können und zweitens kann man die Spieler mit „Sekunden klauen“ gezielt und auf ihrem Niveau motivieren, indem man beispielsweise sagt: Heute zwei Sekunden weniger pro Runde.

Falls ich jedoch von Anfang an mit einem Programm starte, was sich an den fitten Spielern orientiert, verliere ich andere Spieler – ebenso übrigens umgekehrt, wenn sich der fitte Spieler unterfordert fühlt. Daher ist ein Programm ideal, in dem jeder sich auf seinem Niveau ein bisschen quälen muss, aber danach nicht völlig demotiviert ist. Das ist natürlich extrem situations- und spielerabhängig.

Wie viel in der Vorbereitung wäre zu viel?

Das ist schwierig zu sagen und hängt natürlich auch von der Spielklasse und der Trainingsfrequenz ab. Wenn wir von zwei bis drei Trainingseinheiten im Schnitt ausgehen, brauche ich keinen sieben Einheiten in der Vorbereitung ansetzen. Generell ist eine Steigerung jedoch sinnvoll, da ja die Belastung des Spielbetriebs nicht da ist. Wochenendeinheiten sind dafür aus meiner Erfahrung eine gute Option – gerade, wenn ich vielleicht nicht Zeit und Geld habe, um in ein echtes Trainingslager zu fahren. Die Spieler sind am Wochenende mental ganz anders ausgeruht als unter der Woche nach einem stressigen Arbeitstag und man hat eventuell auch mal länger die Halle, sodass man bestimmte Inhalte intensiver bearbeiten kann.

Gibt es in der Vorbereitung ein No-Go, vor dem du ausdrücklich warnen würdest?

Es gibt natürlich nicht nur die körperliche Überbelastung, die ich vermeiden muss, sondern auch die taktische Überbelastung. Als Trainer kann ich den schönsten Plan aufgestellt haben, was die Mannschaft am Ende der fünf, sechs oder acht Wochen können soll, doch es gibt so viele Faktoren, die nicht einplanbar sind: Wichtige Spieler können beispielsweise nicht verfügbar sein oder die Mannschaft braucht einfach länger, um einen bestimmten Punkt zu verinnerlichen.

Und wenn die Mannschaft mein Tempo nicht mitgehen kann, lohnt es sich nicht, alles auf Zwang durchzuprügeln, denn dann habe ich am Ende zwar viel angeschnitten und viel Input gegeben, aber es ist dennoch auf dem Feld nicht abrufbar. Manchmal muss man als Trainer einfach akzeptieren, dass das eigene Team mehr Zeit braucht als eingeplant. Dann ist Geduld gefragt, denn ein Ablauf muss sich erst einspielen – erst im Training, dann im Freundschaftsspiel und am Ende im Wettkampf.

Was wäre aus deiner Sicht noch zu beachten?

Das auf der Hand liegende Ziel ist es, die Spieler fit für die Saison zu bekommen. Danach muss ich natürlich  der Trainingsspiele festlegen und die Gegner auswählen – und vielleicht auch das ein oder andere Turniere melden, weil sich diese Wettkampfatmosphäre im Freundschaftsspiel nicht simulieren lässt. Bei all dieser Planung ist es jedoch aus meiner Sicht wichtig, darauf zu achten, dass zu Saisonbeginn wieder Reserven aufgebaut werden konnten, denn nur dann sind die Spieler wirklich fit. Es empfiehlt sich daher, die Intensität ein, zwei Wochen vor dem Start – je nach der zur Verfügung stehenden Zeit – herunterzufahren, um körperlich und mental eine kleine, aktive Ruhepause zu haben. Und es ist ebenso wichtig, nicht zu viel anzusetzen – vielleicht spare ich die ein oder andere Idee für das nächste Jahr auf, um dann einen neuen Reiz setzen zu können statt alles auf einmal auszuprobieren.

Du hast vom Beachhandball mit deinen Jugendteams gesprochen. Inwiefern kann das Spielen im Sand eine Alternative für Erwachsene sein?

Aus meiner Sicht hat Beachhandball mehrere sehr hilfreiche Facetten, die wir für die Halle nutzen können. Sprung- und Beinkraft werden im Sand geschult – inklusive Prophylaxe für Bänder und Knochen, denn das Laufen im Sand sorgt durch den sensomotorischen Anteil für Stabilität. Da sind Fang- oder Staffelspiele im Sand ein einfaches Mittel.

Das Spielen auf engem Raum und ohne die Möglichkeit des Tippens fordert zudem eine höhere Pass- und Spielpräzision ab – und durch die kleinere Spieleranzahl muss jeder Spieler Entscheidungen treffen, sodass das Entscheidungsverhalten geschult wird. Und die Abwehrspieler stehen aufgrund der Unterzahl unter einem erhöhten Druck, antizipativ und auf die Ballwege zu arbeiten, während sie parallel die Angreifer im Blick haben müssen. Das bringt die Spieler individuell weiter und stärkt Verhaltensweisen, die auch in der Halle gebraucht werden – auch im Erwachsenenbereich.

Abschließend: Was würdest du einem Trainer sagen, der sich jetzt Gedanken macht, ob seine Vorbereitung abwechslungsreich genug ist oder die Mannschaft gelangweilt sein wird?

Wenn man die Mannschaft neu übernommen hat, muss man aus meiner Sicht an der eigenen Idee einer Vorbereitung nichts verändern, denn das Team ist erst einmal neugierig auf den neuen Trainer. Da ist der Trainer der neue Reiz. Arbeitet man länger mit einer Mannschaft, wäre es vielleicht eine gute Idee, einen neuen Reiz einzubauen – aber nur, wenn die Mannschaft das spiegelt. Wenn sie die Vorbereitung in der Vorsaison richtig gut fand, kann man daran natürlich festhalten und vielleicht nur punktuell eine neue Idee einstreuen. Man muss das Rad jedoch nicht jedes Jahr neu erfinden.

Wer ist Konrad Bansa?

Konrad Bansa (48) besitzt neben der A-Lizenz die Zertifikate als DOSB-Athletiktrainer (2015), DHB-Torwarttrainer (2016), EHF-Mastercoach (2018) und Diplom-Trainer des Deutschen Olympischen Sportbundes (2022). Auch im Beachhandball hat der Jugend-Nationaltrainer, der 2018 mit der deutschen Auswahl U18-Europameister wurde, die höchste Lizenzstufe des europäischen Verbandes.

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