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Wiesloch: Pandemie bremst auch inklusives Handball-Team aus

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		Wiesloch:  Pandemie bremst auch inklusives Handball-Team aus

Von Simon Michaelis

Wiesloch. Jutta Wallenwein bekommt derzeit viele Nachrichten: "Wann können wir wieder trainieren? Wie geht’s weiter?" Eigentlich hat die Wieslocherin immer eine Idee oder Antwort parat, doch jetzt ist auch sie fast ratlos: "Corona hat uns total ausgebremst." Mit Ehemann Thorsten gründete sie vor sechs Jahren die Wiesel, eine inklusive Handballmannschaft der TSG Wiesloch für Menschen mit geistiger Behinderung. Das Projekt machte über die Stadtgrenzen hinaus Schlagzeilen, doch nun liegt die Erfolgsgeschichte auf Eis. "Wir können nichts mehr planen", sagt die 53-Jährige.

Dabei steht dieses Jahr eigentlich einiges auf dem Plan: Der Neubau einer Inklusionssportstätte etwa und im Juni die Landesspiele der Special Olympics in Mannheim. Dort können sich die Sportler für die Nationalen Spiele in Berlin 2022 qualifizieren. Diese Chance in der Quadratestadt hätte auch Daniel Wagner. "Das Training jeden Samstag fehlt mir unheimlich. Nicht nur das körperliche Auspowern, auch die Gemeinschaft." Der 30-jährige Sinsheimer spielt im Herren-Liga-Team, einer von vier Wiesel-Mannschaften, die sich regelmäßig mit anderen badischen Teams misst. Vorher hatte Wagner mit Handball nichts am Hut, das sieht der Kreisläufer inzwischen anders: "Es macht mir riesigen Spaß, ich möchte es nicht mehr missen."

Die Idee kam Jutta Wallenwein schon vor zehn Jahren, als sie in Karlsruhe das inklusive Team der Durlach Turnados spielen sah. "Da dachte ich direkt: So was will ich auch machen." Lange war sie selbst aktive Handballerin und Jugendtrainerin bei der TSG Wiesloch. Sie informierte sich, hospitierte bei den Turnados und gründete die erste inklusive Handballmannschaft der Rhein-Neckar-Region. "Mein Motto: einfach machen. Ich brauche keine Konzepte." Noch nicht einmal zwei Jahre vergingen, ehe die Idee ausgezeichnet wurde: Im November 2016 erhielten die Wiesel den SportAward Rhein-Neckar in der Sparte "Top Vorbild – Verein". 2018 wurde Jutta Wallenwein für den Deutschen Engagementpreis nominiert.

Seit Januar 2020 sind die Wiesel eine eigenständige Abteilung und zählen mit Betreuern mehr als 50 Mitglieder, Tendenz steigend. Manche kommen aus Weinheim, Mannheim oder Landau zum Training. "Ich hätte anfangs nie gedacht, dass das mal so durch die Decke geht", sagt Wallenwein. Umso mehr freut sie sich über den Zuspruch und Zuwachs. "Inklusion ist so wichtig. Menschen mit Behinderung sind immer und in allen Bereichen benachteiligt. Wir erleben das jetzt ja seit sechs Jahren hautnah, da wir für die Leute viel mehr als Trainer sind."

Ob Geburtstage, Einweihungspartys oder sogar Beerdigungen, die Wallenweins nehmen am Privatleben ihrer Schützlinge teil: "Sie gehören zu uns." "Für uns ist das eine Herzenssache, für sie Lebensinhalt. Wir sind eine Familie", sagt der 53-jährige Thorsten Wallenwein. Teilweise packen die Handballer ihre Sporttasche schon eine Woche vor dem Training. Bei vielen wartet sie nun schon viele Wochen auf den Einsatz. Nach langer Corona-Zwangspause wichen die Wiesel im vergangenen Sommer zum Training auf den Talwiesen-Sportplatz der TSG aus. Für das Gelände hat Wallenwein einen Plan: Sie würde es gerne in eine Inklusionssportstätte umwandeln. "Wir überlegen, dort ein kleines Zentrum zu bauen, um die Menschen über Wiesloch hinaus anzusprechen, mit inklusiven Angeboten, die allen offenstehen", erklärt der Vereinsvorsitzende, Manfred Walter.

Ohne Sponsoren sei das allerdings nicht möglich. Durch Corona mangele es der TSG auch an neuen Mitgliedern: "Niemand weiß, wie es weiter geht. Da tritt kaum jemand einem Verein bei." Und auch das für die Wiesel essenzielle Sammeln von Sponsorengeldern und Spenden ist ohne Planbarkeit kaum möglich. Die Wallenweins rechnen nicht damit, dass sich die Situation in den kommenden drei oder vier Monaten grundlegend ändert, bleiben aber dennoch optimistisch. Solange alles ruht, hielten sich immerhin auch die Ausgaben in Grenzen. Das neue Zentrum soll möglichst zeitnah realisiert werden, langfristig möchten sie in ihrem Verein die Abteilung Inklusion etablieren: "Jeder Mensch mit einer Behinderung kann sich anmelden und wir begleiten ihn dann in andere Abteilungen." Handball müsse das nicht mehr zwingend sein. Schon jetzt können sich die Wiesel in Leichtathletik, Judo oder Triathlon ausprobieren und sogar an Wettkämpfen teilnehmen. "Wenn du im Ziel die glücklichen Gesichter siehst, weißt du genau, warum du das alles machst. Das tut auch uns gut", sagt Wallenwein.

"Bei allem sportlichen Ehrgeiz vergessen wir nie, dass mit diesen besonderen, einzigartigen Menschen unser Leben um ein Vielfaches bunter wurde", bestätigt ihn seine Frau, die mit ihrem ehrenamtlichen Tatendrang schon ihre vier Kinder angesteckt hat – alle sind als Trainer bei den Wieseln aktiv.

Sie selbst ist sogar im Trainerteam der Nationalmannschaft, mit der 2019 auch zwei ihrer Spielerinnen zu den Special Olympics World Summer Games nach Abu Dhabi fliegen durften. Lange arbeitete sie als kaufmännische Angestellte, sattelt nun aber um und wird künftig hauptberuflich mit benachteiligten Menschen zusammenarbeiten. "Es ist Wahnsinn, wie viel Herzblut die Beiden in die Sache stecken", sagt Daniel Wagner. Er wartet weiter sehnsüchtig darauf, wieder trainieren zu können. Thorsten Wallenwein erzählt, dass viele durch den Sport und die Gemeinschaft deutlich aufgeschlossener wurden, manche sagen sogar, dass es ihr Leben verändert hat.

Wagner kann das bestätigen: "Ich habe dort neue Freunde gefunden, mit denen ich mich auch privat treffe, so etwas kannte ich vorher gar nicht." Bei den Wieseln werde er so akzeptiert, wie er ist. "Da heißt es nicht, da kommt der schon wieder, sondern: Servus Daniel, schön, dass du da bist."

Info: Die Wiesel stellen aktuell vier Handball-Teams: Youngsters: Für Kinder mit und ohne Handicap von vier bis zwölf Jahren. Mix: Sportler und Anfänger mit und ohne Handicap ab zwölf Jahren. Liga-Team Wiesel I: Für alle Jungs mit Handicap (im Training auch ohne Handicap) ab 14 Jahren. Liga-Team Wiesel II: Für alle Mädels mit Handicap (im Training auch ohne Handicap) ab 14 Jahren. Außerdem werden die Sportarten Leichtathletik, Triathlon und Judo angeboten. Weitere Infos unter www.tsg-wiesloch. org/wiesel und www.facebook.com/ wiesel2014.

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