REAL TOTAL-Analyse: Struktur, Ideen, Richtung – Alonsos frühe Handschrift
1. Veränderungen im Spielaufbau: Courtois als Teil der ersten Linie
Xabi Alonso setzt auf Struktur – vor allem im Spiel mit dem Ball. Besonders auffällig ist die neue Rolle von Thibaut Courtois, der im Aufbau deutlich aktiver eingebunden wird. Gegen Al-Hilal und Pachuca lässt sich der Belgier situativ zwischen die Innenverteidiger fallen und erweitert die erste Linie zu einer dynamischen Dreierkette, um Pressingsituationen mit zwei gegnerischen Angreifern zu umspielen – ohne dabei einen Mittelfeldspieler opfern zu müssen.
Auf der linken Seite rückt Fran García in höheren Feldzonen regelmäßig in die Dreierkette ein, wodurch Vinícius Júnior weiter aufrücken kann. Auf rechts interpretiert Trent Alexander-Arnold seine Rolle erwartungsgemäß offensiv und bewegt sich häufig ins Zentrum, agiert teilweise sogar wie ein Achter. Alonsos Aufbau wirkt in diesen Phasen asymmetrisch, variabel und überzahlsuchend – deutlich strukturierter als in vielen Partien der Vorsaison.
2. Struktur im Pressing – aber noch mit Abstimmungslücken
Auch gegen den Ball zeigt sich unter Xabi Alonso eine klarere Struktur. In beiden Partien ist zu erkennen, dass Real neue Pressingmuster einstudiert. Gegen Al-Hilal beginnt die Partie mit einer hohen ersten Linie – allerdings ohne den gewünschten Effekt: Der saudische Vertreter nutzt die Lücken im zentralen Mittelfeld immer wieder mit simplen, vertikalen Bällen hinter die Abwehrkette.
Alonso reagiert frühzeitig, ordnet ein etwas tieferes Anlaufen an und stellt situativ auf ein kompaktes 4-4-2 um. Diese Anpassung zeigt Wirkung – doch gleichzeitig wird deutlich: Die kollektive Intensität fehlt noch, und die Abstimmung zwischen den Linien ist ausbaufähig. Während Spieler wie Aurélien Tchouaméni durch gutes Antizipieren und Zweikampfstärke auffallen, wirken andere – etwa Vinícius Júnior oder Fran García – im Pressingverhalten zu zögerlich. Der Raum zwischen Offensive und Mittelfeld bleibt dadurch eine strukturelle Schwachstelle.
3. Wacklige Defensive: Huijsen & Co. mit Problemen bei langen Bällen
Eine der größten Baustellen bleibt das Defensivverhalten gegen lange Bälle – auch wenn Real unter Alonso in Ansätzen eine etwas verbesserte Grundstruktur zeigt. Gegen Al-Hilal werden jedoch mehrfach deutliche Abstimmungsprobleme in der Kette sichtbar. Dean Huijsen, der als linker Innenverteidiger startet, agiert zwar umsichtig, kann aber keine echte Ordnung stabilisieren. Auch Tchouaméni, der situativ aus dem Mittelfeld heraus aushilft, bekommt die Tiefe nicht dauerhaft kontrolliert.
Das Hauptproblem liegt in den fehlenden Automatismen: Raúl Asencio beispielsweise agiert oft unglücklich, orientiert sich bei Rückwärtsbewegungen nicht früh genug – was vor seiner Roten Karte ebenfalls auffällt. Auch gegen Pachuca wird Real insbesondere in der Anfangsphase mehrfach mit einfachen langen Bällen hinter die letzte Linie überspielt. Dass Courtois mehrfach stark rettet, verhindert Schlimmeres – ändert aber nichts an der strukturellen Anfälligkeit.
In vielen Phasen fehlt es Real zudem an kollektiver Ballorientierung: Der Gegner bekommt zu wenig Druck auf den Ballführenden, was präzise Zuspiele in die Tiefe begünstigt. Die Probleme sind dabei nicht allein der Viererkette zuzuschreiben, sondern vielmehr ein mannschaftstaktisches Thema. Immerhin: Huijsen, mit über 50 Prozent gewonnenen Zweikämpfen, wirkt als Typ dennoch wie ein Versprechen für die Zukunft.
Kreativität im letzten Drittel: Gegen den tiefen Block fehlt noch die Idee
Auch unter Xabi Alonso tut sich Real Madrid schwer, wenn der Gegner tief steht. In beiden Partien dauert es lange, bis sich klare Torchancen ergeben. Nur vier Großchancen gegen Al-Hilal, drei gegen Pachuca – gemessen an der individuellen Qualität im Kader ist das zu wenig. Die Positionsangriffe wirken oft zu statisch, das Tempo im Kombinationsspiel fehlt.
Positiv: Alonso reagiert situativ und erkennt, wo er Impulse setzen kann. Gegen Al-Hilal bringt er Arda Güler, der mit drei Key-Pässen sofort Wirkung entfaltet und das Spiel aus der Tiefe intelligent lenkt. Dadurch kann Valverde offensiver agieren und sich häufiger in torgefährliche Räume einschalten. Die Idee ist erkennbar – die Umsetzung noch zu inkonsequent.
Erfreulich ist zudem das Auftreten von Gonzalo García, der sich als nominelle Neun sowohl in als auch aus der Tiefe gut bewegt und Räume für Mitspieler schafft. Gut möglich, dass der Youngster in den kommenden Wochen mehr Einsatzzeit erhält – auch wenn offensiv die Rückkehr von Kylian Mbappé bevorsteht und zusätzlich auf dem Transfermarkt nachgelegt werden könnte.
Fazit: Struktur erkennbar – aber noch kein funktionierendes System
Xabi Alonso setzt früh erste taktische Impulse: Der Spielaufbau ist klarer strukturiert, das Pressing planvoller und die Positionsmechanismen im letzten Drittel mutiger als zuletzt unter Ancelotti. Doch nach den ersten beiden Auftritten bei der Klub-WM 2025 wird deutlich: Die Umsetzung hapert noch an mehreren Stellen.
Die Defensive bleibt wacklig, das Pressing inkonsequent, das Spiel gegen tiefstehende Gegner oft zu ideenlos. Auch wenn einzelne Anpassungen – etwa durch Güler oder den tieferen Aufbau über Courtois – funktionieren, fehlt es an Kompaktheit, Tempo und Automatismen. Die Klub-WM in den USA ist bislang keine Machtdemonstration, aber ein taktisches Labor. Alonso setzt auf Struktur, Detailarbeit und Positionsspiel – der Weg ist erkennbar. Die Bilanz nach zwei Partien: Vier Punkte, viele Erkenntnisse – und noch einiges zu tun.
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