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Nacho geht, aber das Wohin… Kommentar zum Wechsel des Lieblingsspielers

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Nils Kern ist enttäuscht von Nacho Fernández – Foto: getty images

Was erwartet ihr von diesem Kommentar? Natürlich bin ich nicht nur traurig, sondern sogar etwas enttäuscht. Mein Lieblingsspieler geht nicht nur, auch das wohin er gehen wird, ist ein Stich in mein Herz. Zu allererst: Jeder Mensch darf und sollte seine Entscheidungen selbst treffen, seinen Willen, seine Träume durchsetzen und dafür kämpfen dürfen. Auch Profifußballer dürfen natürlich noch andere Kulturen und Länder kennenlernen.

Dass Nacho Fernández nicht der von mir so erhoffte erste „One Club Man“ seit Manolo Sanchís (seit 2001, als Nacho in den Klub kam – wenn das kein Schicksal sein sollte?) wird, stimmt mich traurig. Aber das ist nur die eine Seite. Natürlich kann man Nacho hier und da auch verstehen, lieber woanders gesetzt zu sein, als 2023/24 wieder Innenverteidiger Nummer drei oder sogar nur vier zu sein. Er hat alles gewonnen, muss keinem mehr etwas beweisen, kann sich trotzdem der Zuneigung vieler Madridistas – auch meiner – sicher sein, da ist es okay, als Kapitän nach den beiden großen Titeln – besser geht es eigentlich nicht – zu gehen. Okay, Nacho, das habe ich so weit verstanden und geschluckt. Auch wenn ich trotzdem dachte, du bist cleverer als Álvaro Arbeloa und andere.

Nacho, seine Frau und seine Kinder kommen aus Madrid, kein Grund da jetzt das Umfeld der Kinder zu verlassen (auch wenn er das selbst so behauptet). Um Einkünfte hätte er sich auch im Falle eines Karriereendes keine Sorgen machen müssen, Real Madrid kümmert sich um einige Legenden. Er ist belesen, hat nicht die allzu hohen Ansprüche oder geizt mit Luxus, sein schicker, silberfarbener Porsche, der so oft in Valdebebas an mir vorbei gefahren ist, wirkte gut gepflegt… Okay, er will trotzdem gehen. Muss man akzeptieren. Tue ich auch. Gracias por todo, leyenda! Und damit meine ich wirklich: Legende! Für mich war er der Lieblingsspieler, weil er für mich mehr Real Madrid ist und verkörpert als die vielen Top-Stars. Aus der Jugend kommend, immer bescheiden, nie große Ansprüche oder Forderungen stellend, sondern immer funktioniert, wenn er gebraucht wurde. Mehr Kämpfer als Talent! Ob als Links-, Rechts- oder Innenverteidiger. Oder Torschütze – was habe ich nicht alles für legendäre Tore von ihm live erlebt? Sein Freistoß gegen Sevilla, als alle schliefen, sein 1:0-Siegtreffer gegen PSG, als ebenfalls alle schon abgeschaltet hatten. Nur der Seitfallzieher gegen Leonesa fehlt auf meiner 81 Partien reichen Nacho-Fanboy-Liste.

Es geht einer der Größten in der königlichen Geschichte – nicht nur weil er mit 26 Titeln so viele wie kein anderer gewann. Ein Vorbild für hunderte Canteranos und der Beleg, dass man auch ohne das ganz große Talent, sondern mit vollem Einsatz, Loyalität und Kontinuität es ganz, ganz weit bringen kann (ein bisschen auch mein Lebensmotto) – speziell beim größten Verein der Welt, wo genau dieser Mix aus galaktischen Weltstars, großen Talenten und kampfbereiten Eigengewächsen das Erfolgsgeheimnis ist.

Also: Danke für alles, Nacho. Aber jetzt: Muss es wirklich Saudi-Arabien sein?

Wie gesagt: jeder darf seine eigenen Entscheidungen treffen, Nacho darf dahin wechseln, dieses Recht hat er sich in den letzten 23 Jahren der Treue erarbeitet. Und speziell bei älteren Stars wie Karim Benzema, Cristiano Ronaldo oder jetzt „el Kaiser“ sind derartige Renten-Wechsel etwas weniger kritisch zu sehen als von jüngeren Stars, die noch so viel vor sich und zu beweisen haben. Und trotzdem: Kritik muss sein. Zumal es an Optionen eigentlich nicht gemangelt und Nacho – wie gesagt – alles andere als Geld im Fokus hat. Ich bin sicher, auch in den Italien oder in den USA wäre er auf seine Einsätze (und Einkünfte) gekommen, hätte vielleicht noch einen echten Titel gewinnen können. Aber es soll ein Klub werden, von dem ich noch nie hörte. Das hatte ich von Al-Sadd auch nicht, als mit Raúl 2012 ein anderes Idol von mir in die Wüste gewechselt war. Damals waren aber die vielen Probleme in und um Saudi-Arabien, nicht nur die Sportswashing-Thematik, noch nicht so groß und bekannt. Und ich eh viel jünger, noch etwas naiver als heute, machte mir um Menschenrechte keine Gedanken.

Nacho will in eine Liga mit 2023/24 durchschnittlich 8.000 Zuschauern beziehungsweise einer Auslastung von 38 Prozent. Wie gesagt: Fußball-Rentner dürfen das, Benzema oder N’Golo Kanté mit ihrem muslimischem Hintergrund haben da noch mehr Gründe für. Aber nach dem ersten Jahr mit Warnhinweisen und Kritik von Jordan Henderson und Aymeric Laporte (dazu war die Auslastung vor einem Jahr noch höher mit 47 Prozent beziehungsweise 9.800 Fans) will „mein“ Nacho jetzt in eine Liga und ein Land, das sich alles erkauft, nicht nur die WM 2034. Ein perfektes Land, eine perfekte Gesellschaft gibt es nicht, nicht in Deutschland, Spanien, den USA oder sonst wo, jedes Land hat seine Kritikpunkte, aber von einem Jamal Khashoggi dürfte ein intelligenter Profi wie Nacho gehört haben. So wie auch von anderen Problemen in einem Land, in dem Andersgläubige, Homosexuelle, Frauen, Oppositionelle und andere Gruppen nicht die gleichen Rechte genießen, wie die, die sich nach Sportwagen jetzt eben Fußballstars kaufen. Auch im Fußball ging es schon immer um Geld, auch bei Real Madrid, auch hier gibt es den einen perfekten Klub nicht, aber dass ein Nacho Fernández, der für so viel stand und steht, jetzt (wahrscheinlich) zu einem Aufsteiger der Saudi League wechselt, realisierbar dank des Staats-Fonds PFI, ist für mich nichts anderes als ein Armutszeugnis. Und ein ernüchternder Schlag.

Möge er glücklich werden und diesen Schritt nicht wie Arbeloa und andere bereuen. Eine unsterbliche Legende wird er bleiben, trotzdem hat er die ganz große Chance verpasst, seine Karriere bei Real Madrid zu beenden und damit auch als allererster Spieler überhaupt auf meinen Rücken zu kommen. Diese Ehre wird nun „nur“ Toni Kroos zuteil, der weiß schon eher worauf es ankommt. Und ist zufällig nebenbei ein Saudi-Kritiker. Aber wie gesagt: jeder darf und sollte machen, was er oder sie will, auch wenn das in dem Land, in das Nacho nun (vermutlich) wechselt, nicht gilt.

Der Beitrag Nacho geht, aber das Wohin… Kommentar zum Wechsel des Lieblingsspielers erschien zuerst auf REAL TOTAL.

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