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TV-Kritik: Die WM im Fernsehen: "Ich bin froh, dass der Fifa-Zirkus vorbei ist" – dabei hat der gerade erst begonnen

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TV-Kritik: Die WM im Fernsehen:

Zum Abschluss der umstrittensten Fußball-WM aller Zeiten liefern Frankreich und Argentinien eines der wahnwitzigsten Finals aller Zeiten. Tom Bartels denkt an den Papst. Und Basti ans Sommermärchen.

Wer zum hastigen Headline-Lesen neigt, war kurz vor Spielbeginn im Lusail Iconic Stadium womöglich etwas überrascht. Da wurden in der ARD die Kommentatoren Tom Bartels und Thomas Broich angekündigt – und eben nicht Julia Metzner. Die war in den letzten Tagen als erste Final-Kommentatorin bei einer Fußball-Weltmeisterschaft kommuniziert worden. Eine Sensation? Vielleicht. In jedem Fall ein wichtiger Schritt in der medialen Evolution des Fußballs, auch wenn Metzner am Ende "nur" – das wussten all jene, die über Schlagzeilen und Anriss hinauslesen, natürlich längst – im Radio kommentierte.

"Die größte Show der Welt": die Fußball-WM

Mit dem Tom-Tom-Tandem war der Kommentatoren-Platz im Fernseh-Finale traditionell doppelt besetzt, ein Fußballabend, den die beiden sicher nicht vergessen werden. "Die größte Show der Welt", hatte Fifa-Boss Infantino unter anderem versprochen. Wer nicht boykottierte, sich stattdessen das Endspiel zwischen Argentinien und Frankreich gab, erlebte fußballerisch genau das: die größte Show der Welt, in der Geschichte der WM-Finals eines der verrücktesten Matches überhaupt.

FS WM Kompakt 19.21

Begonnen hatte der Abend mit Rap und Getöse, einer kompakten Abschlussfeier und einer TV-Runde, die augenscheinlich auch ein wenig durchatmete, dass es nun vorbei ist. Jessy Wellmer als Stichwortgeberin, dazu Almuth Schult, die über die Dauer des Turniers zuweilen etwas unterfordert wirkte. Als Schlüsselstelle zwischen zwei Fußball-Diplomaten wie Thomas Hitzlsperger und Sami Khedira passte das zwar. Im Verbund mit etwas rauflustigeren Sparringspartnern wie dem ZDF-Couple Mertesacker/Kramer wäre da vielleicht mehr drin gewesen. Dabei gingen auch "The Hammer" Hitz und Khedira kommentatorisch immer mal wieder dorthin, wo es wehtut, dennoch war die Atmo im Ersten zuweilen zwischen Morgenmagazin und Politrunde, Stichwort Handbremsen, wobei der Spaghat zwischen Fußballberichterstattung und kritischer Katar-Perspektive unbestritten zu den gordischen Knoten dieses Turniers zählte.

Esther Sedlaczek als eine Überraschung der WM

Eine, die ihn ausgesprochen kraftvoll zerschlug, war Esther Sedlaczek, die insbesondere angesichts der Vorrunden-Pleite der deutschen Mannschaft zu einer echten Bereicherung wurde. Olli Bierhoff dürfte diese Flügelzange nach dem Ausscheiden lange nicht vergessen haben, auch Basti Schweinsteiger richtete sich in der Folge an seiner fulminanten Fernsehpartnerin auf, wechselte fortan so schmissig ins Analytische, dass man fast, aber auch nur fast, seinen Werbespot-Gesang unter der Dusche vergessen hatte. Am letzten Tag wurden die letzten diplomatischen Fesseln abgestreift. Auf die Frage, ob dies die beste WM aller Zeiten gewesen sei, konterte Basti im klassischen "Mia san mia"-Modus: "Nein, die beste WM war bei uns, 2006 in Deutschland. Da haben wir der Welt gezeigt, was unsere Werte sind." Nun denn, mit Blick auf die Korruptionsvorwürfe im Zusammenhang mit dem Sommermärchen eine zumindest fragwürdige Einschätzung.

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Als hemdsärmeligere, bzw. barfüssigere Variante mag das ZDF mit Jochen Breyer und bereits erwähnten Mertesacker und Kramer besser, flapsiger, forscher gegen und mit dem verbalen Ball gearbeitet haben, dennoch müsste man sich bei beiden Sendern einmal die Frage stellen, ob die Stammplatz-Garantie über die gesamte Länge eines solchen Turniers wirklich sinnvoll ist, oder anders gesagt: Könnte man die Experten-Runde nicht vielleicht im Wochenwechsel austauschen? Alle sieben Tage frisches Spielermaterial, überraschende Runden, mehr Diversität, Abwechslung, Überraschung dürfte dem letztlich beschränkten Themenbereich sicher guttun.

"Froh, dass der Fifa-Zirkus vorbei ist"

Stichwort Themenbereich: Auch bei den Kommentatoren Tom Bartels und Thomas Broich war der Fokus über weite Strecken scharfgestellt, ein ums andere Mal fand sich darin, wenig verwunderlich, der gute Messi wieder. Messi hier, Messi da, ein Traum wird wahr. Tränen, Tore, Triumph. Bartels blickte angesichts dieses durchweg denkwürdigen Finales mit dem alles überstrahlenden Happy-End-Helden gar gen Vatikan: "Der Papst ist Argentinier." Was immer das in diesem Falle heißen mochte.

"Ich bin froh, dass der Fifa-Zirkus vorbei ist", entfuhr es Thomas Hitzlsperger ganz am Schluss der Sendung und man nahm es ihm vollends ab. Wer kurz zuvor jedoch gesehen hatte, wie Infantino den guten Leo Messi, in eine Art Fischernetz gekleidet, auf dem Siegerpodest festhielt und dirigierte, schob und anwies, dem wurde spätestens klar: Der Fifa-Zirkus hat jetzt erst richtig begonnen.

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