Im Herzen Brasilianer: Luka Modrić gegen seine „Söhne“
„Ich spiele wie ein Brasilianer“
Innerlich hat er vielleicht schon immer etwas gefühlt. Er mag nie so schnell und flink gewesen sein, aber die Eleganz und Technik hat er definitiv: Luka Modrić, der weiße Brasilianer. Für den 37-Jährigen wird das Spiel am Freitagabend ein ganz besonderes. Und das nicht nur, weil das Viertelfinale erst Modrićs zweites Pflichtspiel-Duell mit dem Rekordweltmeister darstellen wird, sondern weil er irgendwie auf seine „Verwandten“ trifft.
Bei der WM-Gruppenphase 2014 zogen die Kroaten noch den Kürzeren (1:3), aber jetzt kennt speziell Modrić den Gegner noch besser. Zumindest dessen Spieler. Weil er fast einer von ihnen ist – zumindest versucht er es zu sein. 2017 beispielsweise, als Reals Brasilianer den Champions-League-Titel feierten, mogelte er sich mit auf das Bild, zu Roberto Carlos‘ „Entsetzen“. Auf das „Du bist doch Kroate“ entgegnete er: „Ja, aber ich spiele wie ein Brasilianer.“ Nach dem gewonnenen Super-Cup-Finale versuchte „Lukita“ es erneut, diesmal mit einem erheiterten „Wirklich?“-Blick von Marcelo. Bei den beiden Liga- und CL-Partys 2022 versuchte er es erneut. Vergeblich. Denn zur zweiten Staatsbürgerschaft reichte das nicht, also musste ein alter Trick her: adoptieren. Als 2019 der 19-jährige Rodrygo Goes bei Real Madrid anheuerte, entstand sofort eine besondere Beziehung zum damals 34 Jahre alten Modrić. „Als Luka erfahren hatte, dass mein Vater 35 Jahre alt ist, konnte er es nicht glauben und sagte mir: ‚Na dann respektiere mich, denn ich bin so alt, dass ich dein Vater sein könnte.‘ Seitdem nennt er mich immer ‚Sohn‘ und ich nenne ihn ‚Papa‘“, verriet Rodrygo später.
VergrößernZwei Mal 2017, zwei Mal 2022: Modrić schummelte sich schon oft unter Reals Brasilianer
Halbfinale mit dem Vize- oder dem Rekordweltmeister?
Freundschaften ruhen bekanntermaßen, das gilt jetzt auch für andere Gefühle des Kroaten. Denn seine andere Familie braucht ihn: Will der Vizeweltmeister auch bei dem Turnier Katar überraschen, dann braucht es gegen Brasilien wohl mehr als nur ein Wunder. Denn wenn ab 16 Uhr der Ball im Education City Stadium rollt, ist die „Seleção“ der haushohe Favorit. Sind Modrićs Vereinskollegen Éder Militão, Vinícius Júnior und „Ziehsohn“ Rodrygo die Favoriten. Dabei können die sich alle nur am „weißen Brasilianer“ orientieren. So erklärt auch Vinícius auf einer Pressekonferenz: „Modrić nehme ich mir zum Vorbild. Ich freue mich darüber, gegen ihn zu spielen, möge der Bessere gewinnen.“
Der Respekt ist so groß wie die Gefühle. Auf beiden Seiten. Wer gewinnt, zieht ins Halbfinale ein und trifft in diesem am 13. Dezember auf den Sieger der Begegnung Niederlande-Argentinien. Wird es der fünffache Rekordweltmeister oder der Zweite von 2018? Bis zum Finale am 18. Dezember ist es nicht mehr weit und die Chancen stehen gut, dass mindestens ein Madrilene dabei sein wird. Die Frage ist nur, auf welchem Foto Modrić diesmal landen wird, auch wenn er selbst spielt, wie der Gegner. Es wird so oder so in besonderes Spiel für ihn und im schlimmsten Fall seine letzte WM-Partie.
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