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Wiesloch: Was OB Elkemann anpacken will und was ihn dann doch geärgert hat

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		Wiesloch:  Was OB Elkemann anpacken will und was ihn dann doch geärgert hat

Von Timo Teufert

Wiesloch. Wohnen, Arbeiten, Verkehr sind die Themen, die Wieslochs Oberbürgermeister Dirk Elkemann gerade stark beschäftigen. Beim Rundgang mit der RNZ erläutert er, wie und wo er jungen Familien gerne ein Zuhause geben würde und warum es gut ist, dass auf dem Gelände von Heidelberger Druckmaschinen ein Investor neue Unternehmen ansiedeln möchte.

Herr Elkemann, Corona beschäftigt uns nun schon seit zwei Jahren. Was hat trotz der Pandemie 2021 in Wiesloch gut geklappt?

Es gibt schöne Geschichten des nicht ganz Alltäglichen, die einem ein Lächeln ins Gesicht zaubern. Da merkt man: Es ist nicht alles bedrückt und schlimm, sondern an der ein oder anderen Stelle flackert das gesellschaftliche Leben doch auf. Und diese Momente muss man genießen. Ich fand den Sommer relativ entspannt und habe mir eine Freibad-Saisonkarte gekauft. Es war toll, den Sommer im Freien zu genießen.

Was musste liegen bleiben?

Der Ersatzstandort für die EnBW. Wir hatten ja einen Prozess für die Suche nach Alternativen aufgesetzt, der zwei Jahre lief. Und der vom Gemeinderat begleitet und angestoßen wurde. Dass der Gemeinderat am Ende eines solchen Prozesses dann entscheidet, das Gebiet Sternweiler-Ost nicht der EnBW als Ausweichstandort anzubieten, darüber bin ich wirklich enttäuscht. Das Unternehmen gehört zu Wiesloch und sollte auch weiter zu Wiesloch gehören. Da im Metropolpark und bei den Heidelberger Druckmaschinen keine geeigneten Flächen gefunden wurden, wird Sternweiler-Ost noch einmal aufs Tapet kommen. Dann muss sich der Gemeinderat entscheiden, ob er das Unternehmen halten will – oder nicht.

Wenn die EnBW ihren Standort in der Stadt räumen würde, ergäben sich zusammen mit dem frei werdenden Areal von Ford Wagner große Entwicklungsmöglichkeiten. Wie sieht Ihre Vision dafür aus?

Das ist ein Gebiet, das sich perfekt für eine zentrumsnahe Wohnbebauung eignet, wo wir vielen Familien Raum geben können, um dort sesshaft zu werden. Wir haben in Wiesloch einen extrem hohen Wohnungsbedarf und ich glaube, dass wir dort, auf einer versiegelten Fläche, die Chance haben, ein tolles Wohngebiet zu entwickeln. Wenn das noch zusammen mit der aktuellen EnBW-Fläche passieren könnte, dann wäre das aus meiner Sicht städtebaulich ein richtig großer Wurf. Und deshalb kämpfe ich dafür, dass das klappt.

Gibt es Überlegungen, wie viel Wohnraum dort entstehen könnte?

Im städtebaulichen Entwicklungskonzept ist das eine Fläche, auf der man perspektivisch eine etwas höhere Dichte an Wohnungen vorgesehen hat. Dass wir dort keine Einfamilienhäuser bauen werden, ist völlig klar. Ob es drei oder fünf Stockwerke werden, ist noch offen und wird Teil des Bebauungsplanverfahrens. Da wird man sich an der umgebenden Bebauung orientieren.

Richtung Frauenweiler soll ein neues Gewerbegebiet entstehen und ebenfalls Wohnraum. Braucht man das noch zusätzlich?

Das Wohnen ist dort nur eine Arrondierung für die Wohnbebauung in Frauenweiler. Die Frauenweiler wollen nicht Teil der Kernstadt werden. Da soll eine Zäsur bestehen bleiben. Und wenn Ford Wagner und die EnBW in die Entwicklung kämen, würden wir diese Arrondierung zunächst zurückstellen. Wir wollen uns nicht verzetteln. Für mich gilt: Innen- vor Außenentwicklung. Das Gewerbe soll parallel zur L 723 angesiedelt werden. Dort prüfen wir gerade, ob die Eigentümer verkaufsbereit sind, ob wir die Fläche entwickeln können.

Wie sind die Rückmeldungen?

Die Grünen haben sich schon positioniert. Sie sagen, dass wir das – in der Abwägung zwischen Klimaschutz und Gewerbeförderung – alles nicht brauchen. Ich vertrete da eine andere Auffassung, zumal wir 17 Unternehmen haben, die sich für diesen Bereich beworben haben und darauf warten, dass das entwickelt wird.

Und wenn es keine Mehrheit für das Gewerbegebiet gebeten sollte?

Ich fände es schade, wenn wir den 17 Unternehmen sagen müssten: Tut uns leid, sucht Euch woanders etwas. Wenn diese Unternehmen nichts in Wiesloch bekommen, heißt das ja nicht, dass die überhaupt nicht mehr bauen. Die werden sich dann woanders etwas suchen, wo sie willkommen sind. Und das fände ich schade, wenn wir die Gewerbesteuer und die Arbeitsplätze nicht am Ort hätten, aber den Verkehr möglicherweise trotzdem.

Über ein Viertel es 800.000 Quadratmeter großen Geländes von Heidelberger Druckmaschinen wurden vor Kurzem verkauft. Was bedeutet das für Wiesloch?

Ich freue mich sehr, dass der Investor VGP so großflächig einsteigt. Das ist eine Riesenchance, gute Unternehmen in Wiesloch anzusiedeln. Wir haben VGP als Immobilienprofi kennengelernt, der für namhafte Unternehmen Logistik- und Produktionsstandorte baut und betreibt. Ich bin zuversichtlich, dass es denen gelingt, ein sehr attraktives Unternehmen – oder auch mehrere – zu gewinnen. Und wir hoffen natürlich auf Arbeitsplätze und Gewerbesteuer.

Rechnen Sie damit, dass es auf der L 723 durch diese Entwicklung mehr Verkehr geben wird?

Ja, dadurch wird es mehr Verkehr geben, denn wenn dort Menschen arbeiten, müssen die dorthin kommen und auch wieder weg. Auf der anderen Seite wissen wir nicht genau, wie sich im Bereich der Dienstleister künftig der Verkehr entwickeln wird. Derzeit ist er durch Corona und Homeoffice massiv zurückgegangen. Langfristig rechnen aber alle damit, dass wir auf das frühere Level zurückkommen und der Verkehr langsam zunimmt. Dementsprechend müssen wir dran bleiben, die L 723 auszubauen.

Wiesloch hat erst die Bertha-Benz-Realschule saniert und die Esther-Bejarano-Gemeinschaftsschule neu gebaut. Nun muss das Ottheinrich-Gymnasium für 17 Millionen Euro saniert werden. Wie ist da – vor dem Hintergrund der städtischen Finanzsituation – Ihre Gefühlslage?

Die Summen, die dort bewegt werden müssen, sind schon gewaltig und da kann es einem schon schwummrig werden. Aber letzten Endes haben wir uns im Gemeinderat in großer Einigkeit darauf verständigt, dass der Bildungsbereich einer unserer Schwerpunkte ist und wir dort auch investieren. Aber ich gebe zu: Es hätte beim OHG auch gerne etwas weniger sein dürfen. Unsere Schwierigkeit ist, dass Wiesloch Anfang der 2010er-Jahre wirtschaftlich so schlecht da stand, dass gar nichts mehr gemacht werden konnte. Da war kein Geld da, um in den Erhalt von Substanz zu investieren. Dementsprechend baut sich da ein Sanierungsstau auf, den wir abzuarbeiten haben.

Gerade wird am Radverkehrskonzept für Wiesloch gearbeitet. Sie fahren selbst viel Fahrrad. Was wünschen Sie sich für Fahrradfahrer in Wiesloch?

Ich denke, überall dort, wo wir eine Straße baulich anfassen, muss darauf geachtet werden, dass alle Verkehrsteilnehmer zu ihrem Recht kommen. Im Konzept werden Strecken definiert, die zukünftig noch einfacher mit dem Fahrrad zu befahren sein sollen. Dass das gleichzeitig mit Einschränkungen für Autofahrer einhergeht, ist so und auch gesellschaftlich gewollt und ich unterstütze das.

Das Winzerfest ist 2021 zum zweiten Mal ausgefallen. Sie sitzen an einer Neukonzeption. Können Sie schon etwas verraten?

Da sind wir noch nicht so konkret, dass man jetzt schon was sagen könnte. Sicher ist, dass das Weindorf ein zentraler Bestandteil sein wird und auch sein muss, weil es sensationell angenommen wird und es letztendlich das ist, was ein Winzerfest ausmacht. Aber in welchem Rahmen wir das künftig machen, vermag ich noch nicht zu sagen.

Im Palatin-Prozess wurde das Fehlverhalten des ehemaligen Geschäftsführers strafrechtlich aufgearbeitet. Wird nun ein Zivilprozess folgen?

Soweit das Palatin und damit auch die Stadt einen Schaden erlitten hat, werden wir den geltend machen. Das Verfahren ist aber komplett offen. Klar ist: Wir können das jetzt nicht mehr auf sich beruhen lassen. Wirtschaftlich wird das keine Gewinnnummer werden für die Stadt. Denn für die Aufbereitung der Sachverhalte mussten wir relativ viel aufwenden. Das ist aus meiner Sicht jetzt aber ein Akt der politischen Hygiene.

Gibt es denn mittlerweile Mechanismen, die künftig verhindern können, dass es zu solchen Untreue-Taten kommt?

Grundlegend gab es schon Compliance-Regeln, insbesondere im Palatin. Wir wollen aber eine Whistleblower-Möglichkeit einrichten: Wem etwas auffällt, der soll künftig ohne persönliches Risiko Sachverhalte zur Kenntnis bringen können. Das war meiner Ansicht nach die Schwierigkeit im verhandelten Fall. Mitarbeiter haben was gesehen und hatten ein komisches Gefühl. Aber sie wussten nicht, ob es wirklich falsch war. Und wie Dinge verbucht wurden, war weder für den Beirat noch für den jeweiligen OB oder den Gemeinderat ersichtlich. Wir müssen es schaffen, von möglichen Fehlentwicklungen, die in unserem Verantwortungsbereich auftreten, zu erfahren, damit wir sie konsequent verfolgen und frühzeitig abstellen können.

Was hat Sie 2021 am meisten geärgert?

Das war die Beleuchtung des Bögnerwegs zwischen Wiesloch und Rauenberg. Wir haben jetzt die Radwegebeleuchtung einvernehmlich auf Eis gelegt. Denn das Regierungspräsidium hat uns signalisiert, dass wir erst einmal abwarten sollen, wie die weitere Entwicklung der neuen rechtlichen Situation ist. Doch bei der Vehemenz, mit der wir in dieser Sache auf Granit gebissen haben, bin ich nicht sonderlich optimistisch, dass wir eine Beleuchtung einer der beiden Wege noch hinkriegen.

Und was war Ihr persönliches Highlight?

Die virtuelle Begegnung mit den Flegenheimers bei der Gedenkfeier zur Deportation jüdischer Menschen aus Wiesloch vor 81 Jahren. Auch wenn Joel Flegenheimer und Paul Flagg nur virtuell zugeschaltet waren, so war es doch sehr eindrücklich. Sie berichteten davon, was ihnen alles Schlimmes widerfahren ist. Gleichzeitig haben sie aber auch erzählt, wie sie nach dem ganzen Leid ihr Leben gemacht haben. Und als sie gefragt wurden, ob sie mit Bitterkeit auf das Leben zurückschauten, verneinten beide und sagten unisono: "Wir haben doch Glück gehabt." Dass man so auf ein Leben blicken kann, das doch lebensbedrohlich schwierig war, hat mich nachhaltig beeindruckt.

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