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Baden-Württemberg: Nach Wirrwarr bei Corona-Regeln geht Kretschmann in Sack und Asche (Update)

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		Baden-Württemberg:  Nach Wirrwarr bei Corona-Regeln geht Kretschmann in Sack und Asche (Update)

Stuttgart. (dpa-lsw) Nach dem Wirrwarr bei den neuen Corona-Regeln am Wochenende hat sich Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann bei den Menschen im Land entschuldigt. Die Regierung müsse unter hohem Zeitdruck Beschlüsse in Verordnungen umsetzen. "Das ist uns dieses Mal einfach verrutscht, das tut mir leid", sagte der Grüne am Dienstag vor Journalisten in Stuttgart. Er bedauere die Verunsicherung, die wegen der ursprünglich geplanten Testpflicht auch für Geimpfte und Genesene (2G plus) zum Beispiel in Restaurants entstanden sei. Im Landtag sagte Kretschmann später: "Das war nicht gut, das war nicht richtig, das soll auch nicht mehr vorkommen."

"Chaos, Chaos, Chaos": SPD und FDP attackieren Lucha

Die späte Lockerung war auch auf Druck des Koalitionspartners CDU zustande gekommen. Das Hin und Her hatte heftige Kritik aus Opposition, Kommunen, Gastronomie und Handel hervorgerufen. Auch Sozialminister Manne Lucha (Grüne) sagte: "Mea Culpa." SPD und FDP forderten Kretschmann im Landtag auf, Lucha die Zuständigkeit für das Krisenmanagement zu entziehen. SPD-Fraktionschef Andreas Stoch sagte: "Wir brauchen in dieser Lage endlich ein Corona-Management, das liefert und nicht labert." Es herrsche "Chaos, Chaos, Chaos". Der Regierungschef nahm Lucha in Schutz. Alle Gesundheitsminister in Bund und Ländern stünden in der Kritik. "Ich würde schon bitten, dass man ein bisschen auf dem Teppich bleibt."

Der Landtag mit der grün-schwarzen Mehrheit lehnte den Antrag von SPD und FDP, Lucha das Krisenmanagment zu entziehen, mit großer Mehrheit ab. 93 Abgeordnete stimmten dagegen, 41 dafür.

Kretschmann rechtfertigt Tempo: Volle Fußballstadien verhindern

Kretschmann erklärte, es sei vor allem darum gegangen, die erwarteten Zuschauermassen bei Großveranstaltungen wie der Fußball-Bundesliga zu verhindern. Ohne die schärferen Corona-Regeln, die erst am späten Freitagabend veröffentlicht worden waren, habe man die vielen Fans in den Stadien nicht verbieten können. "Solche Bilder, wie wir sie gesehen haben, insbesondere in Köln, aber auch beim VfB, das war mir klar, das geht kein zweites Mal." Nach der neuen Verordnung gilt für sämtliche Veranstaltungen wie Fußballspiele oder Kultur- und Freizeitveranstaltungen eine "harte Obergrenze" von 750 Personen.

Wirrwarr hat Nachspiel in grün-schwarzer Koalition

Das Wirrwarr hat nach Kretschmanns Worten auch kein gutes Licht auf die grün-schwarze Koalition geworfen. "Was da geschehen ist, ist nicht gut." Aus den Reihen der Union hatte es auch über die sozialen Medien erheblichen Druck gegeben, die geplante Testpflicht für Geimpfte und Genesene nochmal aufzuweichen. Der Ministerpräsident sagte dazu: "Was nicht normal ist, dass rumgepostet wird." Das werde ein Nachspiel haben: "Das wird mit dem Koalitionspartner besprochen."

CDU wollte "Lockdown durch Hintertür" für Gastro verhindern

CDU-Fraktionschef Manuel Hagel erklärte im Landtag mit Blick auf Gastronomie und Handel: "2G plus wäre ein faktischer Lockdown durch die Hintertür gewesen." Noch dazu hätte es keine Hilfen für die betroffenen Branchen gegeben. Man sei sich zwischen Grünen und CDU deshalb "schnell einig" gewesen, dass man das ändern müsse. Er räumte aber ein: "Da wird manches mit heißer Nadel gestrickt, das ist so." Er ergänzte: "Die Kommunikation hätte besser laufen können."

Kretschmann hält neue Regeln für "infektiologisch vertretbar"

Ursprünglich wollte die Regierung eine harte 2G-plus-Regel einführen, wonach nur noch Geimpfte und Genesene mit einem Test etwa in Restaurants dürfen - nur Menschen mit einer Auffrischungsimpfung sollten ausgenommen werden. Doch dann machte das Land am Sonntag einen Rückzieher und nahm auch kürzlich Geimpfte und Genesene von der Testpflicht aus. Allerdings müssen Genesene nachweisen, dass die Infektion maximal sechs Monate zurückliegt. Und für Geimpfte gilt: Die zweite Impfung sollte weniger als ein halbes Jahr her sein. Kretschmann kann mit den nachträglichen Änderungen leben: "Die Erleichterungen waren infektiologisch vertretbar."

Regierungschef schließt noch härtere Einschnitte nicht aus

Kretschmann betonte erneut, dass man die Krise noch nicht im Griff habe. "Wir haben jetzt nicht mehr diese explosive Dynamik." Der Anstieg sei nur gedämpft. Er könne deshalb härtere Maßnahmen nicht ausschließen. Mit Blick auf das Bund-Länder-Treffen am Donnerstag bekräftigte er: "Wir brauchen den vollen Regelungskasten." Kretschmann dringt auf eine Länderöffnungsklausel im Infektionsschutzgesetz, um bei einer weiteren Zuspitzung der Krise handlungsfähig zu sein. "Wir können im Moment gar keine Gaststätten schließen." Auch Ausgangsbeschränkungen seien nicht mehr möglich. Der Grüne bekräftigte, dass bei einem Lockdown Schulen zuletzt geschlossen würden.

Ausgerechnet: Grün-schwarzer Zoff am Ampel-Tag in Berlin

Ausgerechnet am Tag der Unterzeichnung des Koalitionsvertrags von SPD, Grünen und FDP in Berlin traten die Reibereien zwischen Grünen und CDU im Land deutlich zutage. Kretschmann sagte dennoch: "Ich nehme nicht an, dass das die Koalition belasten wird." Es müsse aber möglichst ausgeschlossen werden, dass sich solche Dinge in der Zukunft wiederholten. Zu den CDU-Posts sagte er: "Das waren nur wenige, die das gemacht haben." Es waren aber relativ viele CDU-Politiker dabei, auch Wohnungsbauministerin Nicole Razavi und ihre Justizkollegin Marion Gentges gehörten dazu.

Update: Dienstag, 7. Dezember 2021, 21.35 Uhr


Rüge und Entschuldigung nach Corona-Regel-Wirrwarr

Stuttgart. (dpa/lsw) Nach dem Wirrwarr bei den neuen Corona-Regeln am Wochenende hat sich Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann bei den Menschen im Land entschuldigt. Die Regierung müsse unter hohem Zeitdruck Beschlüsse in Verordnungen umsetzen. "Das ist uns dieses Mal einfach verrutscht, das tut mir leid", sagte der Grüne am Dienstag in Stuttgart. Er bedauere die Irritation und Verunsicherung, die wegen der ursprünglich geplanten Testpflicht auch für Geimpfte und Genesene (2G plus) zum Beispiel in Restaurants entstanden seien. Auch Sozialminister Manne Lucha (Grüne) sagte: "Mea Culpa."

Die späte Lockerung war auch auf Druck des Koalitionspartners CDU zustandegekommen. Das Hin und Her hatte heftige Kritik aus Opposition, Kommunen, Gastronomie und Handel hervorgerufen. SPD und FDP sehen Lucha als nicht mehr tragbar an.

Kretschmann erklärte, es sei zunächst vor allem darum gegangen, die erwarteten Zuschauermassen bei Großveranstaltungen wie der Fußball-Bundesliga zu verhindern. Ohne die schärferen Corona-Regeln, die erst am späten Freitagabend veröffentlicht worden waren, habe man die Fans in den Stadien nicht verbieten können. "Solche Bilder, wie wir sie gesehen haben, insbesondere in Köln, aber auch beim VfB, das war mir klar, das geht kein zweites Mal." Nach der neuen Verordnung gilt für sämtliche Veranstaltungen wie Fußballspiele oder Kultur- und Freizeitveranstaltungen eine "harte Obergrenze" von 750 Personen.

Das Wirrwarr hat nach Kretschmanns Worten auch kein gutes Licht auf die grün-schwarze Koalition geworfen. "Was da geschehen ist, ist nicht gut." Aus den Reihen der Union hatte es auch über die sozialen Medien erheblichen Druck gegeben, die ursprünglich geplante Testpflicht für Geimpfte und Genesene nochmal aufzuweichen. Der Ministerpräsident sagte dazu: "Was nicht normal ist, dass rumgepostet wird." Das werde noch an diesem Dienstag ein Nachspiel haben: "Das wird mit dem Koalitionspartner besprochen."

Ursprünglich wollte die Regierung wegen der sich zuspitzenden Krise eine harte 2G-plus-Regel einführen, wonach nur noch Geimpfte und Genesene mit einem zusätzlichen Test etwa in Restaurants dürfen - nur Menschen mit einer Auffrischungsimpfung sollten ausgenommen werden. Doch dann machte das Land am Sonntag einen Rückzieher und nahm auch kürzlich Geimpfte und Genesene von der Testpflicht aus. Allerdings müssen Genesene nachweisen, dass die Infektion maximal sechs Monate zurückliegt. Und für Geimpfte gilt: Die zweite Impfung sollte weniger als ein halbes Jahr her sein. Kretschmann kann mit den nachträglichen Änderungen nach eigenen Worten leben: "Die Erleichterungen waren infektiologisch vertretbar."

Er betonte aber erneut, dass man die Krise noch nicht im Griff habe. "Wir haben jetzt nicht mehr diese explosive Dynamik." Der Anstieg sei nur gedämpft. Er könne deshalb härtere Maßnahmen nicht ausschließen. Mit Blick auf das Bund-Länder-Treffen am Donnerstag bekräftigte er: "Wir brauchen den vollen Regelungskasten." Kretschmann dringt auf eine Länderöffnungsklausel, um bei einer weiteren Zuspitzung der Krise handlungsfähig zu sein. "Wir können im Moment gar keine Gaststätten schließen", sagte er. Auch Ausgangsbeschränkungen seien nicht mehr möglich. Der Grüne bekräftigte, dass bei einem Lockdown Schulen zuletzt geschlossen würden.

Ausgerechnet am Tag der Unterzeichnung des Koalitionsvertrags von SPD, Grünen und FDP in Berlin traten die Reibereien zwischen Grünen und CDU im Land deutlich zutage. Kretschmann sagte dennoch: "Ich nehme nicht an, dass das die Koalition belasten wird." Es müsse jedoch möglichst ausgeschlossen werden, dass sich solche Dinge in der Zukunft wiederholten. Zudem schränkte er ein: "Das waren nur wenige, die das gemacht haben." Es waren aber relativ viele CDU-Politiker, die sich daran beteiligt haben.

Den Stein ins Rollen gebracht hatte der CDU-Abgeordnete Winfried Mack, der Testpflicht harsch kritisiert und noch nicht verkündete Änderungen schon kommentiert hatte. Am Samstagabend erklärte dann zunächst Migrationsstaatssekretär Siegfried Lorek (CDU) auf Facebook, dass sich Menschen mit einer Auffrischungsimpfung etwa im Restaurant nicht testen lassen müssen und auch kürzlich Geimpfte und Genesene davon ausgenommen sind. Es folgten die CDU-Landtagsfraktion auf ihrem Facebook-Account, Wohnungsbauministerin Nicole Razavi und ihre Justizkollegin Marion Gentges (beide CDU).

Update: Dienstag, 7. Dezember 2021, 13.08 Uhr


Corona-Verordnung-Wirrwarr - es knirscht hinter den Kulissen

Von Jens Schmitz, RNZ Stuttgart

Stuttgart. Am Tag nach dem Drama herrscht Aufregung hinter den Kulissen; es knirscht hörbar in der Koalition. Die 2G-plus-Ausnahmen in der neuen Corona-Verordnung kamen auf späten Druck aus der Unions-Fraktion zustande; bei den Grünen gibt es über das Vorgehen Irritationen. Doch ein Regierungszerwürfnis bei diesem Thema kann das Land sich nicht leisten; auf beiden Seiten wird Schadensbegrenzung betrieben.

So groß war die Aufregung nach einer Corona-Verordnung noch nie. Der Chef der oppositionellen SPD-Landtagsfraktion Andreas Stoch spricht von "Hühnerhaufen" und einem vertrauensschädigenden "Verordnungschaos", sein FDP-Kollege Hans-Ulrich Rülke von einer "Salamitaktik übelster Sorte". Auch das Presseecho nach dem Wochenende ist harsch.

Einen Tag vor Inkraftsetzung hatte die Koalition am Freitag bekannt gegeben, dass sie unter anderem für den Gastro-Bereich eine von Bund und Ländern ermöglichte 2G-plus-Regelung plane. Für Besucher bedeutet das die Verpflichtung, entweder geimpft oder genesen zu sein und zusätzlich einen negativen Corona-Test vorzuweisen. Der Protest war gewaltig, da half auch das Versprechen einer Kulanzfrist nichts. Noch bevor die Verordnung fertig war, gab die Regierung teilweise nach: Für Geboosterte gelte die Testpflicht nicht, stellte das Sozialministerium am späten Freitagnachmittag klar.

Zum Samstag trat die Verordnung in Kraft, doch die Ruhe währte nur kurz. Während die Grünen am Vormittag beim Heidenheimer Parteitag ihre Zukunft berieten, tauchte auf Facebook eine CDU-Grafik auf, wonach die Ausnahme auch für Menschen gelte, deren Zweitimpfung oder Genesung nicht mehr als sechs Monate zurückliege. In der Corona-Verordnung stand davon nichts. Am Sonntag ruderte Gesundheitsminister Manfred Lucha (Grüne) aber weiter zurück und bestätigte auch diese Ausnahmen.

Ursprünglich hatten Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) und Lucha angekündigt, über die Bund-Länder-Beschlüsse hinausgehen zu wollen. CDU-Landtagsfraktionschef Manuel Hagel hatte gefordert: "Wir brauchen jetzt einen konsequenten Advents-Lockdown mit einem weitgehenden Runterfahren des öffentlichen Lebens inklusive Handel, Gastronomie, Sport- und Kulturveranstaltungen." In manchen Bereichen hat Baden-Württemberg tatsächlich deutlich strengere Regeln als andere Länder. In Restaurants aber hat sich für einen Großteil der Menschen nun kaum etwas geändert: 2G plus bleibt für sie das gewohnte 2G.

"Das ist nicht gut gelaufen", kommentierte Regierungssprecher Arne Braun die Verwirrung. Die Verantwortlichen hätten unter enormem Zeitdruck gestanden, doch eine solche Kommunikation dürfe sich nicht wiederholen. Der Pressesprecher von Wirtschaftsministerin Nicole-Hoffmeister-Kraut (CDU) stellte klar: "Das Wirtschaftsministerium hat die Corona-Verordnung, wie sie zunächst war, mitgetragen."

Die Booster-Ausnahme erfolgte mehreren Quellen zufolge auf späten Druck aus der CDU. "Uns war es wichtig, die Bürger wie auch die Unternehmer schnell und adäquat über die geplanten Änderungen zu informieren", erklärte der Sprecher der Unions-Fraktion am Montagabend.

Nach dem samstäglichen Facebook-Post legten der wirtschaftspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Winfried Mack, und der verkehrspolitische Sprecher, Tim Bückner, am Sonntag nach: Die 2G-Plus-Regelung für die Gastronomen könnten sie nicht mittragen, erklären die beiden.

Eine Stichelei, die im grünen Lager nicht gut ankam. Allen Beteiligten ist aber klar, dass öffentlicher Streit für das Vertrauen der Bevölkerung Gift wäre. "Das Schlimmste, was passieren könnte, ist, dass wir uns jetzt öffentlich zerlegen", heißt es in Regierungskreisen. Zumal sich auch andere Bundesländer mit der Thematik schwer tun. Der Sprecher der Grünen-Fraktion forderte aber jetzt: "Es muss eine bundesweite Verbindlichkeit geben, was das Auslaufen des Impfschutzes angeht." Sein Unions-Kollege bekräftigte: "Die CDU-Landtagsfraktion steht hinter der weiteren Verschärfung der Corona-Verordnung des Landes. Sie sind aufgrund der aktuellen Situation notwendig und verhältnismäßig."

Update: Montag, 6. Dezember 2021, 20.15 Uhr


Stuttgart. (dpa/lsw) "2G plus", so lautet die etwas kryptische Abkürzung, mit der etwa im Restaurant, Fitnessstudio oder im Museum negative Tests zum Schutz gegen das Coronavirus auch von Geimpften und Genesenen verlangt werden. Von allen? Keineswegs. Denn wer schon eine Auffrischungsimpfung erhalten hat, ist von dieser Testpflicht befreit. Das gilt auch für diejenigen, deren Impfschutz nicht älter ist als ein halbes Jahr. Und auch für Genesene, die vor nicht mehr als sechs Monaten an Covid-19 erkrankt sind.

Das klingt nach Ausnahmen und wird von der Landespolitik auch so behandelt. Ist es aber keineswegs. Denn nach Zahlen des Landesgesundheitsamtes (LGA) haben in den vergangenen sechs Monaten rund 5 Millionen Menschen in Baden-Württemberg ihren vollen Impfschutz erhalten. Die Spritze für den "Booster" bekamen mehr als 1,5 Millionen Menschen. Unklar ist, wie viele Menschen von der neuen Regelung für Genesene profitieren werden.

Die Verwirrung ist groß, seit die neue Corona-Verordnung am späten Freitagabend zunächst kurzfristig veröffentlicht und im Laufe des Wochenendes weitere Ausnahmen von der Testpflicht bekanntgegeben wurden. "Ja, das ist nicht optimal gelaufen", sagte ein Sprecher des Gesundheitsministeriums. Allerdings gelte eine Verordnung auch erst zum Zeitpunkt ihrer Notverkündung. "Also dann, wenn alle Änderungen der beteiligten Ressorts eingearbeitet sind", sagte er weiter. Es sei sehr schwer gewesen, nach dem Bund-Länder-Gespräch und den dortigen Beschlüssen vom Donnerstag innerhalb von 24 Stunden eine rechtssichere Verordnung abzustimmen.

Für das Hin und Her muss die Landesregierung, vor allem Gesundheitsminister Manne Lucha (Grüne), harsche Kritik einstecken. Der Hotel- und Gaststättenverband warf der Regierung vor, sie habe wirtschaftlichen Schaden angerichtet. Zahlreiche Gäste hätten am Wochenende wegen der Einschränkungen ihre Tische oder Zimmer abgesagt, weil unklar gewesen sei, was nun eigentlich gelte, monierte der Gastronomieverband Dehoga. Allerdings begrüßte er auch die Korrekturen. Gastronomen könnten nun trotz der aktuellen Einschränkungen ihren Geschäftsbetrieb geöffnet lassen. "Das ist eine gute Nachricht vor allem für die Beschäftigten, denen Kurzarbeit dadurch erspart bleibt", heißt es auf der Dehoga-Internetseite.

Auch aus Sicht des Baden-Württembergischen Industrie- und Handelskammertags (BWIHK) haben Stornierungsquote und Umsatz gelitten. "Die nachgeschobenen Meldungen zu Ausnahmen und Kontrollerleichterungen konnten die Auswirkungen leider nicht mehr auffangen", sagte eine BWIHK-Sprecherin. Die Telefone bei den IHKs stünden nicht mehr still, die Mailpostfächer seien voll. "Der größte Wunsch ist, dass eine solch' unsichere und die Unternehmen belastende Situation in Zukunft unbedingt vermieden wird", hieß es.

Der Handelsverband ist nicht weniger verärgert: "Die aktuelle Situation ist allgemein chaotisch, und es ist für unsere Händlerinnen und Händler natürlich schwer, sich immer wieder kurzfristig an neue Regeländerungen anpassen zu müssen", sagte die baden-württembergische Hauptgeschäftsführerin Sabine Hagmann. Es sei aber zu begrüßen, "dass das Land die ersten Ungereimtheiten der Verordnung erkannt und direkt ausgebessert hat". Hagmann forderte zudem erneut lediglich stichprobenartige Kontrollen im Einzelhandel.

Aus Sicht der oppositionellen FDP ist Grünen-Minister Lucha vollkommen überfordert. "Es bleibt abzuwarten, wie lange der Ministerpräsident noch dem Treiben des Dilettanten Lucha zuschaut", sagte FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke. "Der Eindruck, dass die eine Hand nicht weiß, was die andere macht, wäre noch geschmeichelt", kritisierte er. Der Landesregierung warf er "eine Salamitaktik übelster Sorte" vor, weil sie die Corona-Verordnung zunächst erst am späten Freitagabend veröffentlicht und die Ausnahmen von der Testpflicht am Sonntag - einen Tag nach Inkrafttreten der Regelungen - erweitert hatte.

SPD-Partei- und Fraktionschef Andreas Stoch sprach angesichts des grün-schwarzen Vorgehens von einer Unverschämtheit und einem "Verordnungschaos". Die Landesregierung habe die Behörden angewiesen, Corona-Verstöße zunächst nicht zu ahnden. "Baden-Württemberg hat nun eine Verordnung, die faktisch nicht gilt", sagte er.

Update: Montag, 6. Dezember 2021, 16.22 Uhr


Landesregierung rudert bei Testpflicht zurück

Stuttgart/Heidelberg. (sös) Noch am gleichen Wochenende, an dem in Baden-Württemberg die neue Corona-Verordnung in Kraft getreten ist, korrigierte die Landesregierung eine entscheidende Stelle: Ausnahmen von der Testpflicht bei der 2G-plus-Regelung, die ursprünglich nur für diejenigen vorgesehen waren, die bereits die Drittimpfung erhalten haben, werden jetzt auf einen deutlich größeren Personenkreis ausgeweitet.

"Wer geboostert ist oder wessen Vollimmunisierung nicht länger als sechs Monate zurück liegt, ist von der Testpflicht bei 2G-plus befreit", teilte Gesundheitsminister Manne Lucha (Grüne) am Sonntagmittag per Pressemitteilung mit.

Seit dem Wochenende ist in vielen Bereichen des öffentlichen Lebens eigentlich nur für Geimpfte oder Genesene (2G) der Zutritt erlaubt, die zusätzlich einen aktuellen, negativen Antigen-Schnelltest vorlegen können (2G-plus).

Am Freitagabend hatte die Landesregierung aber völlig überraschend verkündet, dass nach der Auffrischimpfung diese Testpflicht entfällt – so hatten es auch Rheinland-Pfalz und Niedersachsen geregelt. Damit wolle man den hohen Schutz vor Infektionen berücksichtigen, den Menschen nach drei Impfungen hätten, so die Begründung.

Nach Protesten in den Sozialen Netzwerken bereits am späten Freitagabend (die Verordnung war gegen 22 Uhr veröffentlicht worden), waren in der Landesregierung offenbar die Zweifel gewachsen, ob es tatsächlich epidemiologisch begründbar sei, dreifach Geimpfte anders zu behandeln als diejenigen, die nach zwei Impfungen noch den vollen Impfschutz haben.

Richtig ist, dass dieser mit der Zeit abnimmt, was Impfdurchbrüche wahrscheinlicher macht. Allerdings: Eine sogenannte "Booster"-Impfung ist in Baden-Württemberg erst sechs Monate nach der Zweitimpfung möglich. Nur in Einzelfällen könne "eine Verkürzung des Impfabstandes auf fünf Monate erwogen werden", so die offizielle Vorgabe. Hinzu kommt, dass mit den aktuellen Impfkapazitäten ein zusätzlicher Ansturm wohl kaum zu bewältigen wäre – und vordringlichstes Ziel sein müsste, zunächst die "vulnerablen Gruppen", also insbesondere die Älteren, mit der Drittimpfung wieder besser zu schützen.

Samstagmittag verkündete dann zunächst die CDU-Landtagsfraktion auf ihrer Facebook-Seite, die Ausnahmenwürden auf einen weiteren Personenkreis ausgeweitet. Später bestätigte eine Regierungssprecherin, dass entsprechende Optionen geprüft würden. Am Sonntag wurde dann um kurz vor 13 Uhr Vollzug gemeldet.

"Testfrei" dürfen jetzt nicht nur "Geboosterte" bleiben, sondern auch Geimpfte mit abgeschlossener Grundimmunisierung, wenn seit der letzten erforderlichen Einzelimpfung nicht mehr als sechs Monate vergangen sind, sowie Genesene, deren Infektion nachweislich maximal sechs Monate zurückliegt.

Eine entsprechende Klarstellung werde die Landesregierung in die Begründung zur Corona-Verordnung aufnehmen, so die Ankündigung. Ob das ausreicht, ist allerdings unklar: §4 (1a), der die Ausnahme regelt, spricht explizit von "Auffrischungsimpfungen" – da müsste wohl nachgebessert werden, um Rechtssicherheit zu schaffen.

Scharfe Kritik gab es unter anderem vom SPD-Landeschef Andreas Stoch. "Die Landesregierung hat durch verspätete, unklare und widersprüchliche Informationen für erhebliche Verunsicherung innerhalb der Bevölkerung gesorgt", kritisierte Stoch. Insbesondere die widersprüchliche Kommunikation koste Vertrauen. "Dieses Hin und Her ist unerträglich und liegt alleine in der Verantwortung der Landesregierung. Da ist ja ein Hühnerhaufen im Vergleich ein Garderegiment!"

Mit Blick auf die Kurzfristigkeit, mit der die neue Verordnung erlassen wurde, forderte das Sozialministerium die Ordnungsbehörden auf, "in der ersten Woche Kulanz zu üben und von der Ahndung von Verstößen zunächst abzusehen".

Update: Sonntag, 5. Dezember 2021, 18.28 Uhr


Neue Ausnahmen von schärferen Zutrittsregeln

Die Landregierung nimmt von der "2G-plus"-Regel nicht nur wie bereits bekannt Menschen mit Boosterimpfung, sondern auch Genesene aus.

Stuttgart. (dpa) Von der seit dem Wochenende geltenden strengeren coronabedingten Zutrittsregelung soll es etliche Ausnahmen geben. Die Landregierung nimmt von der 2G-plus-Regel nicht nur wie bereits bekannt Menschen mit Boosterimpfung, sondern auch Genesene aus. Letztere müssen nachweisen, dass die Infektion maximal sechs Monate zurückliegt, teilte das Gesundheitsministerium am Sonntag weiter mit. Hintergrund ist, dass in vielen Bereichen des öffentlichen Lebens auch Geimpfte und Genesene einen negativen Corona-Test brauchen.

Weitere Ausnahmen von dieser sogenannten 2G-plus-Regel sind Geimpfte mit höchstens vor sechs Monaten abgeschlossener Grundimmunisierung. Grundlage dieser Abweichungen seien wissenschaftliche Expertisen, so das Ministerium. Die CDU-Fraktion betonte, sie habe sich dafür stark gemacht, dass auch Menschen, deren Zweitimpfung oder Genesung nicht länger als sechs Monate zurückliegt, ebenfalls von der Testpflicht befreit werden. Es dürfe keine vollständig Geimpften erster und zweiter Klasse geben.

Die SPD sprach von verspäteten, unklaren und widersprüchlichen Informationen, die die Menschen verunsicherten. "So nimmt das Vertrauen und die Akzeptanz in die Politik weiter ab. Und es ist schädlich für die weitere Pandemie-Bekämpfung im Land", sagte Landtagsfraktionschef Andreas Stoch. So waren etwa am Freitag erst Vorteile für Booster-Geimpfte ausgeschlossen worden, diese wenige Stunden später aber doch gewährt worden.

Nicht geimpfte Jugendliche zwischen 12 und 17 Jahren können noch bis zum 31. Januar 2022 über tagesaktuelle Antigen-Schnelltests Zutritt zu allen 2G-Einrichtungen erhalten.

Das Ressort von Sozialminister Manne Lucha (Grüne) rief die Ordnungsbehörden auf, in der ersten Woche der neuen Corona-Regeln Kulanz zu üben und von der Ahndung von Verstößen zunächst abzusehen.

Update: Sonntag, 5. Dezember 2021, 15.40 Uhr


Land prüft weitere Ausnahmen von der Testpflicht für Geimpfte

Gastronomen, Liftbetreiber und Veranstalter müssen sich mit deutlich schärferen Corona-Regeln auseinandersetzen und befürchten massive Verluste. Es könnte auch sein, dass die Zahl derer, die zumindest an der Testpflicht vorbeikommen, größer ist als zunächst gedacht.

Stuttgart. (dpa) Hier Testpflicht, dort nur eingeschränkt, hier dürfen bis zu 750 Menschen zusammenkommen und dort kein einziger: Menschen in Baden-Württemberg müssen sich wegen der anhaltenden Corona-Lage seit diesem Samstag auf mehr Kontrollen, Tests, deutliche Einschränkungen sowie Verbote einstellen. Allerdings bleiben bei der sehr kurzfristig veröffentlichten Corona-Verordnung auch noch viele Fragen offen.

Das gilt unter anderem in Zusammenhang mit den Auffrischungsimpfungen, die von der Testpflicht zum Beispiel in der Gastronomie entbinden. Die Landesregierung kündigte an, es könne weitere Ausnahmen geben. "Ob wir das eine oder andere machen werden, müssen wir noch überlegen", sagte der Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) am Samstag dem Südwestrundfunk (SWR).

Nach Angaben einer Regierungssprecherin könnten zum Beispiel Menschen von der neuen strikten 2G-plus-Regel entbunden werden, die gerade erst ihre Zweitimpfung erhalten haben. Ausnahmen könne es womöglich auch für Menschen geben, die erst kürzlich von Corona genesen seien, sagte sie zudem der Deutschen Presse-Agentur. Die in der neuen Corona-Verordnung formulierten Regeln müssten noch begründet werden. Das schließe dann eventuelle weitere Ausnahmen ein, die derzeit geprüft würden.

Nach den jüngsten Zahlen des Landesgesundheitsamtes (LGA) haben bislang rund 1,5 Millionen Menschen in Baden-Württemberg eine Auffrischungsimpfung bekommen. Etwa 7,44 Millionen gelten als vollständig geimpft. Das entspricht einer Impfquote von 67,0 Prozent.

Nach der erst am späten Vorabend veröffentlichten neuen Verordnung schränken die neuen Regeln nicht nur das Leben von ungeimpften Menschen weiter ein. Auch der Alltag von etlichen ungeboosterten Geimpften und Genesenen ist stark betroffen. Seit Samstag muss für den Restaurant- und den Zoobesuch, für das Fitnessstudio, den Skilift und vieles mehr ein negativer Corona-Test vorgewiesen werden - auch wenn die Gäste geimpft oder genesen, aber noch nicht "geboostert" sind. Außerdem werden Großveranstaltungen angesichts der sich zuspitzenden Corona-Krise in Baden-Württemberg untersagt, die wenigen noch geöffneten Weihnachtsmärkte verboten und Clubs sowie Diskotheken geschlossen. Für den Einzelhandel gilt landesweit eine 2G-Regelung (nur Geimpfte und Genesene).

Das Land ruft die Polizei auf, Verstöße zunächst nicht zu ahnden. "Wir wissen, dass die neue Verordnung sehr kurzfristig kommt", sagte der Amtschef des Sozial- und Gesundheitsministeriums, Uwe Lahl. "Das ist eine riesige Herausforderung, etwa für Veranstalterinnen und Gastronomen." Das sollten die Polizisten der Städte und Gemeinden berücksichtigen, die für die Kontrolle der Corona-Verordnung zuständig sind. Lahl kündigte Sanktionen "von Ende nächster Woche an" an.

Die Ordnungsämter kommen bei den Corona-Kontrollen in vielen Kommunen im Südwesten bereits jetzt an ihre Grenzen. Es fehle an Kapazitäten für die zusätzlichen Aufgaben, sagte Christopher Heck vom Gemeindetag. "Man kommt an die Grenzen der Durchführbarkeit." Außerdem würden die kommunalen Beamten als Kontrolleure nicht so stark akzeptiert wie die Polizei. Auch Sebastian Ritter vom Städtetag Baden-Württemberg sagt: "Menschen in Uniform haben eine ganz andere Wirkung auf Bürgerinnen und Bürger."

Die noch wenigen Weihnachts- und Christkindelsmärkte in Mannheim, Ulm, Karlsruhe, Baden-Baden und Heidelberg haben bereits geschlossen. "Wir bauen aber nicht vor Montag ab, weil alles so unsicher und undurchsichtig ist", sagte Susanne Filder, die Vorsitzende des Schaustellerverbandes Karlsruhe, am Samstag. "Diese Ungewissheit nicht nur in den vergangenen Tagen geht an die Nerven, das macht total krank."

Kritik kommt auch aus Baden-Baden: "Die Unsicherheit der vergangenen Tage war für alle Marktbeschicker eine Zumutung", sagte Nora Waggershauser, die Geschäftsführerin der Kur- und Tourismus GmbH. Finanzielle Unterstützung für die Beschicker forderte ebenfalls der Ulmer Oberbürgermeister Gunter Czisch.

Auch der Einzelhandel funkt SOS. Er fühlt sich durch die landesweite Einschränkung für ungeimpfte Kunden und zusätzliche Kontrollen benachteiligt. "Mit Einführung der 2G-Regel für den gesamten Einzelhandel muss der Handel in Baden-Württemberg, der in den letzten 20 Monaten bereits zahlreiche Sonderopfer für die Gesellschaft erbracht hat, einen weiteren Schlag ins Gesicht hinnehmen", sagte Sabine Hagmann, die Hauptgeschäftsführerin des Handelsverbands Baden-Württemberg (HBW). Regel und Kontrollen seien "verfassungswidrig und nicht zielführend bei der Bekämpfung der Pandemie". Zudem gingen sie weit über einen zumutbaren Akt der Solidarität hinaus.

Mit seinen scharfen Vorgaben geht das Land deutlich über die Beschlüsse von Bund und Ländern hinaus. Es sei wichtig, die vierte Welle zu stoppen, sagte der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) über die neue Verordnung.

Allein am Freitag starben weitere 60 Menschen im Zusammenhang mit dem Coronavirus, wie aus dem LGA-Tagesbericht hervorgeht. Weitere mehr als 11.100 Menschen wurden als neue Corona-Fälle gemeldet. In 29 der 44 baden-württembergischen Stadt- und Landkreise lag die Zahl der Infektionen pro 100.000 Einwohner innerhalb einer Woche bei mehr als 500.

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