Eppingen: Das "Haus Karg" soll Geheimnisse offenbaren
Von Angela Portner
Eppingen-Rohrbach. Hier wurde gearbeitet, gelebt, gestritten und geliebt. Wie lange, darüber kann eigentlich nur spekuliert werden, aber vermutlich ist das Haus Karg das älteste Haus im Ortsteil. 200 oder 300 Jahre hat es wohl auf dem Buckel. Inzwischen ist es nicht mehr als eine Ruine – hässlich und windschief. Eigentlich müsste man es abreißen, aber der Ortschaftsrat hat sich schon vor drei Jahren dagegen entschieden. Nun will man es wieder begehbar machen. Kein Heimatmuseum soll es werden, sondern ein Immobilienzeitzeugnis, das vom früheren Leben im Ort erzählt.
Ganz billig wird das sicherlich nicht. "Wir haben noch keinen Überblick über die Kosten", sagt die neue Ortsvorsteherin Hannelore Faber. Stadtarchitekt Thomas Frey wird wohl der erste sein, der das Gebäude mit Fachkenntnis unter die Lupe nimmt und eine erste Einschätzung darüber abgibt, was alles zu tun ist. Da geht es dann sicher nicht um Schönheitsreparaturen, sondern in erster Linie um Gefahrenbeseitigung. Die alte Treppe, Deckenbalken und Holzböden müssen geprüft, gesichert und repariert werden. Äußerlich soll das Haus aber am besten so bleiben, wie es jetzt ist, sagt Faber. Trotzdem wird das Projekt ohne Fördergelder nicht zu schultern sein.
Stadtarchivarin Petra Binder hat die Geschichte des Hauses vor drei Jahren recherchiert und einiges über die Bewohner herausgefunden. Der früheste Eintrag findet sich im Jahr 1815 im Feuerversicherungsbuch, in dem das Haus als Seifensiederei beschrieben ist. Es gehörte Franz Xaver Rittelmann. Laut dem Rohrbacher Familienbuch kam Rittelmann kurz vor 1800 nach Rohrbach. Er war in erster Ehe mit der Rohrbacher Bürgers- und Weberstochter Maria Margaretha Franck verheiratet. Das genaue Heiratsdatum ist nicht bekannt, nur dass deren erstes Kind im März 1800 in Rohrbach geboren wurde.
Ältestes Haus im Ort?
Das Haus von Rittelmann stand auf der Allmende. Der Begriff bezeichnet gemeindeeigenen Grund, der ärmeren Bürgern zum Bebauen zur Verfügung gestellt wurde. Im Gegenzug mussten sie für die schmale Parzelle jährlich einen Gulden als symbolische Pacht an die Gemeinde zahlen.
Erst seit 1818 dokumentieren Rohrbacher Grundbücher die Eigentumsverhältnisse im Ort. Eingetragen ist von 1822 bis 1843 die ledige Maria Gartner, die das Haus bei einer Versteigerung erworben hatte. Nach ihrem Tod wohnte dort einige Jahre der Nagelschmied Nikolaus Maier, der es 1852 dem Steuererheber Johann Heinzmann verkaufte. Im weiteren 19. Jahrhundert werden Bäcker Karl Joseph Wickenhäuser und Maurer Valentin "Veltin" Kautzmann als Bewohner des "einstöckigen Wohnhauses mit Balkenkeller im Sockel und zweistöckigem Anbau mit Stall" erwähnt. Seinen Namen bekam das Gebäude in der Gochsheimer Straße 11 von der Familie Karg, in deren Besitz es seit 1916 war.
Ist es wirklich das älteste Haus im Ort? 1815 steht als Jahreszahl über dem Eingang, aber Pfarrer Manfred Tschacher vermutet ein wesentlich früheres Datum. Endgültige Sicherheit kann nur eine dendrochronologische Untersuchung des Holzes bringen. Das Haus wurde laut des früheren Ortsvorstehers Georg Heitlinger früher "Pfahlhof" genannt, da "dessen Bewohner die Aufgabe hatten, die vor dem Haus laufende Furt mit Pfählen aufzufüllen, wenn Landwirte mit ihrem Wagen passieren wollten". Belegen lässt sich das jedoch nicht. Tschacher vermutet, dass der Name eher daher kommt, dass das Haus in der Bachaue – wie der Eppinger Schwanen an der Elsenz – wegen des nassen, sumpfigen Untergrundes auf Pfählen gebaut worden ist.
Wie so oft werden alte Gebäude trotz sorgfältiger und aufwendiger Recherchen niemals ihr ganzes Geheimnis offenbaren. Eine Menge Gerümpel hatte sich in den Jahren im Inneren angesammelt. Viel Unbrauchbares war dabei, aber einiges an altem Mobiliar wird man nach der Teilsanierung wieder in den kleinen Räumen aufstellen. An den Wänden sollen dann Fotos, Urkunden und Dokumentationen über das Haus und seine Geschichte erzählen und das frühere Wohnen visualisieren.
Der Ortschaftsrat bittet deshalb, alte Fotobücher und Unterlagen zu durchforsten, auf denen das Haus zu sehen ist. Faber weiß: "Für den Antrag auf Fördergelder ist das hilfreich."