Zwingenberger Schlossfestspiele: Das Publikum riss es von den Sitzen
Von Barbara Nolten-Casado
Eberbach/Zwingenberg. Dunkel und bedrohlich grollen Bass, Gitarre, Drums; blutrotes Licht hüllt die Bühne ein. Menschliche Abgründe tun sich auf, wenn Sascha Krebs mit seiner Powerstimme den "Judas" aus Webbers Musical "Jesus Christ Superstar" eindrücklich in Szene setzt.
Mit einem echten Kracher stiegen die Schlossfestspiele Zwingenberg am Samstagabend in ihre Musicalgala in der Eberbacher Stadthalle ein. Bereits zum zweiten Mal in Folge hatten die alljährlichen Festspiele vor der einzigartigen Kulisse von Schloss Zwingenberg Corona-bedingt ausfallen müssen. Mit der Opern- und Operettengala und einem Familienfest vergangene Woche und am Samstag nun mit der großen Musicalgala wollten die Schlossfestspiele ein "Lebenszeichen" an ihre Fans senden – was ihnen bravourös gelungen ist.
Alle nach Pandemievorgaben möglichen Plätze waren besetzt, als Intendant Rainer Roos sein erwartungsfrohes Publikum begrüßte. Mit Alex Melcher, Vera Bolten, Brigitte Oelke und Sascha Krebs hatte er vier Superstars der deutschen Musical-Szene für diesen Abend verpflichten können. Für den perfekten Instrumentalsound sorgte eine sechsköpfige Band unter Leitung von Rainer Roos.
Musikalisches "Gold von den Sternen" zu holen, hatte Roos seinem Publikum versprochen. Die Einlösung des Versprechens folgte auf dem Fuß: Brigitte Oelke, deren Qualitäten Queen-Gitarrist Brian May einmal als "elegance, power and a killer voice" beschrieben hat, brachte die Ballade "Gold von den Sternen aus dem Musical "Mozart" auf die Stadthallenbühne. Auch Vera Bolten gehört zu den Großen unter den Musicalsängerinnen. Sie hat bereits bei mehreren Welturaufführungen mitgewirkt, unter anderem als "Christa Lubanski" in "Das Wunder von Bern". Daraus sang sie am Samstag eine Ballade, die zu Herzen ging: "Wunder geschehen". In Songs aus dem Rock-Musical "Bat out of hell" sorgte ein weiterer Star für lautstarke Begeisterung im Saal: Alex Melcher, der in der genannten Show mit Musik von Meat Loaf zuletzt in Oberhausen zu erleben war. Und was wäre eine Musicalgala ohne das legendäre Juke-Box-Musical "We will rock you"? Zumal alle vier Solisten des Abends seinerzeit von Mitgliedern der englischen Rockband "Queen" persönlich für die deutsche Erstaufführung gecastet wurden? "The show must go on", bekundete Sascha Krebs, der auf über 1 200 Auftritte im Queens-Musical blicken kann – ein Motto, das bestens zum "Lebenszeichen"-Konzert der Schlossfestspiele passen wollte. In "Gethsemane" aus "Jesus Christ Superstar", dem Musical, mit dem Roos 2015 als Intendant in Zwingenberg antrat, sorgte Melcher mit Stimmgewalt und mimischer Ausdruckskraft für Gänsehaut im Saal.
Unverkennbaren ABBA-Sound zauberten Vera Bolten und Brigitte Oelke in einer Ballade aus "Chess" auf die Bühne, für das Benny Andersson und Björn Ulvaeus von der schwedischen Pop-Band die Musik geschrieben hat. Nostalgie überwältigte eingefleischte Zwingenbergianer schließlich, als Sascha Krebs, der "Lancelot" im 2019 bei den Schlossfestspielen aufgeführten Musical "Artus Excalibur", mit viel Herzschmerz seine verbotene Liebe besang: "Nur sie allein".
Mit dem "Greatest Showman" bogen vier Musicalstars und eine Power-Band auf die Zielgerade ein. In Lindenbergs "Hinterm Horizont" wurde Alex zum "Udo", und der Queens-Song "We are the champions" zollte Freddie Mercury eine letzte Reverenz.
Riesenapplaus forderte die Zugabe und – bekam sie natürlich. Das furiose Finale wurde dabei zum Vorgeschmack auf Kommendes: Zwei Songs aus dem für die Schlossfestspiele 2022 geplanten Musical "Rock of Ages" rissen das Publikum endgültig von den Sitzen. Buntes Lichtergewitter und fulminantes Sound-Spektakel machten endgültig Lust auf mehr. Die Fan-Gemeinde soll’s bekommen, versprach Rainer Roos. Und Sascha Krebs und vielleicht auch Alex Melcher werden mit dabei sein.