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Heidelberg: Klinik-Arzt steckte sich bei der Arbeit mit Corona an

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		Heidelberg:  Klinik-Arzt steckte sich bei der Arbeit mit Corona an

Heidelberg. Wann ich mich mit Corona angesteckt habe, lässt sich ganz klar nachvollziehen. Es war ein Donnerstagnachmittag und ein Patient wurde mit dem Hubschrauber in unsere Klinik gebracht. Es war ein Notfall. Der Patient wurde, wie alle anderen Patienten auch, vor der Behandlung abgestrichen, das Testergebnis war negativ. Falsch-negativ allerdings, wie sich später herausstellte. Das kommt vor, wenn auch sehr selten: dass ein Test ein falsches Ergebnis anzeigt. Und das war so ein Fall.

Der Patient war ansprechbar, und wir führten ein Aufklärungsgespräch. Natürlich trug ich dabei eine FFP2-Maske und hielt Abstand. An unserer Klinik haben wir schon seit Beginn der Pandemie eine Arbeitsgruppe, die mit der Bekämpfung des Virus befasst ist. Sie legt uns in Anlehnung an die Empfehlungen des Robert-Koch-Instituts nahe, wie wir uns verhalten sollen, um uns und die Patienten zu schützen. Daran haben wir uns auch immer gehalten, auch an jenem Tag. Aber der Patient hatte viele Fragen, und die wollte ich ihm auch gerne beantworten. Zumal seine Lage lebensbedrohlich war. In dieser Zeit, es war eine knappe halbe Stunde, muss ich mich angesteckt haben.

Obwohl ich mich trotz Maske angesteckt habe, stelle ich die generelle Wirksamkeit der Schutzmaßnahmen nicht infrage. Im Gegenteil: Sie sind völlig angebracht. Denn meine Erfahrung zeigt gerade, dass es eben auch hochinfektiöse Covid-Patienten gibt, die eine außerordentlich hohe Virenlast tragen. Zwei Tage später, am Samstag, erfuhr ich von dem diensthabenden Oberarzt, dass der Abstrich des Patienten falsch-negativ war, er rief mich zu Hause an. Das war das erste Mal, dass sich auf unserer Station ein Testergebnis als falsch-negativ erwies.

Als ich montags zur Arbeit ging, fühlte ich mich noch völlig gesund. Wir hatten eine anstrengende Operation, und noch am OP-Tisch bekam ich Kopfschmerzen. Kurz schrieb ich das noch dem fordernden Eingriff zu. Er hatte fünfeinhalb Stunden gedauert, da kann man schon einmal Kopfschmerzen bekommen. Doch als meine Beschwerden im Stundentakt schlimmer und schlimmer wurden, sagte mir eine innere Stimme: Das ist Covid.

Am OP-Tisch kann man sich nicht an die gängigen Abstände halten. Man steht dicht beieinander. Aber wir tun wirklich alles, um unsere Patienten zu schützen, und an diesem Tag trug ich vorsichtshalber die FFP2-Maske über einer medizinischen Maske, so wie an anderen Tagen auch. Weder den Patienten noch meine Kollegen habe ich angesteckt. Das ist auf unserer Station übrigens auch noch nicht passiert, dass ein Mitarbeiter einen Patienten angesteckt hat. Aber während ich bei der Arbeit also stets mindestens eine Maske trage, hatte ich das am Wochenende zu Hause nicht getan. Und als ich in der Abstrichstelle für Mitarbeiter der Klinik mein positives Ergebnis bekam und mich zu Hause in Quarantäne im Keller begab, hatte ich bereits meine Frau und die Kinder angesteckt. Das wussten wir in dem Moment noch nicht. Typischerweise treten die Symptome am vierten Tag nach der Infektion auf. So war es in meinem Fall, und so war es auch bei meiner Familie.

Ich habe mir deshalb Vorwürfe gemacht. Zum Glück hatten die Kinder kaum Symptome, meine Frau nur eine starke Erkältung. Anders als ich: Ich war sieben Wochen lang krankgeschrieben. Und das, obwohl ich vorher zweimal die Woche Sport gemacht habe und keinerlei Vorerkrankungen hatte. Das zeigt, wie unberechenbar diese Krankheit ist.

Zu den Kopfschmerzen kamen noch am selben Tag Fieber und Müdigkeit hinzu, auch Durchfall und Geschmacksverlust. Es ging mir richtig schlecht. Influenza hatte ich auch schon mal gehabt, aber das hier war deutlich schlimmer. Dazu kam, dass nicht absehbar ist, welchen Verlauf man nimmt. Als Mediziner war ich dafür sensibilisiert, worauf man achten muss und konnte mich selbst therapieren. Zugleich weiß man, was passieren kann, womöglich hat man auch mehr Angst. Ich wusste zum Beispiel, dass man als Mann meiner Altersstufe schnell in eine Lungenpneumonie rutschen kann und dass eine Beatmung in 30 Prozent der Fälle tödlich ist.

Also habe ich alles getan, meinen Zustand zu überwachen: Mit einem Pulsoximeter habe ich den Sauerstoffgehalt im Blut gemessen – ich wusste: Wenn die Sauerstoffsättigung unter 93 Prozent fällt, komme ich in die Klinik –, ich habe eine Fieberkurve geführt, so wie man es auf Intensivstationen tut, und ich habe meinen Blutdruck kontrolliert. Mit Blutverdünner habe ich Thrombosen vorgebeugt. Oft verschlechtern sich die Symptome schlagartig am achten Tag. Darauf hatte ich ein Auge, aber zum Glück blieb mir das erspart. Ich konnte mich zu Hause auskurieren.

Aber es hat gedauert. Ich war lange sehr schwach und konnte mich auf nichts konzentrieren. Dass ich in meiner Isolation im Keller mit einem Arzt der Thorax-Klinik über "Whatsapp" in Kontakt stand, hat mich beruhigt. Langsam wurde es besser. Doch als ich nach vier Wochen den ersten Arbeitsversuch unternahm, musste ich abbrechen, ich wurde für drei weitere Wochen krankgeschrieben. Inzwischen bin ich zu 90 Prozent wieder der Alte, und ich arbeite auch wieder.

Als Arzt setzt man sich gewissen Risiken aus. Das ist einem bewusst, und ich habe meinen Beruf nicht wegen Covid infrage gestellt. Meine Geschichte erzähle ich, damit wir uns und andere weiter vor der Krankheit schützen, bis wir geimpft sind. Denn sie ist eine echte Gefahr.

Protokoll: Julia Lauer

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