Heidelberg: Zwei Immobilienfirmen kaufen 433 Emmertsgrund- und Boxberg-Wohnungen
Von Sebastian Riemer
Heidelberg. 433 Wohnungen in den Bergstadtteilen Emmertsgrund und Boxberg wechseln den Besitzer. Die Frankfurter GWH verkauft die Hochhaus-Wohnungen an zwei Immobilienfirmen weiter: die städtische Südwert GmbH aus Bietigheim-Bissingen und die private Schwäbische Grundbesitz GmbH aus Stuttgart.
> Um welche Wohnungen geht es? Von den 433 Wohnungen liegen 377 in elf großen Wohnhäusern am Jellinekplatz und in der Emmertsgrundpassage im Emmertsgrund. Es sind geförderte, früher oft als "Sozialwohnungen" bezeichnete Wohnungen. Dazu kommen noch vier Häuser am Boxbergring, die nicht gesetzlich gebunden sind. Die Wohnungen in der Emmertsgrundpassage gehen schon am 31. August 2020 in den Besitz der Schwäbischen Grundbesitz, die restlichen Wohnungen zum 31. Dezember 2020 in den Besitz der Südwert.
> Warum verkauft die GWH? Die GWH, Immobilientochter der Landesbank Hessen-Thüringen, hatte die Wohnungen erst 2012 und 2014 gekauft. In einer Pressemitteilung heißt es zur Begründung: "Die GWH hält an ihrer Strategie fest, sich vor allem im Norden und Osten Deutschlands auf Wachstum zu konzentrieren und sich von Beständen an anderen Standorten zu trennen." Der Rückzug und der Verkauf an "seriöse Käufer" ermögliche dem Quartier neue Entwicklungsmöglichkeiten. Im Kaufvertrag sei eine Sozialcharta verankert worden, die "alle Mietverträge weiterlaufen lässt und Luxusmodernisierungen ausschließt".
> Was erwartet die Mieter? Die neuen Besitzer versprechen eine energetische Sanierung "mit zweistelligem Millionenaufwand", wie sie per Pressemitteilung erklären, auch die Außenanlagen sollen neu gestaltet werden – "allerdings nicht, um das Haus durch eine Luxussanierung zum Spekulationsobjekt zu machen, sondern zum Wohl der bestehenden Mieter". Der Plan laute: Man beseitige den Instandhaltungsstau und biete die Wohnungen den bisherigen Mietern zum Kauf an, "bei einer monatlichen Belastung, die im Bereich der vorherigen Miete liegt". Wolle oder könne ein Mieter die Wohnung nicht kaufen, würde sie Anlegern angeboten, etwa solchen, "die eine Wohnung zur Altersvorsorge erwerben". Dabei werde eine Kündigung des Mieters wegen Eigenbedarfs ausgeschlossen – auf unbegrenzte Zeit und auch für alle künftigen Käufer.
> Was sagt der Mieterverein dazu? Christoph Nestor vom Heidelberger Mieterverein fragt: "Warum hat die Stadt über ihre GGH nicht diese Wohnungen gekauft, um ihre wohnungspolitische Handlungsfähigkeit zu erhöhen?" Bezüglich der Versprechungen der Käufer ist er skeptisch: "Wie machen sie das, dass sie viel Geld für Kauf und Sanierungen ausgeben und gleichzeitig nicht mehr als bisher einnehmen?" Südwert und Schwäbische Grundbesitz verweisen hier auf erhebliche Einsparungen bei den Energie-Nebenkosten durch die Sanierung.
> Warum haben Stadt und Wohnungsgesellschaft nicht zugeschlagen? Per Brief hat Erster Bürgermeister Jürgen Odszuck den Gemeinderat über den Immobiliendeal informiert. Darin schreibt er, eine dauerhafte Aufnahme in den Bestand der GGH sei "aufgrund des aufgerufenen Kaufpreises (...) wirtschaftlich nicht darstellbar" gewesen. Die Stadt habe sich von den Käufern versichern lassen, dass sie die Wohnungen nachhaltig bewirtschaften, so dass es nicht zu einer Verdrängung der Mieter komme. Odszuck schreibt aber auch: Mit dem Besitzerwechsel würden die Landesförderdarlehen zurückgezahlt. Damit fallen die 377 geförderten Wohnungen "voraussichtlich im Jahr 2028" aus der gesetzlichen Bindung. Einer Erhöhung der aktuell niedrigen Mieten stünde dann nichts mehr im Wege.