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Theologisches Studienhaus Heidelberg: Ein ungewolltes Kind wird 100 Jahre alt

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		Theologisches Studienhaus Heidelberg:  Ein ungewolltes Kind wird 100 Jahre alt

Von Arndt Krödel

Heidelberg. Von einem gemeinsamen Haus in Heidelberg, in dem Theologiestudenten miteinander leben und arbeiten, hielt die Evangelische Landeskirche von Baden damals gar nichts: Als das Theologische Studienhaus (TSH) im Wintersemester 1918/19 seinen Betrieb aufnahm, gab es vom Oberkirchenrat kein Geld. Auch das Gebäude in der Neuenheimer Landstraße 34 musste sich der im August 1917 gegründete Verein "Theologisches Studienhaus Heidelberg" selbst suchen. Immerhin spendete ein reicher Industrieller, Freiherr Krupp von Bohlen und Halbach, den stattlichen Betrag von 50.000 Mark, dem bald weitere Stiftungen und Gaben folgten. Selbst zur Theologischen Fakultät der Universität Heidelberg hatte das TSH anfangs keine Beziehung, die eine Förderung mit sich brachte.

Aber das ist 100 Jahre her. Heute, im Jubiläumsjahr, besteht sowohl mit der Landeskirche als auch der Fakultät ein enges, vertrauensvolles Verhältnis, was beim Festgottesdienst am Reformationstag in der Peterskirche deutlich zum Ausdruck kam. Unter den Teilnehmern befanden sich viele "Ehemalige" des TSH, einige sogar noch aus der Ära des ersten Domizils in der Neuenheimer Landstraße 34, die von 1918 bis 1973 dauerte. Dort standen zunächst nur die Räume im Erd- und Dachgeschoss zur Verfügung, in die sechs Theologiestudenten einzogen. Zimmer und Frühstück waren kostenlos - eine große Erleichterung für viele in den schweren Jahren nach dem Ersten Weltkrieg. Der Weg war klar, wie es Pfarrer Hermann Gilg, einer der Initiatoren, damals in einem Brief beschrieb: "Wir hoffen, mit dieser Arbeit unserer Kirche zu dienen, indem wir jungen Theologen Gelegenheit geben, im Zusammenleben sich gegenseitig zu fördern."

1937 stand das Anwesen am Neckarufer endlich vollständig seinem Stiftungszweck zur Verfügung und bot nun 30 Studenten Aufnahme. Es war die Zeit des Nationalsozialismus, in dem das TSH sich deutlich von den regimetreuen "Deutschen Christen" distanzierte und den Geist der Bekennenden Kirche lebte. Nach Ende des Zweiten Weltkriegs fanden in den Räumen des Studienhauses sogar erste Theologie-Vorlesungen statt. 1973 wich das alte TSH-Gebäude einem modernen Terrassenbau, der bis 2001 bestand, allerdings durch den "rutschenden Berg" mehrfach Probleme machte. Seit 2002 befindet sich das TSH zusammen mit dem Predigerseminar Petersstift unter dem Dach des Morata-Hauses in der Neuenheimer Landstraße 2. Hier wohnen derzeit 29 Studierende, ungefähr zur Hälfte Männer und Frauen, Theologen und Studenten anderer Fächer.

Für den badischen Landesbischof Jochen Cornelius-Bundschuh ist das TSH "ein wichtiger Ort in der Landeskirche", wie er in seiner Predigt in der Peterskirche sagte: Es sei ein Lern- und Bildungsort, der am Ende - und das sei entscheidend - zu einer "Herzensbildung der Person" führe. Evangelische Freiheit beginne damit, dass ich selber frei werde. Sie helfe, frei und aufrecht im Alltag zu gehen. "Dafür steht das TSH", unterstrich Cornelius-Bundschuh. Heike Springhart, seit 2010 mit einer halben Stelle Studienleiterin des TSH (zur anderen Hälfte ist sie Pfarrerin an der City-Gemeinde Hafen Konkordien in Mannheim), gestaltete den Festgottesdienst liturgisch. Ihre Tätigkeit bedeutet für sie die Chance, wie sie gegenüber der RNZ betonte, wissenschaftliche Interessen im Gespräch mit den Studierenden zu pflegen und dies mit deren persönlicher Begleitung zu verbinden: "Das beglückt mich", stellte sie fest.

Der Mehrwert für einen Bewohner des TSH liegt nach ihren Worten im Angebot eines inhaltlichen Programms, in der Teilnahme an gemeinsamen Mahlzeiten und dem damit verbundenen Gespräch über die Fächergrenzen hinweg sowie in der Möglichkeit, selbst viel im Leben des Hauses zu gestalten. Springhart, die auch Privatdozentin für Systematische Theologie an der Universität Heidelberg ist, hat noch heute Kontakt zu Ehemaligen des TSH. Dass dort mitunter auch die Liebe eine Rolle spielt, verdient Erwähnung: "Ich habe schon drei Paare getraut, die sich im Studienhaus kennengelernt haben", erzählt sie lachend. Eines der zahlreichen Grußworte nach dem Gottesdienst sprach Bürgermeister Wolfgang Erichson für die Stadt, der die fächer- und nationenübergreifende Gemeinschaftlichkeit des TSH lobte: "Der europäische Diskurs findet sozusagen im Speisesaal statt."

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