Borussias Zwischenzeugnisse – Die Etablierten
In den letzten Tagen wurden die Gewinner und Verlierer der (bisherigen) Hinrunde 2025/26 gekürt. Im letzten Teil von Borussias Zwischenzeugnissen geht es um die übrigen Borussen, die weitgehend solide Leistungen mit Stärken und Schwächen abgeliefert haben.
Die Soliden
Nico Elvedi (Note 3,0) ist der einzige Feldspieler, der in dieser Saison bislang jede Minute durchgespielt hat. Dies verdiente er sich durch überwiegend solide Leistungen. Ihm ist anzumerken, dass er von einem erfahrenen Verteidiger wie Kevin Diks an seiner Seite profitiert. Zwei Tore im Pokal runden das insgesamt gute Gesamtbild ab. Eine bessere Note wird dadurch verhindert, dass Elvedi weiterhin zu viele Partien mit kapitalen Fehlern hat. Gegen Union, Wolfsburg, Frankfurt und Bremen trug er mit zu den klaren Niederlagen bei.
Auch Rocco Reitz (Note 3,5) absolvierte bislang alle Spiele, wenngleich nicht immer über die volle Distanz. Seine Leistungen waren insgesamt solide. Gerade in der schwierigen Phase gelang es dem Ur-Borussen aber nicht immer, seiner Führungsrolle als Kapitän gerecht zu werden. Nur ein Scorerpunkt in 18 Spielen wird seinen gestiegenen Ansprüchen nicht genügen. Wurde er im Juni erstmals von Julian Nagelsmann in den Kader der deutschen Nationalmannschaft berufen, so war davon zuletzt nicht mehr die Rede. Noch muss Reitz seine Hoffnungen auf die Weltmeisterschaft im Sommer aber nicht endgültig begraben. Eine starke Rückrunde ist ihm zuzutrauen und könnte die Karten noch einmal neu mischen.
Es war eine der stärksten Entscheidungen von Eugen Polanski, Philipp Sander (Note 3,0) an die Seite von Kevin Diks und Nico Elvedi in die Verteidigung zurückzuziehen. Die neu gebildete Dreier- bzw. Fünferkette verlieh dem Spiel sichtlich mehr Stabilität und war eines der Erfolgsgeheimnisse für den Aufschwung. Dies war besonders Sander zu verdanken – mit dem Höhepunkt des Derbyerfolgs, zu dem er mit seinem Treffer zum 1:0 entscheidend beitrug. Ausgerechnet in diesem Spiel zog er sich einen Muskelfaserriss zu, der ihn einen Monat außer Gefecht setzte. Bei seiner Rückkehr gegen Wolfsburg erwischte er einen rabenschwarzen Tag. Trotzdem ist er in Borussias Defensive kaum noch wegzudenken und sollte auch für die Rückrunde ein solider Pfeiler in der Verteidigung bleiben.
Der Rückhalt
Die wichtigste Nachricht vorneweg: Moritz Nicolas (Note 3,0) blieb in dieser Hinrunde verletzungsfrei und verpasste so keine einzige Saisonminute. Seine Adduktorenverletzung, die ihn zu Jahresbeginn für vier Monate außer Gefecht setzte, wirkte sich allerdings noch auf die laufende Saison aus. Wie Borussia insgesamt erwischte Borussias Nr. 1 einen Fehlstart und war in den ersten Partien nicht mehr so stark wie in der Vorsaison. Unter Polanski steigerte er sich dann aber auch und knüpfte zuletzt wieder an seine Normalform an. Insgesamt kann Borussia froh sein, wieder und hoffentlich noch für etwas länger über einen solch starken und soliden Rückhalt zu verfügen.
Bestätigt wird das durch verschiedene Statistiken. Den aussagekräftigsten Wert für einen Torhüter bieten die Post-X-Goals (siehe https://fbref.com/en/comps/20/keepersadv/Bundesliga-Stats). Diese xGoals aus Sicht des Torhüters spiegeln die Wahrscheinlichkeit wider, mit der eine Torchance vom Torhüter (nicht) zu parieren war. So lässt sich ablesen, wie viele Gegentore für einen Torhüter auf Basis der Gefährlichkeit der gegnerischen Torchancen erwartbar gewesen wären. Dies wird mit den tatsächlich kassierten Treffern verglichen und - zur besseren Vergleichbarkeit von Torhütern mit unterschiedlicher Spielzeit - auf 90 Minuten hochgerechnet.
Im Vorjahr war Nicolas mit einem starken Wert von +0,38 gemeinsam mit Finn Dahmen der erfolgreichste Torhüter der Liga. In dieser Saison liegt er bislang mit +0,01 auf einem durchschnittlichen 7. Platz. Zum Vergleich: Ex-Welttorhüter Manuel Neuer schneidet in dieser Bilanz schon seit Jahren unterdurchschnittlich ab und ist aktuell mit -0,24 Vorletzter.
Die ewigen Talente
Seit mittlerweile fünf Jahren spielt Joseph Michael Scally (Note 3,5) für Borussia Mönchengladbach und hat in dieser Zeit 148 Pflichtspiele absolviert. Eine mehr als beachtliche Bilanz für einen 22jährigen. Trotzdem steht der Amerikaner seit jeher in der Kritik, weil er immer wieder durch schwaches Stellungsspiel und Konzentrationsfehler auffällt. So war es in dieser Saison z. B. gegen Union Berlin oder Eintracht Frankfurt. Seit der Umstellung auf Dreierkette hat Scally aber deutlich an Stabilität zugelegt. Zuletzt fügte er sich als Ersatz für den verletzten Sander naht- und fehlerlos in die Dreierkette ein. Zwar ist für ihn noch weiter Luft nach oben, aber erstmals in seiner Zeit bei Borussia hat man ernsthaft Hoffnung, Scally könnte den nächsten Entwicklungsschritt gehen und sich nachhaltig zu einem starken Bundesligaverteidiger entwickeln.
Ein ähnliches Bild zeichnet sich bei Luca Netz (Note 4,0) ab, der in den letzten Spielen wieder an Lukas Ullrich vorbeizog und sich einen Stammplatz verdiente. Auch wenn er gegen Wolfsburg wieder in alte Fehlermuster zurückfiel, die seine 5 ½ Jahre in Gladbach bislang allzu stark geprägt haben, kann er mit der Entwicklung in den letzten Wochen zufrieden sein. Sollte er an diese auch in der Rückrunde anknüpfen, so wird man seinen voraussichtlich bevorstehenden Abgang im Sommer nicht nur wegen der fehlenden Ablöse bedauern.
Die Unglücklichen
Die unglücklichsten Borussen der Hinrunde waren Robin Hack und Tim Kleindienst (je ohne Note), die verletzungsbedingt fast durchgängig fehlten. Beide gaben in Heidenheim am 11. Spieltag ihr Kurzcomeback, das aber offensichtlich zu früh kam. Da die Mannschaft zuletzt auch ohne sie ordentliche Offensivleistungen gezeigt hat, sollten sich die beiden Topoffensivspieler der Vorsaison ausreichend Zeit nehmen mit ihrer Rückkehr. Sobald sie wieder zu 100% fit sind, sollte für sie aber ein Platz im Team zu finden sein.
Die Unbewertbaren
Schwieriger wird es dagegen für Jan Urbich und Charles Herrmann (je ohne Note), die in der Hinrunde immerhin drei bzw. zwei Kurzeinsätze im Profiteam feiern durften. Herrmann erwischte mit seiner Vorlage zum 1:1 in Leverkusen einen Traumstart. Insgesamt scheint er aber noch zu wenig robust für den Profifußball zu sein.
Nur der Vollständigkeit halber seien die Borussen erwähnt, die bislang keinen einzigen Einsatz zu verzeichnen haben: Jonas Omlin, Tiago Pereira Cardoso, Tobias Sippel, Niklas Swider, Fritz Fleck und Nathan Ngoumou.

