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Masterplan Neuenheimer Felda: "Ich war ein großer Fan der Seilbahn-Idee"

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		Masterplan Neuenheimer Felda:

Von Holger Buchwald

Heidelberg. Stadt, Land und Universität sind mit den bisherigen Entwürfen zum Masterplan Neuenheimer Feld zufrieden und möchten den Prozess jetzt – ein halbes Jahr früher als geplant – beenden. Die Planungsteams Astoc und Kerstin Höger hätten sich stark angenähert und gute Ansätze gefunden, auf die man aufbauen könne. Michael Braum, Direktor der Internationalen Bauausstellung (IBA), der als lokaler Experte in den Prozess eingebunden war, vermisst jedoch zukunftsweisende Visionen. Dies begründet er im RNZ-Gespräch.

Furchtbar oder fruchtbar, wie bewerten Sie die Ergebnisse des Masterplanprozesses, Herr Prof. Braum?

Sie sind beides. Fruchtbar und furchtbar zugleich. Die Stärke des Masterplanprozesses ist, dass sich alle Beteiligten – Stadt, Land, Universität und Stadtgesellschaft – im Groben auf eine Entwicklungsperspektive für das Neuenheimer Feld geeinigt haben. Furchtbar ist, dass für diesen Minimalkonsens solch ein enormer Aufwand betrieben wurde. Die visionären Ideen sind auf der Strecke geblieben. Die Ergebnisse bleiben hinter meinen Erwartungen einer zukunftsorientierten Campusentwicklung zurück.

Am Anfang des Prozesses sah das noch anders aus. Das Team Astoc wollte damals noch den Zoo vom Neuenheimer Feld in den Heidelberger Süden verlagern. Und Ferdinand Heide kam mit der Seilbahn-Idee. Gab es noch weitere visionäre Ideen, die Sie jetzt vermissen?

Die beiden Wichtigsten haben Sie schon genannt. Astoc hat die Frage, wie der Campus an den Neckar kommt, zu Beginn sehr ernst genommen. Und so etwas hat seinen Preis. Ich fand den Ansatz gut, dass man dabei vor nichts zurückschrecken darf, auch nicht vor einer Verlagerung des Zoos. Und auch die Seilbahn wäre ein super Image-Gewinn für das Neuenheimer Feld gewesen. Bei den ersten Konzepten hatte ich noch die Hoffnung, dass wir in Heidelberg einen Campus entwerfen, der nicht nur über die Funktionalität, sondern auch über die Freiräume gedacht wird.

Wieso wäre das in Ihren Augen der richtige Schritt gewesen?

Der Campus leidet ja momentan nicht an schlechter Architektur. Wir haben dort die dichteste Ansammlung herausragender Gebäude in Heidelberg. Das Neuenheimer Feld leidet eher daran, dass die Flächen zwischen den tollen Bauten wie beispielsweise dem Bioquant oder dem DKFZ zu Erschließungsflächen degeneriert sind. Daher finde ich es ernüchternd, dass sowohl Astoc als auch Höger inzwischen fast ausschließlich auf die Innenentwicklung setzen und den Campus verdichten wollen. Die geplanten Freiflächen sind –bei Lichte betrachtet – nur noch Räume zwischen den Gebäuden mit wenig Aufenthaltsqualität.

Gefällt Ihnen auch etwas an den vorliegenden Entwürfen?

Dass der Autoverkehr an die Ränder des Neuenheimer Feldes gedrängt wird, finde ich gut, ebenso den geplanten Straßenbahnring. Das Problem ist nur: So etwas gibt es auch woanders auf der Welt. Das ist inzwischen Standard.

Ist dieser mutlose Entwurf der Preis, den Heidelberg zahlen muss, um das Handschuhsheimer Feld zu schonen?

Ja. Und das halte ich für falsch. Es ist doch so, der Masterplanprozess hat vielversprechend angefangen. Er war als dialogisches Verfahren gedacht, die ausgewählten Büros waren allererste Sahne. Die Planungsteams mussten nicht in Konkurrenz zueinander treten, sondern durften frei denken. Doch dann, am Ende des Prozesses, wurde das Verfahren geändert. Auf einmal hat der Gemeinderat zwei Teams ausgewählt, die miteinander konkurrieren sollten: Astoc und Höger.

Wieso war das ein Fehler?

Jetzt wollte natürlich jedes Team gewinnen. Es ging nicht mehr darum, die eigenen Visionen vorzustellen, sondern alle Wünsche und Bedenken der Politik aufzugreifen. Und genau deshalb sind die beiden Entwürfe jetzt kaum noch voneinander zu unterscheiden. Wir haben einen "Eintopf" bekommen. Astoc und Höger ist dabei gar kein Vorwurf zu machen. Es ist die Logik des geänderten Verfahrens, dass die Klarheit und die Prägnanz der Entwürfe auf der Strecke geblieben sind.

Verstehen Sie, dass die Projektträger von Stadt, Land und Uni den Prozess nun mit diesen Ergebnissen beenden wollen?

Es ist ein logischer Schritt, dass sich die Stadt mit diesen sehr ähnlichen Entwürfen jetzt selbst an die Arbeit macht. Dieses Ergebnis wäre schneller und billiger zu haben gewesen. Der Aufwand des Masterplanprozesses steht nur sehr bedingt in Relation zum Ertrag.

Kann solch ein komplexes Verfahren überhaupt mit solch einer breiten Bürgerbeteiligung funktionieren?

Ich bin ein Freund der Bürgerverantwortung. Aber in diesem Fall muss ich die Frage mit einem klaren Nein beantworten. Natürlich muss man die Bürgerschaft als Experten einbinden. Der Prozess, so wie wir ihn erlebt haben, war aber vor allem eine Abwehrschlacht gegen die Fünfte Neckarquerung und für den Erhalt des Handschuhsheimer Feldes. Und nun haben wir den minimalsten Kompromiss aller beteiligten Akteure. Jeder kann sich irgendwie darin wiederfinden. Es gibt niemanden, der sagt, dieser Entwurf ist schlecht. Aber auch niemand ist hundertprozentig zufrieden. Wir konkurrieren mit ganz vielen Städten in Europa und auf der Welt. Für Heidelberg ist Standard oder eine "Best Practice" zu wenig. Die Heidelberger und unsere wissenschaftlichen Einrichtungen haben eine "Next Practice" verdient, auch oder gerade in der Campusentwicklung.

Am wenigsten zufrieden dürften die Menschen im Stadtteil Bergheim mit den Entwürfen sein. Durch die zusätzlichen Straßenbahnlinien bekommen sie noch mehr Verkehr.

Das ist eine Katastrophe, wie man die Bergheimer am langen Arm verhungern lässt. Sie müssen nun schon wieder den ganzen Mist, den die anderen Stadtteile verursachen, ausbaden. Ich halte es unverändert für absolut notwendig, dass für den Umweltverbund eine zusätzliche Neckarquerung gebaut wird und dadurch insbesondere die Mittermaier- und Bergheimer Straße entlastet wird. Dort kann man doch unter den heutigen Umständen niemanden mit einem guten Gewissen wohnen lassen.

Hätte auch die Seilbahn etwas gebracht?

Ich war ein großer Fan der Seilbahn-Idee. Sie ist leistungsfähig und kann mit der Straßenbahn konkurrieren. Das wäre eine Bereicherung für den öffentlichen Nahverkehr gewesen. Aber das Problem hätte man auch mit einer Fünften Neckarquerung für den Umweltverbund und Rettungswagen lösen können.

Auch wenn die Projektträger allesamt sagen, sie könnten mit den bisherigen Masterplan-Entwürfen gut leben, fordern sie, dass man über neue Klinik-Standorte noch einmal gesondert reden müsse. Wo wären diese aus Ihrer Sicht denn möglich?

Anstelle der Sportflächen am Neckar. Wenn ich im Krankenhaus liege, schaue ich doch lieber auf den Fluss. Die Patienten brauchen etwas für ihre Seele. Außerdem kann man die Kliniken offen bauen. So wie die Marsilius-Arkaden. Die Sportvereine könnte man auch an anderer Stelle unterbringen, so wie man einige Institute der Grundlagenforschung in Patrick-Henry-Village ansiedeln könnte. Die Entwicklung der Wissenschaft müsste gesamtstädtisch betrachtet werden. Aber alle in Heidelberg schauen nur auf das Neuenheimer Feld – wie der Fuchs auf den Hasenstall.

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