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Grundschule Allfeld: Klein und behütet - und dennoch geschlossen

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		Grundschule Allfeld:  Klein und behütet - und dennoch geschlossen

Von Stephanie Kern

Billigheim-Allfeld. Wer den Arbeitsplatz von Carmen Knoll-Baur sucht, der darf sich nicht scheuen, schmale Wege zu benutzen. Wege, die eher nach Feldweg als nach Schulweg aussehen. Carmen Knoll-Baur kennt diesen Weg zur Grundschule in Allfeld noch aus den Tagen, als sie selbst zur Schule ging. Inzwischen leitet die 48-Jährige die kleine Grundschule im Billigheimer Ortsteil selbst.

Ein bisschen Stolz schwingt mit, wenn Knoll-Baur "ihre" Schule zeigt: Drei Klassenzimmer, ein Multifunktionsraum, ein kleines Büro, der Pausenhof – entsprechend klein ist auch die Besetzung: Zwei jahrgangsübergreifende Klassen mit insgesamt 29 Schülern, vier Lehrkräfte, die sich knapp drei Stellen teilen, aber auch Tablets für die Schüler, Beamer in den Klassenzimmern. Doch die Coronapandemie verlangt der Grund-, Haupt- und Werkrealschullehrerin einiges ab. "Es ist viel mehr Organisation, man kann nicht mehr abschalten." Sie warte immer auf die nächste Meldung, die nächste E-Mail, die nächste neue Regelung. "Gedanklich hatte ich das letzte Mal in den Sommerferien frei", sagt Knoll-Baur.

Nach der kurzzeitigen Öffnung nach den Osterferien musste sie den Regelbetrieb schnell wieder einstellen. Dieses Mal wegen der Bundesnotbremse. "Dabei könnten wir doch theoretisch durchgängig unterrichten." In der Eingangsklasse sind insgesamt nur elf Schüler, vier Erstklässler, sieben Zweitklässler. Selbst wenn man sie nicht wechselweise unterrichten würde, ließen sich Abstände einhalten. Die Schüler werden getestet, tragen Masken, die Fenster im Schulgebäude sind geöffnet. "Dass wir so klein sind, ist oft ein Nachteil. In der Pandemie könnte es ein Vorteil sein." Könnte. Wäre da nicht die Bundesnotbremse, die den Regelunterricht ab einer Sieben-Tage-Inzidenz von 165 verbietet – egal wie die Situation an den Schulen aussieht. "Ich weiß auch nicht, aber man kann doch nicht eine Grundschule in Stuttgart mit einer in Allfeld vergleichen." Wenn Unterricht in so kleinen Klassen stattfinden dürfte, wäre das sicher gegenüber anderen Schulen nicht ganz gerecht. "Aber durch unsere Klassengrößen haben wir doch sonst auch Nachteile."

Das ist nicht nur für die Lehrerin schwer zu verdauen. "Die Kinder fragen mich schon, warum bei Audi Tausende ins Werk dürfen und sie zu elft nicht kommen dürfen." Dabei hatten die vier Lehrkräfte der kleinen Grundschule sich ohnehin schon mit den bis dato geltenden baden-württembergischen Regeln arrangieren müssen: Bis die Bundesnotbremse kam, war in den baden-württembergischen Grundschulen Wechselunterricht und Notbetreuung angesagt. Das ergibt in Allfeld drei Gruppen, so viele Lehrerstellen hat die Schule aber gar nicht. "Egal, wir haben das hinbekommen und haben auch nicht weniger Unterricht gemacht als sonst", berichtet Knoll-Baur. Auf dem Schulhof wurden die drei Gruppen getrennt: Eine Gruppe durfte auf den benachbarten Spielplatz, die anderen zwei mussten sich den durch eine Wimpelkette geteilten Schulhof teilen.

"Nichts kann den Präsenzunterricht ersetzen", sagt die Pädagogin. "Die Kinder sind schulentwöhnt, sie sind sozialentwöhnt, sie haben das Lernen verlernt", beobachtet Knoll-Baur – nicht so sehr an den Grundschulkindern, vor allem aber an den Pubertierenden. Viele Allfelder mussten ihre Kinder in der Notbetreuung anmelden. Wie viele es mit dem Start der Bundesnotbremse sein würden, wusste Carmen Knoll-Baur am Vortag damals noch nicht. "Ich schicke niemanden weg. Wenn wir nicht spontan wären, würde das hier doch zusammenbrechen."

Von den Schulleitern werde seit dem Beginn der Pandemie viel abverlangt. Da könnte und sollte man ihnen auch mehr Entscheidungsfreiheit geben, meint Carmen Knoll-Baur. "Es gäbe bestimmt viele Schulen, die Unterricht Corona-konform gestalten könnten." Dass ihre Kollegen an anderen Schulen verantwortungsvoll mit der Situation umgehen würden, daran hat Knoll-Baur keinen Zweifel. Die 48-Jährige hat damals das Grund- und Hauptschullehramt gewählt, weil ihr das die größte Abwechslung bot. "Es ist eine Herausforderung." Die Arbeit mit den Kindern mache ihr Spaß, die Arbeit in Allfeld – damit ist sie glücklich. "Im Moment erarbeite ich aber nur noch Formulare oder Pläne, die dann nach wenigen Tagen schon wieder hinfällig sind. Und ich lese E-Mails, immer. Ich versuche, E-Mails zu verstehen, ich beantworte E-Mails und ich versuche, keine E-Mail zu verpassen."

Schon als Kind kam Carmen Knoll-Baur gerne in die Grundschule nach Allfeld. Frau Bürklen war ihre erste Klassenlehrerin. "Ich habe wenig Erinnerungen an meine Grundschulzeit, aber ich weiß, dass ich gerne hierher gegangen bin." Das trifft auch heute noch zu. "Deshalb habe ich grundsätzlich das Bestreben, den Kindern eine schöne Schulzeit zu bereiten." Das ist nicht einfach in Coronazeiten, denn entweder kann die Schule Notbetreuung vor Ort oder Online-Unterricht zu Hause anbieten. Beides gleichzeitig kann die kleine Schule nicht stemmen.

Wenn man den schmalen Feldweg zur Schule in Allfeld herausgefahren ist, merkt man, was Carmen Knoll-Baur meint, wenn sie sagt: "Wir sind hier draußen so behütet und beschützt." Das spüren auch die Kinder: "Für die ist es aktuell aber einfach nicht mehr zu verstehen."

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