Jenny Rissveds im Interview: „Mich motiviert, Neues zu lernen, mich zu verbessern“
Das Saisonfinale von Jenny Rissveds war eine einzige Galavorstellung: Von den letzten acht Weltcuprennen (Short Track und Cross-Country zusammengenommen) triumphierte die Schwedin bei sieben, sicherte sich zudem den WM-Titel in der XC-Disziplin und feierte in Mont-Sainte-Anne einen Rekord, der für die Ewigkeit sein könnte: Die 31-Jährige distanzierte die Konkurrenz mit 3:30 Minuten – mit einem derart großen Abstand hat noch nie eine Athletin einen Mountainbike-Weltcup gewonnen. Was treibt die Olympiasiegerin von 2016 also an, um im kommenden Jahr noch stärker zu sein? Wir haben uns mit Jenny Rissveds im Rahmen des Canyons CLLCTV Season Endings in Koblenz unterhalten.
Ein langes und anstrengendes Jahr liegt hinter den weltbesten XC-Fahrerinnen und -Fahrern. Wir treffen die amtierende Weltmeisterin dementsprechend mitten in der Offseason. In Koblenz schreibt Rissveds Autogramme, posiert für Fotos und steht gemeinsam mit Fabio Wibmer, Henri Kiefer und Lukas Schäfer im Mittelpunkt der Canyon CLLTV End of Season Session. Rissveds kommt gerade von einer MTB-Runde mit einer ganzen Schar an Kindern zurück, zeigt sich trotz der kühlen Temperaturen bestens gelaunt und berichtet uns über die vergangene Saison, ihre persönlichen Ziele und die Entwicklung des Mountainbike-Weltcups. Als das Wetter nochmals etwas ungemütlicher wird, beschleunigen wir unser Interview und lassen die 31-Jährige zurück in die Winterpause ziehen. Schließlich will die sympathische Schwedin 2026 wieder voll angreifen – wie wir in unserem Gespräch erfahren haben …
MTB-News: Hi Jenny, wir treffen dich hier beim CLLCTV Season Ending in Koblenz. Wie gefällt dir das Event?
Sie haben hier wirklich ein schönes Event auf die Beine gestellt – vor allem für die Fans, die die Möglichkeit haben, mit uns gemeinsam zu fahren. Das finde ich super. Und es ist tatsächlich mein erstes Mal hier in Koblenz!
Wirklich? Du warst noch nie hier?
Nein, wirklich nicht – das ist mein erster Besuch.
War das dann auch ein gelungener Abschluss eines rundum gelungenes Jahres? Auf diesem Wege natürlich auch noch von uns herzlichen Glückwunsch zu deiner Hochzeit und zu einer sehr erfolgreichen Saison! Hat deine Off-Season schon begonnen oder gehört das Event hier noch dazu?
Vielen Dank. Die Off-Season hat schon begonnen. Ich hatte aber eine kleine Unterbrechung, um ein paar Dinge zu erledigen – wie dieses Event hier. Jetzt geht es wieder zurück in die Pause, ein bisschen abschalten, erholen, neue Energie tanken.
Deine Form war am Ende der Saison extrem stark. Viele hätten wahrscheinlich gerne noch ein paar Rennen von dir gesehen. Wärst du lieber einfach weitergefahren?
(lacht) Ich war gar nicht so müde, wie ich es in anderen Jahren war. Klar, am Ende ist man immer ein bisschen erschöpft, aber ich hätte sicher noch ein paar Rennen fahren können. Es lief einfach gut – das macht natürlich Spaß.
Man hatte das Gefühl, dass deine Formkurve am Ende der Saison sogar noch anstieg, während andere eher abbauten. Woran lag das?
Ich glaube, ich habe in der ersten Saisonhälfte viel gelernt – über mich, über das Setup, über viele kleine Details. In der zweiten Hälfte konnte ich dann alles zusammenfügen. Da hat einfach alles gepasst, und das hat sich auch in den Ergebnissen gezeigt.
Hat der Wechsel zu Canyon dabei eine Rolle gespielt?
Auf jeden Fall. Ich brauchte eine Veränderung, und der Wechsel zu Canyon war perfekt für mich. Es war Zeit für einen Neustart. Ich bin in ein tolles Umfeld gekommen – motivierte, freundliche Menschen, eine gute Atmosphäre – das hat mir sehr geholfen.
Du hattest davor dein eigenes Team. War der Wechsel zu Canyon auch eine Entlastung, weil du dich nun wieder ganz auf den Sport konzentrieren kannst?
Es sah von außen vielleicht so aus, als wäre es nur mein Team, aber gegen Ende war das gar nicht mehr so sehr „mein Ding“. Der Wechsel hat trotzdem vieles vereinfacht. Jetzt kann ich mich voll auf das Fahren konzentrieren.
Von außen wirkt das CLLCTV-Team sehr harmonisch – Luca hat uns zum Beispiel auch erzählt, dass ihr euch super versteht. Spielt diese Stimmung für dich eine Rolle, auch bei den Rennen?
Während des Rennens eigentlich nicht – da sehe ich niemanden, ich bin die einzige Elite-Fahrerin im Team. Aber an den Wochenenden ist die Stimmung sehr wichtig. Wir sind professionell, aber nicht zu verkrampft. Wir lachen viel, haben Spaß, nehmen die Dinge nicht zu ernst – das hält die Freude am Sport am Leben.
Du sagst, dass du Dinge nicht zu ernst nehmen willst. Ist das dein Erfolgsrezept?
Ich denke schon, dass das hilft. Wenn du ständig nur an Leistung und Ergebnisse denkst, verlierst du irgendwann die Freude. Und ohne Freude fehlt dir die Energie. Ich will erfolgreich sein, aber ich will auch Spaß haben.
Du hast Olympiagold, WM-, EM- und Weltcup-Siege – was motiviert dich heute noch?
Nicht die Ergebnisse. Mich motiviert, Neues zu lernen, mich zu verbessern – technisch, körperlich, mental. Ich will herausfinden, was noch möglich ist und daran arbeiten.
Hast du schon konkrete Pläne, woran du im Winter arbeiten willst?
Noch nicht genau. Das bespreche ich mit meinem Coach, wenn ich wieder mit dem Training starte. Jetzt genieße ich erst mal die Ruhe.
Du bist schon einige Jahre im Weltcup unterwegs. Wie hat sich der Cross-Country-Sport in dieser Zeit verändert?
Er ist definitiv schneller geworden. Die Abstände sind kleiner, das Feld ist dichter. Früher gab es ein paar Fahrerinnen, die um den Sieg kämpften – heute können zehn oder mehr gewinnen. Das macht es spannender. Technisch sind die Strecken allerdings einfacher geworden. Viele Passagen werden heute mit Schotter aufgefüllt, damit sie flüssiger und fürs Fernsehen besser zu zeigen sind.
Gefällt dir das oder fehlt dir etwas von früher?
Ich persönlich finde es schöner, wenn es natürlicher bleibt – mit Wurzeln, Linienwahl, Abschnitten, in denen man das Rennen entscheiden kann. Jetzt sind die Kurse oft so glatt und schnell, dass alle zusammenbleiben und es im Sprint entschieden wird. Ich wünsche mir eine Balance zwischen gutem Racing und guter TV-Show.
Du hattest in einem vorherigen Interview mal erwähnt, dass du nicht so technikverrückt bist. Trotzdem die Frage: Konntest du schon 32 Zoll-Bikes testen?
(lacht) Ja, ganz kurz! Ich bin hier etwa eineinhalb Stunden damit gefahren. Schwer zu sagen, was ich davon halten soll. Vielleicht sind sie auf bestimmten Strecken von Vorteil, auf anderen weniger. Ich glaube, es hängt stark vom Kurs ab.
Hier auf dem Event waren auch viele junge Fahrerinnen und Fahrer. Du kommst gerade von einer Tour mit etlichen Kids. Was würdest du ihnen mitgeben – was ist das Wichtigste, um langfristig erfolgreich und motiviert zu bleiben?
Das Wichtigste ist, dass man Spaß hat. Nicht zu viel über Wattzahlen, Ausrüstung oder Ergebnisse nachdenken. Einfach das Fahren genießen, ein gutes Gefühl auf dem Bike haben. Das ist das Fundament. Wenn man das verliert, verliert man irgendwann auch die Motivation.
Und du selbst – hast du dieses Gefühl noch oft – inklusive „Bike Smile“ danach?
Ja, absolut. Ich habe richtig viel Spaß am Fahren.
Dann wünschen wir dir, dass das auch so bleibt – und eine gute Off-Season!
Vielen Dank!
Was sagt ihr zu Jennys Super-Saison?

