XC World Cup – Blog Luca Schwarzbauer: Zwischen Jetlag & Jahresrückblick – mein Blick auf das Saisonende
Die Cross-Country-Saison 2025 ist Geschichte – und damit ein intensives Jahr für unseren Blogger Luca Schwarzbauer. Zwischen Höhen, soliden Resultaten und wertvollen Erfahrungen blickt der Canyon-Fahrer auf eine lange, fordernde, aber lehrreiche Saison zurück. Wie er die letzten Weltcups in den USA und Kanada erlebt hat, was er aus dem Jahr mitnimmt, und warum er jetzt schon wieder motiviert auf die nächste Saison schaut – das erzählt er uns in seinem letzten Weltcup-Blog der Saison.
Ein Saisonende voller Gedanken – und endlich zu Hause
So, jetzt bin ich wieder zu Hause – nach einer langen Saison und einem noch längeren Trip. Die letzten Wochen waren intensiv: Von Les Gets über die WM-Vorbereitung bis nach Lenzerheide und schließlich noch der Abstecher nach Übersee. Im Moment, mit Jetlag und Reisestress im Gepäck, fällt es mir offen gesagt schwer, all das zu greifen, was in dieser Zeit passiert ist. Es war einfach unglaublich viel.
Manchmal fühlt sich das Ganze fast an wie ein Film. Man funktioniert, arbeitet von Tag zu Tag wie eine Maschine – Training, Rennen, Reisen, Regeneration. Und obwohl man vermeintlich nicht viel macht, weil der Körper ständig Ruhe braucht, ist das Gehirn trotzdem im Dauerlauf. Zu viele Eindrücke, zu viele Gedanken. Da ist es leicht, sich zu verlieren. Umso dankbarer bin ich, jetzt gesund und munter zu Hause anzukommen.
Wenn ich auf die Saison zurückblicke, war sie weder von extremen Höhen noch von großen Tiefen geprägt. Eine solide, gute Saison – aber keine herausragende. Trotzdem gab es einige schöne Momente und Resultate, über die ich mich wirklich gefreut habe.
Besonders positiv war für mich, dass ich ein paar persönliche Ziele erreichen konnte. Zum Beispiel habe ich erstmals ein richtiges Höhentrainingslager absolviert – vielleicht nicht mit durchschlagendem Erfolg, aber eine wertvolle Erfahrung. Und ich konnte mir erneut beweisen, dass ich nicht weit weg bin von der absoluten Weltspitze. Ich bin konkurrenzfähig, auch wenn für den Sprung ganz nach vorne noch Kleinigkeiten fehlen. Dieses letzte Stück zu schließen, ist auf dem Niveau, auf dem ich mich bewege, alles andere als einfach – aber ich glaube, es ist möglich. Es wäre ein Traum, das im kommenden Jahr zeigen zu können. Garantiert ist das natürlich nicht, aber die Hoffnung bleibt.
Ich bin überzeugt, dass mein Körper und auch mein Kopf stark genug sind, um bei Weltcups und Weltmeisterschaften aufs Podium zu fahren. Und vielleicht bin ich gerade durch diese „nur“ solide Saison jetzt sogar noch motivierter, im nächsten Jahr richtig anzugreifen. Aber klar – bis dahin ist es noch ein weiter Weg.
Jetzt steht erst mal Erholung an. Die erste richtige Saisonpause meines Lebens – ohne Schule, ohne Arbeit, ohne Studium. Kaum zu glauben, aber das wird tatsächlich mein erster richtiger Urlaub seit meiner Schulzeit. Und das Beste: Meine Freundin und ich ziehen in ein neues Zuhause. Wir freuen uns riesig darauf – das wird ein schöner Abschluss für ein intensives Jahr.
Lenzerheide & ab nach Übersee zum Saisonfinale
Nach meinem letzten Blog, der nach der WM erschienen ist, ging es für mich direkt weiter nach Lenzerheide – eine meiner absoluten Lieblingsstrecken. Dort konnte ich im Short Track einen starken fünften Platz einfahren und war richtig zufrieden mit meiner Performance. Im XCO-Rennen lief es solide, auch wenn mich ein kleiner Defekt etwas zurückgeworfen hat. Platz 15 – okay, aber eben kein Highlight. Trotzdem: Lenzerheide bleibt für mich immer etwas Besonderes.
Nach dem Weltcup war ich endlich wieder kurz zu Hause – zum ersten Mal seit über vier Wochen. Ganze sechs Tage, die ich dringend gebraucht habe. Die ersten drei, vier davon war ich komplett im Delirium. Ich bin abends ins Bett gefallen, habe zehn Stunden am Stück geschlafen und war trotzdem irgendwie noch im Tunnel. Der Körper hat sich einfach alles zurückgeholt, was ihm in den letzten Wochen gefehlt hatte.
Mit dem Herbst vor der Tür fiel es mir ehrlich gesagt schwer, mir vorzustellen, dass da noch zwei richtige Saisonhighlights auf mich warten: die beiden Weltcups in den USA und Kanada. Aber die Tage zu Hause haben mir richtig gutgetan. Ich war wieder motiviert – und wir hatten in Amerika und Mont-Saint-Anne auch noch unglaubliches Glück mit dem Wetter.
Letztes Jahr hatte ich den Trip nach Übersee nicht unbedingt in bester Erinnerung. Dieses Mal war das komplett anders. Wir hatten eine tolle Unterkunft in Lake Placid, das Teamgefühl war super – es hat einfach gepasst. Leider lief der Short Track trotzdem nicht nach Plan. Ich wurde am Ende nur 23., was natürlich nicht meinem Anspruch entspricht. Ich habe ein paar falsche Entscheidungen getroffen, hatte einen schlechten Start und ein bisschen Pech. Und wer mich kennt, weiß: Beim Short Track läuft’s bei mir oft entweder richtig gut oder eben gar nicht. In Lake Placid war schließlich Letzteres der Fall.
Im XCO-Rennen am Sonntag fühlte ich mich dann deutlich besser. Das Tempo war hoch, ich konnte aber gut mithalten und verpasste leider am Anfang knapp den Sprung in die Top-Gruppe. In der zweiten Gruppe musste ich dann viel arbeiten, um nicht nach hinten durchgereicht zu werden. Wie so oft in dieser Saison hat mir dieser letzte Kick gefehlt, der Unterschied zwischen „solide“ und „richtig stark“. Gerade in den entscheidenden Momenten war ich oft auf der falschen Seite des Ziehharmonika-Effekts. Trotzdem: Ich habe mich durchgebissen und bin bei warmem Indian-Summer-Wetter auf Platz 15 ins Ziel gekommen. Nicht das Resultat, von dem ich träume, aber konstant: Platz 9 im Gesamtweltcup XCO und Platz 6 im Short Track. Damit kann ich leben.
Und trotzdem hatte ich das Gefühl: Da geht noch was. Viele schienen gegen Saisonende müde zu werden, also wollte ich in Mont-Saint-Anne noch einmal angreifen. Aber auch dort zeigte sich: Im Weltcup wird nichts mehr einfach nur „mitgenommen“. Früher war das anders – da gab es Fahrer, die am Saisonende einfach noch dabei waren, um Punkte zu holen oder die Reise mitzunehmen. Heute zählt jedes Rennen, jeder Punkt.
Es wird überall mit dem Messer zwischen den Zähnen gefahren. Das ist hart, aber es zeigt auch, wie hoch das Niveau mittlerweile ist – nicht nur im Cross-Country-Zirkus, sondern im gesamten Radsport.
Mont-Saint-Anne – Saisonfinale mit gemischten Gefühlen
Dann stand also das große Saisonfinale in Mont-Sainte-Anne an – mit dem letzten Short Track des Jahres. Der Kurs gehört für mich zu den besten im gesamten Kalender: abwechslungsreich, technisch, schnell. Ich hatte einen richtig guten Start, konnte mein Rennen fahren, viel Führungsarbeit leisten und die Dynamik aktiv mitgestalten. Ich wollte meine Stärken ausspielen und das Rennen in meine Richtung lenken. Doch irgendwann war klar, dass ein oder zwei Fahrer einfach einen Tick stärker sein würden.
Mein Ziel war ein Podium, Platz drei – das hatte ich fest im Kopf. Leider bin ich dann in einer Kurve leicht weggerutscht, genau an einer Stelle, wo man ordentlich Grip gebraucht hätte. Zwei Fahrer sind direkt an mir vorbeigezogen. Ich vermute, das lag auch ein Stück weit an meiner Reifenwahl: Ich war mit den Schwalbe Thunderbirds unterwegs – schnelle Reifen, aber eben mit etwas weniger Profil. Am Ende fiel ich von Platz drei auf fünf zurück, wurde schließlich noch von Lars Forster überholt und kam als Sechster ins Ziel. Platz sechs im Rennen, Platz sechs in der Short-Track-Gesamtwertung – solide, aber ein bisschen schade, weil das Podium greifbar war.
Zwei Tage später ging’s weiter mit dem XCO-Rennen – auf einer Strecke, die sich deutlich von den letzten Wochen unterschied. Technischer, steiler, weniger Flow, aber trotzdem etwas schneller als früher in Mont-Sainte-Anne. Man merkt einfach, dass Warner Bros. mit seiner neuen Ausrichtung im Weltcup das Ziel hat, die Rennen enger und spannender zu machen – was man ja auch im TV sieht. Viele Entscheidungen fallen mittlerweile in packenden Sprints um einzelne Positionen.
Mont-Saint-Anne war da keine Ausnahme: Der Kurs war spürbar schneller als in den vergangenen Jahren. Ich bin diesmal mit einem 38er-Kettenblatt gefahren – früher war hier maximal ein 36er drin. Auch das zeigt, wie sehr sich das Tempo entwickelt hat. Wir standen außerdem wieder vor der klassischen Reifenfrage: mehr Grip oder mehr Speed? Am Ende entschieden sich Jenny, unser U23-Fahrer Thibaut François und ich für die Thunderbirds – mit viel Volumen, um maximale Traktion rauszuholen.
Das Rennen selbst lief ordentlich, aber nicht perfekt. Ich kämpfte die meiste Zeit um die Plätze zehn bis dreizehn und kam schließlich als 13. ins Ziel. Ein gutes Rennen, aber es hat wieder dieser Punch gefehlt – die Explosivität, um im richtigen Moment zu attackieren oder entscheidende Moves mitzugehen. Ich habe das Gefühl, mein Herz-Kreislauf-System wäre eigentlich bereit, aber muskulär fehlt mir momentan etwas.
Ein Teil der Erklärung liegt vermutlich im fehlenden Krafttraining: Im Januar hatte ich mir eine tiefe Schnittwunde am Knie zugezogen, bei der auch der Schleimbeutel in Mitleidenschaft gezogen wurde. Dadurch musste ich fünf, sechs Wochen komplett auf Krafttraining verzichten – und während der Saison konnten wir es nicht sinnvoll wieder aufnehmen. Diese Basis hat mir vermutlich etwas gefehlt. Für die kommende Saison steht das definitiv wieder auf dem Plan. Ich hoffe, dass ich dadurch auch muskulär noch mal stärker werde – und damit auch die Power zurückgewinne, die für die Topresultate nötig ist.
Alles in allem war Mont-Saint-Anne ein würdiger Abschluss einer intensiven Saison – und vor allem ein Highlight für das gesamte Team. Nicht nur im Cross Country, auch im Downhill waren wir als Canyon-Team in beiden Disziplinen richtig stark unterwegs. Am Ende als bestes Team der Saison dazustehen, macht mich stolz. Ein schöner Abschluss eines langen Jahres.
Ein Dank an das Team – und Vorfreude auf die Zukunft
Für uns im Team war die Saison natürlich ganz besonders – vor allem dank Jenny Rissveds. Sie hat eine Saison hingelegt wie aus dem Bilderbuch: Weltmeisterin, Europameisterin, mehrere Weltcups gewonnen – und das teils mit beeindruckenden Abständen. Wirklich unglaublich, was sie dieses Jahr gezeigt hat. Und es zeigt auch, was unser Teammanager und Canyon immer wieder auf die Beine stellen: eine Plattform, auf der solche Leistungen überhaupt möglich werden. Am Ende sind es natürlich die Athletinnen und Athleten, die auf dem Bike alles geben – aber ohne das Umfeld, das hinter uns steht, wäre das so nicht machbar.
Deshalb an dieser Stelle ein riesiges Dankeschön an das gesamte Canyon CLLCTV-Team. Ich bin jetzt seit vier Jahren Teil dieser Mannschaft – und es war bisher eine Reise, wie sie kaum schöner hätte verlaufen können. Nächstes Jahr wäre es natürlich ein Traum, wieder einen richtig großen Erfolg feiern zu können. Aber selbst wenn das nicht klappt, bin ich überzeugt, dass wir uns weiterentwickeln und gemeinsam noch Großes erreichen werden. Diese Zusammenarbeit mit Canyon ist wirklich etwas Besonderes – und dafür bin ich sehr dankbar.
Wir arbeiten schon an spannenden Projekten für die Zukunft, auch im Bereich Engineering. Da wird in den nächsten Jahren einiges Neues kommen – und ich freue mich sehr, dass ich meinen persönlichen Beitrag dazu leisten kann. Seid also gespannt!
In diesem Sinne: Vielen, vielen Dank für ein weiteres Jahr mit MTB-News, dafür, dass ich hier meine Gedanken teilen darf – und vor allem danke an euch, die Leserinnen und Leser, für die große Unterstützung!
Ich hoffe, wir hören uns auch nächstes Jahr wieder – mit neuen Geschichten, spannenden Rennen und Projekten, die ich mit euch teilen kann.
Bis bald,
euer Luca
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