Shimano XTR Di2 vs. SRAM XX Eagle Transmission im Test: Welche Schaltung ist die beste?
Mit der Vorstellung der neuen, kabellosen Shimano XTR M9200-Schaltgruppe hat der Platzhirsch im Antriebs-Segment, die SRAM Eagle Transmission-Gruppe, ernstzunehmende Konkurrenz bekommen. Wir haben die beiden Topgruppen im Vergleich gegeneinander getestet, um herauszufinden, welche die bessere ist.
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Es ist zweifelsohne die größte Rivalität in der Mountainbike-Industrie: Der Kampf SRAM vs. Shimano entbrennt nicht nur regelmäßig beim Afterride-Bier mit den Kumpels, sondern ist im Mountainbike-Universum allgegenwärtig. Blau gegen Rot ist für viele weit mehr als eine einfache Komponenten-Entscheidung.
In den vergangenen Jahren scheint Shimano allerdings etwas ins Hintertreffen geraten zu sein. Die Japaner hatten lange keine Antwort auf die kabellosen SRAM AXS-Schaltwerke und die neue Transmission. Damit ist jetzt allerdings Schluss. Anfang des Jahres sorgte Shimano mit der Präsentation der neuen kabellosen Shimano M9200 Di2-Schaltgruppe sowie der XT Di2 für Furore. Wir haben für euch herausgefunden, ob diese neue Generation der Shimano-Schaltgruppen der SRAM Eagle Transmission die Stirn bieten kann. Dafür haben wir die neue XTR M9200 Di2 im direkten Vergleich gegen die SRAM XX Eagle Transmission antreten lassen. Welche der Schaltungen uns besser gefallen hat und wo die einzelnen Stärken liegen, erfahrt ihr hier.
SRAM Transmission vs. Shimano XTR: Verschiebe den Slider, um die Gemeinsamkeiten und Unterschiede festzustellen.
Video: Shimano XTR M9200 Di2 vs. SRAM XX Eagle Transmission
Varianten und Specs
Große Unterschiede im Hinblick auf die Wahl unterschiedlichster Anbauteile lassen sich bei Shimano und SRAM nicht finden. Beide Antriebe umfassen Schaltwerk, Schalthebel, Kassette, Kette, Kettenblatt und Kurbel. Selbst die Gangabstufungen der Kassetten fallen nahezu identisch aus. Allerdings bietet Shimano optional eine weitere kompakte 9 bis 45-Zähne-Kassette in Kombination mit einem Schaltwerk mit kürzerem Käfig an. Wer auf der Suche nach mehr Bodenfreiheit oder einem geringeren Gewicht ist, hat hier eine spannende Option im Petto. Bei SRAM ist man hingegen auf die 10 bis 52-Zähne-Kassette limitiert.
Weitere Unterschiede finden sich beim Kurbelmaterial: Während die SRAM XX Transmission auf Carbon-Kurbelarme setzt, vertraut Shimano bei der XTR auf Aluminium. Wer letzteres bevorzugt, findet in der Transmission-Familie mit der X0-Kurbel allerdings auch eine passende Option.
Ein Alleinstellungsmerkmal sichert sich SRAM mit der Powermeter-Integration. Bei Bedarf kann man seine Transmission-Schaltgruppe direkt mit integriertem Powermeter kaufen. Das geht bei Shimano nicht. Hier ist man auf Nachrüstoptionen angewiesen. SRAM kann zudem in die Waagschale werfen, dass die Akkus und die SRAM Pods (Schalthebel) im AXS-System universell einsetzbar sind. Hier kann man bei Bedarf auch Fahrwerk oder Variostütze ansteuern.
Die Unterschiede kurz & knapp:
- Shimano bietet eine optionale 9-45-Kassette und einSchaltwerk mit kurzem Käfig an
- Carbon-Kurbel bei SRAM vs. Aluminium-Kurbel von Shimano
- SRAM bietet optionale Powermeter-Integration an
- SRAM Akkus und SRAM Pods sind auch mit anderen AXS-Komponenten kompatibel
Punkt für SRAM und Shimano
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Gewichte
Stellt man die Gewichte der von uns getesteten Gruppen gegenüber, so zeigt sich keine große Diskrepanz. Beide Gruppen liegen ungefähr auf dem gleichen Niveau. In unserem Testsetup ist die SRAM XX Transmission-Gruppe gut 24 g leichter. Wenn man es noch leichter haben will, kann man bei SRAM zudem auf die noch mal leichtere XX SL-Gruppe zurückgreifen und zusätzlich auf das Powermeter verzichten. Weiterhin lassen sich durch das Weglassen der Bashguards noch ganz bequem 54 g einsparen.
Doch auch bei Shimano sind noch Gewichtseinsparungen möglich. Hier wird neben der von uns getesteten Enduro-Kurbel auch eine gewichtsreduzierte XC-Variante angeboten. Außerdem spart man durch den Wechsel auf die kompaktere 9 bis 45-Zähne-Kassette noch mal 31 g.
Komponente | Shimano XTR M9200 Di2 | SRAM XX Transmission |
---|---|---|
Schaltwerk (ohne Akku) | 395 g | 442 g |
Akku | 23 g | 25 g |
Schalthebel | 98 g | 35 g |
Kurbel | 516 g | 509 g (165 mm, Powermeter, inklusive Bashguards) |
Kettenblatt (32 Zähne) | 64 g | 76 g |
Kassette | 370 g | 380 g |
Kette (inklusive Kettenschloss) | 251 g | 253 g (116 Glieder) |
Schaltauge | 27 g (UDH Schaltauge) | ❌ |
Tretlager | 63 g | 79 g |
Gesamtgewicht | 1.744 g | 1.720 g |
Punkt für SRAM und Shimano
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Preis
Vergleicht man die unverbindlichen Preisempfehlungen beider Antriebe, so zeichnet sich ein ziemlich eindeutiges Bild ab. Mit einem Preis von 2.750 € liegt die SRAM XX Eagle AXS Transmission fast 700 € oberhalb der rund 2.070 € teuren Shimano XTR Di2-Schaltgruppe. Dieser Punkt geht ganz klar an Shimano. Rein auf den Preispunkt bezogen könnte die XTR dementsprechend auch gegen die unterhalb der XX Transmission positionierte und 1.900 € teure X0-Gruppe antreten.
Natürlich sind UVPs nicht in Stein gemeißelt. So wird die XX Transmission Gruppe von zahlreichen Shops aktuell deutlich reduziert angeboten. Effektiv dürften sich beide Gruppen bei gleichem Lieferumfang bei Preisen zwischen 1.300 und 1.500 € einpendeln. Im gelisteten Shimano-Preisvergleich sind auch die Bremsen im Lieferumfang enthalten. Aufgrund des geringeren UVPs geht der Punkt an die Shimano XTR-Gruppe, die dazu auch noch deutlich kürzer auf dem Markt ist – möglicherweise fällt der Straßenpreis zukünftig noch weiter. Außerdem kann man bei der neuen Shimano XTR Di2 auch alte Komponenten wie etwa die Kurbeln fahren, während man die SRAM Eagle Transmission als komplette Gruppe benötigt.
Punkt für Shimano
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Montage & Einstellen
Bei der Montage der beiden Schaltgruppen fällt direkt zu Anfang ein großer Unterschied auf: Während die SRAM Transmission auf Direct-Mount-Montage an der UDH-Schnittstelle des Rahmens setzt, wird für die XTR ein herkömmliches Schaltauge benötigt. Dadurch ist die XTR auch mit Rahmen kompatibel, die nicht mit dem UDH-Standard ausgestattet sind.
Das Montieren gestaltet sich bei beiden Gruppen dank kabelloser Bauweise ziemlich einfach und problemlos. Auch beim Einstellen schenken sich SRAM und Shimano nicht wirklich viel. Allerdings ist der Raum für Fehler bei SRAM durch die Abwesenheit von Einstellschrauben kleiner. Dafür muss man sich aber auch an einen anderen, „neuen“ Ablauf gewöhnen. Ein echter Vorteil ist allerdings die Cagelock-Funktion des SRAM-Schaltwerks: Dies erleichtert die Montage und das Schrauben am Antrieb sowie das Aus- und Einbauen des Hinterrads spürbar. Nicht nur, aber auch deswegen hat SRAM in diesem Abschnitt die Nase vorn.
Punkt für SRAM
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Schaltperformance & Geräuschentwicklung
Genug der Theorie! Wie sieht es in der Praxis aus? Wie schalten Shimano XTR und SRAM XX? Welche Schaltung liefert die smootheren, sauberen Schaltvorgänge? Bereits nach einigen Metern auf dem Trail ist das Votum in dieser Kategorie klar: Die SRAM Transmission Schaltgruppe führt die Gangwechsel spür- und hörbar geschmeidiger aus. Vor allem unter Last schaltet die Transmission weiterhin sauber, während sich bei der XTR auch mal unsauberere und laut krachende Schaltvorgänge einschleichen können.
Punkt für SRAM
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Schaltgeschwindigkeit
Anders sieht es in puncto Schaltgeschwindigkeit aus. Hier hat Shimano deutlich die Nase vorn. Das XTR-Schaltwerk schlägt die Transmission mit Leichtigkeit. Hier muss SRAM seinen besonders smoothen, aber auch langsamen Schaltvorgängen Tribut zollen. Im direkten Vergleich braucht das Transmission-Schaltwerk 5,76 Sekunden, um die komplette Kassette hochzuschalten, während die XTR im schnellsten Setting gleiches in 3,08 Sekunden erledigt.
Allerdings hat SRAM kürzlich ein Firmware-Update veröffentlicht, das die Schaltgeschwindigkeit beim Schalten von drei oder mehr Gängen auf einmal deutlich beschleunigt. Dadurch wird das Kassette-Hochschalten mit dem SRAM-Schaltwerk knapp 1,5 Sekunden schneller. Einzelne Schaltvorgänge werden allerdings nicht beschleunigt. Trotz dieser Verbesserung ist die XTR nach wie vor messbar, sichtbar und spürbar schneller.
Punkt für Shimano
Zwischenstand: ???????????????? 4:4 ????????????????
Ergonomie
Der nächste Punkt im Lastenheft ist die Ergonomie des Schalthebels. Während SRAM auf die von der Gestalt her eher neuartigen Pods setzt, hat Shimano für die XTR eher einen herkömmlichen Schalthebel kopiert. Dieser ist extrem vielfältig anpassbar. Hier können nicht nur Winkel und Entfernung zum Griff eingestellt werden, sondern auch die Neigung und Position der einzelnen Hebel sind anpassbar. Weiterhin verfügen die Hebel über eine sogenannte Doppelklick-Stufe beim Durchdrücken. Dies ermöglicht zusätzliche Individualisierungsmöglichkeiten in der App.
Auch bei SRAM gibt es zahlreiche Einstellmöglichkeiten, sowohl in der App als auch im richtigen Leben. Hier können unterschiedliche Gummi-Oberflächen der Taster montiert oder die Taster durch das sogenannte Rocker Paddle komplett ersetzt werden. Zudem lassen sich die Pods natürlich in jedwede Position drehen und montieren. Neben der Matchmaker-Montage bietet SRAM auch eine extrem dünne, unauffällige Klemmschelle an, die noch mehr Freiheiten in der Positionierung des Schalthebels bietet. Besonders erwähnenswert ist zudem, dass beim SRAM Pod mit Rockerpaddel auch mit dem Zeigefinger geschaltet werden kann.
Punkt für Shimano
Zwischenstand: ???????????????? 4:5 ????????????????????
Kettenmanagement
Für alle, die Wert auf ein möglichst leises Bike legen, ist das Kettenmanagement ein großes Thema. Wenn das Schaltwerk die Kette auf rupiggen Trails nicht im Zaum halten kann, wird die Abfahrt durch nerviges Geklapper untermalt. Shimano verzichtet bei der neuen XTR im Gegensatz zu den Vorgängermodellen auf eine Reibungskupplung. Stattdessen sollen hier zwei Federn für eine hohe Kettenspannung sorgen. Dies funktioniert rein akustisch leider nicht ganz so gut. Gerade bei mittelgroßen Stufen schlägt die Kette hier sehr laut.
Anders sieht dies bei dem deutlich besser, beziehungsweise überhaupt gedämpften SRAM Transmission-Schaltwerk aus. Dieses sorgt auch in ruppigen Passagen für eine hörbar wirklich deutlich leisere Fahrt. Das leisere Bike gibt’s definitiv mit SRAM Transmission-Antrieb.
Punkt für SRAM
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Haltbarkeit & Ersatzteilversorgung
Ich habe mittlerweile unzählige Kilometer auf meinem SRAM Transmission-Antrieb zurückgelegt und bin auch die XTR ein gutes halbes Jahr lang unaufhörlich gefahren. In dieser Zeit haben sich beide Antriebe keine Defekte zuschulden kommen lassen. Obwohl die Schaltwerke beide schon so einige gröbere Einschläge einstecken mussten, funktioniert alles weiterhin einwandfrei. Allerdings ist mir aufgefallen, dass die XTR-Kassette deutlich schneller optische Abnutzungsspuren zeigt als das SRAM-Äquivalent. Wie und ob sich dies auf die Dauerhaltbarkeit im Vergleich auswirkt, ist allerdings zum jetzigen Zeitpunkt schwer abzuschätzen. Allerdings sind XTR-Kassetten meines Wissens nicht für einen erhöhten Verschleiß bekannt.
Auch was die Akku-Laufzeit angeht, leisten sich beide Kontrahenten keine Blöße. Zwar gibt Shimano an, dass ihr Akku bis zu 40 % länger hält als der eines ominösen Konkurrenzprodukts, in der Praxis hatte ich allerdings bei keinem der Schaltwerke das Gefühl, regelmäßig und zu oft laden zu müssen.
Ein ebenfalls zu berücksichtigender Faktor in diesem Vergleich ist allerdings die Ersatzteilversorgung. Für beide Schaltwerke werden einige Ersatzteile wie zum Beispiel der Käfig angeboten, allerdings hat SRAM die Nase hier vorn. Beim XX-Schaltwerk können auch Teile des Parallelogramms und die sogenannten Skid-Plates ausgetauscht werden. Dadurch kann man bei einem Defekt nicht nur die Funktion des Schaltwerks wiederherstellen, sondern bei Bedarf auch die Kosmetik wieder in den Neuzustand versetzen. Zudem lässt sich das SRAM Schaltwerk deutlich leichter vom Endkunden warten und instandhalten als das XTR-Modell und es ist kein Spezialwerkzeug nötig. Deswegen geht auch dieser Punkt an SRAM.
Punkt für SRAM
Zwischenstand: ???????????????????????? 6:5 ????????????????????
Auswertung: Welcher Antrieb ist der beste?
Kategorie | SRAM Transmission XX | Shimano XTR |
---|---|---|
Varianten & Specs | ✅ | ✅ |
Gewicht | ✅ | ✅ |
Preis | ❌ | ✅ |
Montage & Einstellen | ✅ | ❌ |
Schaltperformance | ✅ | ❌ |
Schaltgeschwindigkeit | ❌ | ✅ |
Ergonomie | ❌ | ✅ |
Kettenmanagement / Klappern | ✅ | ❌ |
Haltbarkeit & Ersatzteilversorgung | ✅ | ❌ |
Gesamt | 6 | 5 |
Fazit – Shimano XTR vs. SRAM Transmission
Wenn ihr fleißig mitgezählt habt, kommt ihr hoffentlich auch zu diesem Ergebnis: Der SRAM Transmission-Antrieb hat diesen Punkte-Vergleich mit einem hauchzarten Vorsprung für sich entscheiden können. Dies deckt sich auch mit meiner persönlichen Einschätzung. Die immer präzisen und auch unter Last sehr sauberen Schaltvorgänge und vor allem das deutlich bessere Kettenmanagement und die damit verbundene geringere Geräuschkulisse machen die SRAM XX Eagle Transmission für mich zum besseren Antrieb. Allerdings muss das natürlich nicht für jeden so sein. Wer viel Wert auf blitzschnelles Schalten legt, oder gern in den Genuss der zusätzlichen Bodenfreiheit durch die kompakte 9-45er Kassette und den kürzeren Schaltwerks-Käfig kommen möchte, der ist mit der Shimano XTR-Schaltung besser bedient.
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