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Interview mit Rose Bikes: Wie geht ihr mit einem Rückruf um?

Eine gerissene Schweißnaht an einem Fahrradrahmen ist nicht nur für Kundinnen und Kunden eine sehr unschöne oder gar gefährliche Situation, auch Hersteller stellen solche Probleme vor stressige Herausforderungen. Im Rahmen eines Rückrufes des Freeride-Bikes Scrub haben wir ein Interview mit Rose geführt – wie kam es zum Rückruf, wie geht man als Firma damit um und was sind die Konsequenzen für Kunden? Die Antworten gibt’s hier.

MTB-News.de: Um Missverständnisse aufzuklären und mal einen kleinen Einblick in die aktuelle Diskussion rund um das Freeride-Bike Scrub zu bekommen, haben wir ein kleines Interview verabredet. Mal ganz von Anfang an, um die Leserinnen und Leser reinzuholen, die die Meldung (Sicherheitshinweis Rose Scrub) nicht gelesen haben: Was ist eigentlich passiert?

Michael Geke, Brand Manager MTB bei Rose: Unser Bikeservice-Team hat im März 2025 ein Scrub mit abgerissenem Steuerrohr in den Service bekommen und an uns, sprich das Brand- und Produktmanagement, gemeldet. Wir haben dann umgehend Kontakt mit unserem Produktionspartner in Asien aufgenommen. Nach einer ersten Begutachtung des Schadens sind wir von einem Einzelfall ausgegangen.

Als uns dann in den folgenden Wochen weitere Fälle bekannt wurden, haben wir uns dazu entschieden, die lagernden Bestände für den Verkauf zu sperren und einen Sicherheitshinweis an alle Kunden zu schicken. Grund war insbesondere die Stelle, an denen die Schäden auftraten, und die Verantwortung, die wir gegenüber dem Kunden haben. Ein Bruch am Steuerrohr kann unter Umständen zu ernsthaften Verletzungen führen.

# Der Rückruf aus dem Frühjahr 2025.
Diashow: Interview mit Rose Bikes: Wie geht ihr mit einem Rückruf um?
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Um das in Relation zu setzen: Von wie vielen betroffenen Exemplaren reden wir da ungefähr?

Insgesamt reden wir über 5 Fälle, in denen das Steuerrohr abgerissen ist. Dazu kommen ca. 10 Fälle mit Rissen in der Schweißnaht, von denen wir nicht genau wissen, wie lange die Rahmen schon mit Riss gefahren wurden.

Nehmt uns mal so transparent wie möglich mit: Wie läuft so eine Rückruf-Aktion überhaupt ab, wie geht man als Hersteller damit um und ab wann entscheidet man sich für den öffentlichen Schritt?

Wir haben uns klar dazu entschieden, frühzeitig einen Sicherheitshinweis zu kommunizieren – aus den bereits genannten Gründen. Der Zeitpunkt zum Saisonstart war natürlich ärgerlich und hat für viel Enttäuschung bei den Kunden gesorgt. Das ist total verständlich. Aber wie gesagt: Die Sicherheit des Kunden steht an erster Stelle und ist nicht verhandelbar. Die bittere Pille mussten wir also schlucken. Wir waren auch einfach froh, dass es in keinem Fall zu ernsthaften Verletzungen gekommen ist.

Parallel haben wir unter Hochdruck an einer nachhaltigen Lösung gearbeitet. Leider hat das am Ende länger gedauert, als zunächst gedacht. Wir mussten uns eben zu 100 Prozent sicher sein, welche Rahmen von dem Problem betroffen sind. Dazu haben wir unglaublich intensiv und viel getestet. Die relevanten Behörden waren ebenfalls bereits informiert.

# Das Rose Scrub ist das Freeride-Bike der Bocholter.

Nicht zuletzt bei uns wurde die Meldung zum Rückruf mit über 300 Kommentaren intensiv diskutiert, teilweise wurde zum Start des Rückrufs die Kommunikation seitens Rose mit den Kunden bemängelt. Welche Probleme wurden von betroffenen Nutzern des Scrubs an euch herangetragen?

Nach dem Sicherheitshinweis wurden wir mit Fragen überhäuft, die wir zu dem Zeitpunkt teilweise selbst noch nicht beantworten konnten. Wir fanden uns plötzlich mitten in der Rahmenentwicklung wieder. Und die dauert seine Zeit.

Einige Kunden wollten uns sofort ihr Bike zum Umbau schicken, andere wollten weitere Informationen zum Fall, weil Bike-Urlaube geplant waren. Allein schon, weil wir selbst leidenschaftliche Mountainbiker sind, können wir das alles menschlich komplett nachvollziehen. Leider ist es schwierig, zu einem Problem zu kommunizieren, das man selbst noch nicht komplett überblicken kann. Wir haben dann alle verfügbaren Ressourcen in eine schnelle Lösung investiert und den Kunden jeweils informiert, wenn es neue Erkenntnisse gab.

Vereinzelt kam das Thema „Leasing“ auf. Wie verfährt man bei einem Rückruf eigentlich in diesem speziellen Fall, wenn es um Jobrad und Co. geht?

Bei geleasten Bikes gehört dieses, streng genommen, der Leasinggesellschaft. Da hier das Thema Versicherung eine Rolle spielt, mussten wir uns von allen Leasinggesellschaften, mit denen wir zusammenarbeiten, einmal das „Go“ für den Rahmentausch abholen und diese später mit der neuen Rahmennummer versorgen. Das war unproblematisch. Wir stehen dazu eng mit den Partnern in Kontakt.

In einem Vorgespräch habt ihr erklärt, dass ihr im Rahmen der Problematik eng mit unabhängigen Prüfinstituten wie EFBE zusammenarbeitet. Wie genau läuft so etwas ab?

Vorab: Selbstverständlich wurden die Rahmen vor Marktstart im Jahr 2023 schon ausgiebig im Feld und in externen Prüflaboren – weit über die ISO-Norm hinaus – geprüft.

Wir haben in dem Fall eng mit EFBE zusammengearbeitet. Aufgrund der Nähe konnten wir hier immer schnell handeln. Marcus und sein Team haben den Ernst der Lage sofort erkannt und uns stark unterstützt. Wir mussten im ersten Schritt herausfinden, wo das Problem liegt und welche Rahmen wirklich betroffen sind. Wir konnten das Schadensbild auf den Prüfständen gut rekonstruieren.

# Mit dem Scrub ging es unter anderem erneut zu EFBE, um den Rahmen maximal zu knechten.
# Fest eingespannt und bereit für den Maximal-Belastungstest bei EFBE.
# Damit sowas im Fahrbetrieb nicht passiert, wurde das Schadensbild auf dem Prüfstand rekonstruiert.
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Als wir dann wussten, welche Rahmen betroffen sind und was wir konstruktiv ändern müssen, haben wir die Tests für die finale Freigabe der neuen Rahmen ebenfalls mit EFBE in Deutschland und Taiwan gemacht.

Was habt ihr am neuen Scrub geändert?

Ein paar Monate, bevor die ersten Fälle bekannt wurden, haben wir das Unterrohr vorne am Übergang zum Steuerrohr in allen Größen leicht angepasst. Das war ein glücklicher Zufall, der uns zumindest bei einzelnen Größen geholfen hat. So konnten wir einigen Kunden ohne Handlungsbedarf wieder eine Freigabe für ihr Scrub erteilen.

Für die neuen Rahmen haben wir den Steuerrohrbereich überarbeitet, um die potenzielle Schwachstelle zu beseitigen. Ganz konkret haben wir die Schweißreihenfolge, die Länge des Rohrs und die Anbindung des Unterrohrs angepasst.

# Für die neue Variante wurde der Bereich um das Steuerrohr angepasst (hier ist noch der Rahmen aus unserem Test bei MTB-News.de zu sehen)
# In Kanada hat das Scrub auf jeden Fall schon einmal ordentlich abgeliefert! – Foto: Hannes Mautner

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Auch wenn es in diesem Fall passiert ist – Rückrufe dieser Art sind grundsätzlich ja eher selten. Welche Vorkehrungen trifft man als Hersteller generell im Vorfeld eines neuen Bike-Launches, damit so etwas erst gar nicht passiert?

Bei so einem komplexen Produkt, das so anspruchsvoll gefahren wird, ist das Testing sehr aufwendig und zeitintensiv. Das haben wir auch beim Scrub sehr ernst genommen. Bei aktuellen Entwicklungsprojekten gehen wir hier aber noch weiter. Wir testen noch mehr Rahmen, sowohl mit Testfahrern, als auch im Labor. Unabhängige Prüfinstitute wie Zedler und EFBE werden hier weiterhin eine wichtige Rolle spielen und mit uns zusammen dafür sorgen, dass wir das Risiko für Produktrückrufe noch einmal minimieren.

Seit oder ab wann ist das Scrub wieder verfügbar?

Das Scrub ist in geringer Stückzahl schon wieder verfügbar. Wir tauschen außerdem aktuell die betroffenen Rahmen. Kundenbikes haben natürlich absolute Priorität. Zum Jahreswechsel sind wir damit voraussichtlich durch und freuen uns dann mit den Kunden auf die Saison 2026.

Danke euch für das Interview!

Was sagt ihr zur Scrub-Thematik?

ROSE Bikes
4.799,00 €

Fotos: Niels Ebling, Hannes Mautner

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