Andreas Kolb wechselt zum YT Mob: „Für mich war früh klar, dass ich zu YT möchte“
Es ist einer der spannendsten Wechsel des Winters: Der österreichische Top-Fahrer Andreas Kolb wechselt vom Atherton-Team zum YT Mob. Der schnelle Schladminger hat direkt einen Vertrag für 4 Jahre unterschrieben und fühlt sich auf seinem neuen Arbeitsgerät bereits sehr wohl. Wir haben mit ihm über den Wechsel, seine letzte Saison und die Ziele für die kommenden Jahre geredet.
In Zeiten, in denen der Mountainbike World Cup den wohl größten Umbruch seiner Geschichte erlebt, verstärkt YT das hauseigene World Cup-Team Mob erheblich: Neben Weltmeisterin Vali Höll, World Cup-Sieger Oisin O’Callaghan sowie Kasper Woolley wird auch der Schladminger Andreas Kolb in den kommenden Jahren auf einem YT Tues unterwegs sein. Der Österreicher hat in den letzten drei Jahren den Durchbruch an die Weltspitze geschafft, konnte sich bereits einen World Cup-Sieg sichern, war Vize-Weltmeister, ist amtierender Europameister und gehört mittlerweile bei jedem World Cup zum Favoritenfeld. In den Elite-Klassen ist YT künftig extrem stark aufgestellt, sodass das markige Logo der Forchheimer ein gewohnter Anblick bei der Podiums-Zeremonie werden dürfte.
Wir haben uns einige Wochen vor der offiziellen Bekanntgabe seines Wechsels mit Andi Kolb getroffen und konnten uns mit ihm ausführlich über seine Wechsel-Gründe, gemeinsame Ziele mit YT sowie die vergangene und kommende Saison unterhalten. Weshalb der sympathische Steirer beim deutschen Versender unterschrieben hat, wie er mit seinem neuen Arbeitsgerät und den Teamkollegen klarkommt und was er im Sport noch erreichen möchte, erfahrt ihr im Interview – viel Spaß! Noch mehr über Andi Kolbs Erlebnisse im World Cup könnt ihr in seinem regelmäßigen Blog auf MTB-News.de nachlesen: Blog-Beiträge von Andreas Kolb
Video: Andreas Kolb im Interview – 4 Jahre beim YT Mob
Interview – zum Lesen
Hier gibt’s unser Video-Interview mit Andreas Kolb leicht gekürzt und bearbeitet zum Nachlesen:
MTB-News.de: Hey Andreas – legen wir gleich mit der großen News los: Du hast das Team gewechselt, was steht 2025 an?
Andreas Kolb: Es gibt einige neue Sachen bei mir, einen riesigen Change und eine sehr coole News: Ich starte jetzt für den YT Mob – ich glaube, das haben schon manche kommen sehen, aber ich bin mega stoked!
Für wie viele Jahre bist du beim Mob unter Vertrag?
Das ist für mich ein mega Highlight – ich habe für vier Jahre unterschrieben. Soweit ich weiß, der längste Vertrag, der diesen Winter unterschrieben wurde. Ich bin super happy, das ist für mich wichtig, eine lange Zusammenarbeit zu haben. Ich bin kein Fan der 2-Jahres-Verträge, die man häufig bekommt. Das erste Jahr ist die Kennenlernphase: Du lernst alle kennen, verstehst, wie jeder funktioniert, wie das Rad funktioniert und findest ein Setup. Das geht schnell vorbei, dann hat man nur noch ein Jahr und der Vertrag ist zu Ende. In den vier Jahren baut man sich wirklich was auf und mit der Crew möchte ich auch gern länger zusammenarbeiten.
Konntest du bereits Zeit mit dem Team verbringen und alle kennenlernen?
Ja, mittlerweile kenne ich eigentlich jeden. Ich habe schon vor zwei Jahren, als ich dann nochmal bei Athertons unterschrieben habe, bei YT angeklopft und sie auch bei mir. Wir kennen uns also schon gut. Zudem ist der Erik Irmisch ein guter Freund von mir und mit Gunnar, dem Team-Manager, Vali und Oisin verstehe ich mich auch gut. Die ganze Crew ist super gemütlich.
Macht es für dich einen Unterschied, in einem größtenteils deutschsprachigen Team zu sein? Bei den Athertons hattest du ja nur Briten um dich herum – wird es jetzt für dich einfacher?
Nein, ich würde nicht sagen, dass es einfacher ist – mein Englisch ist mittlerweile ganz gut. Anfangs habe ich bei den Athertons schon gemerkt, dass ich mich beim ersten World Cup abends beim Essen nicht mehr konzentrieren kann. Da war der Kopf leer und das war echt eine Challenge. Aber man versteht mich auch mittlerweile gut, wenn ich Englisch spreche – wahrscheinlich ist mein Deutsch schlechter, da muss ich mich zusammenreißen, dass ich kein Bergbauern-Steirisch rede. (lacht)
Man muss aber aufpassen, dass man im Team nicht zu viel Deutsch spricht. Ich war schon zweimal mit dem Team testen, direkt nach der Saison. Da spricht man gern mal Deutsch mit dem Mechaniker oder der Vali, das ist aber dem Oisin gegenüber nicht fair, der versteht ja kein Wort. Zudem spricht sein Mechaniker George Englisch, der Filmer, der Isac (Paddock, YT Mitarbeiter, Anm. d. Red.), also da sind auch mehrere dabei.
Konntest du dein neues Arbeitsgerät, das YT Tues MK4, bereits fahren, bevor du den Vertrag unterschrieben hast?
Ich weiß nicht, ob ich die Frage beantworten kann, denke, das habe ich damit aber … Ich konnte es nach der Saison fahren und bin total positiv überrascht von dem Rad – es ist ein Bike für alles. In den letzten Jahren hatte ich immer Probleme, genug Speed mitzunehmen, also genau das, wo moderne Downhill-Strecken hingehen: schnell und viel Bikepark. Ich bin nicht der größte Fan davon, aber schon ziemlich gut drin – ich bin überrascht, wie gut ich teilweise auf Anliegerstrecken bin.
Das Setup von YT ist auf der progressiveren Seite und vermutlich fahre ich sogar 29″. Das ist, was Speedcarrying betrifft und über Bremswellen rollen, generell Speed generieren, absolut abnormal! In den USA bin ich Oisin nachgefahren, da war ein flaches Stück bei den US Open, da hatte ich null Chance. Ich bin nicht hinterhergekommen und er ist mir weggefahren – fast schon gemütlich. Jetzt verstehe ich das aber und es macht fast mehr Spaß. Auch auf den Sprüngen poppt es 10-mal mehr, ich bin anfangs bei allen Sprüngen zu weit gesprungen. Da gehen sich vielleicht ein paar mehr Gaps aus nächstes Jahr.
Was ist dir bei der Team-Auswahl am wichtigsten – das Material, der Support oder etwa der Vibe?
Da gibt es extrem viele Punkte. Es ist ein ziemlich langer Prozess für mich, dass ich da wirklich hundertprozentig sicher bin. Ich bin jetzt doch keine 18 Jahre mehr, dass ich sage, ich unterschreibe jetzt mal zwei Jahre wo und schau mal, wie es ist, sondern es soll schon passen. Ich bin mittlerweile in der Blüte meiner Rennkarriere und da gehört der Vibe auf jeden Fall mal ganz nach oben, denn: „A happy racer is a fast racer!“ Ich habe noch nie gut performed, wenn ich schlecht drauf war. Da gehört das Umfeld immer dazu, das habe ich bei YT bereits beobachtet. Ich wäre ja vor zwei Jahren schon fast hin gewechselt, da war es der Anfang vom Team und ich habe mich nicht ganz getraut und war mit dem Athertons noch nicht fertig – ich wollte einen World Cup gewinnen, was wir zum Glück geschafft haben. Aber ich habe das Team natürlich beobachtet, bin immer auf einen Kaffee vorbei und habe analysiert, wie es dort ist.
Nummer zwei ist auf jeden Fall das Material: Wenn das nicht siegfähig ist, dann geh ich da nicht hin, auch wenn es der geilste Vibe ist und du doppelt so viel Geld bekommst. Das bringt dir dann alles nichts. Dass das funktioniert, habe ich bereits herausgefunden. Ich bin das Rad schon 2022 am Ende der Saison gefahren … da bin ich 7 Runs gefahren und war zeitlich schon gut dabei. Die Teamkollegen sind natürlich auch wichtig. Oisin ist einer der talentiertesten Fahrer im Feld und noch sehr jung. Das taugt mir sehr, ich bin zwar nicht mehr so jung, aber noch jung im Sport, weil ich so spät angefangen habe. Wenn ich mich mit älteren Fahrern umgebe, dann reden die schon übers Aufhören und so Blödsinn … was ist mit euch? Ich werde so lange Rennen fahren, wie es nur geht, weil es einfach so geil ist.
Der Oisin ist ein super lustiger Typ, mit dem man auch zur Afterparty gehen kann. Die Vali sowieso. Die Nähe ist auch super, ich fahre 5 Stunden nach Forchheim. Oder zum Erik Irmisch, mit dem kann ich im Winter testen, der hat gute Strecken in Klinovec da oben. Sie können im Sommer zu mir nach Schladming kommen und bei mir wohnen oder eben im Winter nach Graz, an den Schöckl oder Maribor. Also wir haben da ein gutes „Bermuda-Dreieck“.
Qualität war mir auch sehr wichtig – ich komme von einer Firma, wo das sehr weit oben stand. Ich weiß vom Irm, der ist der Haupttestfahrer von YT, der hat auf seinem Tues MK4 schon 1.300 Runs ohne Lagerwechsel gemacht. Ich hab ihm das erst nicht geglaubt, aber es stimmt. Der Rahmen schaut auch gut aus, dafür stehe ich auch gerne. Man muss ja für die Marke stehen – es gibt sicher welche, wo alles passen kann, aber die Marke spricht mich nicht an, dann kann ich dafür auch nicht fahren. Man repräsentiert das ja und will happy aufs Rad steigen, da passt YT echt gut zu mir.
Wie wichtig ist der Support vor Ort auf der Strecke? Es wissen vielleicht nicht alle, aber Athertons hatten da eher ein kleines Team und bei YT wirst du mehr Personal zur Verfügung haben, vermute ich?
Genau, das war ein weiterer Grund für mich. Das Ganze ist einfach professioneller. Es wird im Winter schon mehr Arbeit geleistet: Ich war jetzt schon vor dem Jahreswechsel zweimal testen, ein drittes Mal kommt jetzt mit dem Teamcamp in Südafrika. Und auch bei den World Cups sind sie besser aufgestellt, auch mehr Mann, wie du sagst, was natürlich bei kleinen Firmen wie bei den Athertons schwierig ist. Wir sollen einen zweiten Line-Coach dazu bekommen – das sind alles Sachen, die sich summieren und die Rennwoche leichter machen sollten. Hoffentlich wird das Ergebnis es dann auch widerspiegeln.
Hattest du noch weitere Optionen außer YT?
Es gab einige auch sehr gute Angebote, aber für mich war ziemlich früh klar, dass ich zu YT möchte. Es hat dann noch etwas gedauert, bis es wirklich fix war, aber es ist natürlich nicht so easy, bis dann alles ausgemacht ist. Aber ich glaube, wir waren trotzdem früher dran als andere, und es wäre ja vor zwei Jahren schon fast so weit gewesen.
Ich würde gerne mal einen Blick auf die letzte Saison werfen, bevor wir uns weiter um die Zukunft unterhalten: Deine Saison fing leider mit einer Verletzung im Frühjahr an. Hat dich das etwas unter Druck gesetzt oder wie lief dein Saisonstart aus deiner Sicht?
Ja, ich bin nach Neuseeland geflogen, da gab es schon Visa-Probleme und ich kam drei Tage zu spät an. Dann bin ich schon eine Woche später wieder heimgeflogen, weil ich mir den Radiuskopf gebrochen habe, da habe ich gerade eben die Schraube entfernt bekommen. Dadurch hat die Saison etwas tricky begonnen. Ich weiß es gar nicht mehr, aber das ist Anfang Februar passiert und der World Cup-Start in Fort William war recht früh, Anfang Mai oder so. Bis der Bruch verheilt, vergeht einiges an Zeit, und dann hatte ich genau einen Monat, um ready zu sein, um auf Speed zu kommen, eine neue Gabel zu testen und Full Runs reinzubekommen – das war mehr oder weniger nicht möglich. Dann bin ich im Teamcamp auch noch erkrankt – vermutlich Covid – und wir hatten nur das eine.
Ich bin zum ersten World Cup und hatte keine Runs über 2 Minuten gemacht. Der Speed war schon ganz okay, aber dann nach Fort William fahren, wo du doppelt so lange fährst, ist schon sportlich. Ich habe aber das Beste draus gemacht und bin im Finale auf Platz 9 gelandet, sogar mit einem kleinen Defekt. Das war ein guter Start, muss ich ehrlich sagen, ich war damit mehr als happy, mit dem ganzen Blödsinn, der davor war.
Hat sich durch die Erfolge der letzten Jahre dein Anspruch an dich selbst verändert? Du bist dreimal in die Top 10, aber ich hatte das Gefühl, dass du eigentlich mehr wolltest.
Total! Also Anspruch, was heißt Anspruch? Man wird es halt einfach gewohnt, man wird etwas verwöhnt. Wenn man da nicht auf das Podium rauf geht und da runter lachen darf, das ist einfach … ich weiß nicht wie ich das erklären kann … so ein geiles Gefühl, wenn man da drauf steigen darf und da oben noch feiern darf. Wenn man das dann wegen 2/10 s verpasst ständig oder auch 1,5 s … in Polen war ich 4. bei der dritten Split und unten raus – da war ich immer noch etwas krank, das hat sich lange hingezogen – da musste man so viel treten, da haben sich meine Beine nicht mehr drehen wollen. Ich habe die ganze Zeit unten raus verloren. In Leogang hab ich das Podium um 1/10 s verpasst, der 3. war nur 3/10 s vor mir. Leogang ist ein emotionaler Ort für mich, ich bin sehr damit verbunden und da war ich mit Platz 6 nicht happy, das hat geschmerzt.
Leogang war allerdings das erste Rennen, wo ich fit war und dachte, ich kann Gas geben. Dann haben mir aber ein paar Fehler das Podium gekostet. Auf Sieg wäre ich nicht gefahren, aber schon gut dabei gewesen. In Val di Sole habe ich super gestruggled … Platz 11, so grantig war ich schon lange nicht mehr. Wenn ich darüber nachdenke, ich dachte, mit Platz 11 wäre die Welt für mich untergegangen. Ich habe Leuten gesagt, dass ich mich dafür schäme, darüber kann ich mich im Nachhinein nur schämen. Normalerweise ist das genau meine Strecke, das war ziemlich bitter. Danach bin ich aber drauf gekommen, dass ich am Bike-Setup viel falsch gemacht habe. Ich bin das zu offen gefahren, am Rebound und an der Dämpfung der Gabel. Zudem habe ich den Backsweep vom Lenker nach der Verletzung nach hinten gedreht, weil ich Schmerzen hatte. Bei der Staatsmeisterschaft am Schöckl habe ich dann aber dadurch Armpump bekommen. Dann Backsweep geändert, Gabel geändert und plötzlich hat es wieder funktioniert, dann hat sich die ganze Saison gewendet.
Deine Top-Ergebnisse in Les Gets und Loudenvielle waren dann beide bei sehr matschigen Bedingungen. Ich bin mir nicht sicher, ob es überhaupt noch so etwas wie einen reinen Matsch-Fahrer gibt, aber würdest du sagen, das spielt dir in die Karten? Oder hat es sich einfach ergeben, dass es an den beiden Wochenenden super lief?
Ich habe mir das jetzt nach der Saison angeschaut: Die letzten drei Jahre, in denen ich vorne dabei war, habe ich eigentlich auf jeder Strecke ein Podium geholt, außer Lourdes – wo wir nur einmal waren und das war vor meiner Podiumszeit – sowie Mont-Sainte-Anne und Polen. In MSA war ich mal knapp davor und hatte einen Platten, in Polen war ich noch krank, aber ich denke, ich kann auf jeder Strecke abliefern, bei allen Bedingungen. Meine Lieblingsbedingungen sind aber an sich Matsch und Staub. Wenn es richtig hardpack ist und super schnell rollt, werde ich etwas zögerlich, weil es gefährlicher wird, denke ich. Andere sehen es genau andersherum, aber für mich fühlt es sich so an, als ob ich auf Messers Schneide fahre.
Ich denke, ich bin im Matsch mittlerweile ziemlich gut, weil ich ein ruhiger Fahrer bin und es mit meiner Erfahrung gut einschätzen kann. In Les Gets etwa war der Run von oben bis unten ziemlich kalkuliert und hat sich teilweise fast langweilig angefühlt. Da, wo unten so viele gestürzt sind, habe ich die Info bekommen, so langsam wie möglich zu fahren. Ich hab den Fuß rausgegeben und bin da runtergerutscht, hab die Fans gesehen und dachte: „Alter, ist das peinlich, wie ich da runterrutsche!“ Im Endeffekt bin ich eh zu langsam gefahren, um auf Sieg zu fahren, aber ich wollte ein gutes Ergebnis und bin dann Zweiter geworden. In Loudenvielle fast das gleiche: Ich wusste, man muss einfach sauber und rund fahren, dann ist man gut dabei. Ich denke, ich verstehe einfach ganz gut, wo das Limit ist. Aber um auf Sieg zu fahren im Regen, bin ich etwas zu gemütlich gefahren letzte Saison.
Also war weniger der Regen ausschlaggebend, sondern dass du dich in den Rennen gut gefühlt hast?
Ja, da bin ich gut reingekommen. Ich glaube, wenn es nicht geregnet hätte in Les Gets, Loudenvielle und Mont-Sainte-Anne, hätte ich bei allen drei Rennen besser auf Sieg fahren können. Ich habe mich bei allen drei Rennen so hingepusht auf das Finale, die letzten Trainingsläufe waren immer so dermaßen am Limit und schon so geil. Und dann kam der scheiß Regen und hat die Party wieder zerstört. Ich war in Mont-Sainte-Anne fast ein bisschen traurig, weil es wieder so einen geilen Renntag verhauen hat. Es war dann cool mit dem Brosnan, dass er gewonnen hat und alles drumherum, aber wenn du die ganze Woche dahin trainierst in Bedingungen, in denen du unbedingt fahren möchtest, und dann kommt wieder der Regen rein und die Pace kommt wieder runter, du kannst die Linien nicht mehr ganz so fahren. Das ist halt nicht so das Rennen fahren, was man haben will. Ab und zu ist es geil, aber nicht immer. Dieses Jahr war es einfach zu oft.
Zurück in die Gegenwart: Stimmt es, dass du beim YT Mob freie Auswahl bei deinen Parts hast?
Genau, das war auch ein Punkt, warum ich unbedingt dort hin wollte. Ich kann mir die Teile aussuchen, die ich fahren will. Ich werde viele Parts fahren, die ich bereits kenne. Das ist noch nicht fix, deswegen sage ich jetzt noch nicht, welche Teile ich fahren werde. Aber es ist einfach cool zu wissen, wenn du denkst, da kommt eine Firma und baut eine Suspension, die sicher besser ist oder mir mehr taugt – dann frage ich das Team, ist das okay, kann ich das machen? Ja! Dann kann ich es fahren.
Das Live Uncaged ist echt mega cool. Die Vali wird wahrscheinlich etwas anderes fahren als ich, der Oisin ist so ziemlich auf dem gleichen Setup. Aber da weiß man einfach, man hat hundertprozentig das beste Material für sich selber. Das ist einzigartig und das finde ich cool.
Hast du auch private Sponsoren oder darfst du da noch nicht drüber reden? [Das Interview wurde Anfang Dezember aufgezeichnet, Anm. d. Red.]
Da darf ich gerade noch nicht zu viel sagen und bin da aktuell noch dabei. Schladming ist unterschrieben, dort bin ich aufgewachsen, das erste Mal Downhill gefahren und verstehe mich mit den Leuten dort allen super gut. Das ist ein Sponsor, den ich gerne vertrete und fände es blöd, woanders hinzugehen. Ich finde es auch cool, jeder weiß sofort, wo ich herkomme. Zudem unterstützt mich Intersport, da habe ich einen T6-Firmenbus, mit dem ich rumrollen kann.
Weil du Schladming genannt hast: Ich wollte eigentlich vorhin reingrätschen, als du gesagt hast, du wärst überrascht, dass du Kurvenstrecken inzwischen gut fahren kannst. Du kommst doch aus Schladming, das ist die bekannteste Kurvenstrecke der Welt?
Stimmt, ja, aber so gut wie in Schladming sind die Kurven nirgendwo sonst gebaut. Und der Grip, wenn es in Schladming regnet, ist es ja geiler als sonst. Dann kommst du woanders hin, denkst, du kannst auch so reinfahren und schon liegst du da.
Also eigentlich ein schlechtes Training?
Eigentlich ja, Schladming ist zu gut. Oben ist es jetzt eh umgebaut worden, ich freue mich schon auf nächstes Jahr. Letztens habe ich aus dem Fitnessstudio hochgeschaut, die Schneekanonen gesehen und dachte so: „Ah, hört auf!“
Was ist eigentlich deine Meinung zu den großen Regeländerungen für die nächste Saison und der Erweiterung auf 10 Rennen?
Ich finde es mega cool. Ich habe es ziemlich langweilig gefunden, so wie es jetzt war: Man ist ein Rennen gefahren und dann hat man wieder drei Wochen dagesessen und gewartet oder trainiert. Die Sommerpause haben wir zwar 2025 wieder, aber davor ist es ein ordentlicher Rennblock, da ist die Pause dann auch cool. Vielleicht hat man eine kleine Verletzung oder muss die Suspension ändern, da kann man das gut nutzen und so etwas ausmerzen. Für die Zuseher wird es denk ich auch cool. Teilweise weiß ich selbst nicht, wer eigentlich den letzten World Cup gewonnen hat, weil es so lang her ist. Das ist komisch: 7 World Cups, das ist echt nichts. 10 bis 13, 14 Rennen ist cool, das ist die Anzahl an Rennen, die ich immer fahre. 10 bis sogar 15 Rennen bin ich schon oft gefahren. Mit US Open, Europameisterschaft, Staatsmeisterschaft, Europacup, da kommt etwas zusammen.
Ich finde es besser zu verfolgen und das Verletzungsrisiko im Training wird geringer, weil du nicht so viel Zeittraining machen musst. Das ist alles sehr positiv und ich finde generell, dass der Sport gerade in eine geile Richtung geht. Ich verstehe den ganzen Hate bei dem Thema nicht so richtig und finde die Übertragung und alles drumherum ist um einiges besser geworden.
Für einen Fahrer auf deinem Level ist an den Regeländerungen vermutlich interessant, dass es keinen Protected-Status mehr gibt …
Obergeil! Ich habe eh gerade erst ein Video gepostet aus Les Gets, wo ich fast in der zweiten Kurve gelegen bin – da war ich nicht protected. Die Nerven, die man da braucht, wenn man weiß, ich kann jetzt nicht stürzen … Ich hab die letzten drei Jahre mitbekommen, wie es ist, wenn man protected ist: Du steht oben und denkst dir: „Okay, ich fliege da jetzt voll rein und probiere mir die 50 Punkte in der Quali zu holen.“ Wenn man aber oben steht und sich qualifizieren muss, dann riskiert man doch minimal weniger. Du darfst keinen Platten bekommen, nicht stürzen und so weiter. Da sollte man nicht dran denken. Das Finale ist dann umso wichtiger, da sieht man dann auch die Leute, die am konstantesten sind, die leuchten dann noch mehr raus. Da hätten heuer ziemlich viele ein Finale verpasst.
Stell dir mal vor, es gibt vielleicht einen Weltcup, wo Bruni und Pierron nicht dabei sind. Die Schlagzeile würde ich mir gerne geben, aber wird wahrscheinlich nicht passieren. Ich hoffe, dass es nicht passiert, es ist eh cool, wenn immer alle dabei sind. Aber es ist schon mehr Drama dahinter – für die Zuseher wieder cool. Und bei 10 Rennen, wenn es wirklich einmal passiert, ist es auch wieder besser. Bei 7 Rennen war der Protected-Status ja wieder gut. Wenn du da echt einmal ein Rennen verpasst wegen eines Plattens, kannst du das Overall eigentlich abschreiben.
Das neue Qualifying-Format besteht jetzt ja aus 2 Läufen: Beim ersten kommen 20 weiter, alle anderen kommen in die zweite Runde, da kommen nochmal 10 weiter, sodass wieder 30 im Finale sind. Glaubst du, das ist ein besseres Format?
Ich finde es cool. Stell dir vor, du hast irgendeinen Defekt im ersten Run, bist Loïc Bruni, Nummer 1 vom Vorjahr, kommst nach Polen, erster Run Platten, dann kannst du wieder hoch und nochmal fahren. Wenn er dann stürzt, hat er es selbst verhauen. Wenn man zwei Chancen hat und beide nicht nutzt, dann sollte man vielleicht nicht dabei sein. Das sind ja auch coole Storys – nicht für einen selbst natürlich. Wenn mir das dieses Jahr passiert, weiß ich ganz genau, dass ich in einer Ecke sitzen und ein paar Tränen runterdrücken werde.
Die Saison hat zwar mehr Rennen, geht aber erst spät, Mitte Mai in Polen, los. Wie sieht deine Saisonvorbereitung aus in den nächsten Monaten?
Jetzt steht das Teamcamp in Südafrika an, in ein paar Tagen fliege ich ab. Sonst haben wir bisher noch nichts geplant, das machen wir in den nächsten Wochen. Ich möchte ein bisschen mehr Richtung Media-Seite gehen – also vielleicht ein neues Bike vorstellen, da werde ich im Film dabei sein. Und sonst testen, testen, testen. Ich bin gerade in der Massephase, wie man sieht … (flext die Oberarme, Anm. d. Red.)
Ist mir gleich aufgefallen, als du reingekommen bist …
(lacht) … ich fühle mich echt gut. Ich hab auch gestern mit Peki (Markus Pekoll, Anm. d. Red.) gesprochen, meinem Mentor, und Philipp, meinem Trainer. Da war klar, im Vergleich zu ’23/’24 bin ich jetzt schon einen Schritt voraus, weil ich auch körperlich besser beeinander bin. Es gibt viel zu testen diese Saison, es nicht easy, dass alles gleich passt. Von dem her muss ich aufpassen, dass ich im Mai top vorbereitet bin. Aber es gibt sicher viele Trainingscamps, Portugal, Spanien/Barcelona – die Gegend möchte ich mal ein bisschen auschecken. Maribor geht immer gut, Schöckl geht gut und ist nicht weit weg für mich. Nach Neuseeland geht es dieses Jahr nicht, es gibt noch ein Rennen in Kolumbien im Februar, wo ich eingeladen bin. Vielleicht fahre ich dorthin, das sehen wir noch, wie es eben so läuft in den nächsten Monaten.
Neuseeland scheint das Winter-Gebiet für europäische Profis zu sein. Warum möchtest du nicht mehr hin?
Weil es einfach super umständlich ist. Du fliegst da mit minimalem Material hin, dann passiert etwas Blödes und den Rahmen schmeißt es gegen einen Felsen. Egal, was das für ein Rad ist, es ist vermutlich kaputt, wenn es schlecht läuft. Dann rufe ich von dort bei YT an und bekomme vermutlich auch ein neues, aber es ist übel Stress. Bin ich daheim und fliege mal nach Portugal und es passiert dort, dann bin ich da nur eine Woche und es ist nicht so viel Geld und Zeit verloren. Die lange Fliegerei ist auch anstrengend und ich finde die Vorbereitung in Europa besser als in Neuseeland. Die Strecken sind besser! Neuseeland ist Lifestyle, jeder ist in Queenstown, fährt die Dreamline oben, Coronet Peak und alles drumherum. Ich bin zweimal dort gewesen und zweimal verletzt heimgeflogen. Jetzt hab ich die Schnauze voll, haha.
Es klingt so, als ob es dir wichtig ist, viel Zeit auf dem DH-Bike in der Offseason zu verbringen. Ist das so? Greg Minnaar etwa hat ja immer behauptet, er würde kaum fahren im Winter.
Ich finde es auch gut, mal vom Rad wegzukommen – ich habe sogar mit ihm vor zwei, drei Monaten darüber gesprochen. Für ihn ist es immer super wichtig, dass er wegkommt und einfach mal was anderes macht. Für mich ist das auch wichtig, ich bin jetzt wenig am Downhill gesessen, so gut wie gar nicht. Ich war mit der Freundin zwei Wochen im Urlaub und habe da kein Fahrrad angeschaut oder angefasst. Man vermisst es dann ordentlich, aber das finde ich gut. So ab Neujahr kommt für mich dann die wichtigste Zeit wieder am Downhill. Viele Kilometer sammeln und vor allem auf Zeit fahren. Ich finde, wenn du wirklich pushst und Gas gibst und gegen deine Teamkollegen auf Zeit fährst, dann passieren dir Fehler. Da gibt’s dann Leute wie den Peki, der die Fehler für mich analysiert und dann verstehe ich, wo ich noch etwas machen muss. Vielleicht noch mehr Kraft im Oberkörper trainieren oder ich sacke mit den Füßen durch – da gibt es 10.000 Sachen. Da sind Zeitläufe sehr wichtig, finde ich.
Letzte Frage: Neues Team, neues Jahr – was sind deine Ziele?
Gute Frage, ein Ziel habe ich mir gar nicht so wirklich gesetzt. Es ist schwer zu sagen, mit dem neuen Team und Material und allem Drumherum. Für mich ist auf jeden Fall ein Ziel, wieder einen World Cup zu gewinnen. Darüber, dass es 2024 nicht geklappt hat, war ich schon traurig. Mir kommt vor, der Sieg in Leogang ist schon 10 Jahre her und fühlt sich nicht mehr so greifbar an. Emotional schwindet er schon wieder etwas. Über längere Sicht gesehen mit dem Vierjahresvertrag ist natürlich der Gesamtweltcup-Sieg ein Traum für mich. Und das Regenbogen-Jersey sowieso nach meinem zweiten Platz in 2023.
Vor allem in Champery mit den vielen steilen Kurven …
… ja, in Champery bin ich 2024 Europameister geworden – von dem her könnte es gut passen. Es gehört noch immer viel dazu, aber ich bin ganz guter Dinge. Im Moment schaut die Zukunft gut aus.
Vielen Dank für das Interview, Andi!
Danke auch.
Was sagst du zum Sensationswechsel des schnellen Österreichers?