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RNZ-Lauftagebuch: Nicht ganz auf den Spuren der Tour de France

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Wiesloch. (obit) So, die Zeit bis zum Wieslocher Stadtlauf wird immer knapper – und nach dem Hoch der vergangenen Wochen kommt nun das obligatorische Tief, dass wohl jeder irgendwann durchläuft, wenn er auf ein Ereignis hintrainiert oder hinarbeitet. Zumindest sage ich, Tobias Törkott, mir das. Denn meine Laufzeiten brechen seit etwa einer Woche kolossal ein. Und so versuche ich, dem Frust etwas entgegenzusetzen.

Am Dienstag der Vorwoche waren Sophia Stoye und ich schon nach den etwa 6,5 Kilometern entsetzt, dass wir etwa eine Dreiviertelstunde benötigt hatten, um im Wieslocher Nieselregen über Feldwege rund um den Dämmelwald zu laufen, wobei trotten unsere sportliche Leistung wohl besser trifft.

Doch nach einem Nicht-Lauf-Tag am Donnerstagabend war meine eigene Einheit am vergangenen Sonntag – mit Verlaub – katastrophal: 50 Minuten für etwas zwischen sechs und sieben Kilometern. Unsere Trainerinnen hatten uns zwar die Hausaufgabe fürs Wochenende mitgegeben, im eigenen Tempo zwischen 50 und 55 Minuten zu laufen, doch etwas schneller hätte es schon sein dürfen. Meine morgendliche Einheit am Dienstag war zwar besser, der Kilometerschnitt lag bei etwa 6:30 Minuten, doch ist das noch immer noch weit weg vom Ziel, die zehn Kilometer des Wieslocher Stadtlaufs in unter einer Stunde zu schaffen.

In meinem Kopf suche ich nun nach einer Begründung für diesen sportlich-persönlichen Offenbarungseid: Auf meiner Strecke muss ich viele Rampen und Steigungen in Angriff nehmen. Dazu fehlen mir noch meine neuen Sporteinlagen für meine Laufschuhe. Doch alleine beim Schreiben merke ich, das klingt nach einer Ausrede.

Doch bei genaueren Überlegungen, fällt eine Sache auf: Ich war die vergangenen beiden Einheiten alleine. Zwar waren meine Kollegin und ich extrem ernüchtert aufgrund unserer Leistung von Dienstag der Vorwoche. Doch das Laufen in der Gruppe kann extrem viel verändern. Sophia Stoye und mir fiel der gemeinsame Trab dann doch deutlich einfacher als das alleinige Joggen über die Feldwege. Gegenseitiges Motivieren hilft. Wer nun an das berühmte "Quäl dich, du Sau" des Ex-Radrennfahrers Udo Bölts zu seinem Teamkollegen Jan Ullrich denkt, der darf beruhigt sein. Ähnlich ausfallend, wie der Telekom-Fahrer seinem Kapitän und späteren Tour-de-France-Sieger im Juli 1998 in den französischen Vogesen anschrie, geht es beim RNZ-Laufteam nicht zu. Stattdessen hilft ein einfaches: "Komm’ wir ziehen noch einmal das Tempo etwas an." Dann will sich keiner von uns die Blöße geben, sondern quält sich weiter.

Noch besser ist es, wenn man eine "Zugmaschine" in der Laufgruppe hat. So wie die TSG-Trainerinnen Birgit Winkler, Gabriele Bräunling oder Ruth Weimer. Die ziehen einen quasi über die Strecke, halten das Tempo hoch. Hoffen wir mal, dass sich eine der drei auch beim Stadtlauf Sophia und mir anschließen wird.

Update: Mittwoch, 23. März 2022, 19.26 Uhr


Wenn der Blick auf die Lauf-App enttäuscht

Von Sophia Stoye

Wiesloch. Pünktlich zur Halbzeit der TSG-Vorbereitung auf den Wieslocher Stadtlauf beginnt das Training in der siebten Woche wie das in der ersten: Stehend im Regen und in durchnässten Schuhen auf der Tartanbahn des Wieslocher Stadions. Doch während Anfang Februar noch 17 Teilnehmerinnen und Teilnehmer auf die Anweisungen der Trainerinnen warteten, sind es dieses Mal nur noch zehn.

"Da haben sich heute einige für ein früheres Abendbrot entschieden", kommentiert eine Teilnehmerin das Fehlen ihrer Laufkollegen scherzend, während wir uns drei Runden einlaufen. Meter für Meter erinnert mich ein leichter Schmerz in den Waden an das Training am Wochenende.

Sonntag, 8.30 Uhr. Selbst die Kirchengänger haben sich noch nicht auf den Weg in den Gottesdienst gemacht, denke ich mir, während ich durch ein wie leer gefegtes St. Leon-Rot fahre. Noch halb schlafend bin ich auf dem Weg nach Walldorf, wo ich mich mit einer Kursteilnehmerin und ihren Arbeitskollegen zum Laufen verabredet habe. Jeden Sonntagmorgen treffen sie sich und joggen gemeinsam los, "8.30 Uhr ist sogar relativ spät", erklärt einer von ihnen heiter.

Ohne zu wissen, dass ich heute mit Abstand die längste Strecke zurücklegen werde, die ich je gejoggt bin, laufen wir in gemütlichem Tempo los. Erst nach ein paar Metern erfahre ich, dass wir heute 60 bis 70 Minuten laufen werden – gut, dass man in der Gruppe nicht einfach wieder umkehren kann.

Schnell bin ich in ein Gespräch verwickelt – vor allem als Zuhörerin – und die Strecke zieht an uns vorbei. Am Ende zeigt die Handy-App elf Kilometer in einer Stunde und zwölf Minuten an – weitaus schneller und länger, als ich geschätzt hatte.

Zurück zum Training am Anfang dieser Woche. Denn dort holt mich die Realität wieder ein: Ich versuche mir die Glücksgefühle nach dem Lauf vom Wochenende wieder ins Gedächtnis zu rufen, während ich mit meinem Kollegen Tobias Törkott um den Dämmelwald herum jogge. Es ist düster, unser eigener Atem verdeckt uns im Schimmer der Kopflampen die Sicht. Die Strecke steigt leicht an und zum ersten Mal meldet sich nicht meine Lunge, sondern meine Füße machen auf sich aufmerksam. Öfter als notwendig beklage ich mich bei Tobias über die Schmerzen in der Achillessehne. Der bekommt davon laut eigener Aussage aber nichts mit, quält sich selbst. Am Ende bringen wir die rund 6,5 Kilometer ohne Pause hinter uns.

Doch der Blick aufs Handy enttäuscht: Knapp sieben Minuten haben Tobias und ich gebraucht, um einen Kilometer zurückzulegen. An sich keine schlechte Zeit. Aber viel zu langsam, um unser Ziel zu erreichen: Zehn Kilometer in unter einer Stunde beim Wieslocher Stadtlauf.

Update: Donnerstag, 17. März 2022, 18.52 Uhr


Der Blick auf die Borg-Skala

Von Tobias Törkott

Wiesloch. "Eine Zwölf oder eine 13 würde ich sagen", schätzt meine Kollegin Sophia Stoye sich ein und blickt auf die Borg-Skala. Ich schaue ungläubig und sage, leicht vorwurfsvoll: "Wie bitte? Ich bin knapp vor dem Kollaps." Gerade haben wir den vierten von fünf Intervall-Läufen absolviert. Fünf mal je einen Kilometer im Renntempo – mindestens. Deshalb bin ich nach dem vorletzten Durchgang auch so geschafft. Zweieinhalb Mal geht es auf die 400-Meter-Runde des Wieslocher Stadions.

Der Sinn des Intervall-Trainings ist die Verbesserung der Ausdauer, erklären uns die Trainerinnen der TSG Wiesloch. Ein Kilometer in etwa 5:55 Minuten ist die vorgegebene Zeit, die wir konstant unterbieten. "Also auf zehn Kilometer kann ich das nicht durchziehen", sage ich zu den anderen. Nach jeder Runde fällt der Blick auf die Borg-Skala, erfunden von dem schwedischen Physiologen Gunnar Borg. Anhand dieser sollen Sportlerinnen und Sportler ihr eigenes Belastungsempfinden angeben. Diese geht von den Werten sechs (sehr sehr leicht) bis 20 (nicht leistbar). Im optimalen, grünen Bereich liegt man bei Werten von zwölf (etwas anstrengend) bis 15 (schwer). Nach den ersten drei Durchgängen rangierte unser Sechser-Trupp zwischen 13 und 16. Nach der vierten Runde wurde das Schnaufen und Ächzen lauter. Meine Kollegin erfreute sich noch bester Kondition.

Den letzten Durchgang sollen wir noch mal so schnell bestreiten wie möglich. Im Quasi-Vollsprint, wenn man das nach fünf Kilometern noch so nennen kann, stürmen wir ins Ziel. Ein lauter Aufschrei, kurzes Verschnaufen und der Blick auf die Borg-Skala. "So zwischen Zwölf und 13", sage ich und bin durchaus positiv überrascht. 

Update: Freitag, 11. März 2022, 18.32 Uhr


Von Tobias Törkott

Wiesloch. Meine Frau muss lachen: "Oh je, wie das wohl aussieht." Als ob sie Ahnung davon hätte, wie man richtig läuft, also sportlich läuft, denke ich mir. Kürzlich hatte ich ihr stolz berichtet, dass ich dank des sogenannten Läufer-Dreiecks, das ist das korrekte Durchschwingen der Arme beim Laufen, nochmals zusätzliche Kraftreserven mobilisieren konnte. "Ich wurde wirklich schneller und es ging leichter", versichere ich ihr. Doch sie amüsiert sich weiter. Na gut, ich kann es ihr nicht verübeln. Mit meiner Größe von 1,85 Meter und noch knapp zweistelligem Gewicht zählten elegant-sportliche Laufstile bisher nicht zu meinem Repertoire.

Doch die Laufschule unserer Trainerinnen von der TSG Wiesloch lohnt sich wirklich. Beim vergangenen Training am Donnerstag musste ich kämpfen, um meiner Kollegin Sophia Stoye und einem weiteren Lauf-Partner hinterherzukommen. Ich erinnerte mich fix an das Läufer-Dreieck – und schon konnte ich viel leichter mit den beiden anderen Schritt halten.

Geholfen haben bei der mehr als fünf Kilometer langen Runde um den Dämmelwald aber auch meine neuen Laufschuhe, die ich vergangene Woche endlich erstanden hatte. Die sorgen für ein viel angenehmeres Gefühl am Fuß, dämpfen das Abrollen. An dieser Stelle nochmals Danke an die Beratung im Wieslocher Marathonshop. Klaus Scharf hatte sich mehr als eine Stunde Zeit genommen, um zunächst meinen Lauf zu analysieren. Beim kurzen Joggen durch die Badgasse fällte er sein Urteil binnen Sekunden: "Du brauchst einen Schuh mit mehr Stabilität in der Mitte." Nachdem ich mehrere Modelle auf der kleinen Laufstrecke vor dem Shop ausprobierte, fiel meine Wahl auf ein Modell einer amerikanischen Laufschuhmarke.

Stolz packte ich beim nächsten Training im Wieslocher Stadion meine neuen, orangenen Weggefährten aus. "Ah, hast du endlich neue Schuhe", bemerkte eine der Trainerinnen sofort. Mehrfach hatten sie kritisch in den Wochen davor angemerkt, dass ich für den Stadtlauf richtiges Equipment benötige und keine alten Turnschuhe. Sie hatten wohl recht. Denn am Ende unserer Trainingsstrecke stand ein Schnitt von etwa 6:15 Minuten pro Kilometer auf der Uhr. Das motiviert für die Zukunft.

Update: Sonntag, 6. März 2022, 19.13 Uhr


"Nimm die Arme mit"

Von Tobias Törkott

Wiesloch. Und dann sind die zehn Minuten über die Tartanbahn des Wieslocher Stadions vorbei. Wie viele Runden waren das? Nur dreieinhalb? Da hatte ich mir doch etwas mehr versprochen. Doch unsere Trainerinnen sind zufrieden, wenn auch die Tatsache, dass es nur noch etwa acht Wochen bis zum Stadtlauf Ende April sind, bei der einen Teilnehmerin oder dem einen Teilnehmer zu leichter Besorgnis führt – mich inbegriffen.

Die zehn Minuten waren nur der Aufgalopp. Bei der folgenden Runde ist schon etwas mehr Strecke da, um den mageren Schnitt von knapp unter sieben Minuten pro Kilometer etwas aufzupeppen. Es geht vorbei an den Schulen, hin zum MLP-Kreisel, wieder zu den Schulen und die Gerbersruhstraße hoch bis zum gleichnamigen Park und zurück ins Stadion. Gut drei Kilometer sollen es sein.

Mit viel Ehrgeiz drücke ich schnell aufs Tempo, lasse meine Kollegin Sophia Stoye zurück, obwohl ich davor gesagt habe, dass wir es langsamer angehen. Auf mich ist Verlass. So schnell, wie ich angefangen habe, so schnell setzt der Schmerz in meinen Fußsohlen ein. Vielleicht erinnern Sie sich, liebe Leserinnen und Leser, ich müsste mir neue Laufschuhe besorgen, die endlich richtig dämpfen.

Freundlicherweise nimmt sich eine der Trainerinnen mir an, quasi als Zugmaschine "zieht" sie mich über die Gehwege. "Nimm die Arme mit, das geht gleich viel einfacher", sagt sie zu mir. Und tatsächlich wirkt sich das erheblich auf meinen Laufstil aus. Wir unterhalten uns über verschiedene Dinge, das lockert die Situation auf. Bald ist der Park in Sichtweite, dazwischen liegen noch ein paar Höhenmeter. Umso schöner, als es wieder herab zum Stadion geht. Dort verlässt mich meine Trainerin, sie läuft zurück, um anderen als Zugmaschine zu helfen. "Etwa 6,20 Minuten im Schnitt ", ruft sie mir noch rüber. Ich mache mich auf die letzte halbe Stadionrunde. Im Ziel denke ich mir: Das war schnell.

Wenige Tage später bestätige ich den leichten Aufwärtstrend: Knapp fünf Kilometer laufe ich über die Felder. 33 Minuten zeigt das Handydisplay, dazu gab es Gegenwind und viel Gefälle. Wieder diese Ausreden, könnte man meinen, doch ich bin zufrieden – wenn nicht das Problem mit dem Stabilisationsübungen wäre: Für Eleganz stehe ich nicht unbedingt, auch meine Fähigkeit, Übungen auf einem Bein balancierend auszuführen, sind begrenzt.

In Grenzen hielt sich auch die Motivation meiner Kollegin Sophia, aber das sagt sie Ihnen am besten selbst: Während mich allein schon das gute Wetter hätte zwingen müssen, am Wochenende 30 Minuten laufen zu gehen, schob sich die Hausaufgabe des Trainings auf meiner To-Do-Liste immer weiter nach hinten. Samstags half ich bei einem Umzug mit, das hat mir an dem Tag gereicht. Sonntag lässt das gute Wetter nicht nach und nach einem Spaziergang durch die Stadt hatte ich schon fast die Laufschuhe an. Nur mal kurz ausruhen und plötzlich ist es dunkel, dann laufe ich eben Montagmorgen vor der Arbeit. Und wer sich das schonmal vorgenommen hat, weiß, dass das Vorhaben zum Scheitern verurteilt ist, wenn der Wecker zwei Stunden früher klingelt.

Update: Montag, 28. Februar 2022, 17.46 Uhr


Die Suche nach Ausreden

Von Tobias Törkott

Wiesloch. Seit zwei Wochen trainieren die Lauftreff-Teilnehmerinnen und -Teilnehmer schon bei der TSG Wiesloch für den Zehn-Kilometer-Stadtlauf Ende April. Alle, bis auf einen: Ich fiel direkt zu Beginn mit einer Corona-Infektion aus, starte mit Rückstand in die Vorbereitung, die ich meiner Einschätzung nach total nötig habe, um in einer Top-Zeit beim Stadtlauf über die Ziellinie zu laufen.

Diese Top-Zeit, also das selbst gesteckte Ziel, ist alles unter einer Stunde quasi niedriger als ein Sechser-Schnitt, wie es im Sport-Jargon heißt: Pro Kilometer maximal sechs Minuten Zeit. Wenn ich das nicht schaffe und erst nach gefühlten zwei Stunden ins Ziel trotte, liegt das definitiv nicht daran, dass ich in den vergangenen Jahren eher semi-aktiv war und mich großteils auf dem Bürostuhl ausgetobt habe. Nein, jetzt schiebe ich das auf die fehlenden zwei Wochen Training zu Beginn der Vorbereitung. Im Ausreden finden, bin ich übrigens auf internationalem Niveau.

Noch in der zweiten Woche unserer Corona-Quarantäne fing mein Herz an zu rasen, wenn ich nur daran dachte, vom ersten in den oberen Stock unseres Hauses zu laufen. Ich fühlte mich maximal unfit. Am Montag stürzte ich mich erstmals in die Vorbereitung meines unterklassigen Fußballvereins und war überrascht. Ich war nie ein Laufwunder, aber kollabiert bin ich ebenfalls nicht.

Und auch mein persönlicher Auftakt am Dienstagabend im Wieslocher Stadion gestaltete sich überraschend positiv. Zunächst mogelte ich mich in die langsamste der drei Lauf-Gruppen, schloss mich dann doch lieber meiner Kollegin Sophia Stoye und der mittleren Gruppe an – und konnte gut mithalten. Erst ging es ein paar Runden auf der Tartanbahn locker umher, im Slalom überholten wir immer unsere Vorderleute. Danach versammelten wir uns im Kreis, um uns zu dehnen und die Muskulatur zu stärken. Hinterher ging es ans Lauf-ABC. Bei den verschiedenen Übungen wurde ich von den Trainerinnen als Quasi-Neuling extra angeleitet.

Zum Schluss liefen wir eine Runde von den Schulen zum Gerbersruhpark und zurück. Sichtbar geschlaucht mutmaßten Sophia und ich, dass wir jetzt bestimmt drei, vier Kilometer in solidem Tempo abgespult hatten. Eine der Trainerinnen raubte uns jedoch die Euphorie: "Das waren etwa 1,8 Kilometer." Dazu gab es noch einen Hinweis an mich, bessere Schuhe zu kaufen. Einfach nur alte Turnschuhe anziehen, das werde nicht gut gehen. Der Gang zum Fachgeschäft wird mir nicht erspart bleiben. Wobei, ich könnte eine schlechte Zeit beim Stadtlauf auf die Schuhe schieben.

Update: Mittwoch, 16. Februar 2022, 18.29 Uhr


Von fehlender Motivation und Selbstüberschätzung

Von Sophia Stoye

Wiesloch. Prasselnder Regen begrüßt uns pünktlich zum ersten Trainingstag bei der TSG Wiesloch. Zwölf Wochen lang treffen sich ab jetzt insgesamt 17 Teilnehmerinnen und Teilnehmer und trainieren gemeinsam für den Wieslocher Stadtlauf. Mit dabei sind auch mein Kollege Tobias Törkott und ich, Sophia Stoye.

Denn für die RNZ werden wir Ende April an den Start der Zehn-Kilometer-Runde beim Wieslocher Stadtlauf gehen. Jeden Dienstag- und Donnerstagabend scheuchen uns ab jetzt die TSG-Trainerinnen Birgit Winkler, Gabriele Bräunling und Ruth Weimer über die Laufbahn und zeigen uns, wie wir uns am besten vorbereiten können. Doch der Anfang verläuft holprig. Teil eins des RNZ-Lauftagebuchs:

> Erstes Mal Lauftraining: Da Tobias direkt zum Auftakt des Lauftrainings das Coronavirus erwischt hat, zwinge ich mich am Dienstagabend vom Auto raus in den Regen auf die nasse Laufbahn des Wieslocher Stadions. Meine Motivation: gleich null. Ein kurzer Blick in die Teilnehmerrunde reicht, um zu erkennen, dass es den anderen genauso geht.

Froh, dem Regen zu entkommen, erklären uns die Trainerinnen alles Organisatorische erst einmal drinnen, im Trockenen. Doch die Freude währt nicht lange: Nach ein paar Stabilisationsübungen geht es gleich wieder auf den Sportplatz. Wir lernen den Klassiker unter den Lauf-Übungen kennen: das Lauf-ABC. "Auch Marathonläufer machen das noch", erklärt Trainerin Gabriele. Wir beginnen mit Kniehebelauf, gehen über zum Anfersen und enden mit "Skippings". Auch wenn sich meine Lunge zwischendurch schon bemerkbar macht, verläuft der Rest des Trainings relativ entspannt. Während unserer Runden im Stadion bilden sich Gruppen, einige Teilnehmer scheinen sich bereits zu kennen. Die meisten von ihnen, so mein Eindruck, sind Freizeitläufer, die "einfach mal wieder in die Pötte kommen" wollen, wie es mir eine Teilnehmerin erzählt.

Oft hat sie der Winter oder Job ausgebremst – oder es mangelt am geeigneten Trainingspartner. Am Ende kommen etwa vier Kilometer und alle Teilnehmer zum Dehnen zusammen – erleichtert, die erste Trainingseinheit im Regen überstanden zu haben.

> Etwas überschätzt: Nachdem das Training am Donnerstag nicht nur hinsichtlich des Wetters besser als das erste Mal war, steht am Wochenende meine erste "Hausaufgabe" des Lauftrainings an: Vier Mal acht Minuten laufen, dazwischen wieder eine Minute lang gehen. Um mich mal zu testen, lasse ich die Gehpause weg und laufe am Stück.

Innerhalb von 40 Minuten schaffe ich sechs Kilometer, doch schon nach dem ersten Kilometer wird mein Atem immer schwerer. Ab Kilometer fünf schmerzt plötzlich die linke Schulter – ich versuche, so wenig Strecke wie möglich zurückzulegen, um schnell nach Hause zu kommen.

So laufe ich trotz Wintersonne lieber auf der rechten Seite des Gehwegs ohne Schatten, um nicht nochmals die Straße überqueren zu müssen. Von meinem Ziel, die letzten 350 Meter zu rennen, packe ich nur ein Drittel: Immerhin bleibt so mehr Zeit zum Auslaufen.

Update: Dienstag, 8. Februar 2022, 6 Uhr


Ab heute 12 Wochen im Training für den Stadtlauf

Von Sophia Stoye und Tobias Törkott

Wiesloch. Zwei Jahre in Folge wurde der Wieslocher Stadtlauf abgesagt. Die Zehn-Kilometer-Strecke durch Dämmelwald und Stadtgebiet zählt zu den sportlichen Höhepunkten der Weinstadt. 2022 soll nach Corona-Zwangspause wieder gelaufen, gerannt oder gegangen werden. Bei dem Lauf Ende April wollen zwei Redaktionsmitglieder der RNZ aus Wiesloch an den Start gehen. Was sich Sophia Stoye und Tobias Törkott dabei gedacht haben? Ja, das wissen sie selbst nicht. Ehrgeiz? Die klassische Frühjahrssportmotivation? Oder einfach nur eine Anzeige der TSG Wiesloch in einer der vergangenen Ausgaben der RNZ.

Denn die Leichtathletik-Abteilung des größten Sportvereins der Stadt bietet ab dem heutigen Dienstag ein zwölfwöchiges Lauftraining an. Zwei Mal pro Woche schlüpfen die Freizeit-Athletinnen und -Athleten im Stadion in ihre Laufschuhe. Dazu gibt es Hausarbeiten, umso fit wie nur möglich auf die Zehn-Kilometer-Strecke zu gehen. "Beim ersten Mal sind es noch keine zehn Kilometer", verspricht Marion Brasse, Abteilungsleiterin Leichtathletik. Im Verlauf der Einheiten wird auch ein Fünf-Kilometer-Lauf auf dem Programm stehen, um das richtige Wettkampfgefühl zu bekommen. Mit der Zeit werden die Läufe dann immer länger.

Für die bestmögliche Vorbereitung sorgen die lizenzierten Lauftrainerinnen der TSG: Ruth Weimer, Birgit Winkler und Gabrielle Bräunling, alle selbst aktive Läuferinnen. "Da ist Know-how vorhanden", so Brasse. Auch Yoga- und Stabilisationsübungen oder das Lauf-ABC mit verschiedenen Aufgaben stehen auf dem Trainingsplan. Manch eine Teilnehmerin oder manch ein Teilnehmer hatte bereits am Lauftreff teilgenommen. "Gewisse Vorkenntnisse sollten schon dabei sein", sagt Brasse. 20 bis 30 Minuten am Stück laufen – wenn auch im eigenen Tempo – gelten als Voraussetzung für die Teilnahme. Auch wichtig ist die richtige Auswahl der Schuhe. "Wenn die nicht passen, macht es keinen Spaß", prophezeit die Abteilungsleiterin.

Und was denkt sie über die Teilnahme der beiden RNZ-Redaktionsmitglieder? Die hatten im Vorfeld angemerkt, dass sie nicht absolut unsportlich, aber auf gar keinen Fall trainiert sind. Reicht es, ab und an ins Fitnessstudio zu gehen oder unterklassig Fußball zu spielen? "Ja, das reicht. Angst haben muss keiner", ist Brasse optimistisch.

Die Ziele von Stoye und Törkott sind jedenfalls hoch. Ob sie diese erfüllen werden und wie sie sich schlagen, lesen Sie in Ihrer RNZ.

> Tobias Törkott (32 Jahre): Was ich mir dabei gedacht habe? Ja, das ist eine gute Frage. Die Idee war schnell geboren. Lauftraining klingt für mich zwar mehr nach Bestrafung, weil ich die Sinnhaftigkeit von Laufen ohne Ball nicht ganz nachvollziehen kann, aber gerade zu Jahresbeginn sind viele Leute besonders motiviert – so auch ich.

Vier Jahre habe ich großteils den Bürostuhl als Hauptsportgerät genutzt. Seit Sommer 2021 spiele ich bei mir in der Pfalz wieder Fußball, wenn auch sehr, sehr unterklassig. Aber die Geburt unseres Sohnes hat bei mir etwas ausgelöst: Du willst fitter werden, damit der Kleine auch was von dir hat, dachte ich mir damals. Gesagt, getan.

Allmählich wird es auch was, aber zehn Kilometer laufen? Das ist ambitioniert, zumal ich noch immer ein Anstandsbäuchlein vor mir her schiebe. Noch ambitionierter die Zeit: Unter einer Stunde, so meine Zielvorgabe. Mal schauen, ob ich nach wenigen Wochen sage werde: Hauptsache ankommen.

> Sophia Stoye (20 Jahre): Meine Lauferfahrung hält sich stark in Grenzen – und lässt sich schnell zusammenfassen: als Kind im Leichtathletik-Training angemeldet, aber nie hingegangen, mit 14 Jahren noch immer angemeldet und ein halbes Jahr lang im Lauftraining mitgemacht. Ein Freund hatte mich dazu überredet.

Wie schon beim St. Leon-Roter Frühlingslauf, bei dem alle Kinder in der Grundschule immer mitlaufen mussten, war ich im Lauftraining mit Abstand die schlechteste: Während alle anderen locker die vier Kilometer zum Aufwärmen liefen, begleitete mich der Trainer aus Mitleid auf meiner Zwei-Kilometer-Runde.

Nach ein paar Jahren Pause fand ich plötzlich vor gut zwei Jahren meinen Spaß an dem Sport, den ich bis dahin für langweilig hielt. Bisher konnte ich die Zehn-Kilometer-Marke noch nicht knacken und meine Motivation hielt sich nur saisonweise. Aber ausgestattet mit neuen Laufschuhen und dem richtigen Training ändert sich das mit Sicherheit bald.

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