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Mehr Heimatkunde mit Ines Thoma und Max Schumann: „Hallo und willkommen in meinem Traum.“

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Ines Thoma und Max Schumann sind beides weit gereiste Bikeprofis. In ihrem normalen Alltag jetten die beiden von Rennen zu Rennen, quer über die Kontinente – doch 2020 ist alles anders. Nach ihrer Graveltour durch ihre Allgäuer Heimat steht nun ein Trip mit den Mountainbikes an – mit dem Motto #SupportYourLocalBikefreund. Was es damit auf sich hat, erzählt euch Max Schumann in dieser Geschichte.

Kennengelernt haben wir Aron vor einigen Jahren als den „Snowboarder, der im Allgäu einen Bikepark bauen will“. Irgendwo im Westallgäu an einem kleinen Skilift. Das wäre doch was. Das Allgäu ist reich an Bergsportlern, klassischen Alpinisten, Skifahrern sowieso, Gleitschirmfliegern und Bergläufern. Aber eben auch Bikern, die in unseren Augen nach wie vor nicht ausreichend ernst genommen werden.

Aron im Anstieg - Ein Wintersportler mit Visionen und einem Herz fürs Biken
# Aron im Anstieg - Ein Wintersportler mit Visionen und einem Herz fürs Biken
Diashow: Mehr Heimatkunde mit Ines Thoma und Max Schumann: “Hallo und willkommen in meinem Traum.”
... und Ines überfällt den Dorfladen auf der Jagd nach Grillgut.
Ein alter Weg und frischer Trailschatz
Wohin? Da lang! Einverstanden.
Das vielleicht kleinste Pony der Welt steht an der Mohralpe oberhalb von Oberstaufen.
Und nicht den seltenen Pieper stören!
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Aron und seine Vision hatten wir wieder aus den Augen verloren. Bis zu einem Geburtstag von einem gemeinsamen Bikefreund im letzten Jahr. „Was ist denn aus deinem Bikepark geworden?“. Aron schüttelt den Kopf und eine lange Diskussion über Bauern-Lobby, Wander-Tradition und Bike-Tourismus im Allgäu sowie der ewige Kampf mit stur-konservativen Grundstückseigentümern entbrennt.

Aron ist ehemaliger Profi-Snowboarder und betreibt den Skilift Thaler Höhe nun ausschließlich im Winter. „Dorflift gerettet!“ strahlen die lokalen Zeitungen. So gewinnt man im Allgäu die Herzen der Einheimischen. Doch Aron ging noch einen Schritt weiter. Oder genauer gesagt höher. Er will Gästen aus aller Welt seine Heimat zeigen. Aus der Vogelperspektive. Und stellte jüngst eine Reihe Häuser auf Stelzen. Der Traum vom Bikepark/ Trail-Center ist nicht aufgehoben, wohl aber aufgeschoben. Als Selbstständiger im Tourismus ist die Corona-Krise aber erstmal die naheliegende Hürde. Erst die Existenz retten und dann den Allgäuer Hunger nach Biketrails stillen.

Ein Traum von einem Haus
# Ein Traum von einem Haus

Durch Aron kam uns die Idee für eine kleine lokale Serie. Wir hatten auf unser letztes kleines Garten-Urlaubs-Abenteuer viel positives Feedback erhalten und wollten nun mehr aus unserer Heimat erzählen. Aber nicht nur irgendwelche Trailtouren, sondern vor allem Bikefreunde vorstellen, die in der Region etwas bewegen, Visionen haben und die nachhaltig die Szene verändern. Ganz nach dem Motto #SupportYourLocalBikefreund.

Den Anfang macht Aron oder besser gesagt Aron und seine Frau Alica, die gemeinsam die Baumchalets Allgäu betreiben und leidenschaftliche Biker sind. Denn nach einer alten Weisheit vom heiligen Bike-Martin aus Latsch endet jede noch so gute Biketour ja bekanntlich am besten im Whirlpool. Doch bevor wir diesen genießen dürfen, geht es gleich ab auf die Trails. Wir sind am späten Nachmittag angereist oder besser gesagt 30 Minuten rübergefahren und Aron und seine Frau Alica lassen es sich nicht nehmen, als gute Gastgeber gleich mit uns die Hausrunde abzuradeln. Unter seinem Thaler Höhe Skilift geht es im Zickzack eine asphaltierte Straße hinauf. Diese stellt übrigens das Bikepark-Plan-Dilemma dar, da sie im Sommer von den Bauern und Almwirten als Zufahrtsstraße genutzt wird, für die ein sommerlicher Liftbetrieb quer über den Fahrweg unmöglich erscheint. Im Moment zumindest.

Gute Aussichten & gute Laune - Die Baumhaus-Träumer Aron und Alica zeigen uns ihre kleine feine Hausrunde.
# Gute Aussichten & gute Laune - Die Baumhaus-Träumer Aron und Alica zeigen uns ihre kleine feine Hausrunde.
Ines kurvt, wie es im Buche steht - Körpergewicht zentral im Rad, äußerer Fuß unten, äußeres Knie Richtung Rahmen, innerer Arm gestreckt und der Blick Richtung Kurvenausgang. Und der Wald ist auch sehr schön!
# Ines kurvt, wie es im Buche steht - Körpergewicht zentral im Rad, äußerer Fuß unten, äußeres Knie Richtung Rahmen, innerer Arm gestreckt und der Blick Richtung Kurvenausgang. Und der Wald ist auch sehr schön!

Bald erreichen wir den Rücken der Thaler Höhe, halten uns links und folgen einem feinen, flowigen Trail, der sich am Grat entlangzieht und den Blick auf die Allgäuer Alpen und den Alpsee freigibt. Das Gebiet rund um die Baumchalets liegt in einem Seitental von Missen im Westallgäu, schön ruhig und versteckt. Aber hier oben wird klar, dass man sich nicht weit weg von den „richtigen Bergen“ befindet. Zum Biken also ideal. Es ist nicht so steil und schroff wie die Allgäuer Hochalpen, es gibt viele Almhütten zum Einkehren und schöne flowige Trails. Absolut ideal? Also fast ideal. „Diese blöden Zäune“, bestätigt Aron unseren leicht genervten Blick, als wir die Enduro-Bikes schultern und durch ein weiteres Gatter turnen.

Er hat aus eigener Tasche bereits eine Durchgangstür für seine Hausrunde spendiert, bei dem man zwar auch absteigen muss, das Rad aber am Boden lassen kann. Das Allgäu bietet dem Bikefreund nicht nur Panorama-Trails und Postkarten-Idylle, sondern eben auch Zäune, viele Zäune. „Irgendwann braucht es eine einheitliche Lösung an bikerfreundlichen Übergängen.“ Aron ist auf jeden Fall dran. Der Alpseeblick ist bei Abendsonne traumhaft und über sanfte und spaßige Pfade erreichen wir die Baumhäuser gerade rechtzeitig zur Outdoor-Pool-Session.

Wellness mit Waldblick
# Wellness mit Waldblick

Baumhäuser sind es ja nicht im eigentlichen Sinn. Aron erklärt uns, dass er zwar die Vision von Baumhäusern hatte, aber nicht ausreichend viele tragende Bäume finden konnte. So sind es eben „Stelzenhäuser“ geworden, 5 Stück an der Zahl. Die an feiner Einfachheit, schickem Design und Wellness-Luxus auf jeden Fall ihresgleichen suchen. Nebst Sonnenterrasse und Sauna verfügt jedes Chalet über einen eigenen Zugang zum Wildbach mit Feuerstelle und Grillschale.

Einfach mal abhängen
# Einfach mal abhängen

Am nächsten Morgen kommen wir kaum aus den Zirbenholzbetten, sind schon voll im Urlaubsmodus. Aber wir wollen nicht den schönen Tag verträumen, sondern raus und die Trails erkunden. Eine weitere Biketour soll uns diesmal eher in nördliche Richtung führen. Das Westallgäu rund um den Schwarzen Grat und Isny ist uns relativ bekannt und bietet tolle Trails, aber der Höhenrücken davor namens „Hauchenberg“ sieht auf der Karte auch echt gut aus. „Komisch, dass er nicht wirklich für’s Bike bekannt ist.“ Den Grund wollen wir erkunden oder besser gesagt erklimmen, denn nach 28 Zäunen wissen wir mehr: Die Trails sind superschön und die Tour besticht durch mit vor allem unter der Woche wenig Wanderern, traumhafter Aussicht und fast durchgehend fahrbaren Trail-Abschnitten. Das sieht im Oberallgäu ja doch schnell anders aus.

Max im Flow am Hauchenberg
# Max im Flow am Hauchenberg

Aber gerade diese Tour am Hauchenberg ist wirklich nur in der Nebensaison zu empfehlen, wenn die Kühe im Stall und die Zäune offen sind. Ansonsten muss man, um es im Enduro-Trainingsjargon zu sagen, das Gewicht seines Bikes locker einhändig Überkopfdrücken können. Knapp 15 kg zu stemmen sind für uns noch okay. Der ein oder andere Dolce-Vita-Tourenbiker wird nach 2 Dutzend Übergängen aber doch etwas trüber dreinschauen.

Tierisch neugierig. Diese Kühen scheinen stark interessiert, unsere schicken Carbon-Bikes zu inspizieren.
# Tierisch neugierig. Diese Kühen scheinen stark interessiert, unsere schicken Carbon-Bikes zu inspizieren.

Aber Schluss mit dem Zaun-Gejammer, unser Tag ist wunderschön. Es ist kaum jemand unterwegs und natürlich auch Vorsaison-bedingt und Corona-verstärkt herrscht eine genial-ruhige Allgäu-Idylle, die der Dorfladen in Missen noch einmal unterstreicht. Wir kaufen Grillgut und direkt gegenüber ein paar Flaschen Bier in Max’ neuester Lieblingsbrauerei und lassen den Tag am Feuer ausklingen.

Am Abend schlägt das Wetter um und es regnet. Ich freue mich wie ein Tofu-Schnitzel, denn so kann man ohne schlechtes Gewissen am nächsten Morgen die Bikes ab- und die Sauna anstellen. Also schwitzen wir erstmal indoor auf den Fichtendielen und kühlen uns auf dem Balkon bei herrlich erfrischendem Regenwetter ab.

Von unserer dritten und leider schon letzten Bike-Entdeckungstour lassen wir uns aber trotz Nebelschwaden, Regenjacken- und Whirlpoolwetter nicht abbringen und starten am frühen Nachmittag in südwestlicher Richtung. Eine hübsche Straße führt erstaunlich sanft ansteigend hinauf auf die Salmaser Höhe. Doch im Allgäu darf man den Anstieg nie vor dem Gipfel loben, denn die letzten 15 Minuten gehen dann doch noch in typischer Manier quasi senkrecht hinauf, sodass wir bei den nassen Bedingungen die Bikes über steile Wiesen schieben. Aber es lohnt, denn die Abfahrt ist trotz der rutschigen Wurzeln, oder gerade deshalb, ein absolutes Highlight.

Max im Wurzelflow
# Max im Wurzelflow

Der Nebel hängt zwischen hellgrünen Laubbäumen und alten Fichten und sorgt für eine absolut mystische Atmosphäre im alpinen Bergmischwald. In Oberstaufen angekommen sind wir leicht durchfeuchtet und es weht ein kühler Wind, leider sind Corona-bedingt immer noch alle Cafés geschlossen und wir müssen uns mit einem Schokocroissant-To-Go begnügen. Mit unseren schmutzigen Hosen ist das vielleicht aber auch besser so. Beim anschließenden kurzen und echt knackigen Gewaltanstieg auf den Staufen-Berg drehen erst das Hinterrad und dann Ines durch. “Warum sind die Anstiege immer gleich senkrecht?! Da kann man ja schneller schieben!”

Nach wenigen Höhenmetern herrscht in der Regenjacke schon ein Klima wie beim Sauna-Aufguss. Zum Glück ist der Marsch wenigstens kurz. Wir stehen bald am Gipfelkreuz und wundern uns über die Aussicht, die heute nur 100 Meter bis zu einem riesigen Funkturm reicht. So steil der Aufstieg, so flach ist die Abfahrt, die sich tatsächlich in 360° einmal rund um den Buckel windet und dabei aber nicht nur flowig ist. Gerade bei Nässe geben die vielen großen Wurzeln dem Trail die besondere Würze. Und einige spitze Kehren versetzen uns in gute Laune. Schöner Spaß!

Ines am Staufen. Der Trail überrascht mit erstaunlich ergiebigen Tiefenmetern ..
# Ines am Staufen. Der Trail überrascht mit erstaunlich ergiebigen Tiefenmetern ..

Auf dem Rückweg geht es noch einmal über den Gipfel der Salmaser Höhe und dieses Mal entlang des Höhenrückens auf einen echten Allgäuer-MTB-Klassiker. Der Gratweg bietet Fahrspaß der Extraklasse, ist lang, flowig, wurzelig und fein, verziert von einer grandiosen Aussicht, die wir heute durch den Nebel nur erahnen können. Der Trail führt wieder in die Abfahrt von unserer ersten Tour und mit einem kurzen Umweg über die Dusche direkt in den Whirlpool … „Max, heute musst du grillen. Die Wette, dass heute noch mehr Zäune als gestern unseren Flow durchkreuzen würden, hast Du leider verloren …”.

Gemüsegrillen am Bach - Entspannt einfaches Kochen
# Gemüsegrillen am Bach - Entspannt einfaches Kochen

Zum Abschied mit Aron und Alica reicht ein freundliches Luft-High-Five aka Corona-Gruß und das sichere Versprechen, dass wir uns bald wieder sehen, sehr sicher noch lang bevor die Allgäuer Engstirne einen Bikepark bewilligen … gerne wieder im Whirlpool und auf den Trails rund um Missen oder eben im Winter am Skilift. Bei der gemeinsamen Biketour kam Ines die Idee für ein Snow-Bike-Rennen in den Sinn. „Dann nutzen wir den Lift eben im Winter.“ Das muss man einem ehemaligen Profi-Wintersportler natürlich nicht zweimal sagen und Aron hat die Streckenführung bereits im Kopf.

Ein alter Weg und frischer Trailschatz
# Ein alter Weg und frischer Trailschatz
Grünzeug und Bergradlerin
# Grünzeug und Bergradlerin

Falls ihr eine der Touren nachfahren wollt, könnt ihr sie hier in der Komoot Collection finden. Denkt daran: es handelt sich um Naturtrails! Gebt Wanderern Vorrang, keine Spuren hinterlassen und Stoßzeiten an Feiertagen, Ferien etc. meiden. So gibt es keine Probleme und wir Biker werden im Allgäu akzeptiert – irgendwann hoffentlich bestimmt. :)

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