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Behind the Lens: Martin Bissig über das Reisen und Fotografieren

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Täglich sehen wir viele Fotos zum Thema Mountainbiken – Produkt- und Action-Fotos von den verschiedensten Fahrern und abgelegensten Orten sind an der Tagesordnung. Doch wer macht eigentlich diese Fotos? In unserer Serie „Behind the Lens“ stellen wir euch Fotografen aus der Bikeszene vor. Die Leute hinter der Linse lieben das Biken meist genauso sehr wie die Fahrer davor. Allerdings sind die Fotografen meist noch mit ein paar zusätzlichen Kilos auf dem Rücken unterwegs und müssen den Spaß auf dem Trail auch mal hinten anstellen, um das perfekte Foto zu schießen.

In der heutigen Folge wird euch der Schweizer Martin Bissig vorgestellt, der sich vor allem durch seine Reisegeschichten einen Namen in der Bikeszene gemacht hat. Ich habe Martin bei einem dreiwöchigen Trip durch Pakistan kennengelernt, in Folge dessen auch dieses Interview entstanden ist.

MTB-News: Hi Martin, stell dich für die User doch bitte mal kurz vor und berichte, was du so treibst!

Martin Bissig: Mein Name ist Martin Bissig, ich bin 43 Jahre alt und komme aus der Schweiz. Seit 2003 bin ich professioneller Action- und Outdoor-Fotograf. Ich arbeite vor allem für Kunden aus der Bike- bzw. Fahrradbranche. Ich liebe das Mountainbiken, die Fotografie und das Reisen. Deshalb bin ich seit 2009 auch viel im Ausland unterwegs. Begonnen hat alles mit einem Shooting mit Claude Balsiger im indischen Himalaya. Seit 2013 bin ich nun fast jedes Jahr mit meinem Freund Gerhard Czerner irgendwo auf der Welt unterwegs. Seit diesem Januar bin ich Canon Europe Ambassador und Canon Academy Trainer und gebe Workshops und kleine Vorträge zum Thema Fotografie.

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# Durch die Länder reisen, verschiedene Menschen und Kulturen kennenlernen, Fahrradfahren... - Martins Job klingt natürlich nach einem wahren Traum
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# Martins Geschichten werden jeweils in bis zu 25 Ländern publiziert - Das macht ihn zu einem der meist publizierten Bikefotografen Europas

Am häufigsten ist Martin mit seinem Kumpel Gerhard Czerner unterwegs, wie hier bei ihrem Trip in den Oman. (Film von Sebastian Doerk)

Durch die Welt reisen und Abenteuer erleben klingt nach einem spannenden Beruf. Erzähl mal, wie es dazu kam.

Die Fotografie wurde mir praktisch in die Wiege gelegt (lacht). Mein Vater war damals nebenberuflich Fotograf für eine Zeitung. Zur guten alten Analogzeit musste er die Fotos selber entwickeln, also hatten wir daheim ein Fotolabor im Keller. So habe ich von klein auf das Handwerk der Fotografie erlernt. Mit 13 habe ich die ersten Aufträge für die Zeitung fotografiert – Kinderarbeit also (lacht). Das war aber immer nur Spaß und ein willkommener Nebenverdienst. Gegen Ende der 80er Jahre kamen dann diese Fahrräder mit den dicken Reifen nach Europa. Mit meinem damaligen besten Buddy Freddy habe ich die ersten Bikebilder gemacht. Wir haben kleine Kicker gebaut oder waren im Schnee unterwegs. Immer war die Kamera mit dabei. Und so hat sich dann das Ganze entwickelt. Ich habe nie Fotografie studiert, habe aber an einigen Fotokursen für Jugendliche teilgenommen. Im Großen und Ganzen kann ich aber schon sagen, dass ich Autodidakt bin, wie übrigens praktisch alle Fotografen, die ich kenne in der Sport- und Outdoorbranche. Als anständiger Schweizer habe ich dann aber trotzdem schön brav eine Banklehre gemacht, danach weitere drei Jahre auf der Bank gearbeitet und danach Betriebsökonomie studiert. Als ich 2001 mein Studium abschloss, war mir bewusst, dass dies nicht der Weg ist, den ich weiterverfolgen möchte. Also habe ich alles auf die Karte „Fotografie“ gesetzt und mich 2003 selbständig gemacht.

Kleine Kicker im Schnee: Mit Kumpel Freddy macht Martin die ersten Versuche als Bikefotograf
# Kleine Kicker im Schnee: Mit Kumpel Freddy macht Martin die ersten Versuche als Bikefotograf
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# Kinderarbeit: Kleine Jobs für die Lokalpresse bessern das Taschengeld auf

Wie schaut dein Arbeitsalltag aus?

Mein Arbeitsalltag sieht nie gleich aus. Keine Woche gleicht der anderen. Während den wärmeren Monaten bin ich sehr oft unterwegs am Fotografieren, hauptsächlich für die Bikeindustrie. In der Nebensaison sind auch mal andere Aufträge dabei, z.B. Firmenevents, Corporate Shootings oder auch mal Bierflaschen (lacht). Ich schaue auch, dass ich die Reisen und Expeditionen eher in die Wintermonate legen kann, also in die ruhigere Zeit. Aber irgendwo auf der Welt ist immer Sommer und ideale Bikezeit!

Manche Fotografen fotografieren mit einer riesigen Technikausstattung, andere sind eher Minimalisten. Was ist dein Stil und welche Ausrüstung verwendest du am liebsten, wenn du das so pauschal beantworten kannst?

Ich würde mich da schon eher zu den Minimalisten zählen. Ich bin ganz klar der Meinung, dass die Person hinter der Kamera das Bild macht und nicht das Gerät, dass der Fotograf in den Händen hält. Klar, die Technik hat in den letzten Jahren meine Fotografie grundlegend verändert, aber trotzdem spielen die Skills in meinen Augen immer noch die größte Rolle. Da ich mein gesamtes Equipment jeweils selber durch die Gegend schleppe, ist es für mich wichtig, mich auf das absolut Notwendige zu beschränken. Ich arbeite seit 2018 mit dem spiegellosen System von Canon. Die EOS R hat alles, was ich von einer Kamera erwarte, in ein kleines und leichtes Gehäuse verpackt. Die neuen Linsen sind der absolute Wahnsinn und in Punkte Qualität, Größe und Gewicht genial. Mit dabei ist oft auch eine kleine DJI Mavic Air, Funkgeräte und mein Laptop.

Die Ausrüstung
# Die Ausrüstung - Martin ordnet sich zwangsläufig selbst eher den Minimalisten zu, da er bei seinen Abenteuern stets alles selber tragen muss – eine gewisse Fitness muss der Schweizer auf Grund des dennoch recht hohen Gewichts aber mitbringen

Welche Tipps würdest du einem interessierten Hobbyfotografen geben, damit er bessere Bikebilder machen kann?

Rausgehen und üben, üben, üben. Ich wurde auch nicht über Nacht besser, sondern habe über Jahre geübt. Gerade in der Sportfotografie braucht es viel Erfahrung, um gute Shots zu machen. An einem guten Tag mit einem guten Fahrer an einer guten Location ein tolles Foto zu machen ist keine Kunst. Bei schlechtem Wetter an einer langweiligen Location die guten Shots rauszuhauen, das ist dann schon anspruchsvoller.

Was könntest du beim Fotografieren gerne noch besser?

Technisch bin ich ziemlich zufrieden mit meinen Fähigkeiten. Bei der Kreativität, Bildaufbau etc. könnte es immer noch besser sein. Ich wäre manchmal gerne noch authentischer, direkter, roher.

Welche anderen Fotografen inspirieren dich?

Ich muss ganz ehrlich sagen, dass ich wenig Zeit auf Social Media verbringe oder bestimmen Leuten aktiv folge und mich inspirieren lasse. Was aber nicht heißt, dass ich dauernd zufrieden mit meiner Arbeit bin. Im Gegenteil. Bilder die ich vor zwei Jahren noch gut gefunden habe, langweilen mich heute. Ich fühle mich durch die junge Generation an Fotografen angestachelt, kreativer zu sein, besser zu sein, Dinge anders zu machen, einzigartige Geschichten zu erzählen. Es ist ein stetiger Prozess und ich habe jedes Jahr mal so eine kleine Krise, bei der ich mich zu wenig kreativ, zu wenig frisch, zu wenig innovativ empfinde. Aber das ist gut so und bringt mich jeweils weiter.

Weniger Zeit auf Social Media, dafür mehr am Berg
# Weniger Zeit auf Social Media, dafür mehr am Berg - Martin hat sich die meisten Fotoskills selbst erarbeitet

Gerade beim Bike-Foto kommt aber noch ein anderer Faktor mit ins Spiel: Was muss dein perfekter Fotofahrer mitbringen?

In erster Linie Durchhaltewillen und Lust, dieselbe Stelle 20 Mal zu fahren, falls es nötig ist (lacht). Was ich in den letzten Jahren wirklich gelernt habe: gute Rennfahrer, egal aus welcher Disziplin, sind nicht automatisch gute Bike-Models. Die Körperhaltung ist von zentraler Rolle. Einem eingefleischten Enduro-Fahrer, der zwar verdammt schnell, aber eher aufrecht auf dem Bike sitzt, kann ich praktisch keine fototaugliche Körperhaltung mehr beibringen. Die Position auf dem Bike ist also sehr wichtig und da gibt es echt wenige Leute, die das so richtig gut können. Der Trick ist, unspektakuläre Spots cool aussehen zu lassen, ohne dabei übertrieben zu wirken. Ein schmaler Grat! Bei Frauen ist es mir wichtig, dass sie auch als Frauen zu erkennen sind. Lange Haare sind da sicher ein Plus. Eine Bikerin mit kurzen Haaren und dann noch Brille und Helm ist auf den ersten Blick oftmals nicht als Frau erkennbar und das ist schade.

Holger Meyer, der Vater aller Fotofahrer
# Holger Meyer, der Vater aller Fotofahrer - Die Kunst ist, auch unspektakuläre Szenen cool aussehen zu lassen
Der entspanntere Teil des Fotomodels: dekorativ in der Gegend rumstehen
# Der entspanntere Teil des Fotomodels: dekorativ in der Gegend rumstehen
Martin ist es dabei wichtig, dass Frauen trotz Helm und Brille auch als solche zu erkennen sind
# Martin ist es dabei wichtig, dass Frauen trotz Helm und Brille auch als solche zu erkennen sind

Du hast mit Danny MacAskill, Nino Schurter, Hans Rey, Gerhard Czerner und anderen Profis zusammengearbeitet. Wie ist es, mit solchen Größen zu fotografieren?

Sehr cool. Je besser die Athleten sind, desto professioneller gehen sie an die Sache ran. Die wissen schon, dass Bilder und Filme zu ihrem Job gehören. Aber auch da gibt es natürlich Unterschiede. Während Danny oder Hans ihren eigenen Wert mit Veröffentlichungen – egal ob Print oder Social Media – halten oder erhöhen und mir als Fotografen auf Augenhöhe begegnen, ist für Profi-Rennfahrer ein Fotoshooting einfach etwas, was zum Job gehört. Eher mühsam zu handeln sind Rennfahrer aus dem Mittelfeld, die so tun, als würden sie die nächste Weltmeisterschaft wegen einem Fotoshooting verpassen (jetzt muss ich lachen und hoffe, dass Martin nicht mich meint). Aber da habe ich zum Glück nur ganz wenig schlechte Erfahrungen gemacht. Und nein, ich nenne keine Namen!

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# Martin hat schon mit den bekanntesten Gesichtern im Radsport gearbeitet
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# Die Vollprofis wissen, dass die mediale Vermarktung dazugehört und verhalten sich dementsprechend

Ich kenne wenige Leute, die soweit gereist sind wie du. Und da Superlative natürlich immer spannend sind, musst du jetzt mal berichten. Was war deine kulturell eindrucksvollste Bikereise?

Puh, das ist echt schwierig zu beantworten. Die Reisen und Expeditionen waren so unterschiedlich, da kann ich die Azoren-Inseln schwer mit der Wüste von Oman oder dem Himalaya-Gebirge im Tibet vergleichen. Zu welcher Region ich aber den größten Bezug habe, ist wohl Ladakh. Der indische Teil des Himalays hat es mir schon sehr angetan. Über all die Jahre sind auch Freundschaften entstanden, die bis heute anhalten. Die buddhistische Kultur, die Klöster, die Einstellungen der Menschen und deren Humor finde ich sehr einzigartig und bereichernd.

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# Andere Länder, andere Gesichter - hier ein Pakistani aus der nördlichen Bergregion mit Gerhard Czerner
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Im Ladakh – der indische Teil des Himalayas hat es Martin sehr angetan
# Im Ladakh – der indische Teil des Himalayas hat es Martin sehr angetan - "Über all die Jahre sind auch Freundschaften entstanden, die bis heute anhalten. Die buddhistische Kultur, die Klöster, die Einstellungen der Menschen und deren Humor finde ich sehr einzigartig und bereichernd."
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