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Hardheim: Radsport extrem - 1200 Kilometer in 90 Stunden

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		Hardheim:  Radsport extrem - 1200 Kilometer in 90 Stunden

Von Teresa Berberich

Hardheim. In 90 Stunden 1200 Kilometer mit dem Rad zu fahren ist nichts für jedermann, doch mehrere tausend Teilnehmer stellen sich jährlich dieser Herausforderung beim ältesten Fahrradmarathon der Welt, Paris-Brest-Paris. Unter ihnen befinden sich auch Frederik Böna, 28 Jahre, ursprünglich aus Hardheim, und Rainer Hess, 49 Jahre, wohnhaft in Kirchzell.

Um sich für den Marathon zu qualifizieren, mussten die beiden sogenannte Brevets - vorgegebene Radstrecken, die in einer gewissen Zeit absolviert werden müssen - mit Distanzen von jeweils 200, 300, 400 und 600 Kilometern meistern. Diese erwiesen sich für die erfahrenen Radfahrer allerdings als kein Problem - sogar ein Schneesturm bei einem Rennen in Wuppertal konnte die beiden nicht ausbremsen.

Das Interesse am Radsport war bei Hess allgegenwärtig. Zunächst fuhr er nur kürzere Strecken, aber schnell fand er Motivation, diese auszubauen. So machte er sich auf den Weg, an einem Tag mit seinem Rad nach Prag zu fahren - und auf dem Rückweg plante er bereits eine Tour nach Amsterdam.

Bei Böna war das Augenmerk schon als Kind auf die Tour de France gerichtet. Als er sich dann im Studium sein erstes Rennrad kaufte, war er nicht mehr zu bremsen. Sein Training richtete er zunächst nur auf Geschwindigkeit aus. "Irgendwann habe ich das immer mehr miteinander verbunden, entweder kurz und Vollgas oder lang und langsam." Dies erwies sich für ihn als bewährte Trainingsmethode.

Auf den Brevet Paris-Brest-Paris stieß der 28-Jährige durch einen Freund und wandte sich prompt an Rainer Hess. Damals ging er noch irrtümlich davon aus, bei dem Wettbewerb nur 600 Kilometer auf relativ flacher Strecke absolvieren zu müssen. Dass aber tatsächlich 1200 Kilometer mit rund 10.000 Höhenmetern auf die beiden wartete, hielt sie dennoch nicht davon ab, sich qualifizieren zu wollen.

Hess und Böna haben bereits einige Erfolge verbucht. So hat der Kirchzeller Bankkaufmann viele Marathons sowie Nonstop-Touren zu den Hauptstädten Europas absolviert und war Teilnehmer des Zugspitzlaufs. Auch der gebürtige Hardheimer nahm an diversen europäischen Radmarathons teil, darunter auch dem Ötztaler Radmarathon. Beide sind Mitglied im "Club der Verrückten" vom Mont-Ventoux, dem "Club des Cinglés du Mont-Ventoux", bei dem dieser erklommen wird. Rainer Hess absolvierte diesen viermal, während Frederik Böna eine andere Option wählte und ihn sechsmal befuhr. Dabei ließ er sich für jeden Anstieg um die zwei Stunden Zeit. Auf der Abfahrt erreichten die Fahrer stolze 80 Stundenkilometer.

Für die Freizeit bleibt dennoch Zeit übrig. Der 49-jährige Hess ist Vater einer Tochter und trainiert nach eigenen Angaben nur 20 Stunden in der Woche, damit Zeit für Familie und andere Hobbys wie die Musik bleiben, während der 28 Jahre alte Böna gerne seine Leidenschaften kombiniert. Er selbst besitzt nämlich kein Auto und nutzt für jede Strecke das Fahrrad.

Für den anstehenden Radmarathon haben die beiden keine wirkliche Strategie, sie wollen es erst einmal auf sich zukommen lassen. Geplant ist hingegen, die erste Nacht komplett durchzufahren. Die vielen Anstiege nimmt Frederik Böna auf die leichte Schulter: "Bei den Radrennen freue ich mich immer, wenn der Berg kommt, weil ich dann weiß: Jetzt leiden die anderen und mir geht’s besser."

In den nicht mal vier Tagen muss selbstverständlich auch ein bisschen geschlafen werden, allerdings erwartet die Teilnehmer kein Luxus. In einigen Hallen an den Checkpoints, die alle 80 Kilometer aufzufinden sind, können sich erschöpfte Radfahrer etwas erholen. Wer es aber nicht bis dahin schafft, nächtigt eben am Straßenrand.

Trotz aller Hindernisse sind Rainer Hess und Frederik Böna aber überzeugt, es in der vorgegebenen Zeit zu schaffen und diese sogar unterbieten zu können. Selbst bei technischen Problemen wollen sich die beiden nicht von ihrem großen Ziel abbringen lassen: "Wenn irgendetwas wäre, dann laufen wir den Rest", versicherte Hess mit einem Grinsen im Gesicht.

Warum sie sich so etwas zumuten, wissen die beiden an manchen Tagen selbst nicht genau. Allerdings ist es schlichtweg der Reiz, sich selbst an seine Grenzen zu bringen. Über eine Profikarriere denken weder Hess noch Böna nach. "Wenn ich mit 70 noch in der Lage bin, so einen Radmarathon zu fahren, dann bin ich zufrieden", entgegnete der 28-Jährige, der sich selbst als "teilweise zu ehrgeizig" bezeichnet. Diesen Ehrgeiz merkt man auch, wenn man sich seine Zukunftspläne genauer ansieht, denn nur zwei Wochen nach Paris-Brest-Paris will er erneut am Ötztaler Radmarathon mit immerhin 238 Kilometern teilnehmen.

Die größte Herausforderung wartet aber schon in ein paar Tagen, wenn am Sonntag, 18. August, um 18.30 Uhr Böna und Hess an den Start in Paris gehen. 1200 Kilometer in 90 Stunden: Das ist definitiv ein Radmarathon der extremen Art.

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