1. Binzer Senioren-Open
In diesem Jahr fand in Binz auf Rügen das beliebte Senioren-Turnier erstmals unter einem neuen Namen und unter neuer Leitung statt. Streitigkeiten mit dem ehemaligen Veranstalter führten dazu, dass die offene Landesmeisterschaft von M-V jetzt auf Usedom stattfindet – leider zeitgleich! Hoffentlich gibt es da für die Zukunft bessere Lösungen, vor allen Dingen für die Schachspieler!
Wir spielten wieder im Dorint Seehotel Binzer Therme. Immer noch mit einem tollen Wellness-Bereich und (leider ) sehr leckerem Essen. Leider waren von den ursprünglich angemeldeten 173 Spielern letztlich nur 154 am Start. Das ist besonders ärgerlich, weil dadurch Spielern, die gerne mitgespielt hätten, diese Möglichkeit durch die blockierten Startplätze genommen wurde. Mein Turnierstart war gelungen. In der ersten Runde widerlegte ich mit Schwarz meinem Gegner (ELO 1837) sein Bauernopfer in der Eröffnung und konnte letztlich mit 3 Bauern mehr gewinnen. In Runde zwei traf ich auf einen guten Freund aus Leipzig (ELO 1745). Auch hier konnte ich zwei Bauern und damit die Partie gewinnen. Danach wartete ein FM mit ELO 2103 auf mich. In dieser Partie rechnete ich eine Abwicklung durch, vergaß aber, dass ich den ersten Zug zwar im Kopf, aber noch nicht auf dem Brett ausgeführt hatte. Tja, Sachen gibt’s … In Runde 4 spielte ich gegen den 94-jährigen Turniersenior. Als ehemaliger Bundesligaspieler hat er immer noch eine ELO-Zahl von 1915. Trotz aller Erfahrung hat er eine schlechte Angewohnheit: Ständiges Remis-Anbieten und zwar ausschließlich, wenn der Gegner am Zug ist. Wie sagte ein Schachfreund so schön am nächsten Morgen beim Frühstück: „Du hast dem Sirenen-Gesang der ständigen Remis-Angebote erfolgreich widerstanden“. Schöne Formulierung. Dann kam der nächste FM (ELO 2225). In einer 5-Stunden-Partie konnte sich nach 60 Zügen der Spieler von Werder Bremen durchsetzen. In der 6. Runde erreichte ich mit Weiß ein Endspiel Turm + guter Springer gegen Turm + schlechter Läufer bei gleicher Bauernzahl. Mein Gegner aus Kiel (ELO 1891) verteidigte sich zäh, bis wir beide nur noch zwei Minuten Restbedenkzeit hatten. Dann konnte er jedoch einen Bauerndurchbruch nicht mehr verhindern. 4 aus 6 ist kein schlechtes Zwischenergebnis. Runde 7 hielt den nächsten Titelträger, einen CM mit ELO 2127, für mich bereit. Hier wählte ich mit Schwarz einen ruhigen und sicheren Aufbau und konnte tatsächlich ein Remis erreichen. Die 8. Runde dann umgekehrte Vorzeichen. Mein Gegner (ELO 1875) „rührte Beton an“. In der Stellung fand ich kein Durchkommen, also wieder Remis. In der letzten Runde schoss ich dann einen Riesen-Bock und „schenkte“ meinem Gegner (ELO 2098) einzügig die Qualität und damit natürlich auch den Punkt. Kein schöner Abschluss. Mit 5 Punkten aus 9 Runden landete ich am Ende auf Platz 38, gestartet war ich mit Nummer 34. Also in etwa die Erwartungen erfüllt.
Auch dieses Jahr waren mit Sigrun Naumann die SFB doppelt vertreten. Leider ermittelte die Turnierleitung eine fehlerhafte Startrangfolge, so dass Sigrun in der ersten Runde spielfrei hatte. Dieser kampflose Punkt wirkte sich natürlich auf das ganze Turnier aus, denn Sigrun bekam ständig deutlich stärkere Gegner vorgesetzt. Trotzdem erreichte sie am Ende mit 1,5 Punkten den vorletzten Platz. Und gegen welche Gegner sie gespielt hat, zeigt die Tatsache, dass Sigrun sogar noch ein Plus von 5 DWZ-Punkten verbuchen konnte.
Leider war die falsche Startrangliste nicht das einzige Manko der Turnierleitung. Das zeigte sich von fehlerhaften Rating-Listen über nicht bewiesene Cheating-Vorwürfe bis hin zu, in der Ausschreibung ausgeschlossenen (!), doppelten Preisen bei der Siegerehrung. Hier kann man von einem zertifizierten „International Organizer“ sicher mehr erwarten.
Trotzdem war es insgesamt wieder ein sehr schönes Turnier, wozu auch die gemütlichen Abende mit Freunden an der Bar beigetragen haben. Im nächsten Jahr steht das Hotel aus Renovierungsgründen leider nicht zur Verfügung, dann soll in einem Nachbarhotel gespielt werden. Man kann gespannt sein, ob das Turnier dann immer noch so gut angenommen wird.
Ralf Schöngart

