Als es noch keine Schachuhren gab
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… versuchte ein Sekretär auf beide Spieler psychologischen Druck auszuüben,
indem er in sein Protokoll neben anderen Beobachtungen auch die verstrichene Zeit eintrug.
Dadurch sind der Schachwelt folgende extreme Fälle vom „Zeitspiel“ überliefert worden:
Im Wettkampf zwischen den stärksten Meistern der ersten
Hälfte des 19. Jahrhunderts,
George Alcock Macdonnell
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courtesy Arqto. Roberto Pagura, Buenos Aires
und
Louis Charles Mahe de La Labourdonnais,
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der 1834 im Londoner „Westminster-Schachklub“ ausgetragen wurde, dauerte eine Partie in der Regel von
mittags 12 Uhr bis abends 19 Uhr und wurde, wenn erforderlich, am darauffolgenden Vormittag wieder aufgenommen.
Bei einer solchen Hängepartie verstrichen für einen Zug des Engländers wiederholt 90 Minuten.
In einer solchen Situation verliess den Franzosen De La Bourdonnais die Geduld, und er brachte das nachdrücklich durch laute Gespräche und Gelächter zum Ausdruck.
Auch der ungekrönte Schachkönig Paul Morphy
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konnte sich 1857 im ersten Turnier auf dem amerikanischen Kontinent nur mit beneidenswerter Geduld gegen die langen Bedenkzeiten seines Hauptkontrahenten,
Louis Paulsen,
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zur Wehr setzen.
Im Wettkampf zwischen den englischen Spitzenspielern 1852
Howard Staunton
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und
Elijah Williams
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courtesy Arqto. Roberto Pagura, Buenos Aires
dauerte jede Partie durchschnittlich 15 bis 20 (!) Stunden.
Wen verwundert es da noch, wenn Staunton wiederholt nach zweistündiger Wartezeit den Wettkampf bei einer klaren 6:2 Führung aufgab, um sich sinnvolleren Beschäftigungen, vielleicht
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seinen berühmten William Shakespeare-Forschungen zuzuwenden.
Eine Erlösung für Spieler und Organisatoren wurde deshalb die Verwendung von Sanduhren zur Zeitmessung (London 1862).
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Aber erst im Jahre 1883 wurden am gleichen Ort Uhren mit moderner wechselseitiger Umschaltung eingesetzt,
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die im Prinzip bis heute unverändert ihren Zweck erfüllen.
Vorbei war die Zeit, während der das Protokoll vermerken
musste:
„24 Uhr: Bei Partieabbruch waren beide Spieler am Schachbrett eingeschlafen.“
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Sitges (Barcelona), im Februar 2010