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Jutta Hempel – ein Schachwunderkind Erinnerungen

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Jutta Hempel bei einer Simultanvorstellung 1966

 

Hier sehen wir das Schachwunderkind im Alter von sechs Jahren, als sie gegen 12 Gegner simultan im „Streichmühle Schachklub“ spielt.

Das junge Mädchen gewann sechs Partien … und beendete die anderen mit remis.

Jutta Hempel wurde am 27. September 1960 in Flensburg geboren.
Im Alter von 3 Jahren war sie fähig, sich den Verlauf einer Schachpartie anzusehen und nach Beendigung des Spieles die Züge auswendig zu wiederholen.
Vierjährig spielte sie im Jugendzentrum der Stadt Flensburg.
Mit 5 Jahren war sie bereits die beste Juniorenspielerin der Stadt.
An ihrem 6. Geburtstag spielte sie anlässlich einer Simultanvorstellung gegen 12 Gegner und gewann 9,5 zu 2,5 Punkten in vier Stunden.

(Bild entfernt)**************************************************************Die 6jährige Hier zeigt sie in einer simultanen Art, wie sie sechs Meisterpartien nachspielt. Dieses Ereignis fand in Glücksburg am 13. August 1967 statt. Oben rechts auf dem Bild ist der deutsche Schachmeister Ludwig Rellstab  (* 1904  + 1983) zu erkennen.

Das Foto erschien 1967 im STERN-Magazin und ist dem Buch „Der Flensburger Schachklub von 1876 im Spiegel der Zeit“ entnommen.
 

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Bei ihrer nächsten Simultanvorstellung auf dem Nordermarkt in Flensburg  gewann sie mit 9-1 Punkten.

 

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Mit 7 gewann sie die Flensburger Junioren-Meisterschaft. Danach spielte sie 6 Partien simultan mit verbundenen Augen.
Im Alter von 8 wurden weitere Simultanveranstaltungen sogar im Fernsehen ausgestrahlt.
Ein Jahr später gewann sie einen Problemlösungs-Wettbewerb.
Sehr hart und überspitzt, aber vielleicht auch treffend formulierte es einmal ‚Der Spiegel‘:

„Eine der spärlichen weiblichen Frühbegabungen, Jutta Hempel aus Flensburg, die in den sechziger Jahren zum Beispiel durch eine 48zügige Blindpartie glänzte, erwies sich aber ohne eine solide Grundlage: Ihre Fähigkeit bestand in erster Linie im bloßen Auswendiglernen, zu schöpferischem Schachspiel war sie wohl nicht talentiert genug.“

(Anmerkung: Wir kennen ja die „bissigen“ Kommentare jenes Magazines.)
Das letzte Mal spielte sie noch einmal offiziell am 2. Juni 1979 bei dem Flensburger Blitz-Turnier, und es gelang ihr zum ersten Mal, keine Partie zu verlieren.

Dann beendete sie ihre Schachlaufbahn bis auf ein paar Freundschafts- und Fernschachpartien.

Ihre eigentliche Schachlaufbahn dauerte nur 10 Jahre mit den entsprechenden Unterbrechungen wegen schulischer Verpflichtungen.

Sicher haben ihr Vater und auch der Schachexperte Alfred Brinkmann dazu beigetragen, dass sie erst einmal ihre Ausbildung fortsetzen sollte.

Danach ging sie zur Weiterbildung nach Kiel in Übereinstimmung mit ihrer eigenen Haltung: ‚Erst das Studium, dann einen Beruf finden und danach vielleicht wieder anfangen Schach zu spielen.’
Als sie sich für die kaufmännischen Belange interessierte, absolvierte sie eine zweieinhalbjährige Lehre in einer dänischen Bank. Danach setzte sie Ihr Studium in Kiel bis zum Ende des Jahres 1985 mit gutem Abschluss fort.
In dem darauffolgenden Jahr wurde sie bei der Landesbank von Kiel angestellt.
Am 6. Juni 1986 heiratete sie und hiess dann Jutta Hempel-Nissen.
Aufgrund ihrer Lebensauffassung, dass eine Frau mit dem Schach nicht ihren Lebensunterhalt bestreiten kann, nahm sie sich aber fest vor, ihren Kindern das Schach beizubringen, ‚weil das für mich in allen Bereichen eine grosse Hilfe war’!

 

Anmerkung: Inzwischen haben sich die Zeiten geändert, wenn wir z.B. an die Polgar-Schwestern und Alexandra Kosteniuk denken.

Sehen Sie sich bitte das nachstehende Video an:

 

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Abschliesssend präsentieren wir Ihnen noch zwei ihrer Partien wie folgt:

 

Kommentiert und analysiert von NM Hebert Pérez García, Holland

 

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Jutta Hempel – Hans-Joachim Hecht (2374) [A02]
Deutschland, 1966

1. f4 [ Das Mädchen Jutta (6 Jahre alt) spielte immer scharfe Linien bei ihren Simultanvorstellungen. Sie trainierte das Schachwesen, indem sie vorzugsweise Fernschachpartien per Post spielte.]
1….e5 [ GM Hecht akzeptiert die Herausforderung, die Partie auf taktisch komplizierte Wege zu führen, wobei er gleich mit dem gefährlichen From-Gambit anwortet.]
2. fxe5 d6 3.exd6 Lxd6 4.Sf3 g5
5. d4 [Gegenwärtig ist die Variante 5.g3!? g4 6.Sh4 Se7 7.d4 Sg6 8.Sxg6 hxg6 9.Dd3+/= etc. populärer.]
5…g4 6.Sg5?! [Die Theorie empfiehlt eine vorsichtigere Variante wie: 6.Se5 Lxe5 7.dxe5 Dxd1+ 8.Kxd1 Sc6 9.Lf4= etc.]
6…f5 [Eine andere wichtige Alternative war: 6…De7 7.Dd3 f5 8.h3 Sc6 9.hxg4 Sb4 10.Db3 f4 11.Ad2 Sxc2+ 12.Dxc2 Dxg5 13.Sc3 Sf6 14.Se4 Sxe4 15.Dxe4+ De7 16.Df3 etc.]
7. e4 h6 8.e5 Le7

 

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9. Sh3 [Ein thematisches Figurenopfer auf der Suche der Linienöffnung zum gegnerischen Königsflügel, aber der Stellungsausgleich war für Weiss nicht ausreichend angesichts der kaum entwickelten eigenen Figuren. Trotz allem ist es lobenswert, mit welchem Mut Jutta ihren gefährlichen Gegner angreift.]
9….gxh3 10.Dh5+ Kf8 11.Lc4 Th7
12. Dg6 Lb4+!
[ Der Grossmeister verteidigt sich auf eine listige Art und Weise!
Es war nicht gut, mit 13.c3? zu antworten wegen Tg7 14.Lxh6 Dh4+ 15.g3 Dxh6 16.Dxh6 Sxh6 17.cxb4 Tg4-+ mit entscheidendem Vorteil für Schwarz.]

13. Ke2 Tg7 14.Lxh6 Sxh6 15.Dxh6 Dg5 16.Dxg5 Txg5
17. g3 Sc6 [Der Textzug führt zu einem soliden Spiel für Schwarz gegenüber den anstrengenden Varianten, die bei dem Vorstoss 17…f4 entstehen.]

18. c3 Le7 19.Sd2 Sa5 20.Ld3 Le6 21.Thf1 Kg7
22.Tad1 [Jutta konnte sich mit einer grösseren Genauigkeit mittels den Optionen 22.Tf4!?; o 22.b4!? verteidigen.]

22…Td8 [22…Tf8!?] 23.b4 Sc6

 

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24. Sc4?! [Eine kritische Stellung. Vielleicht wäre geeigneter gewesen: 24.Tf4 oder 24.Ac4 zu spielen.]
24…Lxb4!
25. cxb4 Sxd4+ [Es scheint, dass GM Hecht hier impulsiv agierte. Stark und korrekt war der Zug 25…Txd4!?]

 

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26. Kd2? [Es ist schade, dass die talentierte Jutta nicht den Zug 26.Ke3!? spielte. Mit der Optik der starken Schachprogramme bestehen Chancen, einen relativen Ausgleich für Weiss zu erreichen, z.B. 26..Sc6 27.Le2 Txd1 28.Txd1 Lxc4 29.Lxc4 Tg4 30.Ad3 Sxe5 31.Lxf5 Txb4 32.Tc1 Sc4+ 33.Kd3 b5 34.Lxh3=. Die Leser können gern eine strenge taktische Prüfung nach dem interessanten Zug 26. Ke3 !? vornehmen.]

26…Lxc4-/+ 27.Tc1? [Ein schrecklicher Fehler, der die Niederlage von Weiss beschleunigt. Hier war angesagt: 27. Lxc4]
27…Sb3+!-+ [ Ein taktischer Schlag, der den Sieg von Schwarz sichert. ]

28. axb3 Txd3+ 29.Ke1 Lb5 30.Txc7+ Td7 31.Txd7+ Lxd7
32.Tf4?! [32.Kd2] 32…Tg4-+

33.Tc4 Lc6 [ auch gewinnt 33…Txc4 34.bxc4 Kf7 35.Kd2 Ke6 36.Ke3 Kxe5-+]

34. Kd2 Txg3!? [34…Txc4 35.bxc4 Kf7-+] 35.Kc2 Kf7-+ [35…Tg2+-+]

Und Weiss gibt auf: 0-1

Zum Nachspielen:

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Mit unterschiedlichem Erfolg hatte Jutta Hempel (10) praktische Erfahrungen gewonnen mit der Anwendung des Lettischen Gambits und zwar mit beiden Farben. Es waren thematische Fernschachturniere per Post, die finanziell von reichen lettischen Sponsoren gefördert wurden.
Hier ein Beispiel mit einem überzeugenden Sieg bei nachstehender Partie:
Hempel, Jutta – Priede, C [C40]
corr CADAP, 1970

[NM Hebert Pérez García]
1. e4 e5 2.Sf3 f5 [ Das diskutierte lettische Gambit macht eine kritische Periode in ihrer Geschichte durch. Die kürzlichen Analysen der starken Schachprogramme bezweifeln die Güte dieses Gambites .]
3. Lc4!? [Eine der Hauptvarianten ist 3.Sxe5!? Df6 4.d4 d6 5.Sc4 fxe4 6.Sc3 Dg6 7.Se3 (7.f3 exf3 8.Dxf3) 7…Sf6 8.Le2 c6 9.0-0 etc.]
3…fxe4
4. Sxe5 Dg5?! [Derzeit spielt man normalerweise 4…d5!?, aber Schwarz stolpert immer noch über Schwierigkeiten. Z.B.: 5.Dh5+ g6 6.Sxg6 Sf6!? (6…hxg6 7.Dxh8 Kf7 8.Dd4 Le6 9.Le2+/-) 7. De5+ Le7 8.Sxe7 (8.Sxh8? dxc4 und Schwarz hat Ausgleich) 8…Dxe7 9.Dxe7+ Kxe7 10.Lf1+/-]

5. d4 [ Wahrscheinlich ist das die beste Variante für Weiss. Eine Option ist: 5.Sf7 Dxg2 6.Tf1 d5 7.Lxd5 (7.Sxh8 Sf6 8.Lxd5 Lg4 (8…Sxd5? 9. Dh5++-) 9.f3 Dxh2 10.De2 Dxe2+ 11.Kxe2 Lxf3+ 12.Txf3 exf3+ 13.Lxf3 Sc6 14.Lxc6+ bxc6 15.d3 Lc5 16.Sd2 Ke7) 7…Sf6 8.Sxh8 Lg4 9.f3 Dxh2 10.De2 Dxe2+ 11.Kxe2 Lxf3+ 12.Txf3 exf3+ 13.Lxf3 Sc6 =]

5…Dxg2 6.Dh5+ g6 7.Lf7+ Kd8 [7…Re7 ist nicht besser wegen 8.Lg5+ Sf6 9.Lxg6+- Dxh1+ 10.Ke2 und wenn 10..Dg2 11.Lxf6+ Kxf6 12.Df5+ Kg7 13.Df7+ Kh6 14.Df6+-]

8. Lxg6 [Zu beachten ist auch die Variante 8.Dg5+ Dxg5 9.Lxg5+ Le7 10.Lb3 Lxg5 11.Sf7+ Ke7 12.Sxg5 (12.Sxh8 Sf6 13.Sc3 Lh4 14.Sf7 d6) 12…Sf6 13.Sc3 h6 !? =] 8….Dxh1+ 9. Ke2

 

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9.. c6? [Ein dicker Fehler. Noch gültig und zu empfehlen ist die von GM Paul Keres vorgesehene Verteidigung 9..Dxc1!. 10.Sf7+ Ke8 11.Sd6+ (11.Sd2 Dxb2!?; 11.Sxh8+ hxg6 12.Dxg6+ Kd8 13.Sf7+ Ke7 14.Sc3 Dxc2+ 15.Ke1 d6 16.Sd5+ Kd7 17.Dxg8 Dxb2) 11…Kd8 12.Sf7+ = etc.]

10. Sc3 Sf6 [Wenn 10…Kc7 folgt 11.Lf4+- hxg6 (11…Dxa1 12.Sxd7+ Kxd7 13.Df5+ Kd8 14.Dxf8+ Kd7 15.Dd6#) 12.Dg5 Le7 13.Sxc6+ d6 14.Lxd6++-; 10…e3 11.Sf7+ Kc7 12.Dg5! b6 13.Dd8+ Kb7 14.Se4! Dxh2 15.Dxf8+-; 10…Dg2 11.Lg5+ Le7 12.Lxe4+-]
11. Dg5 Tg8 [Auch verlor: 11…Ae7? 12.Sf7+ Ke8 13.Sxh8+]

12. Dxf6+ Le7 13.Df7+- hxg6 [Keinen Zweck hat 13…Tf8 wegen 14.Dxf8+! Lxf8 15.Ag5++-]

14. Lg5 [“Malerisch” war die mögliche Matt-Variante 14.Dxg8+! Kc7 15.Lf4 Dxa1 16.Sxc6+ Ld6 17.Lxd6+ Kxd6 18.Dxg6+ Kc7 19.Sd5#]

14…Dxa1 15.Lxe7+ [Es gewinnt auch 15.Dxe7+ Kc7 16.Lf4+-]
15…Kc7 16.Dxg8 b5 17.Dd8+ Kb7 18.Sxe4 und Schwarz gibt auf: 1-0

Zum Nachspielen:

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Ein hübscher Sieg von Jutta Hempel, besonders im theoretischen Interesse.
Die geneigten Leser sind eingeladen, unsere Analysen zu bereichern zu den bereits kommentierten Varianten.

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Quellen: Europe Chess Promotion / Facebook / chessgames.com

Sitges (Barcelona), im Juli 2013

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