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Paderborner Sprinterin Chantal Butzek lässt ihre Karriere ausklingen

Paderborner Sprinterin Chantal Butzek lässt ihre Karriere ausklingen

Von der Stadt Paderborn wurde die Athletin im Jahr 2016 mit dem Sport-Nachwuchspreis ausgezeichnet. Verletzungen wie ein vierfacher Sehnenanriss samt Knochenödemen (2017), familiäre Schicksalsschläge und nicht zuletzt aufkeimende berufliche Ambitionen haben die 24-Jährige vor geraumer Zeit einen wichtigen Entschluss reifen lassen: Chantal Butzek, seit 2016 Lehramtsstudentin an der Universität Paderborn (Fächer: Sport und Deutsch, Gymnasium/Gesamtschule), wird ihre Leichtathletikkarriere ausklingen lassen.

Der Fokus soll fortan mehr auf ihrer akademischen Laufbahn und auf der Familie ruhen. „Ich bin im Reinen damit. Andere Dinge sind jetzt wichtiger. Ich bin so glücklich, und das ist mir viel mehr wert, als mich unter Druck zu setzen. Ich kann jetzt ich selbst sein, muss nicht mehr nur funktionieren und werde nicht mehr durch den Sport instrumentalisiert“, erzählt Chantal Butzek.

Zumal sie schon länger dieses unbehagliche Gefühl begleitet, „den eigenen Ansprüchen nicht mehr gerecht zu werden. Mein Leistungsstand ist nicht mehr da, wo er mal war.“ Da bleiben fundamentale Nebenwirkungen nicht aus. „Die Unbeschwertheit, der Spaß, die Freude, die Leichtigkeit, alles war zuletzt nicht mehr so wirklich vorhanden.“ Obwohl die Leichtathletin des LC Paderborn, die in den zurückliegenden Monaten Einzel-Training bei Michael Gaentzsch erhielt, immer noch zu schnellen Zeiten fähig ist, soll Schluss sein.

Ihr Herz schlug vor allem für den Hürdensprint

Insbesondere für den Hürdensprint schlug von Anfang an ihr Herz. Ihre Schnelligkeit zwischen den Hindernissen: rasant. Ihre Hürdenüberquerung hingegen: ziemlich ausbaufähig. Dass sie dennoch so brillante Ergebnisse erzielen konnte, lag womöglich an ihrem Ballettunterricht in jungen Jahren. „Das war eine super Grundbasis für Körperbeherrschung und Beweglichkeit. Die Sprungkraft und das Bewegungsgefühl waren da.“

Chantal Butzek hat international Großes vollbracht. Platz sechs bei den Jugend-Weltmeisterschaften über 100 Meter Hürden (2013), Bronzemedaille bei der Junioren-WM mit der 4x100-Meter-Staffel (2014), U20-EM-Teilnehmerin (2015), wiederum Rang drei mit der Staffel bei der Junioren-WM (2016) und in jenem Jahr auch Start bei der Hallen-Weltmeisterschaft der Frauen in Portland. Die damals 19-Jährige drang dort bis ins Halbfinale vor, wurde letztlich 22.

Emotionale Höhepunkte waren vor allem ihre Starts beim ISTAF in Berlin. Bei ihrer Premiere war sie vor 12.600 Zuschauern die jüngste Teilnehmerin des Indoor-Meetings. Im 60-Meter-Sprint stürmte sie im Finale in neuer Rekordzeit von 7,25 Sekunden auf Rang vier, eine Hundertstel hinter Gina Lückenkemper. „Ich habe die Atmosphäre in Berlin immens genossen. Es war immer mein Wunsch, in der Mercedes-Benz-Arena beim ISTAF starten zu können und im beeindruckenden Finale zu stehen.“

2016, zwei Tage nach der Deutschen U20-Meisterschaft, folgte Chantal Butzek einer Einladung des rumänischen Bobfahrers Paul Neagu. Der Bob-Trainer wollte die Sprinterin als Anschieberin für sein Land gewinnen. „Ein Mal habe ich‘s auf einer Teststrecke ausprobiert, war ein zweites Mal dort für einen Leistungstest“, sagt sie. Letztlich übernahm aber der Verstand die Regie, und ihr war total klar: „Nein, mit diesem Sport werde ich nicht warm. Ich bin keine Bobfahrerin. Ich hatte im Kopf viel zu viel Respekt davor, mit Hochgeschwindigkeit durch den Eiskanal zu rasen.“ Anfang des Jahres kam sogar noch der Deutsche Bob-Verband mit dem identischen Anliegen auf sie zu; die Paderbornerin winkte dankend ab.

Trainingsbedingungen nirgendwo besser als im Ahorn-Sportpark

Nach ihrem Abi klopften amerikanische Universitäten an, wollten die schnelle Deutsche an ein College mit einem Vollstipendium locken; ebenfalls vergebens. Chantal Butzek schaute sich die internationalen Universitäten vor Ort an und führte Gespräche mit den Sprint-Coaches. Allerdings waren die Trainingsbedingungen nicht besser als im heimischen Ahorn-Sportpark.

Die Disziplin und Struktur, die sie im Leistungssport erworben hat, kommen Chantal Butzek im Studium zugute. Aktuell verlangt die Bachelorarbeit ihre volle Aufmerksamkeit. Spannendes Thema: „Homophobie und Sexualisierung im Sport“. „Damit kann ich mich richtig gut identifizieren, da wir noch in einer Gesellschaft mit stereotypen Denken und Idealen leben, und ich selbst mit diesen Denkweisen im Sport konfrontiert wurde “, sagt sie. Denn dem Sprinterideal habe sie physisch nie so recht entsprochen. „Ich hatte stets drei bis vier Kilo zuviel auf den Rippen, was auch offen kommuniziert wurde.“ Beim Beachvolleyball stehe sogar in den Regeln, dass die sexy Bikinihöschen am Bund nicht breiter sein dürfen als sieben Zentimeter. Oder sie erinnert an die Leichtathletik-WM 2019 in Doha, als Kameras in den Startblöcken den Schritt der Athletinnen filmten. „Da wird die Privatsphäre ausgehebelt. Irgendwann reicht es.“

Seit einem Jahr als Übungsleiterin in der Sporttherapie tätig

Seit einem Jahr ist sie als Übungsleiterin in der Sporttherapie und bei den Ahorn-Panthern tätig, gibt Reha-Schwimmen, ist Betreuerin im Offenen Ganztag an der Bonifatius-Grundschule, und bei Pader-Bäder leitet sie Kinderschwimmen an (wenn die Bäder wieder offen sind). „Das ist alles komplett neu. Das eine ist nun abgeschlossen, das Nächste baut sich auf“, philosophiert Chantal Butzek fröhlich. „Es hat für mich einen viel höheren Stellenwert, Gutes zu tun für andere. Und die Wertschätzung , die ich erhalte, zeigt mir, dass ich wohl vieles richtig mache.“

Chantal Butzek, eher Powerfrau, strahlt ab und zu gerne ihre emotionale Seite aus, besonders wenn es um ihre Familie geht. Ihre Eltern Ulla und Peter waren bei vielen Höhepunkten und ebenso sportlichen Niederlagen dabei. „Meinen Eltern und meiner Schwester Jacqueline habe ich viel zu verdanken. Besonders in den stressigsten Phasen, wo Wettkampf- und Prüfungsphasen parallel liefen oder die persönlichen Belastungen zu hoch waren, ist und bleibt meine Familie stets mein Ruhepol und meine Unterstützung.“

Dem Sport bleibt sie natürlich erhalten. „Die Leichtathletik ist mir mega-wichtig. Es ist einfach die schönste Sportart“, freut sich Chantal Butzek auf den Sommer 2021. An der Universität darf sie dann als Lehrbeauftragte Leichtathletik-Seminare leiten. Und auch auf der Laufbahn wird man sie sicher nochmal sehen. „Wenn ich die Bachelorarbeit abgegeben habe. Dann aber nur aus Spaß!“

[Hinweis der Redaktion: Der von Jörg Manthey verfasste Beitrag ist im Westfalen-Blatt erschienen, als Chantal Butzek noch 23 Jahre alt war. Der FLVW hat in der vorliegenden Version die Altersangabe angepasst.]

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