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„Früher ein dummer Spruch – heute Beleidigungen unterster Schublade“

„Früher ein dummer Spruch – heute Beleidigungen unterster Schublade“

Dirk Solzbach (FLVW-Kreis Lippstadt) und Markus Schanz (FLVW-Kreis Dortmund) sind seit Frühjahr dieses Jahres auf den Kreistagen zu den Vorsitzenden ihrer jeweiligen Schiedsrichter-Ausschüsse gewählt worden. Im Kurz-Interview am Rande des gemeinsamen Treffens schildern die beiden Obleute ihre aktuellen Eindrücke.

Bestimmendes Thema am ersten Abend der Sitzung war das Gewaltproblem im Amateurfußball und speziell gegen Schiedsrichter. Wie ist die Stimmung an der Schiri-Basis in Ihren Kreisen?

Markus Schanz: Durch die vermehrte Berichterstattung ist das Thema Gewalt auch bei uns im Kreis Dortmund ein sensibles. Wir haben bei uns in Dortmund auch ein, zwei Fälle gehabt, bei denen es Gewaltvorfälle gegen Schiedsrichter gab. In dem Kontext haben wir aber auch unglaubliche viele Geschichten in Sachen verbaler Gewalt zu verzeichnen. Ich habe mir mal die Statistiken unseres Sportgerichts angeschaut: Circa ein Drittel der Verhandlungen dreht sich um Fälle, bei denen es um Bedrohung, Beleidigungen und Unsportlichkeiten gegenüber den Schiedsrichtern geht. Das macht auch noch mal einen großen Teil aus. Und da gibt’s wahrscheinlich noch eine hohe Dunkelziffer.

Dirk Solzbach: Bei uns wird das Thema auf jeden Fall differenziert betrachtet. Gerade die Älteren, die schon viele, viele Jahre im Geschäft sind, sehen das Gewaltthema als nicht so brisant an, weil wir in Lippstadt auch keine wirklichen Probleme haben. Die Jüngeren beschäftigen sich hingegen extrem damit. Die sehen aber auch immer die schlechten Beispiele aus der Bundesliga. Also wenn Trainer und Spieler die Schiedsrichter angehen und am Ende tatsächlich keine gravierenden Strafen bei heraus kommen. Also es ist wirklich differenziert zu sehen. Wir sind glücklich gesegnet im Kreis – toi, toi, toi – derzeit ist nicht Wildes. Wir führen aber auch viele Dialoge mit den Vereinen und kommen gut miteinander klar.

Wie schätzen Sie die Entwicklung in Ihren Kreisen ein? Hat es solche Vorfälle immer schon gegeben oder ist die Anzahl der Gewalttaten tatsächlich gestiegen?

Schanz: Belegbare Zahlen dazu habe ich leider nicht. Gefühlt von der Quantität wird es wohl keine großen Veränderungen geben. Aber die Hemmschwelle ist durchaus ein Stück weit gesunken. Der „Hurensohn“ geht heute leichter von den Lippen als noch vor zehn Jahren. Im Juniorenbereich sind die Eltern ein großes Thema. Man wird nicht mehr in einem Fußballverein angemeldet, um ein Teamgefühl zu entwickeln oder um vielleicht auch mal verlieren zu lernen, sondern weil das eigene Kind das Beste ist und immer gewinnen muss. Und die Eltern eines 15-jährigen Spielers haben auch keine Hemmschwelle den 16-jährigen Schiedsrichter anzubrüllen.

Solzbach: Ich denke auch, die Quantität hat sich nicht groß geändert. Also die Anzahl der Beleidigung ist wohl gleich geblieben. Aber die Qualität ist deutlich heftiger geworden. Wenn ich früher einen dummen Spruch bekommen habe, wird heute unterste Schublade beleidigt. Oder wenn ein Spieler mich früher angeschrien hat, ballt er heute sofort die Faust. Die Entwicklung – ich weiß nicht, wann die eingetreten ist und kann es nicht wirklich nachvollziehen – hat meiner Meinung nach eher schleichend eingesetzt.

Was wären Ihre Wünsche für die Schiedsrichter in Ihrem Kreis?

Schanz: Zunächst wünsche ich mir, dass sich weiterhin alte und junge Leute für das Schiedsrichter-Hobby begeistern. Also auch, wenn – wie aktuell – immer ein großes Thema daraus gemacht wird. Die Leute sollen sich nicht abschrecken lassen. Wir sollten nicht hysterisch werden, sondern bei dem ganzen Thema ruhig und besonnen bleiben. Und ich wünsche mir, dass vor allem Spieler, Trainer, Zuschauer und Eltern Schiedsrichtern gegenüber besonnen auftreten und sich darüber klar werden, in welchen Ligen wir Fußball spielen. Also selbst ruhig bleiben und verstehen, dass auch ein Schiedsrichter Fehler macht. Und wir auch auf die Art und Weise Schiedsrichter-Nachwuchs bekommen.

Solzbach: Der größte Wunsch – nicht nur für die Schiedsrichter, sondern für den Fußball allgemein – wäre das Bewusstsein: Denk‘ dran: Das ist ein Fußballplatz, kein Kriegsschauplatz. Ihr geht dahin zum Kicken und es geht immer noch „nur“ um Fußball. Ja, man kann aufsteigen. Ja, man kann absteigen. Aber davon verhungert keiner und davon stirbt keiner. Schaut euch in der Welt um – es ist „nur“ Sport.

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