Klub-WM und WM 2026: Bei dieser Gefahr ist selbst die Fifa machtlos
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Die Klub-WM offenbart als Generalprobe für die WM 2026 einige Probleme. Doch beim größten ist selbst die Fifa machtlos. Aus Atlanta berichtet Julian Buhl Am Dienstagabend wurde es vor dem Mercedes-Benz-Stadium in Atlanta plötzlich hektisch. Gut eine Stunde vor dem Anpfiff des Achtelfinals der Klub-WM, das Borussia Dortmund gegen den mexikanischen Vertreter Monterrey mit 2:1 gewann, setzte nämlich Starkregen ein. Am Himmel über der Arena zogen dunkle Gewitterwolken auf und in der Ferne waren schon vereinzelte Blitze zu sehen und Donnergrollen zu hören. Die Menschen flüchteten vor dem drohenden Unwetter , sie strömten und rannten teilweise sogar auf das Stadion zu. Denn dort in der mit einem verschließbaren Dach und einer Klimaanlage ausgestatteten Hightech-Arena waren sie sicher vor dem Gewitter, das sich direkt darüber zusammenbraute. Dementsprechend gelassen konnte all das auch die Fifa als Veranstalter des Spiels und des gesamten Turniers hinnehmen. In der beruhigenden Gewissheit, dass die Partie ohne jede Beeinträchtigung in dem komplett von den äußeren Umständen geschützten Stadion stattfindet. Die Hitze ist nicht das größte Problem der WM Genau das war im bisherigen Verlauf der Klub-WM nicht immer der Fall. Im Gegenteil: Das neue XXL-Turnier, das der Fifa auch als Generalprobe für die Fußball-Weltmeisterschaft dient, die im kommenden Jahr in den USA, Kanada und Mexiko stattfindet, hat die in Nordamerika zu dieser Jahreszeit vorherrschenden Wetterextreme voll zu spüren bekommen. Temperaturen jenseits der 30-Grad-Marke und vereinzelt sogar über 40 Grad Celsius gehören an den Spielorten ebenso dazu wie das laute Stöhnen der Spieler darüber. Die größte Gefahr für die Turniere ist nicht die Temperatur, doch auch sie kommt von ganz oben. Konkret in Form teils heftiger Unwetter, die bereits mehrere Spielunterbrechungen und -verlegungen zur Folge hatten. Ausgerechnet das im "Sunshine State" Florida gelegene Orlando war besonders von ihnen betroffen. Die Partie zwischen Ulsan HD und Mamelodi Sundowns konnte dort wegen eines Gewitters erst über eine Stunde verspätet angepfiffen werden. Das Spiel in der Gruppe des FC Bayern zwischen Benfica Lissabon und Auckland City wurde wenige Tage später aufgrund der unwägbaren Wetterlage in der Region für zwei Stunden unterbrochen. Chelseas Achtelfinale sorgt für besonders viel Frust Für besonders viel Frust sorgte das Achtelfinale in Charlotte, das der FC Chelsea letztlich zwar gegen Benfica Lissabon mit 4:1 nach Verlängerung gewann – allerdings ebenfalls erst nach einer zwischenzeitlichen und fast zweistündigen Unterbrechung in der 86. Spielminute. Nach Wiederanpfiff musste Chelsea in der fünften Minute der Nachspielzeit noch den 1:1-Ausgleich hinnehmen – und damit in die Verlängerung. Dass es überhaupt zu einer Zwangspause kam, war für viele Beteiligte nicht nachvollziehbar. In der Nähe des Stadions in Charlotte hätten Blitzeinschläge gedroht, teilte die Fifa mit. Also mussten die Spieler den Platz und die Zuschauer die Ränge verlassen – obwohl die Gefahr direkt über dem Stadion letztlich eher abstrakt blieb. Wegen dieses Protokolles sind der Fifa die Hände gebunden Die Fifa hatte dabei aber gar keine andere Wahl und folgte nur dem in den gesamten USA bei derartigen Sportveranstaltungen verpflichtenden sogenannten "U.S. thunderstorm protocol". Dieses Gewitter-Protokoll gilt für sämtliche Live-Sportveranstaltungen in den gesamten Vereinigten Staaten. Es wird dementsprechend auch bei den großen US-Sportligen wie der NFL (Football), der MLB (Baseball) oder der MLS (Fußball) angewendet. Diese Regelung hat bei der Klub-WM bereits bei sieben Spielen zu einer vorübergehenden Unterbrechung geführt. Der Fifa sind dabei die Hände gebunden. Den Fußball-Weltverband trifft in diesem Fall keine Schuld, denn er muss die geltenden Regeln einhalten. Es handelt sich nämlich um eine staatliche Vorschrift in den USA, die über allen internationalen Institutionen – und damit eben auch über der Fifa – steht. Sie kann auch mit Blick auf die WM 2026 weder aufgehoben noch geändert werden. Konkret besagt das Protokoll gemäß der US-Vorschriften Folgendes: Wird ein Blitz innerhalb eines Radius von acht Meilen (ca. 13 km; Anm. d. Red.) registriert, muss das Spiel für mindestens 30 Minuten unterbrochen werden. Bei jedem weiteren Blitz wird die Uhr automatisch neu gestartet. Überschreitet die Unterbrechung eine zumutbare Dauer, kann das Spiel abgesagt werden. "Dann sind die USA nicht der richtige Ort für diesen Wettbewerb" Für Chelseas Trainer Enzo Maresca glich die Einhaltung des strengen Protokolls aber einer Farce. Deshalb schimpfte der Italiener nach dem Spiel seines Teams gegen Benfica am vergangenen Samstag, dass die USA "nicht der richtige Ort für diesen Wettbewerb" seien. "Wenn sie schon sechs, sieben, acht Spiele unterbrochen haben, dann funktioniert hier irgendetwas nicht." Für Wetterprobleme können die Organisatoren natürlich nichts, aber manche bemängeln ihren Umgang damit. So auch Maresca. "Bei einer Weltmeisterschaft, wie viele Spiele wurden unterbrochen? Wahrscheinlich null. Wie viele Spiele in Europa? Null", sagte er. Unwetter stellen die größte Gefahr für die WM dar Als Testlauf für die WM-Endrunde 2026, die zur selben Jahreszeit ebenfalls in Nordamerika stattfinden wird, offenbart die Klub-WM einige Problemfelder. Die größte Gefahr stellen aber wohl die drohenden Unwetter für die WM dar. Die Spielorte liegen teils Tausende Kilometer voneinander entfernt in verschiedenen Wetterzonen und sind unterschiedlichen Witterungsbedingungen ausgesetzt. Bei der WM 2026 werden es 16 über den gesamten Kontinent verteilte Stadien sein, elf davon in den USA. Davon sind lediglich vier Arenen mit einem komplett verschließbaren Dach versehen: das Mercedes-Benz-Stadium in Atlanta, das SoFi Stadium in Los Angeles , das NRG Stadium in Houston sowie das AT&T Stadium in Dallas. Unwetterbedingte Verzögerungen, Verlegungen und Spielabbrüche sind da so gut wie vorprogrammiert. Diese könnten die Fifa und den Ablauf des Turniers massiv beeinträchtigen. Denn der Zeitplan ist eng getaktet. An den ersten beiden Spieltagen werden jeweils vier Spiele, zum Abschluss der Gruppenphase sogar sechs pro Tag ausgetragen. Lange Unterbrechungen oder gar Verschiebungen kann sich die Fifa da eigentlich nicht leisten. Denn diese könnten unter anderem schnell zu Problemen mit den strikten Zeit- und Sendeplänen der übertragenden TV-Sender führen. Kovač: "Gegen das Wetter kann man nichts machen" Die vernichtende Kritik seines Trainerkollegen Maresca an den entsprechenden Umständen bei dem Turnier in den USA, kann Kovač aber nicht nachvollziehen. "Gegen das Wetter kann man nichts machen. Wir haben den Klimawandel . Das betrifft uns alle. Da müssen wir alle mit umgehen", sagte der 53-Jährige, als er von t-online darauf angesprochen wurde. Er könne den Frust über eine derart lange Unterbrechung zwar verstehen, gab aber auch zu bedenken: "Die Sicherheit geht schon auch vor. Es darf nicht passieren, dass jemand zu Schaden kommt." Ähnlich argumentierte auch die Fifa, als t-online zur Thematik der extremen Wetterbedingungen und den zahlreichen Unterbrechungen beim Weltverband nachhakte. Der Tenor, der dabei zu vernehmen war, lautete: Die Fifa kann nichts für das Wetter, das eben niemand beeinflussen könne. Und die Sicherheit stehe an oberster Stelle. Konkret teilte ein Sprecher t-online mit: "Die Fifa wird weiterhin in Zusammenarbeit mit den jeweiligen Stadionteams die Wetterbedingungen überwachen, um allen Beteiligten ein sicheres und angenehmes Erlebnis zu ermöglichen." Beim Viertelfinalkracher der Bayern am Samstag (12 Uhr Ortszeit, 18 Uhr MEZ) im geschlossenen Stadion in Atlanta gegen Champions-League-Sieger Paris Saint-Germain wird das nicht nötig sein. Aber schon unmittelbar danach könnte die Klub-WM wieder von der Unwetterproblematik eingeholt werden. Denn im MetLife Stadium in New York, wo die beiden Halbfinalspiele sowie das Finale ausgetragen werden, gibt es überhaupt keine Überdachung. Und somit keinerlei Schutz für Zuschauer oder Spieler vor den Witterungsbedingungen. Bereits das Gruppenspiel zwischen Palmeiras und Al Ahly musste deshalb zwischenzeitlich unterbrochen werden. Für den ersten Halbfinaltag am Dienstag sind bereits neue Hitzegewitter angekündigt. Die drohenden Unwetter werden also auch in der Finalwoche der Klub-WM wie ein Damoklesschwert über den Stadien schweben. Dasselbe gilt für die WM 2026. Auch im kommenden Jahr wird die Wetterproblematik die größte Herausforderung für die Fifa bleiben. Weil selbst die ihr machtlos ausgeliefert ist.