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Mannheim: Café Anker soll Alkohol- und Drogenabhängigen helfen

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		Mannheim:  Café Anker soll Alkohol- und Drogenabhängigen helfen

Von Olivia Kaiser

Mannheim. Von außen sieht der graue Container mit dem roten Dach etwas trostlos aus. Doch die bunten Bilder an der Wand und die Pflanzen geben dem Aufenthaltsraum eine gemütliche Atmosphäre. Holztische mit grünen und weißen Stühlen sowie eine kleine Bar sind darin untergebracht. Es gibt Toiletten und einen Büroraum. Der Bau in der Akademiestraße im Stadtteil Jungbusch ist Mannheims neuer Aufenthaltsraum für alkohol- und drogenabhängige Menschen. Café Anker heißt der Treffpunkt. Der Name wurde wegen seiner Symbolkraft gewählt, wie Regina Hertlein, Vorstandsvorsitzende des Caritasverbands Mannheim, bei der offiziellen Eröffnung am Dienstag erklärte: "Der Anker ist das Symbol der Hoffnung. Das Café soll für seine Besucher ein sicherer Hafen sein."

Caritasverband und Drogenverein betreiben den von der Stadt gestellten alkoholakzeptierenden Treff, der eine Versorgungslücke zwischen Caritas-Tagesstätte für Wohnungslose, dem Kontaktladen des Drogenvereins und den Streetworker-Angeboten der beiden Träger schließt. Denn in den genannten Einrichtungen müssen die Besucher "trocken" erscheinen. Genau das sei aber ein Problem, betonte Günter Urbancyk, der Vorsitzende des Drogenvereins. Denn für Menschen, die regelmäßig Alkohol konsumieren, um keine Entzugserscheinungen zu bekommen, ist die Abstinenzregel ein Knackpunkt. Deshalb bleiben sie Hilfsangeboten meist fern und fallen durch alle Raster.

Im Café Anker dürfen sie Bier und Wein konsumieren. Harte Alkoholika sowie jede Form von Drogen wie Haschisch oder Heroin sind aber tabu. Alkohol wird nicht ausgeschenkt – wer trinken möchte, muss sich selbst versorgen. Die Sozialarbeiter von Caritas und Drogenverein vermitteln außerdem vielfältige Hilfsmöglichkeiten. Die können medizinischer Natur sein, "wenn beispielsweise ein Besucher mit einem Spritzenabszess oder einer anderen Verletzung zu uns kommt", erklärt Bernd Bug vom Drogenverein, der das Café mit Manuela Morsch vom Caritasverband leitet. Auch bei juristischen Problemen vermitteln sie die passenden Ansprechpartner.

Zur Eröffnung war allerdings kein Café-Gast gekommen, die hohe Zahl an Kommunalpolitikern und Pressevertretern wirkt eher als Stressfaktor. Doch in den vergangenen zwei Wochen hatte das Café Anker bereits geöffnet und bereits einige Gäste. "Wir haben sogar schon einen festen Stamm", erklärt Bug, der seit 30 Jahren mit Drogensüchtigen arbeitet.

Der Standort in der Akademiestraße hatte im Vorfeld für Kritik gesorgt, da die Straße stark befahren ist. Viele Lastwagen sind unterwegs, da der Hafen in der Nähe ist. Zudem ist der Fahrzeuglärm von der Kurt-Schumacher-Brücke deutlich zu hören. "Das ist allerdings ein Faktor, der für unsere Gäste kaum eine Rolle spielt", gab der Sozialarbeiter zu bedenken. Für sie seien andere Dinge wichtig, zum Beispiel die Erreichbarkeit und der Außenbereich. Auch der sieht noch etwas trostlos aus, doch das soll sich ändern: "Wir wollen ihn mit den Besuchern gestalten, zum Beispiel ein Beet anlegen", berichtete Bernd Bug. Auch verschiedene Beschäftigungsangebote und ein Kunstprojekt sollen realisiert werden. "Es ist von allen schlechten Plätzen noch der beste", konstatierte er.

Lange hatte die Stadtverwaltung nach einem passenden Ort gesucht, wie Gesundheitsbürgermeister Dirk Grunert (Grüne) betonte. Bereits seit 2013 habe man sich angesichts der wachsenden Sichtbarkeit der Trinker- und Drogenszene im öffentlichen Raum darum bemüht. Einerseits ging es darum, Menschen mit Sucht- und psychosozialen Problemen zu helfen, andererseits um die Beschwerden der Bürger. Betrunkene auf dem Paradeplatz, die mitunter in den Beeten ihre Notdurft verrichteten und Lärm machten, sorgten bei Gewerbetreibenden und Passanten für Ärger. Hinzu kamen Ruhestörung und Müll auf Spielplätzen.

Doch die Suche nach einem geeigneten Standort gestaltete sich überaus schwierig, denn ein zentraler Ort mit Freigelände ist Mangelware in einer Großstadt. Und nicht jeder Vermieter gibt sein Eigentum gern für einen alkoholakzeptierenden Aufenthaltsraum her, geschweige denn von der Akzeptanz in der Nachbarschaft. "Wir haben 20 mögliche Standorte untersucht", bilanzierte Grunert. Am Ende sei man zu dem Schluss gekommen, dass die Akademiestraße der einzige Ort sei, an dem sich das Projekt realisieren lasse. Im Juni 2018 gab es im Gemeinderat jedoch dafür keine Mehrheit. Das änderte sich im April 2019 – auch aus Mangel an einer Alternative. Der Gemeinderat stimmte einem Kompromissvorschlag zu: Der alkoholakzeptierende Treffpunkt sollte zunächst in Containerbauweise im Jungbusch realisiert werden. Zudem gibt es eine zweijährige Probephase, um die Akzeptanz in der Szene zu bewerten. Für Günter Urbancyk geht es aber nicht darum, mit dem Café Anker das Stadtbild von "Störern" zu befreien, wie er klar stellte: "Die Menschen stehen für uns im Vordergrund. Wir wollen sie in ihrer Abhängigkeit unterstützen und ihnen helfen, ihr Leben zu verbessern. Für manche könnte das Café Anker der Einstieg in den Ausstieg sein."

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