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Versuchter Mord in Angelbachtal: Versuchter Mord an Ehemann - Frauen fechten Urteil an (Update)

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		Versuchter Mord in Angelbachtal:  Versuchter Mord an Ehemann - Frauen fechten Urteil an (Update)

Heidelberg. (dpa/lsw) Zwei Frauen, die wegen versuchten Mordes am Ehemann der einen zu langen Haftstrafen verurteilt wurden, fechten die Entscheidung des Landgerichts Heidelberg an. Eine 36-Jährige und ihre 58-jährige Komplizin, die das Gericht eines Mordkomplotts aus Habgier gegen den Ehemann der Jüngeren für schuldig befunden hatte, legten Revision zum Bundesgerichtshof ein. Das teilte das Landgericht auf Anfrage mit. Der Fall wird bei einer Zulassung nicht mehr neu aufgerollt. Das Urteil wird lediglich dahingehend überprüft, ob das Recht richtig angewendet wurde.

Dem Urteil zufolge hatte die Ehefrau den von ihr getrennt lebenden Mann im Mai 2020 mit einem mit Medikamenten versetzten Likör sediert, damit ihre Freundin ihm später im Schlaf die Pulsadern durchschneiden und der Fall wie ein Suizid aussehen konnte. Die 36-Jährige wurde zu elf Jahren und drei Monaten verurteilt. Sie hatte vor Gericht bestritten, mit dem Verbrechen etwas zu tun zu haben, und die Komplizin schwer belastet. Ihr Verteidiger plädierte auf Freispruch. Die 58-Jährige, die dem Mann mit einem Kochfeldschaber einen langen Schnitt am Unterarm beibrachte und - als dieser vor Schmerz aufwachte - floh, erhielt eine Freiheitsstrafe von neun Jahren und sechs Monaten. Die Verteidigerin hatte eine milde Strafe gefordert.

Das Tatmotiv war laut Urteil, an das Erbe des vermögenden Handwerkers aus Angelbachtal (Rhein-Neckar-Kreis) heranzukommen. Auslöser war, dass er gerade eine neue Partnerin in seine Familie einführte. Er konnte durch eine Notoperation gerettet werden.

Der Fall hatte für viel Aufsehen gesorgt, geraten doch Frauen eher als Opfer - nicht als Täterinnen - in die Schlagzeilen. Die Zahl der verdächtigen Frauen bei den Delikten Mord und Totschlag pendelt nach Angaben des Landesinnenministeriums in Baden-Württemberg seit Jahren um die 40 - 2020 waren es 45, im Jahr davor 37. Die Zahl der verdächtigen Männer liegt weit höher mit 334 im vergangenen und 372 im Jahr davor. Auch die Opferzahlen sind bei den Männer größer: 2020 wurden 276 (2019: 272) Männer getötet. 2020 wurden 115 Frauen umgebracht, im Jahr davor 99.

Update: Donnerstag, 6. Mai 2021, 08.25 Uhr


Von Friedemann Orths

Das fast perfekte Verbrechen - Haftstrafen für beide Angeklagte

Angelbachtal/Heidelberg. Schuldig — so lautet das Urteil des Heidelberger Landgerichts im Prozess wegen versuchten Mordes im Mai 2020 in Angelbachtal. Die 36-jährige Ex-Partnerin des Opfers wurde am Mittwoch zu einer Freiheitsstrafe von elf Jahren und drei Monaten verurteilt, ihre 57-jährige Komplizin zu neun Jahren und sechs Monaten. Beiden Frauen nahmen das Urteil regungslos entgegen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Innerhalb einer Woche kann Revision beantragt werden.

Das Schwurgericht sah es als erwiesen an, dass die beiden Frauen den Ex-Partner der Jüngeren gemeinschaftlich ermorden wollten. Es folgte dabei zum größten Teil den Forderungen der Staatsanwältin und bestätigte auch den in deren Plädoyer vorgetragenen Tathergang. Demnach hatte die Ex-Partnerin am Muttertag ihrem Mann einen mit Benzodiazepinen präparierten Likör vorbeigebracht, um ihn schläfrig zu machen. Dann holte sie ihre Angestellte und fuhr sie zum Tatort. Dort schnitt die 57-Jährige dem schlafenden Mann die Pulsader am linken Arm auf. Der Mann wachte auf und konnte sich zu den Nachbarn schleppen, was ihm das Leben rettete.

"Geplant war das perfekte Verbrechen", begann der Vorsitzende Richter die Urteilsbegründung. Die Tat sei ein "Mordanschlag" gewesen, der wie ein Suizid aussehen sollte. Mehrfach fiel das Wort "Mordkomplott". Die Kammer sei "weitgehend der Einschätzung der Staatsanwaltschaft gefolgt", erklärte der Richter. Allerdings habe man eine sogenannte Versuchsminderung gewährt, was die Strafen niedriger ausfallen ließ, als die Staatsanwaltschaft gefordert hatte – lebenslängliche Freiheitsstrafen, also mindestens 15 Jahre. Eine Versuchsminderung bedeutet, dass die Angeklagten eine geringere Strafe bekommen haben, weil es eben "nur" beim Versuch blieb, das Opfer zu ermorden.

Die Strafe für die 36-jährige Ex-Partnerin fiel höher aus, als die ihrer Angestellten, obwohl diese den damaligen Ehemann mit einer scharfen Klinge, womöglich einem Ceranfeldschaber, verletzt hatte. Das liege laut Gericht daran, dass bei der Ex-Partnerin zwei Mordmerkmale gegeben seien: Heimtücke und Habgier. Bei der 57-Jährigen sah das Gericht nur das Merkmal der Heimtücke gegeben. Zudem habe sie ein Teilgeständnis abgelegt und Reue gezeigt.

Der Richter sagte, dass die beiden Frauen schon länger geplant hatten, den Mann zu töten, sodass seine Ex-Partnerin finanziell "besser dastehe". Dass sie ihre Angestellte zu der Tat gedrängt oder gar gezwungen habe, wie es die 57-Jährige zuvor behauptet hatte, glaubten die Richter aber nicht. Die Tat sei gemeinschaftlich begangen worden.

Welche der beiden Frauen am Ende die Benzodiazepine in den Likör und ein Kartoffelgratin gemischt hatten, ließ sich nicht feststellen. Die Ex-Partnerin habe extra den spanischen Anis-Likör ausgewählt, weil sie gewusst habe, dass der Mann dem "nicht widerstehen" könne. Dass sie selbst nichts davon trank und sich deshalb sogar ein eigenes Radler mitgebracht hatte, sei ein weiterer Hinweis, dass die 36-Jährige wusste, dass in dem Likör Beruhigungsmittel waren. Ihr Pech war laut Gericht, dass sie das Gratin und die Schnapsgläser in der Küche vergaß, wo diese schließlich von der Polizei gefunden wurden.

Das Gericht ging weiter davon aus, dass die 36-Jährige ihre Angestellte zum Haus ihres Mannes gefahren und sie nach der Tat auch wieder zurückgebracht hat. Am Lenkrad ihres Autos wurden nur ihre DNA-Spuren gefunden. Die Idee für das Mordkomplott habe die Ex-Partnerin gehabt, man habe dann gemeinsam beschlossen, zur Tat zu schreiten.

Das Interesse am Urteil war groß: Nicht alle Zuschauer durften in den Saal, es wurden noch zusätzliche Stühle aufgestellt. Eine Zuschauerin musste ihren Platz für eine Pressevertreterin räumen.

Update: Mittwoch, 28. April 2021, 18.30 Uhr


Urteilsverkündung des "perfekten Verbrechens" auf Mittwoch verschoben

Die Staatsanwaltschaft hatte für die beiden Angeklagten eine Gefängnisstraße von 15 Jahren gefordert. Der Anwalt der Ex-Partnerin wollte einen Freispruch.

Von Friedemann Orths

Angelbachtal/Heidelberg. Entscheidung vertagt. Eigentlich hätte das Urteil im Prozess wegen versuchten gemeinschaftlichen Mordes am Freitag fallen sollen, doch dann beschloss der Richter des Heidelberger Landgerichts, dass das Urteil erst am Mittwoch, 28. April, verkündet wird. Für die Beratung, Verkündung und Begründung des Urteils sei keine Zeit mehr gewesen, erklärte der Richter. Zuvor hatten die Staatsanwaltschaft und die Verteidigerin der 57- und der Verteidiger der 36-jährigen angeklagten Frauen lange Plädoyers vorgetragen, und auch die angeklagte Ex-Partnerin des Opfers meldete sich zu Wort.

Den beiden Frauen wird vorgeworfen, den damaligen Ehemann der 36-Jährigen zunächst mit einem mit Beruhigungsmitteln präparierten Likör betäubt zu haben, sodass die 57-Jährige ihm dann die Pulsader aufschneiden konnte, um die Tat wie einen Selbstmord aussehen zu lassen.

"Geplant war das perfekte Verbrechen, das um ein Haar gelungen wäre", eröffnete die Staatsanwältin ihr fast eineinhalb Stunden dauerndes Plädoyer. Darin sprach sie von einer "teuflischen Tat", die auch dem Drehbuch eines Kriminalfilms entsprungen sein könne. Die 36-jährige Ex-Partnerin F. stellte sie als "tief verletzt" wegen der unglücklichen Ehe und der schlechten Beziehung zu den Söhnen aus der vorangegangenen Ehe ihres Ex-Partners dar. Sie habe ihren damaligen Mann dazu gezwungen, seinen Sohn vor die Tür zu setzen. Ihr Motiv sei ein "finanzieller Engpass" gewesen; sie habe Angst gehabt, alles zu verlieren, als der Ex-Partner am Tattag seiner Mutter die neue Freundin vorstellte. F. sei "grob egoistisch" und habe eine "erstaunliche Kaltblütigkeit" an den Tag gelegt, als sie ihrem neuen Freund "Liebesnachrichten" gesendet habe, während sie ihrem Mann den Likör gab. In den Wochen nach der Tat habe sie "einfach weitergemacht" und sich "eiskalt" verhalten.

Als "blutige Vollstreckerin" bezeichnete die Staatsanwältin die bei F. angestellte 57-jährige H. Sie sei "die Intrigante" gewesen, die das Ehepaar nach der Tat "gegeneinander ausgespielt" und "dreist" das Vertrauen des Opfers gesucht habe. Zudem habe sie "raffiniert" den fingierten Überfall auf F. geplant, um von der Tat abzulenken und ihrer Chefin zu ermöglichen, das alleinige Sorgerecht für die Tochter zu bekommen. Bei beiden Frauen seien die Mordmerkmale der Heimtücke und Habgier erfüllt. Die Staatsanwaltschaft forderte eine 15-jährige Freiheitsstrafe für beide.

Der Anwalt von F. forderte den Freispruch seiner Mandantin. Es gebe "keine andere Überlegung". Im Plädoyer der Staatsanwaltschaft habe man "sehr viel Bewertung und Spekulation" gehört. "Tatsachen gibt es ganz wenige hierzu." F. habe ihrem Mann nicht nach dem Leben getrachtet. "Eine Tatbeteiligung kann nicht nachgewiesen werden." Sie sei "nicht zwingend" auf das Erbe ihres Ex-Partners angewiesen, sie habe keine "Existenzängste". Zudem sei F. freiwillig ausgezogen. Seine Mandantin sei willensstark und ehrgeizig: "Wie groß kann denn die Kränkung gewesen sein?" fragte der Anwalt. Es sei zudem "rein spekulativ", dass F. am Tatort war, um H. dorthin zu fahren. Er gehe von der alleinigen Täterschaft von H. aus und forderte zudem, seiner Mandantin eine Haftentschädigung zuzusprechen.

H.s Anwältin war verärgert über die Staatsanwaltschaft, vor allem über das Wort "teuflisch": "Wir sind hier nicht auf der Boulevardbühne", sagte sie in Richtung Anklagebank. Man solle ihre Mandantin "genau betrachten" und nicht "für die Presse argumentieren". Man müsse "mit kühlem Kopf" das Ergebnis der Ermittlungen ansehen und sich fragen, ob man es hier mit zwei Mörderinnen oder mit "unglücklichen Entscheidungen" von zwei "geschädigten Menschen" zu tun habe. Die Hauptverhandlung habe die Einlassung ihrer Mandantin vom ersten Verhandlungstag bestätigt. An diesem hatte die Frau die Tat zum Teil gestanden. Sie habe das Opfer aber nicht töten wollen und sei von F. gedrängt worden. H. habe Angst vor F.; diese säße "kalt und regungslos" vor Gericht und lüge, "um die eigene Haut zu retten". Zudem hätte H. die Tat ohne ihr Geständnis gar nicht nachgewiesen werden können. "Stellen Sie sich vor, sie hätte gelogen." Den Antrag der Staatsanwaltschaft fand sie "ungeheuerlich" und forderte, die Strafe "milde zu verhängen".

Das letzte Wort hatten die Angeklagten. F. bestritt jegliche Tatbeteiligung. Sie habe viel erlebt: "Das hier übertrifft alles." H. habe "alles in Besitz" genommen und "alles zum Schein getan". "Nie hätte ich meinem Ex etwas angetan", sagte sie unter Tränen. "Ich kann nicht verstehen, wie jemand so etwas tun kann." H. entschuldigte sich nochmals bei dem im Saal anwesenden Opfer: Alles was passiert ist, tut mir herzlich leid", sagte sie leise. "Ich kann nichts rückgängig machen."

Update: Freitag, 23. April 2021, 17.28 Uhr


Psychiater stand vor "einigen Herausforderungen"

Angeklagte hat Borderline-Störung – Beide Frauen sollen schuldfähig sein – Plädoyers und Urteil an diesem Freitag

Angelbachtal/Heidelberg. (fro) Am Tag vor der Urteilsverkündung gab der psychiatrische Gutachter vor dem Heidelberger Landgericht seine Einschätzungen zu den beiden wegen versuchten Mordes angeklagten Frauen.

Den 57- und 36-Jährigen wird vorgeworfen, den Ehemann der Jüngeren am Muttertag vergangenen Jahres zunächst mit einem mit Beruhigungsmitteln präparierten Likör betäubt zu haben. Als dem Angelbachtaler dann übel wurde, brachte die Ex-Partnerin F. ihn ins Bett. Sie soll ihm laut Staatsanwaltschaft den Likör und ein ebenfalls mit Benzodiazepinen präpariertes Kartoffelgratin mitgebracht haben. Dann soll sie ihre Angestellte H. abgeholt und zum Haus in Angelbachtal gebracht haben, in dem die 57-Jährige dem Mann schließlich die Pulsadern aufgeschnitten haben soll, um die Tat wie einen Selbstmord aussehen zu lassen. Der Mann überlebte nur, weil er vom Schnitt aufwachte und sich noch zu seinen Nachbarn schleppen konnte. Am ersten Verhandlungstag hatte die 59-Jährige gestanden, den Mann geschnitten zu haben – allerdings habe sie ihn nicht töten wollen und sei von ihrer Chefin dazu gedrängt worden.

Der Neurologe, Psychiater und Psychotherapeut stellte zuerst sein Gutachten über die Angeklagte H. vor. Dabei habe er vor "einigen Herausforderungen" gestanden, denn verschiedene psychiatrische Anstalten, Krankenhäuser und Ärzte haben laut dem Gutachter seit den 1990er-Jahren einen "Reigen an Diagnosen" festgestellt, der "fast schon nicht mehr übersehbar" für den Arzt war. Zudem habe die Frau über die Jahre widersprüchliche Aussagen gemacht oder habe beispielsweise "ganz klar manische Phasen", die in den Unterlagen aber nie aufgetaucht seien. Am Ende hatte der Arzt der 57-Jährigen eine Borderline-Störung in "massivem Ausmaß" attestiert, die sich auch heute noch in abgeschwächter Form zeige. Borderline-Patienten leiden unter Gefühlsschwankungen und einer starken inneren Anspannung, weshalb sie sich – wie die Angeklagte – oft selbst verletzen. Die Frau sei zeitweise in der Psychiatrie "beheimatet" gewesen. "Bedrücktheit gehörte zu ihrem Leben dazu", fasste der Psychiater zusammen. Die Frau sei "den Anforderungen des Lebens nur sehr wenig gewachsen".

Die 57-Jährige sei zum Tatzeitpunkt allerdings schuldfähig gewesen, da es "keine Beeinträchtigung der Einsichtsfähigkeit" oder der "Steuerungsfähigkeit" gegeben hatte – die Frau wusste also, was sie tat und konnte das auch steuern. Laut dem Gutachter müsse die Frau auch nicht in einem psychiatrischen Krankenhaus untergebracht werden.

Zur Persönlichkeit der Ex-Partnerin des Opfers sagte der Psychiater: "auffallende Unauffälligkeit". Es gebe keine Hinweise auf eine psychische Störung, F. habe "ein gutes Maß" an sozialen Fähigkeiten. "Sie lässt sich nicht unterkriegen", sagte er im Hinblick darauf, dass sie zunächst eine andere Ausbildung gemacht habe um sich schließlich selbstständig zu machen. Sie sei "eine Frau, die bereit ist, die eigenen Interessen" zu verfolgen. Wegen ihrer Erkrankung an Multipler Sklerose und der für sie unglücklichen Ehe habe sie jedoch zeitweise eine "emotionale Beeinträchtigung" erfahren und eine "leichte depressive Störung" gehabt. Zum Tatzeitpunkt sei das aber nicht mehr so gewesen. Sie sei ebenfalls schuldfähig.

Der Anwalt der Ex-Partnerin stellte zudem drei Anträge, die das Gericht aber alle ablehnte. Dass die 57-Jährige H. multiple Persönlichkeiten habe, habe der Gutachter bereits widerlegt. Deshalb benötige man kein weiteres Gutachten, das belege, dass H. die Ex-Partnerin zu Unrecht der Mittäterschaft bezichtigt habe – das könne das Gericht zudem selbst einschätzen. Auch eine Wertermittlung des Immobilienbesitzes des Opfers lehnte das Gericht ab; ebenso die "Inaugenscheinnahme" der gesamten Videoaufzeichnungen der Überwachungskamera der Nachbarn. Die sei "zur Wahrheitsfindung nicht erforderlich", da die Ermittlerin bereits ausgesagt habe, dass sie dort keine Lichtreflexion aufgrund des Bewegungsmelders gesehen habe. Laut Anwalt hätte das beweisen sollen, dass H. mit einem Schlüssel, den sie von F. genommen habe, durch die Garage ins Haus gegangen sei – und nicht durch die von F. angeblich offengelassene Terrassentüre.

Update: Donnerstag, 22. April 2021, 19.20 Uhr


Richter verlasen Abhör-Protokolle der Angeklagten

Angelbachtal/Heidelberg. (fro) Weitere Zeugenaussagen sowie beinahe filmreifes Verlesen einiger Abhör-Protokolle der Richter gab es am sechsten Verhandlungstag im Heidelberger Landgericht. Dort wird, wie mehrfach berichtet, wegen gemeinschaftlichen versuchten Mordes verhandelt.

Wie bei der vergangenen Verhandlung von der Hauptermittlerin ausgesagt, hatte die Polizei das Fahrzeug der Angeklagten Ehefrau F. verwanzt. Der vorsitzende Richter verlas nun mit seiner Kollegin ein Protokoll von einem abgehörten Telefongespräch zwischen der Angeklagten H. und dem Geschädigten, das nach dem wohl fingierten Überfall auf seine Ex-Partnerin im Juni 2020 stattfand. Sowohl Richterin als auch Richter sprachen dabei im passenden Dialekt.

Bei dem Telefonat berichtete H., dass der Ex-Partnerin des Geschädigten der "Hals halb aufgeschlitzt" worden sei. Der Mann vermutete "Kerle aus Frankfurt", mit denen "nicht zu spaßen ist". Bei seiner Aussage vor Gericht hatte er zuvor erzählt, dass er zunächst vermutet hatte, dass seine Frau sich mit Personen aus Frankfurt eingelassen hat, da sie dort einen neuen Freund hatte. Er dachte zunächst, dass ihn eine fremde Person verletzt hatte. Aber auch damals hatte er seine Ex-Partnerin im Verdacht, da er wegen des mitgebrachten Likörs so müde geworden war: "Sie muss bei meiner Aktion dabei gewesen sein", las der Richter, der den Part des Ehemannes übernahm, vor. Seine Frau "hängt da mit drin". Damals dachte der Mann noch, dass seine Ex-Partnerin das so alles nicht gewollt hat. Deutlich wurde auch, dass er überhaupt nicht ahnte, dass es offenbar die Angestellte seiner Ex-Partnerin war, die ihn beinahe tödlich verletzt hatte.

Auch einige Gespräche, die im Juni 2020 zwischen den Angeklagten F. und ihrer Angestellten H. in F.s Auto stattgefunden hatten, wurden vorgelesen. Dabei fielen Sätze, die die Ermittlerin am Tag zuvor als "höchst konspiratives Verhalten" der beiden Frauen bezeichnet hatte: "Wie sollst du denn sowas gemacht haben?" fragte beispielsweise die Ehefrau, die auch sagte, ihr Mann wolle sie "erledigen"; H. sprach von einem "Monster von Ehemann". Aber auch Zwist zwischen den Angeklagten gab es Ende Juni: F. wisse nicht ob sie H. vertrauen könne. Diese antwortete: "Ich halte immer zu dir" – "werden wir ja sehen", sagte die Ehefrau, die sich außerdem als "ehrlichen Menschen" bezeichnete. "Es wird sich alles herausstellen", sagte sie und unterbrach H. auch mal und sagte, sie solle still sein – wohl aus Angst, abgehört zu werden.

Ein Freund der Angestellten, der auf Antrag ihrer Anwältin vorgeladen wurde, wurde ebenfalls befragt. Zuvor war ein Brief von H. an ihn aus der Untersuchungshaft vorgelesen worden. Es sei "alles doof gelaufen", schrieb ihm die Beschuldigte darin. In einem zweiten Brief, den der Zeuge vorlas, teilte ihm H. mit, dass sie "über diese Sache" nicht schreiben könne. Die beiden hatten sich beim Biertrinken in Sandhausen kennengelernt. Der Zeuge habe die Frau abends nach Feierabend oft besucht, dann habe man gemütlich zwei Bier getrunken und Fernsehen geschaut. Manchmal habe er auch bei H. übernachtet. Einmal habe er ihr eine Rasierklinge abgenommen, mit der sich die Frau auf dem Balkon verletzte – der im Antrag der Anwältin erwähnte Suizidversuch ihrer Mandantin. Sie habe ihm damals gesagt, sie habe "keine Angst vor dem Tod".

Die gesetzliche Betreuerin von H., die ihr Konto verwaltet, nannte noch ein Detail: Demnach habe H. zwischen 130.000 und 150.000 Euro Schulden gehabt – und nicht "nur" 30.000 Euro, wie es zu Beginn hieß.

Update: Sonntag, 18. April 2021, 18.57 Uhr


Hauptermittlerin beschreibt Verhalten als "sehr konspirativ"

Angelbachtal/Heidelberg. (fro) Mit Anträgen der Anwältin der Tatverdächtigen, die dem Ehemann ihrer Chefin und Mitangeklagten die Pulsadern aufgeschnitten haben soll, begann der fünfte Verhandlungstag. Am Heidelberger Landgericht wird wegen versuchten gemeinschaftlichen Mordes an einem Angelbachtaler am Muttertag vergangenen Jahres verhandelt.

Ihre Mandantin, die 57-Jährige H., habe nach der Tat und vor ihrer Festnahme einen Selbstmordversuch unternommen, der nur durch das Eingreifen eines Mannes verhindert worden sei – diesen will die Verteidigerin als Zeugen vorladen. Er könne bestätigen, dass sie von ihrer Chefin "in etwas hineingerissen" worden sei. Wie bereits berichtet, hatte die Angeklagte H. am ersten Verhandlungstag gestanden, dem wohl durch einen mit Schlafmitteln präparierten Likör betäubten Mann den lebensgefährlichen Schnitt beigebracht zu haben – sie sei jedoch von der 36-jährigen Ex-Partnerin des Opfers dazu gedrängt worden. Der Mann, der den Selbstmordversuch der Angeklagten verhindert haben soll, soll noch aussagen, verkündete der Richter am Ende des Tages.

Weiter will die Anwältin den Arzt des Krankenhauses Sinsheim als Zeugen aussagen lassen, der – anders als der rechtsmedizinische Gutachter – keine lebensgefährliche Verletzung bei dem Opfer erkannt haben will.

Mehrere Polizeibeamte berichteten von den Ermittlungen wie beispielsweise der Auswertung der Handydaten beider Angeklagten. H. habe ihre Chatverläufe aus Speichergründen häufig gelöscht, weshalb man keine relevanten Dinge sichern konnte. Laut der Hauptermittlerin und eines anderen Ermittlers hätten sich die beiden Frauen allerdings "sehr konspirativ" verhalten – weil man auf ihren Computern oder Handys keinerlei Spuren zu der Tat gefunden habe. Außerdem wurde das Auto der Ex-Partnerin verwanzt. Die Kommissarin erzählte dann, dass die Frauen "direkt nachdem wir angeschaltet haben" gemutmaßt hätten, dass sie abgehört werden. Sie hätten sich auch gegenseitig ermahnt, über gewisse Dinge nicht im Auto zu sprechen. Dabei hätten sie "wie abgesprochen" immer wieder betont, dass sie unschuldig seien.

Die Auswertung der Internet-Router im Haus des Opfers und der Wohnung der verdächtigen Ex-Partnerin ergaben keine überraschenden Ergebnisse – das Handy der Frau war zu dem Zeitpunkt im WLAN des Geschädigten eingeloggt, an dem sie auch bei ihm war. Zur Tatzeit waren dort weder das Handy von H. noch ihres registriert – was lediglich beweist, dass die Handys nicht dort waren. Eine Standortbestimmung über die Handydaten der Ex-Partnerin war ebenfalls nicht aussagekräftig, da ihre Wohnung zu nahe am Tatort liegt.

Zuvor erzählte die damalige Freundin des Opfers vom Muttertag. Um 3 Uhr in der Tatnacht sei sie von der gemeinsamen Tochter des Opfers und der Angeklagten angerufen worden: "Papa ist was passiert." Sie und das Opfer hätten später "die Vermutung gehabt, dass es seine Frau war", sagte die Zeugin. Sicher waren sie sich aber nicht. Zudem sagte die Frau, dass die Angestellte H. "wie eine Sklavin" ihrer Chefin gewesen sei.

Update: Donnerstag, 15. April 2021, 19.26 Uhr


Rechtsmediziner, Toxikologe und Kriminaltechniker sagten aus

Angelbachtal/Heidelberg. Ein Beamter der Spurensicherung, der rechtsmedizinische Gutachter und ein Toxikologe sagten am vierten Verhandlungstag wegen des gemeinschaftlichen versuchten Mordes in Angelbachtal vor dem Heidelberger Landgericht aus. So kamen weitere Details der Tatnacht auf den 11. Mai 2020 ans Licht: Das Opfer wäre wohl wenige Zeit später gestorben.

Ein Beamter der Heidelberger Kriminaltechnik berichtete von seinem Einsatz am Tatort am nächsten Tag. Er hatte Skizzen und Fotos des Hauses gemacht und die Blutspur dokumentiert. Zudem hatte die Spurensicherung eine Schale mit dem Kartoffelgratin und den Würstchen der Ex-Partnerin und leere Schnapsgläser gefunden. Ein Kollege hatte die Flüssigkeit gesichert, die sich im Siphon des Küchenwaschbeckens befunden hatte.

An den Gläsern, dem Essen und auch in der Siphonflüssigkeit konnten die Kriminaltechnik und später auch ein Toxikologe Rückstände von Oxazepam nachweisen – ein Beruhigungs- und Schlafmittel. Die Likörflasche, von der der Mann berichtet hatte, fand sich aber nicht. In zwei anderen Alkoholflaschen fanden die Chemiker keine Beruhigungsmittel-Rückstände. An beiden Gläsern war Teil-DNA von einem Hautabrieb der angeklagten Ex-Partnerin nachweisbar.

Für die Beamten hatte sich am Tatort zunächst ein unklares Bild ergeben, da man sich "das alles nicht so vorstellen konnte, dass der Geschädigte KO gemacht wurde", und dass ihm "die Pulsadern aufgeschlitzt" wurden. Von der angeblichen Tatwaffe, einem Ceranfeldschaber, wurde im Prozess bislang noch nicht konkret gesprochen – ob die Polizei das Tatwerkzeug sichergestellt hat, kam noch nicht zur Sprache. Die Spurensicherung hatte den Schaber aber weder im Haus, noch in den Gullideckeln der Straße finden können, obwohl man mit einem Metalldetektor "überall draufgehalten" habe.

Dann erläuterte der Toxikologe der Rechtsmedizin die Ergebnisse der Blutprobe des Geschädigten: Darin wurde ebenfalls eine "deutliche Konzentration" Oxazepam nachgewiesen, die auch "wirksam" war. Man könne jemanden damit "durchaus außer Gefecht setzen". Der Toxikologe vermutete, dass der Mann bei einer höheren Dosierung nicht mehr aufgewacht wäre, als er geschnitten wurde. Die Symptome des Mannes – Schwindel, Kopfschmerz und Müdigkeit sowie Torkeln – könnten alle durch das Beruhigungsmittel, gerade in Verbindung mit Alkohol, entstanden sein, sagte er.

Der Mann habe "keine Überlebensoption" gehabt, wenn seine Blutung nicht bald gestillt worden wäre, sagte der Rechtsmediziner aus. Er sei zwar "nicht so der Experte für Ceranfelder und deren Schaber", aber da dort quasi "eine Rasierklinge eingespannt" sei, ginge so ein Schnitt am Handgelenk "wahnsinnig leicht". Dass die Angestellte der Ex-Partnerin den Mann mit dem Schnitt nicht habe töten wollen und somit absichtlich an einer nicht lebensbedrohlichen Stelle geschnitten habe, konnte der Rechtsmediziner nicht bestätigen: Wenn er jemanden nur verletzen wolle, wäre das "genau die Stelle, die ich nicht angreifen würde", sagte er. Die Blutspuren, über die der Mediziner nicht "stundenlang schwadronieren" wollte, deckten sich zudem "zu 100 Prozent" mit den Aussagen des Opfers. Er sprach von Schleuder-, Tropf-, Wisch- und Rutschspuren, die er am Tatort gesehen hat.

Der Gutachter sagte zudem zu Verletzungen der Ex-Partnerin aus, die sich die Frau laut Staatsanwaltschaft einige Zeit nach der Tat selbst zugefügt haben soll, um vom Verdacht auf sie abzulenken. Sie habe einen Überfall vorgetäuscht, bei dem sie von zwei Maskierten geschnitten, getreten und bedroht worden sei, damit sie das Sorgerecht für die gemeinsame Tochter aufgeben solle. Der Verdacht hätte dann auf ihren Ex-Partner fallen sollen. Der Mediziner sagte anhand der Fotos, dabei handle es sich um "Bagatellverletzungen", die "hinten und vorne nicht zu einem tätlichen Angriff" passen würden. Es sei "wahnsinnig eindeutig", dass sich die Frau selbst verletzt habe: "Wenn ich ein Lehrbuch schreiben würde, würde ich diese Bilder bringen", konstatierte der Wissenschaftler.

Zuvor hatte der Notfallsanitäter von der Nacht auf den 11. Mai erzählt, wie der Mann erstversorgt und dann ins Sinsheimer Krankenhaus gefahren wurde. Der Mann habe "so geblutet, dass wir es mit einem Druckverband nicht stillen konnten". Man habe mehrere Verbände anlegen müssen. Der Mann sei zunächst "wie betrunken" und nicht ansprechbar gewesen. Später in der Nacht wurde der Mann in eine Klinik in Bad Friedrichshall verlegt. Dort wurde seine durchtrennte Arterie bei einer Operation wieder genäht.

Zwei Nachbarinnen bestätigten bei ihren Aussagen nochmals die Erzählungen des Ex-Partners. Sie berichteten von Geschrei auf der Straße, Hilferufen des Opfers, dem langen Schnitt am Unterarm ihres Nachbarn und "ganz viel Blut". Die andere Nachbarin berichtete, sie habe in der Tatnacht zwei Mal gehört, wie ein Auto an- und abgefahren sei und habe sich über mehrfaches, "hektisches" Zuschlagen von Autotüren gewundert.

Update: Freitag, 9. April 2021, 21.31 Uhr


Opfer wachte wegen brennendem Schmerz auf

Angelbachtal/Heidelberg. (fro) Fotos des blutigen Tatorts, die Aussagen mehrerer Polizeibeamten sowie des Opfers waren die Hauptpunkte am dritten Verhandlungstag wegen des versuchten Mordes in Angelbachtal im Mai vergangenen Jahres. Die Frau soll laut Staatsanwaltschaft gemeinsam mit ihrer 57-jährigen Angestellten versucht haben, ihren Mann mit einem Ceranfeldschaber zu ermorden. Die Tat sollte wie ein Suizid aussehen.

Der (Noch-)Ehemann der 36-jährigen Angeklagten sagte jetzt als Zeuge aus. Er war an den vergangenen Tagen nicht im Saal des Heidelberger Landgerichts gewesen, nur sein Anwalt hatte den Prozess bislang verfolgt. Der 59-Jährige Angelbachtaler berichtete von der Tatnacht am 10. Mai 2020, Muttertag. Gegen 20 Uhr sei seine getrennt von ihm lebende Frau zu ihm gekommen, habe in einer Tasche den mit Schlaftabletten präparierten Likör und ein Kartoffelgratin mit Nürnberger Würstchen mitgebracht. Die Flasche habe kein Etikett gehabt und sei mit einem Korken verschlossen gewesen. Die Frau habe ihm gesagt, dass das Getränk wie sein "Lieblingslikör" schmecke, den sie gemeinsam im Spanienurlaub getrunken haben. Er habe dann zwei Schnapsgläser geholt, die Frau habe sich noch in der Küche ein Radler aufgemacht. Auf der Terrasse wollten die beiden dann über die Wohnung der Frau reden, die sie kaufen wollte. Eventuell hätte er für den Kredit bei der Bank gebürgt oder eine andere Lösung gefunden, erzählte der Geschädigte. Seine Frau wollte nichts von dem Likör, obwohl sie normalerweise immer zusammen getrunken hätten. Da der Mann nicht hungrig war, stellte er das Gratin in den Backofen. Doch nach drei oder vier Gläsern Likör sei ihm plötzlich schwindelig geworden. Er sei dann aufgestanden, habe aber nicht mehr laufen können und nur noch ins Bett gewollt. Dorthin habe ihn die Frau dann auch gebracht und ihn gestützt. Er habe noch gesagt, sie solle das Licht im Flur ausmachen und die Türe schließen. Warum es ihm plötzlich so schlecht ging, wollte die Frau nicht wissen.

Seine nächste Erinnerung ist ein brennender Schmerz am Arm, von dem der Mann aufwachte. Er habe "die klaffende Wunde" gesehen und Panik bekommen. Mit seiner Bettdecke hat er die Wunde zugedrückt und ist dann zu seinen Nachbarn, um Hilfe zu holen. Dort brach er auf der Straße zusammen. Dann kann er sich erst wieder an den nächsten Tag im Krankenhaus erinnern. Im Gerichtssaal wurden Tatortfotos aus der Nacht präsentiert. Dort sind die blutige Decke und das Haustelefon auf der Straße zu sehen. Auch den blutverschmierten Boden im Flur des Hauses und die Matratze mit einem großen Blutfleck haben die Beamten fotografiert. Bleibende Schäden hat der Mann durch den Schnitt nicht davongetragen. Die Polizisten sahen, dass am Tatort die Terrassentür im Bad offen stand. Auch von einem Tresor im Haus erzählte der Mann, von dem seine Frau wusste – gefehlt habe im Haus allerdings nichts.

Am nächsten Tag habe ihn dann seine Frau angerufen und gefragt, wie es ihm gehe. Er habe nur gefragt, was sie ihm an diesem Abend gegeben hätte – dann aber habe die Angestellte seiner Frau ihr das Telefon abgenommen und nur gesagt, dass seine Frau jetzt nicht sprechen könne. Er habe dann gleich vermutet, dass seine Frau etwas mit der Tat zu tun haben könne, da sie ihm den Likör gebracht hatte. Sein Verdacht auf die Angestellte, die laut Staatsanwaltschaft auch geschnitten haben soll, und die die Tat teilweise gestanden hat, fiel aber erst, nachdem ihm die Polizei das Überwachungsvideo seines Nachbarn gezeigt hatte. Darauf ist eine Person zu sehen, die der Mann als die Angestellte erkannt haben will. Er habe sie "sofort erkannt", nämlich daran, "wie sie läuft". Dann sei ihm auch klar gewesen, dass sich die beiden Frauen abgesprochen haben müssen. Einige Zeit nach der Tat hat der Mann die Angestellte sogar noch zum Bahnhof gefahren.

Ein Polizist sagte aus, dass der Motor des Autos der Ehefrau in der Nacht noch warm war, es also nach ihrem Besuch bei ihrem Mann auch zur Tatzeit gefahren wurde. Spätere Versuche eines Physikers bestätigten das in einem Gutachten. Es sei "eher vereinbar", dass dass Auto zum Tatzeitpunkt nochmal bewegt wurde.

Zuvor war der Mann zur Ehe befragt worden. Diese sei eine "Vernunftssache" gewesen, erklärte er auf Nachfrage des Richters. Es habe zuvor Probleme mit der Vaterschaftsanerkennung und der Versicherung gegeben, weshalb man geheiratet hätte. Die Probleme, die seine Frau mit seinem Sohn gehabt habe, seien "nichts Gravierendes" gewesen, aber seine Frau habe sich aufgeregt. Infolge habe er "aus Rücksicht" auf seine Frau auf seine Familie und Enkelkinder "verzichtet". So habe er "Freunde verloren" und seine Familie "fast verloren". Er habe "auf viel verzichtet, damit ich es ihr recht machen kann". Von Scheidung habe man aber nie gesprochen. Dass die Frau dann irgendwann ausgezogen ist, wollte er nicht. Bis zu dem Mordversuch habe er auch noch daran geglaubt, dass die Ehe wieder funktionieren könne. Als seine Frau ihm mitgeteilt habe, dass sie in dem Haus nicht mehr leben könne, habe er ihr vorgeschlagen, ein neues zu bauen: "Ich hätte ihr ein Schloss bauen können", sie wäre aber trotzdem weg, glaubt der Mann.

Am Ende der Verhandlung wollte sich die Angestellte noch bei dem Geschädigten entschuldigen – als der Richter ihn fragte, ob die Angeklagte überhaupt das Wort an ihn richten dürfe, antwortete der Mann knapp, dass ihre bereits schriftlich erfolgte Entschuldigung "ausreichend" ist.

Update: Mittwoch, 7. April 2021, 18.49 Uhr


Prozess um gemeinschaftlich versuchten Mord geht weiter

Bei der Verhandlung am Gründonnerstag beschuldigten sich die beiden angeklagten Frauen gegenseitig.

Von Anjoulih Pawelka

Angelbachtal/Heidelberg. Wie kam es dazu, dass ein Mann im vergangenen Juli angegriffen wurde und sich schwer verletzt zum Nachbarn retten musste? Zwei Frauen, seine Ex-Frau sowie deren Freundin, sind vor dem Heidelberger Landgericht wegen gemeinschaftlichen versuchten Mordes angeklagt. Nachdem die Freundin am ersten Verhandlungstag ein Teilgeständnis abgelegt hatte und angab, von der früheren Partnerin des Opfers zur Tat gedrängt worden zu sein, wies die Ex-Frau nun am Gründonnerstag im Rahmen des zweiten Verhandlungstags die Vorwürfe zurück.

Ihr Anwalt hatte eine Erklärung dazu verlesen. Weiter wollte sich die 36-Jährige an diesem Tag nicht äußern. In dem Schreiben erklärte die Ex-Frau, dass sie keinerlei Streit mit ihrem Mann gehabt hat. Sie hätten sich geeinigt, dass sie sich selbst um ihr Einkommen kümmert und kein Geld von ihm annimmt. Durch ihre Reinigungsfirma sei das möglich gewesen. Das Verhältnis sei so gut gewesen, dass der Mann ihr sogar vorgeschlagen habe, dass sie nach der Trennung in eine seiner Eigentumswohnungen ziehen kann. Lediglich wegen der Tochter, die bei beiden lebte, habe es Meinungsverschiedenheiten gegeben. Auch die Anschuldigungen der 57-jährigen Freundin, sie sei hysterisch und gewalttätig gewesen und habe ihren Mann geschlagen, wies sie zurück. Ebenso habe sie, anders als behauptet, nie darüber gesprochen, ihren Mann zu töten.

Wie der Psychiater, der beide Frauen mehrere Stunden untersucht hat, später erläuterte, machte die Ex-Frau auch Angaben zur Tat. Demnach sei es vielmehr die Freundin gewesen, die immer wieder über den Mann gehetzt hat, was dessen Frau nicht gut fand und ihn verteidigt habe. Das sei soweit gegangen, dass die Freundin immer wieder sagte, die Ehefrau müsse sich an ihrem damaligen Ehemann rächen. Dies habe die Ehefrau eigenem Bekunden nach aber nicht gewollt. Die Freundin habe sich auch dauernd Fernsehsendungen angeschaut, in denen es um Mord geht – mit dem Vorsatz, etwas dabei zu lernen. Die Freundin habe sie "an der Nase herumgeführt". Dem widersprach diese in ihrer Erklärung bei dem Facharzt. Sie schaue nur Heimatfilme, Märchen und Kochsendungen.

In der Erklärung des Anwaltes sagt die Ex-Frau, dass sie am Tatabend auf Einladung des Mannes gegen 19.30 Uhr bei ihm gewesen sei und ihm Essen sowie einen Likör gebracht habe. In diesem Punkt stimmen die Erzählungen der beiden Frauen überein. Die Ex-Frau behauptet allerdings, dass sie das Essen nicht zubereitet hat. Dies habe die damals bei ihr lebende und für sie arbeitende Freundin gekocht und "präpariert". In den Ausführungen des Psychiaters ist sogar die Rede davon, dass die Freundin ihr noch gesagt hat, sie solle ihrem Mann nicht erzählen, dass die Freundin das Essen gekocht hat.

An dem Abend hätten sich die Ex-Frau und das spätere Opfer über ihre neuen Beziehungen unterhalten. Dann sei es ihrem (Noch)-Mann, der das Essen nicht angerührt, dafür aber die ganze Flasche Likör getrunken habe, schlecht geworden. Außerdem sei er müde gewesen. Die Ex-Frau habe ihn dann ins Bett gebracht und zugedeckt. Nach 22.30 Uhr habe sie das Haus verlassen und sei in ihre Wohnung gefahren. Von den Verletzungen und dem Mordversuch habe sie erst nachts von der Polizei erfahren.

Laut dem Schreiben vermutet die Ex-Frau, dass ihre Angestellte und ehemalige Freundin den Mord begehen wollte, weil sie wusste, dass das Opfer viel Geld in seinem Haus hat. Der versuchte Mord, der wie ein Selbstmord aussehen sollte, hätte dabei nur als Ablenkung von einem Raub dienen sollen. Als Krankenschwester oder Krankenpflegehelferin habe ihre Freundin gewusst, dass Lorazepam-Tabletten beruhigend und schlaffördernd wirken. Außerdem glaube sie, dass ihre frühere Freundin ihr den versuchten Mord unterschieben möchte, so dass sich dies für sie strafmildernd auswirkt. Gegenüber dem Psychiater gab sie dann auch noch an, dass ihre frühere Freundin wusste, dass sie ihre Arbeitsstelle verlieren würde, wenn die Ex-Frau des Opfers zu ihrem neuen Freund zieht.

Im Laufe des Verhandlungstages hat der Vorsitzende Richter auch ein Video der Überwachungskamera von Nachbarn des Opfers gezeigt. Auf den Aufnahmen ist eine Person zu sehen, die gegen Mitternacht auf der Straße läuft. Diese Videosequenz wurde mit Aufnahmen der beiden Frauen beim Gang zur Vernehmung verglichen, um eine Ganganalyse zu erstellen. Diese kam zum Ergebnis, dass die Freundin möglicherweise auf den Sequenzen zu sehen ist, denn das Gangbild weise die gleichen Merkmale auf. Es könnte aber auch eine andere Person sein. Dass die Ex-Frau auf den Videoaufnahmen zu sehen ist, schließen die Experten aus. Der Prozess wird am kommenden Dienstag fortgesetzt.

Update: Dienstag, 6. April 2021, 14.49 Uhr


Versuchter Mord sollte wie Suizid aussehen – Teilgeständnis

Von Friedemann Orths

Angelbachtal. Es war eine Tat, die den Ort erschütterte: Zwei Frauen sollen versucht haben, im Juli des vergangenen Jahres den Ex-Partner einer der Frauen zu ermorden. Dabei sollte die Tat wie ein Selbstmord aussehen. Der Mann überlebte nur, weil er sich zu einem Nachbarn schleppen konnte, der den Notarzt verständigte. Am Dienstag war der Prozessauftakt vor dem Heidelberger Landgericht. Die Anklage: gemeinschaftlicher versuchter Mord. Eine der beiden Angeklagten legte auch ein Geständnis ab.

Die ältere der beiden Frauen, die 57-jährige H., äußerte sich über ein Schreiben ihrer Anwältin zu den Vorwürfen. Darin bestätigte die damalige Minijobberin in der Reinigungsfirma der anderen Angeklagten F. die Beschuldigungen der Staatsanwaltschaft zum größten Teil. Allerdings sei sie von der (Noch-) Ehefrau zu der Tat gedrängt worden – und sie habe den Mann gar nicht töten wollen.

Nachdem sie die gemeinsame Tochter der getrennt lebenden Eltern ins Bett gebracht habe, sei sie von der 36-Jährigen F. zur Wohnung deren Ex-Partners gefahren worden. Zuvor soll die Ex-Partnerin Lorazepam-Tabletten von der Älteren Frau gefordert und in einen "grünen Likör" und Essen gemischt haben, die sie ihrem Ex-Partner ein paar Stunden zuvor mitgebracht hatte, um ihn schläfrig zu machen. Nachdem der Mann ins Bett gegangen sei, habe seine Ex-Partnerin das Badezimmer-Fenster geöffnet und die andere Frau abgeholt. Die habe dann dem Mann mit einer Klinge, mit der normalerweise das Ceranfeld eines Herdes gereinigt wird, in den Unterarm geschnitten, um einen Suizid vorzutäuschen.

Die Ex-Partnerin habe von H. allerdings gefordert, ihrem Mann die Halsschlagader durchzuschneiden, wie die Anwältin vorlas. Sie habe ihr schon zuvor von der Absicht erzählt, dass sie ihren Mann umbringen wolle, und habe "überhaupt keine Ruhe gegeben". Als sie von der neuen Partnerin ihres Mannes erfahren habe, habe sie Angst gehabt "jetzt alles zu verlieren". Die ältere Frau habe dann zunächst vorgeschlagen, "nur" das Auto des Mannes zu zerkratzen oder ihm Abführmittel unterzumischen, aber dann habe die Ex-Partnerin auf die Schlaftabletten bestanden.

Sie habe getan, was die Ex-Partnerin von ihr verlangte, weil sie Angst gehabt habe, wieder von ihr geschlagen zu werden. Die Frau könne "zum Teufel" und "völlig unberechenbar" werden. Das Verhältnis sei aber meistens freundschaftlich gewesen. Zudem habe sie "die kleine Maus", das Kind von F. und ihrem Mann, so gerne gehabt. Die ältere Frau hatte eine Zeit bei F. gewohnt und sich um Kind und Haushalt gekümmert. Als sie den schlafenden Mann im Bett liegen sah, habe sein Arm unter der Decke hervorgeschaut, weshalb sie "von oben nach unten" geschnitten habe. Die Anklage sprach von einem 15 Zentimeter langen Schnitt. Sie habe den Mann aber gar nicht töten wollen, weshalb sie "oberhalb der Adern" geschnitten habe. "Ich wusste, dass das nicht wirklich gefährlich werden konnte", las die Anwältin vor. Und weiter: "Als Blut kam, bin ich raus." Dann sei sie ins Auto der F. gestiegen. Die habe sich das Blut an der Klinge zeigen lassen und sei "zufrieden" gewesen. Vier Wochen später habe sie die ältere Frau sogar aufgefordert, sich eine Waffe zu besorgen, um den Mann zu erschießen. "Ich bereue, was ich getan habe, zutiefst", lautet der letzte Satz der Stellungnahme.

Zuvor hatte das Schöffengericht die beiden Angeklagten, die seit neun Monaten in Untersuchungshaft sitzen, zu ihrem persönlichen Hintergrund befragt. Der Anwalt von der Ex-Partnerin hatte außerdem vorgeschlagen, die Einlassung seiner Mandantin erst am nächsten Verhandlungstag zu verlesen. Die ältere Frau H. erzählte von einer schwierigen Kindheit, sie sei schon als Sieben- oder Achtjährige von ihrem Stiefbruder vergewaltigt worden, habe von ihren Eltern keine Liebe erfahren. Ihr Sohn sei bei einer Vergewaltigung durch zwei unbekannte Männer gezeugt worden. Sie habe 20 Selbstmordversuche in den vergangenen 40 Jahren hinter sich und sei depressiv. Sie sei deshalb mehrfach stationär in verschiedenen Einrichtungen gewesen. Die Frau ist außerdem mit 30.000 Euro verschuldet, wird von einer rechtlichen Betreuerin begleitet. Und sie hat 35 Einträge in ihrem Vorstrafenregister, fast immer Diebstahl und Betrug. Es war auch ein psychologischer Sachverständiger vor Gericht, der zu der Frau noch aussagen wird.

Die Ex-Partnerin erzählte von ihrer Reinigungsfirma, mit der sie genug Geld verdient habe, und sagte, dass sie nach der Trennung nie Geld von ihrem Ex-Partner gewollt oder gefordert habe. Die Beziehung sei aber keine glückliche gewesen, sie habe Nervenzusammenbrüche, Panikattacken und einen Hörsturz erlitten, weil sie von der Familie ihres Ex-Partners nie akzeptiert worden sei. Von einem seiner Söhne sei sie auch bedroht worden. Zudem ist die Frau an Multipler Sklerose erkrankt. Ihr Anwalt kündigte an, eine Stellungnahme bei der nächsten Verhandlung vorzulesen.

Es sind noch sieben Verhandlungstage angesetzt, an denen 22 Zeugen sowie zwei Sachverständige aussagen sollen.

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