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Was der Richter sehen will

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Interview von Adrienne Speidel mit Richterin Nicole Kubli

In der Corona bedingten Showpause können wir uns doch mal die Zeit nehmen und «über die Bücher» oder besser gesagt über DAS BUCH, nämlich das «NRHA Handbook» gehen. 

Immer wieder fällt mir in Diskussionen mit anderen Turnierreitern auf, dass sie gar nicht so genau wissen, wie gerichtet wird. Ich finde es sehr wichtig, wenn man einen gerichteten Sport ausübt, dass man auch weiss, wie das Regelwerk funktioniert.

Im NRHA Rulebook ist alles drin, was man über Reining wissen muss: von der Organisation einer Show über die korrekte Ausrüstung bis hin zum Richtsystem. Fakt ist und bleibt, dass es ein gerichteter Sport ist und die Richter Menschen sind. Wer jedoch mal einen Richterkurs besucht hat und das System versteht weiss, dass es sich um ein durchdachtes, handfestes System handelt.

Da es in einem Text schwierig ist, dieses System verständlich zu erklären (Video würde sich besser eignen) hat sich die NRHA-Richterin und ehemalige Coach des Schweizer Reining-Kaders, Nicole Kubli, dazu bereit erklärt, euch in einem Interview die wichtigsten Fragen zum Thema «was der Richter sehen will» zu beantworten und euch ein paar Tipps zu geben, worauf ihr in Zukunft beim Showen achten solltet. Weil hier und da einen Punkt mehr oder einen Penalty weniger zu kassieren, kann euch sehr schnell sehr viel weiterbringen.

Hier auch noch ein paar Tipps von mir persönlich:

Lest das Handbook!

Fragt immer nach wenn ihr etwas
nicht versteht

Analysiert eure Ritte anhand der Scoresheets und der Videos

«Stay out of the Penaltybox»

Lernt die Stärken und Schwächen von euch und eurem Pferd kennen und wie ihr sie einsetzen könnt, um ein paar Punkte mehr zu bekommen.

Natürlich wissen wir alle, dass man mit 70 Punkten in den Showpen kommt. Dann wird von -1½ bis +1½ jedes Manöver einzeln bewertet. Dazu kommen noch die unbeliebten Penaltys, welche für Fehler in der Pattern abgezogen werden. 

Wichtig ist auch zu wissen, dass das einzelne Manöver jeweils als «Gesamtes» bewertet wird. Das heisst, dass beispielsweise nicht nur der Stopp bewertet wird, sondern das gesamte Manöver, bestehend aus Rundown, Stopp und Rollback/Backup. Wenn also ein Pferd hammermässig stoppt aber eine unkontrollierten Rundown und einen holprigen Rollback anhängt, kann dies kein «Plus-Manöver» geben. Warum? Dies erklärt euch Nicole Kubli im folgenden Interview. Interview mit NRHA Richterin Nicole Kubli:

Was fällt Dir häufig auf, wenn Du auf NRHA Turnieren richtest?

Als Richterin und Steward bin ich in verschiedenen Rollen auf den Reining-Turnierplätzen aktiv. Oftmals beobachte ich, wie sich Menschen selbst im Weg stehen und zu wenig an sich selbst glauben. Zu wenig Selbstvertrauen macht die Arbeit mit sich und den Pferden schwierig. Pferde müssen geführt werden. Pferde, die durch die Reiter eine klare Aufgabe erhalten, arbeiten viel lieber und auch in einer anderen Qualität. Hat der Reiter keinen Plan, übernimmt oftmals das Pferd die Führung in der Reiter-Pferd-Kombination.

Erfolgreiche Reiter/innen haben sehr viele Fertigkeiten, sowie ein breites Wissen und sind Fachpersonen auf ihrem Gebiet. Der Weg zu einem erfolgreichen Reiter ist sehr lang und beschwerlich. Ob in kleinen oder in grossen Schritten zum Erfolg, der Weg ist das Ziel (Sprichwort Konfuzius).

Wie wird ein Reining Pattern gerichtet?

Bei der Bewertung eines Manövers achtet der Richter als erstes auf das folgende:

On Pattern Die Aufgabe (Pattern) muss in der richtigen Reihenfolge der Manöver geritten werden. (Gemäss dem NRHA Handbuch).

Korrektheit Der Richter bewertet die Ausführung (Qualität) des Manövers. Wird das Manöver schön ausgeführt wird es mit + Punkten belohnt.

Schwierigkeitsgrad: Wurde das Manöver korrekt ausgeführt beurteilt der Richter den Schwierigkeitsgrad bei der Ausführung des Manövers.

Der Schwierigkeitsgrad beinhaltet die Korrektheit, Feinheit (Finesse) der Ausführung, die Leistungsbereitschaft des Pferdes, die Folgsamkeit, Schnelligkeit und die Präzision.

Was ist ein Spin und worauf achtest Du bei einem Spin?

Spins sind eine Serie von 360-Grad-Drehungen, die über ein stationäres (inneres) Hinterbein ausgeführt werden. Während der Drehung soll das Pferd das innere Bein am Boden möglichst an einem Ort stehen lassen.

Und was gehört alles zu diesem Manöver dazu?

Das Pferd soll 4 Spins machen. Gerichtet wird von der ersten Aufforderung (Hilfegebung) des Reiters an das Pferd. Braucht das Pferd mehrere Aufforderungen bis es zu drehen beginnt wirkt sich dies auf die Benotung aus. Dreht das Pferd, beurteilt der Richter die Haltung, die Kadenz, die Geschmeidigkeit, die Finesse und die Geschwindigkeit des Spins. Nach 4 Umdrehungen soll das Pferd anhalten. Dabei achtet der Richter wie sich das Pferd beim Anhalten verhält. Schlägt es mit dem Kopf gegen die Reiterhand ist die Geschmeidigkeit und die Finesse beeinträchtigt und der Richter vergibt entsprechend die Note. Nach dem Spin wird ein «Hesitate» verlangt. Dies ist die Fähigkeit des Pferdes, zu einem bestimmten Zeitpunkt entspannt stehen zu bleiben. Kann ein Pferd nicht stillstehen, zappelt es hin und her wirkt sich dies ebenfalls auf die Benotung des Spins aus.

Wird der Spin in der Mitte der Arena ausgeführt ist dringend darauf zu achten in der Mitte bei X zu stehen. Wird das Manöver ca. 3 Meter seitlich der Mitte gezeigt müssen leider Punkte abgezogen werden. Dies geht unter das Thema «Pattern placement».

Spin-Penaltys

– Über- oder unterdrehen bis zu 1/8 = ½ Penalty

– Über- oder unterdrehen bis zu 1/4 = 1 Penalty 

– mehr als ¼ überdrehen Score 0

Grafik aus dem NHRA Handbook:

Rulebook Figure 3a.JPG

Was ist wichtig bei den Galoppzirkeln?

Zirkel müssen in der vorgeschriebenen Reihenfolge gemäss Pattern geritten werden. Die Grösse und die Geschwindigkeit sind vorgegeben. Die Zirkel sollen rund sein.

Um einen Abzug von Punkten zu vermeiden ist es wichtig korrekt durch die Mitte (X) zu reiten. Gelingt dies und die Zirkel entsprechen der Vorgaben und weisen Qualität und einen erhöhten Schwierigkeitsgrad auf wird dies mit einer guten Punktezahl bewertet + ½, + 1 oder sogar + 1 ½. Beim Speed Control muss ein klar definierter Unterschied in der Geschwindigkeit erfolgen.

Was beinhaltet das Manöver «Circles»?

Dies kommt auf die Vorgabe des Patters an. Schauen wir zusammen das Pattern 2 an.

Dieses beginnt mit den Zirkeln nach rechts. Gerichtet wird vom Einreiten in die Arena bis zu X, das Angaloppieren nach rechts, dann der kleine langsame Zirkel und anschliessend die 2 schnellen Zirkel, das Pferd soll den Galopp bei X in in die neue Richtung wechseln. Der Galoppwechsel gehört daher zum Manöver Circles nach rechts dazu.

Wie wird ein Stopp mit Rollback oder Backup gerichtet?

Die Bewertung beinhaltet das folgende:

Beim Richten «Stopp und Rollback»  hat der Richter die gesamte Manövergruppe zu bewerten. Zum Beispiel muss ein Richter im Pattern 8 die folgenden Punkte bewerten:

  • den Galopp um das Ende der Arena
  • den Run down bis zum Stopp
  • den Stopp
  • den Rollback
  • den Galopp aus dem Rollback

Eine Note beinhaltet daher 5 verschiedene Punkte. Stoppt ein Pferd hervorragend, macht jedoch keinen guten Rollback können leider für die gesamte Manövergruppe nicht die gewünschten Punkte vergeben werden.

Was sollte man in einer Pattern unbedingt vermeiden?

An erster Stelle steht das korrekte Reiten. Viele Turnierteilnehmende haben den Eindruck das Reining schnell geritten werden soll. Punkte für die Geschwindigkeit gibt es jedoch erst, wenn das Manöver korrekt und mit einer Finesse geritten werden. Wird schneller geritten schleichen sich mehr Schwierigkeiten ein und Geschwindigkeit kann sich kontraproduktiv auswirken.

Bei den Zirkeln ist es wichtig, dass ein Unterschied des schnellen und des langsamen Zirkel ersichtlich ist.

Beim Stoppen sollte nicht vor dem im Pattern beschriebenen Marker den Stopp eingeleitet werden. Vor der Pylone zu stoppen gibt einen Penalty Abzug von 2 Punkten. Dies schlägt sich stark in der gesamten Punktzahl nieder.

Was siehst Du nicht gerne?

Leute, die ihrem Pferd die Schuld zuweisen, wenn etwas nicht klappt. Die Pferde geben ihr bestes und arbeiten hart und kooperativ mit.

Was siehst Du sehr gerne?

Leute, die auch ihr Lächeln behalten, wenn etwas nicht klappt.

Wofür gibt es wie viele Penaltys (5, 2, 1, ½, 0)?

5-Punkt Penalty

  • Sporeneinsatz vor dem Sattelgurt
  • am Sattel halten
  • das Pferd mit der Hand einschüchtern oder loben
  • Buckeln, Kicken, Schlagen, Steigen

Trab-Penaltys

  • 1-2 Trabschritte (= max. 4 Tritte) beim Angaloppieren = ½ Penalty
  • mehr als 4 Tritte Trab = 2 Penalty
  • von Galopp in Trab fallen = 2 Penalty (break of gate)

2-Punkt Penalty

  • Gangartunterbrechnung (breaking gate)
  • «Einfrieren“ beim Spin oder Rollback
  • Marker Fehler (zu früh mit dem Stopp beginnen)
  • im Run-In Pattern, zu spät im Galopp sein

Galopp-Penaltys

  • 1 Penalty pro viertel Zirkel in falschem Galopp oder Kreuzgalopp
  • ½ Penalty für verspäteter Galoppwechsel von einem Galoppsprung

Pattern placement Penaltys

  • Run down muss das Pferd mindestens 6.1 Meter (20 Fuss) von der Seite der Arena entfernt bleiben. Geschieht dies nicht, führt dies zu einer ½ Penalty
  • Bei Run Down durch die Mitte darf sich der Reiter nicht mehr als 3 Meter von der Mittellinie entfernen, ansonsten muss ein ½ Penalty vergeben werden. 
  • 2 Penalty beim Stoppen vor dem Marker

Penalty 0

  • Rückwärtsrichten von mehr als 4 aufeinanderfolgenden Tritten
  • mehr als 1/4 Drehung zu viel (z.B. beim Spin, Rückwärtsrichten usw.)
  • Hinzufügen eines Stopps
  • Trab von mehr als 1/2 Zirkel oder 1/2 Länge der Arena
  • mehr als der Zeigefinger zwischen den Zügel
  • ein Wechsel der Zügelhand
  • Gebrauch der zweiten Hand (dies ist nur erlaubt um die Zügel zu entwirren)
  • nicht korrekte Reihenfolge oder Hinzufügen von Manövern die nicht verlangt werden

Ist ein hochkarätiger Ritt einfacher zu richten als ein «mässiger»?

Nein, der Richter muss immer konzentriert den Ritt begutachten. Ein Galoppwechselfehler geschieht plötzlich. Gerade bei hochkarätigen Ritten geht alles sehr schnell. Bei eher mässigen Ritten können sich Schwächen häufen und der Richter ist gefordert wirklich alles zu sehen. Richten ist eine sehr schöne, herausfordernde und spannende Arbeit. Es gibt im Reining nichts was es nicht gibt! Ein Richter muss für das Wohl des Pferdes einstehen und couragiert und verantwortungsbewusst handeln.

Persönliche Gedanken

Reining ist eine sehr anspruchsvolle Disziplin. An einem losen Zügel soll das Pferd, in einer korrekten Haltung ohne viel Unterstützung (Hilfen) von Seiten des Reiters, die schwierigen Manöver zeigen.

Vom Reiter erfordert das Training viel Geduld, persönlicher Einsatz, Arbeit, Zeit und Geld. Viele glückliche Momente erlebt ein Reiter aber leider auch Niederlagen. Bleibt man dabei ist Reining eine wunderschöne Lebensschule mit allen up’s und down’s.

In diesem Sinne bedanke ich mich bei Adrienne für das Interview und wünsche allen viel Freude und Erfolg mit unseren Pferden.

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