Canyon Tempr CFR Offroad-Schuhe im Test: Maximale Power & endloser Komfort?
Canyon Tempr CFR Offroad-Schuhe im Test: Vor ziemlich genau einem Jahr hat Canyon eine Großoffensive im Schuhsegment gestartet und mit der Tempr-Serie erstmalig Radschuhe für den Rennrad- und MTB-Bereich aus eigener Entwicklung präsentiert. Entwickelt im Hochpreissegment nahm sich Canyon mit den beiden Tempr CFR Road und Tempr CFR Offroad-Modellen nichts Geringeres vor, als Schuhe zu präsentieren, die „maximale Power und endlose(n) Komfort“ ermöglichen. Kann das gelingen? Wir haben die Canyon Tempr CFR Offroad-Schuhe ausgiebig getestet.
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Canyon Tempr CFR Offroad – Infos und Preise
Weg vom reinen Radversender, hin zu einer vollumfänglichen Radsportplattform mit Lösungen und Produkten auch im Bekleidungs-, Komponenten- und Werkzeugmarkt: Canyon beschreitet seit geraumer Zeit einen Weg, der ihm einen noch dickeren Kuchen vom Radsportmarkt gewährleisten soll. Dieses Stück soll sich seit dem vergangenen Jahr auch durch die neue Schuhplattform Tempr erweitern, die sich an High-End-Kunden im Rennrad-, Gravel- und MTB-Bereich richtet: Zwei verschiedene Modelle, eines für den Einsatz im Straßenbereich und eines für den Einsatz in allen Offroad-Bereichen des Radsports, haben die Koblenzer im Sommer des vergangenen Jahres präsentiert.
Beide Tempr CFR-Schuhmodelle eint das identische Grunddesign, welches in Zusammenarbeit mit den beiden auf dem Radsportschuhmarkt bereits etablierten Herstellern Boa und Solestar erarbeitet wurde. Die Offroad-Schuhe – erhältlich in den Farben schwarz, weiß und grau – setzen im Vergleich zu den Rennradmodellen (Canyon Tempr CFR Rennrad-Schuhe) auf eine geländetauglichere Sohle, die dank eines speziellen Designs der italienischen Firma Vibram besonders stabil und griffig sein soll. Die Tempr CFR Offroad-Schuhe wandern für 330 € in den virtuellen Warenkorb.
- Schuhtyp XC-Offroad-Schuhe
- Verschlusssystem Boa Li2-Drehverschluss
- Sohle Vibram Megagrip Sohle
- besondere Features PureFit360 Fußform, Solestar Einlegesohle, Boa PerformFit Wrap
- Farben Schwarz, Weiß, Grau
- Größen 36–48, halbe Größen 40,5–46,5
- Getestete Größe 46,5
- Gewicht 630 g (nachgewogen, Größe 43)
- www.canyon.de
Preis: 329,95 € (UVP) | Bikemarkt: Canyon Tempr CFR kaufen
Im Detail
Die DNA der Canyon Tempr CFR-Schuhe ist eindeutig: Ganz getreu dem Motto der seit vielen Jahren etablierten hauseigenen CFR-Linie ging es den Entwicklerinnen und Entwicklern aus Koblenz um nichts Geringeres, als ihren Athletinnen und Athleten Schuhe zur Verfügung zu stellen, die es ihnen ermöglichen, die größten Rennen der Welt zu gewinnen. In Zusammenarbeit mit zwei Experten in der Radschuh-Herstellung, Carl Bird und Eric Horton, und den Partnern Boa, Solestar und Vibram, wurde ein Schuh entwickelt, der den wichtigsten Anforderungen für den Cross-Country-Renneinsatz gerecht werden soll: maximale Kraftübertragung, hoher Komfort und hohe Traktion für nasse und trockene Bedingungen.
Konkret bedeutet dies: Canyon hat anhand einer umfassenden Datenanalyse eine spezielle Fußform ermittelt, die eine möglichst neutrale Positionierung im Schuh ermöglichen und somit eine effiziente Kraftübertragung sowie die Möglichkeit zur Vorfußausdehnung begünstigen soll. Interessant ist dabei, dass es keine verschieden hohen Keile oder unterschiedliche Einlegesohlen gibt. Die entwickelte Positionierung wird mit einer standardmäßig vorhandenen Einlegesohle von Solestar erreicht, die mit fast allen Fußformen funktionieren soll.
Unter der Innensohle wird die Carbon-Hauptsohle der Tempr CFR-Schuhe sichtbar, welche sich über die gesamte Länge des Schuhs erstreckt und die notwendige Steifigkeit zur maximalen Kraftübertragung gewährleisten soll. Auf eine Härteangabe per Index, wie sie von einigen Mitbewerbern verwendet wird, habe man bewusst verzichtet, denn diese Zahlen seien rein fiktiv und hätten keinen echten Informationsgehalt.
Die Carbonsohle wird schließlich noch umhüllt von einer Gummisohle inklusive Gummistollen, welche im Offroad-Einsatz Schutz vor ungewollten Treffern sowie zusätzlichen Komfort beim Gehen ermöglichen sollen. Canyon verwendet das sogenannte „Megagrip“-Material von Partner Vibram, welches laut Hersteller ein hohes Maß an Stabilität und Grip beim Gehen gewährleistet. Vergrößerte Abstände zwischen den Stollen sollen zudem das Anhaften von Schmutz reduzieren sowie ein leichteres Einklicken in Schlamm- und Drecksituationen ermöglichen.
Von der Unterseite zur Oberseite des Tempr CFR Offroad: Besonders ins Auge sticht hier das sockenartige Design der Schuhlasche, die etwas flexibler als bei herkömmlichen Schuh-Modellen sein soll und dadurch etwas mehr Komfort verspricht. Über die Schuhlasche hinweg spannen sich zwei Drehverschlüsse aus der Boa Li2-Serie, welche zum aktuellen Zeitpunkt als weitverbreiteter Status quo im Bereich der Radschuh-Verschlüsse gelten.
Canyon legt zudem großen Wert auf die konkrete Positionierung der zwei Boa-Verschlüsse und ihre jeweiligen Fixierungen: Diese sind derart designt, dass sie eine virtuelle Umschließung der Ferse repräsentieren sollen: Der obere der beiden Boa-Verschlüsse umschließt – bei virtueller Verlängerung der Zuglinie des Verschlusses – den Hinterfuß knapp oberhalb der Ferse, der untere Boa-Verschluss lässt sich analog zentral unterhalb der Ferse verlängern. Canyon nennt dieses Design Floating-Strap-System und will damit ein besonders hohes Maß an Stabilität im Schuh erreicht haben.
Eine abschließende Designentscheidung des Tempr CFR-Schuh betrifft ebenfalls das Obermaterial: Im breitesten Bereich des Vorfußes sollen speziell entwickelte, breite Stretch-Zonen dem Fuß bei hohen Belastungen ausreichend Raum verschaffen. Sie werden durch gezielte Reduktion einzelner Schichten des Obermaterials an strategischen Stellen realisiert.
Auf dem Trail
Nach den ersten umfassenden Eindrücken unserer Rennrad-News-Kollegen zur Vorstellung der Schuhe im vergangenen Sommer durften wir auch in der MTB-News-Redaktion die neuen Tempr CFR-Treter genauer unter die Lupe nehmen – dieses Mal in der Offroad-Version. In den vergangenen Monaten haben wir die Schuhe in den unterschiedlichsten Situationen eingesetzt und haben mehrfach mehrstündige Touren wie auch Rennrad-Ausfahrten damit unternommen. Wie fällt also unser Fazit zu den ersten High-End-Schuhen von Canyon im MTB-Bereich aus?
Beginnen wir zunächst mit dem mitunter wichtigsten Schritt beim Erwerb jeglicher Schuhe: der Wahl der richtigen Größe und der resultierenden Passform. Da Canyon die Tempr CFR-Schuhe genauso wie alle anderen Produkte ihres Portfolios weitestgehend nur online vertreibt, ist die Auswahl der passenden Größe von besonderer Bedeutung. Canyon stellt eine recht umfassende Anleitung zur Ermittlung der passenden Größe online zur Verfügung, die mich weitestgehend zielführend zur passenden Größe geführt hat. Bei meiner Fußlänge von 26,7 cm schlägt Canyon vor, weitere vier Millimeter zu addieren und anschließend die nächst passende Größe zu wählen. In meinem Fall landete ich bei 27,1 cm und damit 1 mm über der Größe 42,5 und 3 mm unterhalb der Größe 43. Als Fan von engen Rennschuhen habe ich mich zunächst für die kleinere Größe 42,5 entschieden und musste schnell feststellen, dass dies ein Fehler war. Eine Nummer größer – Größe 43 – hat sich schließlich als ideal passend herausgestellt. Generell lässt sich also festhalten: Liegt man zwischen zwei Größen, empfiehlt sich der Griff zur etwas größeren.
Beim Hineinschlüpfen in die – nun passenden – Tempr CFR-Schuhe macht sich zunächst die sockenartige Schuhlasche positiv bemerkbar. Der Einstieg in den Schuh klappt – auch dank der geschickten Boa-Verschlüsse – besonders einfach, anschließend schmiegt sich der Oberschuh tatsächlich wie eine Socke an den Fuß an. Analog zu den Erfahrungen unserer Rennrad-News-Kollegen können wir dem Schuh bereits ohne festgezurrte Verschlüsse bescheinigen, direkt am Fuß anzuliegen und sich sehr angenehm an den Fuß anzuschmiegen. Letzteres dürfte vor allem für Menschen mit Problemstellen wie Hallux Valgus oder Schneiderballen interessant sein.
Aufgrund des bereits sehr guten Sitzes des Schuhs im unverschlossenen Zustand ist es auch nicht zwangsläufig vonnöten, die Verschlüsse im Einsatz auf dem Rad maximal anzuziehen, um ein hohes Maß an Stabilität im Schuh zu erlangen. Im Gegenteil: Erste Ausfahrten mit sehr fest zugeschnallten Verschlüssen führten stets zu Taubheitsgefühlen im Fuß – immer wieder musste ich während des Fahrens die Verschlüsse leicht entspannen. Das wiederum ist dank der reibungslosen Funktion der Boa-Verschlüsse auch in Windeseile und ohne großen Aufwand erledigt.
Trotz dieser Entlastungsmaßnahme durch geringeren Zug des Verschlusses kam es in unserem Testzeitraum, insbesondere bei langen Ausfahrten, immer wieder zu Situationen mit Taubheitsgefühlen im mittleren Fußbereich. Als Grund hierfür mache ich die etwas schmalere Passform im Mittelfußbereich der Tempr CFR-Schuhe im Vergleich zu anderen Modellen auf dem Markt aus. Personen mit sehr breiten Füßen sollten sicherlich sehr genau prüfen, ob sie auf langen Strecken mit den Tempr CFR-Schuhen ohne Beschwerden unterwegs sein können.
Abgesehen von den leichten Druckgefühlen im Mittelfußbereich, die ich weitestgehend mit Lockern der Verschlüsse auf ein geringes Maß reduzieren konnte, habe ich mich in den Temp CFR-Schuhe pudelwohl gefühlt. Die Solestar-Innensohle überzeugt durch seine auffällige Unauffälligkeit, indem sie dauerhaften Komfort bietet: Sie wirkt deutlich stabiler und dank des Aufbaus mit unterschiedlichen Materialien deutlich hochwertiger als die Einlegesohlen mancher Mitbewerber – zudem unterstützt das Fußgewölbe spürbar. Es gilt jedoch zu beachten: Das Niveau speziell angefertigter Innensohlen, die es sonst zumeist nur als Zubehör gibt, erreicht die Innensohle des Tempr CFR nicht.
Besonders glänzen kann der Tempr CFR vor allem mit einer bestechenden Kraftübertragung: Das überaus konkurrenzfähige Gewicht der Schuhe von 630 g in der getesteten Größe 43 in Kombination mit der steifen Carbon-Sohle und der eng anliegenden Passform sorgt dafür, dass jedes Körnchen Leistung vom Fuß ins Pedal wandert. Kaum ein Schuh hat mich in der Vergangenheit so sehr mit einer unmittelbaren Kraftübertragung begeistert wie der Tempr CFR – kaum ein Schuh scheint einen derart effizienten Kompromiss aus Komfort und Vortrieb zu ermöglichen.
Zum Abschluss noch ein Résumé zur Vibram-Sohle, welche speziell für den harten Offroad-Einsatz konzipiert wurde: In unserem Testzeitraum zeigte sich die Sohle als sehr sorgloser Begleiter. Der Tempr CFR-Schuh lässt sich generell sehr gut auch abseits des Bikes tragen und bietet ein hohes Maß an Laufkomfort. Das lässt sich einerseits auf eine gewisse dämpfende Funktion der Vibram-Sohle zurückführen, andererseits aber auch auf die anschmiegende Passform des Schuhs. Die Anordnungen der Stollen mit den erwünschten Benefits im Hinblick auf die Säuberung im Dreck können wir indes nur bedingt beurteilen: Zu selten ließ das Wetter in den vergangenen Monaten echte Matschausfahrten zu, zu selten war ich mit den Tempr CFR im tiefen Morast unterwegs.
Fazit – Canyon Tempr CFR Offroad
Canyon überzeugt bei seiner Premiere auf dem Schuhmarkt auf ganzer Linie: Der Canyon Tempr CFR Offroad ist ein MTB-Schuh, der sich im High-End-Bereich keineswegs vor der Konkurrenz verstecken muss. Der Tragekomfort und die Kraftübertragung sind auf absolutem Spitzenniveau, die Anwenderfreundlichkeit mit Boa-Verschlüssen ist ebenfalls top. Große Kritikpunkte? Fehlanzeige! Für Personen mit breiten Füßen könnten die Tempr CFR-Schuhe etwas problematisch sein – hier gilt: Anprobieren ist ein Muss!
Canyon Tempr CFR Offroad – Pro / Contra
Stärken
- geringes Gewicht
- hohe Steifigkeit
- sicherer Sitz
Schwächen
- nicht für breite Füße geeignet
Was haltet ihr von den Canyon Tempr CFR Offroad-Schuhen?
Testablauf
Die Canyon Tempr CFR Offroad-Schuhe wurden uns von Canyon zur Verfügung gestellt und über mehrere Monate hinweg auf dem Gravelbike und Mountainbike auf den Trails rund um Heidelberg ausgiebig getestet. Die Schuhe wurden unter anderem auch beim MTB-Bundesliga-Rennen in Heubach eingesetzt.
Körpergröße | 184 cm |
Schrittlänge | 86 cm |
Oberkörperlänge | 60 cm |
Armlänge | 63 cm |
Gewicht | 73 kg |
- Fahrstil
- Hohes Tempo bergab, mit Blick auf die saubere Linie – bergauf spritzig und schnell
- Ich fahre hauptsächlich
- XC, vereinzelt Marathon- und Etappenrennen
- Vorlieben beim Fahrwerk
- Straff, für Reserven bei groben Absätzen und eine optimale Traktion in Anstiegen
- Vorlieben bei der Geometrie
- Sportlich; Tiefes Cockpit, nicht zu gestreckt