Neues Orbea Rallon Enduro & Downhill Bike im Test: Vollgas auf Downhill-Kurs
Neues Orbea Rallon im Test: Orbea präsentiert die neueste Evolutionsstufe des Orbea Rallon und macht dabei einiges anderes als beim Vorgängermodell. Das neue Rallon ist nicht mehr nur Enduro- – sondern auch Downhill-Bike und konnte letzte Woche unter Tahnée Seagrave bereits seinen ersten Downhill World Cup gewinnen. Wir konnten beide Varianten bereits kurz für euch ausprobieren. Alle Infos und unseren ersten Testeindruck gibt’s hier.
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Steckbrief: Orbea Rallon
Einsatzbereich | Enduro, Freeride, Downhill |
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Federweg | 180-200 mm/170-200 mm |
Laufradgröße | 29ʺ, Mullet (29″/27,5″) |
Rahmenmaterial | Carbon |
Gewicht (o. Pedale) | 16,2 kg |
Rahmengrößen | S, M, L, XL (im Test: L) |
Website | www.orbea.com |
Preisspanne | 5.399 € bis 9.999 € |
Seit 2021 haben die Spanier von Orbea unter der Fahne des OOlab-Projekts bereits fleißig Downhill-Bikes getestet. Zusammen mit Teamfahrer Martin Maes wurde erst ein herkömmliches Orbea Rallon mit Doppelbrücken-Federgabel modifiziert. Später diente dann eine motorlose Variante des E-Bikes Orbea Wild als Testmule. All diese Bemühungen resultierten schließlich in einem waschechten Downhill-Bike, das am vergangenen Wochenende bereits seinen ersten Sieg im Downhill World Cup einfahren konnte. Das Orbea Rallon DH setzt auf einen schicken Carbon-Rahmen, rollt auf Mullet-Laufrädern und verfügt über 200 mm Federweg an Front und Heck.
Doch auch die Enduro-Wurzeln des Rallons werden nicht verleugnet: Der exakt gleiche Carbon-Rahmen kann nämlich auch als Enduro-Bike mit 29″ oder Mullet-Laufrädern sowie mit 180 mm Federweg vorn und 170 mm am Heck aufgebaut werden. Insgesamt werden drei Ausstattungsvarianten des Enduro-Bikes sowie eine Downhill-Version zum Kauf angeboten. Preislich rangiert das neue Rallon zwischen 5.399 € und 9.999 €. Wir konnten sowohl das DH-Bike als auch die Enduro-Variante bereits für euch testen.
Video: Neues Orbea Rallon im ersten Test
Rallon DH vs. Enduro: Das sind die Unterschiede
Gleicher Name, gleicher Rahmen, da kann man schnell mal den Überblick verlieren, deswegen haben wir hier kurz die Unterschiede und Gemeinsamkeiten für euch zusammengefasst. Der Carbon-Rahmen ist exakt gleich. Die unterschiedlichen Federwege werden durch Federgabeln und Dämpfer mit unterschiedlichem Einbaumaß realisiert. Außerdem kommt jeweils eine andere untere Dämpferaufnahme, der sogenannte GravityLink zum Einsatz.
Das ist neu!
- Völlig neue Rahmen-Plattform Der Rahmen des Rallons wurde komplett überarbeitet und erinnert keineswegs an den Vorgänger. Vielmehr hat man sich bei der Formensprache am E-Bike Orbea Wild (Test) orientiert.
- Zwei Bikes, ein Rahmen Der Rahmen des neuen Orbea Rallon kann wahlweise als Vollblut-Downhill-Bike oder als Enduro-Bike aufgebaut werden.
- zahlreiche Verstelloptionen Bei beiden Varianten können Lenkwinkel und Hinterbau-Progression verstellt werden. Zudem ist beim Enduro-Bike auch die Laufradgröße und die Tretlagerhöhe anpassbar. Darüber hinaus kann man beim Kauf aus zwei unterschiedlichen Kettenstrebenlängen wählen.
- Gewichte für den perfekten Schwerpunkt Im Tretlagerbereich des Rallons kann optional ein Gewicht von bis zu 583 g befestigt werden, um den Schwerpunkt des Bikes zu justieren.
Im Detail
Das neue Orbea Rallon wurde von Grund auf neu entwickelt und zeigt äußerlich keinerlei Ähnlichkeiten mit dem Vorgängermodell. Der kantige Carbon-Rahmen setzt auf einen Split-Pivot-Hinterbau mit im Rahmen stehendem Dämpfer. Die Besonderheit hierbei ist, dass dieser tief ins Unterrohr integriert ist. Ebendieses hat nämlich ein Loch, welches vom Federbein durchstochen wird. Als untere Dämpferaufnahme dient der sogenannte GravityLink. Das Frästeil wird mit dem Carbon-Rahmen und Dämpfer verschraubt. Durch diese Bauweise wird nicht nur ein tiefer Schwerpunkt, sondern auch die große Anpassbarkeit des neuen Orbea Rallons erzielt.
Durch unterschiedliche Gravity Links ist es in Kombination mit unterschiedlich langen Dämpfern nämlich möglich, den gleichen Rahmen sowohl als Downhill- als auch als Enduro-Bike zu nutzen. Außerdem ermöglicht der GravityLink beim Enduro-Rallon den Wechsel von 29″ auf Mullet-Laufräder bei gleichbleibender Geometrie. Weil das allein noch nicht genug wäre, wurde der GravityLink zudem mit einem kleinen Flipchip versehen. Dieser fällt bei Enduro und DH-Bike leicht unterschiedlich aus. Während beim Downhill-Bike lediglich die Progression um rund 5 % verstellt werden kann, lässt sich beim Enduro-Bike zusätzlich noch die Tretlagerhöhe anpassen.
Insgesamt gibt es drei GravityLinks für das neue Orbea Rallon: einen Downhill-GravityLink, einen Enduro-29″-GravityLink und einen Enduro-Mullet-GravityLink. Alle drei Links können auch separat erworben werden. Wenn ihr euer Rallon Enduro nach dem Kauf zum Downhill-Bike umrüsten wollt, ist das also kein Problem. Preislich liegen die Enduro-Links bei rund 60 €, während der Downhill-GravityLink für circa 40 € mehr über die Ladentheke wandert. Die Preisdifferenz erklärt sich durch ein absolutes Alleinstellungsmerkmal des neuen Rallons: Um die Gewichtsverteilung des Bikes zu optimieren, können nämlich Gewichte an den GravityLinks montiert werden. Diese bestehen aus einer Zamak3-Legierung und werden einfach verschraubt. Dadurch soll ein justierbarer, tieferer Schwerpunkt erzielt werden. Am Downhill-GravityLink können insgesamt drei Zusatzgewichte mit 93 g, 95 g und 395 g montiert werden. Am Enduro-Bike ist es hingegen lediglich ein einzelnes 553 g schweres Zusatzgewicht. Deswegen sind die Enduro-GravityLinks auch etwas günstiger. Im Fahrbetrieb werden die Gravity-Links von einem Kunststoff-Cover geschützt und verborgen. Dieses fungiert gleichzeitig als Unterrohr-Schutz und lässt sich blitzschnell per Druckknopf lösen.
Obwohl ich jetzt bereits zahlreiche Verstell- und Anpassungsoptionen aufgelistet habe, sind wir noch lange nicht am Ende der Justierbarkeit. Auch der Lenkwinkel des neuen Gravity-Bikes lässt sich dank eines Winkelsteuersatzes nämlich um ± 0,75° verstellen. Darüber hinaus kann man beim Kauf aus zwei unterschiedlichen Kettenstrebenlängen wählen. Ein nachträgliches Verstellen ist hier aber nicht möglich. Dafür müsste man dann die entsprechend langen oder kurzen Ketten- und Sitzstreben nachkaufen.
Natürlich wurde der Fokus bei der Entwicklung des neuen Rallons nicht nur auf die Verstellbarkeit, sondern auch auf die Kinematik gelegt. Der Split Pivot-Hinterbau setzt auf eine progressiv-lineare Kennlinie mit wahlweise 25 % bis 30 % Progression am Downhill-Bike. Die Enduro-Variante teilt sich die gleiche Kinematik, verfügt aber über 2,5 % weniger Progression in beiden Settings. Durch den Drehpunkt in der Hinterrad-Achse sollen die Bremseinflüsse vom Hinterbau entkoppelt werden. Zudem wurde die Kinematik so abgestimmt, dass der Pedalrückschlag möglichst gering ausfällt, was für viel Traktion und ein sensibles Ansprechverhalten sorgen soll. Dementsprechend liegt der Anti-Squat im Sag-Bereich lediglich bei um die 80 % und fällt danach weiter ab. Da sich diese Herangehensweise nicht optimal auf die Antriebsneutralität des Hinterbaus auswirkt, wurde das Rallon Enduro spezifisch auf die Verwendung mit elektronischen Fox Live Valve Neo-Dämpfern ausgelegt.
Besonders interessant wird der Blick auf die Standards. Gerade Hinterbau-Breite und Tretlagerstandard unterscheiden sich bei Enduro- und Downhill-Bikes für gewöhnlich. Das Rallon setzt hierbei auf die bei Enduros verbreiteten Maße. Genau wie beim Specialized Demo kommt ein Boost 148 mm-Hinterbau zum Einsatz. Das Tretlager ist 73 mm breit. An den Ausfallenden findet sich natürlich SRAMS universelles UDH-Schaltauge. Des Weiteren gibt’s an allen Drehpunkten überdimensionierte Enduro Max-Bearings, die von einer zusätzlichen Dichtung vor Wasser und Dreck geschützt werden. Die Züge werden im Rahmen durch Röhrchen geführt und auch ein neuer, weicher Kettenstrebenschutz sowie ein Shuttleguard sind mit von der Partie. Erfreulich ist zudem, dass der Rahmen in kritischen Bereichen wie Hinterbau, Unterrohr und Sitzrohr ab Werk mit Schutzfolie versehen ist. Besonders erwähnenswert ist, dass durch das durchgängige Sitzrohr selbst beim S-Rahmen eine 240er-Variostütze komplett versenkt werden kann.
Zudem bringt das Rallon einige Detaillösungen mit, die für Orbea nicht neu, aber an einem Downhill-Bike eher unüblich sind. So ist im Lager der Umlenkwippe ein kleines Multitool versteckt, während sich in der Hinterrad-Achse ein kleiner 6er-Inbus versteckt. Außerdem gibt es ein Staufach im Unterrohr inklusive Flaschenhalter-Aufnahme auf der Klappe.
Geometrie
Das neue Orbea Rallon ist in vier Rahmengrößen von S bis XL erhältlich. Diese setzten durch die Bank weg auf einen ausbalancierten, moderaten Reach der in 25 mm-Schritten anwächst. Kombiniert wird dieser wahlweise mit 442 oder 450 mm langen Kettenstreben. Auch ein hoher Stack sowie ein tiefes Tretlager gehören zum Geometriekonzept. Zudem gibt’s einen mit fast 80° extrem steilen Sitzwinkel. Der Lenkwinkel ist flach, aber nicht extrem und kann zudem dank eines Winkelsteuersatzes von seinem Ausgangspunkt um ±0,75° verstellt werden.
Beim Enduro-Bike ermöglicht der Flipchip im GravityLink außerdem eine Anpassung der Tretlagerhöhe. Diese kann hier bei Bedarf um 7 mm verstellt werden, wodurch sich auch der Lenkwinkel um 0,5° verändert.
Durch die verschiedensten Verstellmöglichkeiten des Rallons ergeben sich natürlich zahlreiche verschiedene Geometrie-Optionen. All die 260 Konfigurationen können wir in unserem Geometrics-System leider nicht abbilden. Deswegen haben wir uns hier auf die Geometrie im Auslieferungszustand konzentriert. Auf der Orbea-Website gibt es allerdings einen Konfigurator, der jede mögliche Konfiguration und die entstehende Geometrie abbildet. Hier geht’s zum umfangreichen Orbea Geometrie Konfigurator.
Rallon DH
Rallon Enduro
Ausstattung
Orbea bietet das neue Rallon in insgesamt vier Ausstattungsvarianten zum Kauf an. Davon drei Enduro-Versionen und ein Downhill-Bike. Dabei setzten alle Ausstattungsvarianten auf ein Fox Factory-Fahrwerk. Ein Modell kommt mit Fox Float X Live Valve Neo-Dämpfer, die übrigen setzen auf den Fox Float X2. Alle Bikes vertrauen auf Shimano-Bremsen, während die Shimano-Phalanx beim Antrieb einmal von SRAM durchbrochen wird. Preislich geht’s bei 5.999 € los, das Ende der Fahnenstange ist bei 9.999 € erreicht. Die Downhill-Ausstattungsvariante schlägt mit einem Kaufpreis von 7.999 € zu Buche. Hier wäre eine etwas preiswertere Ausstattungsvariante im Hinblick auf das im Downhill- und Bikepark-Business tendenziell jüngere und nicht ganz so kaufkräftige Klientel allerdings durchaus wünschenswert.
Wie bei Orbea üblich, kann auch das Rallon dank des MyO-Programms großzügig individualisiert werden. Hier könnt ihr nicht nur die Rahmen- und Decal-Farbe ganz nach eurem Geschmack wählen, sondern auch einzelne Komponenten austauschen. Auch die Wahl der Hinterbaulänge und Laufradgröße beim Enduro-Bike kann dort getroffen werden.
Wir haben sowohl die 7.999 € teure D-LTD-Downhill-Ausstattungsvariante als auch eine etwas modifizierte Variante der Enduro E-LTD-Ausstattung für euch getestet. Letztere brachte mit Aluminium-Laufrädern, 240 mm-Fox Transfer und Fox Float X2 16,2 kg auf die Waage. Das Downhill-Bike ist 200 g schwerer. Beide Gewichtsangaben verstehen sich inklusive der verbauten Gewichte.
Ausstattungsvariante | E-10 | E-Team | E-LTD | D-LTD |
---|---|---|---|---|
Federgabel | Fox 38 Factory, 180 mm | Fox 38 Factory, 180 mm | Fox 38 Factory, 180 mm | Fox 40 Factory, 200 mm |
Dämpfer | Fox Float X2 Factory, 170 mm | Fox Float X2 Factory, 170 mm | Fox Float X Neo Factory, 170 mm | Fox Float X2 Factory, 200 mm |
Bremsen | Shimano MT6120 | Shimano XT | Shimano XTR | Shimano XTR |
Antrieb | Shimano SLX | Shimano XT | SRAM X0 Transmission | Shimano Saint |
Laufräder | RaceFace AR30 | Oquo MC32 Team | Oquo MC32 LTD | Oquo MC32 Team |
Preis (UVP) | 5.399 € | 6.999 € | 9.999 € | 7.999 € |
Auf dem Trail
Orbea Rallon DH
Am ersten Testtag mit dem neuen Rallon stand die DH-Variante auf dem Programm. Leider präsentierte sich das spanische Wetter ähnlich wie beim ersten World Cup der Saison in Polen, wenn auch glücklicherweise nicht ganz so kalt. Dementsprechend musste das neue Rallon DH direkt mal beweisen, wie es mit nassen Wurzeln, schlammigen Steinen und steilen, rutschigen Shoots zurechtkommt. Getestet wurde das lange Kettenstreben-Setup und das progressivere Hinterbau-Setting. Der Einstellprozess gestaltet sich recht einfach, und ich habe schnell ein passendes Setup gefunden. Erwähnenswert ist allerdings, dass die Rebound-Einstellknöpfe des Fox Float X2 nicht ganz leicht erreichbar sind. Hier muss erst die Unterrohr-Klappe geöffnet und, wenn montiert, auch das mittlere Gewicht entfernt werden. Dies ist zwar keine größere Operation, aber es müssen immerhin zwei Schrauben gelöst werden.
Auf dem Trail sorgt das Rallon DH dann dafür, dass ich mich schnell wohlgefühlt habe. Der Reach von 474 mm passt wie angegossen und harmoniert gut mit den 450 mm langen Kettenstreben. Das Bike weist eine perfekte Balance mit viel Druck an der Front auf und man hat das Gefühl, sehr tief und gut integriert im Bike zu stehen. Das gibt Sicherheit und hilft mir, auf den ersten ziemlich rutschigen Abfahrten in den Rhythmus zu kommen. Das DH-Bike liegt insgesamt sehr satt auf dem Trail lässt sich sehr gutmütig manövrieren und zeigt dabei keinerlei komische Eigenheiten. Auch das Reinlegen in Kurven gelingt intuitiv, was eventuell auch dem tiefen Schwerpunkt zu verdanken ist. Anfängliche Befürchtungen, aufgrund des steilen Sitzwinkels und des Sitzrohr-Offsets ungewollt oft mit dem Sattel in Kontakt zu kommen, erwiesen sich als unbegründet. Insgesamt hat man ziemlich viel Bewegungsfreiheit auf dem Rallon DH.
Der Hinterbau musste in den Testbedingungen sein ganzes Können unter Beweis stellen, um jedes Quäntchen Grip aus dem lehmigen Boden herauszuziehen und leistete sich dabei keine Blöße. Das Heck spricht richtig sensibel an und generiert viel Traktion. Gerade bei kleinen, ruppigen Schlägen fühlt sich das Heck super smooth an und bügelt eindrucksvoll alles platt. Das sorgt nicht nur für viel Grip, sondern auch für jede Menge Fahrkomfort. Auch größere Schläge und Kompressionen steckt das Rallon gekonnt weg, ohne je auch nur Anstalten zu machen, dass dabei Kontrolle flöten geht. Das Rallon bleibt stabil. Bei kurzen Zwischensprints gibt es allerdings Downhill-Bikes, die etwas schneller aus dem Quark kommen als das Rallon, und auch der Fahrerinput wird nicht immer direkt umgesetzt. Drückt man in die Federung, sackt das Rallon erst mal etwas ein. Bikes wie das Santa Cruz V10 sind hier direkter. Allerdings poppt das Rallon, nachdem es anfänglich etwas mehr Federweg genutzt hat, trotzdem schön ab. Dadurch kann man immer noch hervorragend an Wellen beschleunigen und auch wirklich gut abspringen. Trotz seines ausgezeichneten Bügelverhaltens ist das Rallon also nicht am Boden festgeklebt, wie man es von manchen High-Pivot-Bikes kennt.
Bei den matschigen Bedingungen zeigte sich die Konstruktion des Unterrohrs mit dem integrierten Dämpfer allerdings als kleine Schwachstelle, da sich hier relativ viel Matsch ansammelte. Nach einigen Fahrten habe ich auch mit den optionalen Gewichten herumexperimentiert. Diese sind standardmäßig verbaut. Auf unserer Teststrecke konnte ich allerdings keine wirklich negativen Effekte des leichteren Setups feststellen. Das mag zum einen an dem tendenziell eher engen und nicht super schnellen Kurs und zum anderen an dem ganzen Matsch gelegen haben, der sich nach kürzester Zeit am Bike ansammelte. Die Option, einfach Gewicht hinzuzufügen oder zu entfernen, ist allerdings eine sehr coole Lösung.
Grundsätzlich war das Rallon insgesamt ein sehr leises Bike. Lediglich die Kette klapperte hin und wieder, was auf die etwas ausbaufähige Spannung des Saint-Schaltwerks zurückzuführen war.
Orbea Rallon Enduro
Der zweite Testtag in den Pyrenäen brachte glücklicherweise weniger Regen, mehr Grip und entschieden bessere Testbedingungen. Jetzt stand das Enduro-Bike auf dem Programm. Da ich lange Zeit das Vorgängermodell gefahren bin, war ich sehr gespannt, wie sich die insgesamt siebte Iterationsstufe des Rallons schlagen würde. Und was soll ich sagen – die Zahlen lügen nicht. Nicht nur auf dem Papier, sondern auch in der Praxis ist das Rallon ein deutlich abfahrtslastigeres Bike geworden. Genau wie beim Downhill-Bike steht man schön tief integriert im Bike und kann sich über eine gute Balance freuen. Beim Enduro war ich mit den kürzeren, aber immer noch nicht kurzen 442 mm-Kettenstreben unterwegs. Besonders gefällt mir im Vergleich zum Vorgänger allerdings die Reduktion des Reachs in Rahmengröße L. Die etwas kompakteren Maße fühlen sich für mich deutlich stimmiger an. Das Handling weiß schlichtweg zu überzeugen: Das Rallon lässt sich intuitiv und ohne viel Kraftaufwand steuern, in Kurven legen oder durch Steinfelder manövrieren.
Nach einigen Metern auf dem Testtrail wird schnell klar: Die Enduro-Variante des Rallons kann seinen Downhill-Hintergrund nicht verleumden. Trotz des reduzierten Federwegs bügelt das spanische Enduro Wurzelteppiche sagenhaft platt und generiert richtig viel Grip. Hier ist man definitiv auf einem Mini-DH-Bike unterwegs. Dies kommt mit zahlreichen Vorteilen wie jeder Menge Laufruhe, viel Fahrkomfort, viel Traktion und viel Sicherheit. Aber auch mit einigen Nachteilen: Wie schon das DH-Bike reagiert auch das Enduro etwas träger auf Fahrerinput und ist schlichtweg nicht das spritzigste Bike auf dem Markt.
Dies merkt man auch, wenn es in den Uphill geht. Dank des steilen Sitzwinkels sitzt man sehr zentral und tritt wie zum Beispiel beim Raaw Madonna (Test) praktisch von oben in die Pedale. Dabei zeigt sich der Hinterbau im offenen Setting aktiv und neigt zum Wippen, was den Griff zum Climbswitch-Hebel zum stetigen Begleiter macht. Grip gibt’s allerdings jede Menge und auch das Vorderrad bleibt zuverlässig am Boden. Eine Bergziege ist das Rallon allerdings auch aufgrund des soliden Gewichts nicht. Hier zeigt sich deutlich einer der Unterschiede zum Vorgängermodell: Dieses zeigte sich sowohl im Up- als auch im Downhill spürbar agiler und direkter. Das alte Rallon war zudem leichter und avancierte eher zum Alleskönner als die neue potentere und abfahrtslastigere Iteration.
Wie bereits erwähnt wurde das Rallon Enduro explizit mit dem neuen elektronischen Fox Live Valve Neo-Dämpfer im Hinterkopf konstruiert. Dementsprechend habe ich nach einiger Zeit auf den Fox Float X Live Valve Neo gewechselt. Das sorgte wenig verwunderlich dafür, dass sich das Rallon bergauf automatisch total antriebsneutral und dadurch auch deutlich spritziger präsentierte und auch in der Abfahrt sorgte der Dämpfer für mehr Support und Spritzigkeit. Allerdings kann das Bike mit dem elektrischen Dämpfer auch nicht ganz an das sensible Ansprechverhalten und die hohe Traktion des Float X2 anknüpfen. Insgesamt hätte ich es deutlich stimmiger gefunden, wenn Orbea hier den etwas abfahrtslastigeren Fox DHX Live Valve Neo verbaut hätte. Ein Fox Float X hat meiner Meinung nach nur bedingt etwas an einem Bike mit 170 mm Federweg zu suchen.
Auch abseits der Fahreigenschaften weiß das Orbea Rallon zu überzeugen. Das Bike ist angenehm leise. Der Lockr-Kofferraum funktioniert gut und die Optionen zur Verstellung sind umfangreich. Der einzige kleine Wermutstropfen: Bei großen Schlägen und G-Outs kann die Trinkflasche sich leicht aus dem Orbea-Flaschenhalter lösen und am Oberrohr anschlagen.
Erster Test-Eindruck: Orbea Rallon
Beim Orbea Rallon der siebten Generation steht Revolution statt Evolution auf dem Programm. Der neue Carbon-Rahmen lässt sich vielfältig verstellen und kann je nach Gusto als Downhill- oder Enduro-Bike aufgebaut werden. Dabei ist egal, in welchem Gewand sich das Rallon kleidet: Eine ausgewogene Geometrie, ein sicherer, tiefer Stand im Bike und ein sehr feinfühliger, bügelfreudiger Hinterbau zeichnen beide Varianten aus. Im Vergleich zum Vorgänger geht man so einen ordentlichen Schritt in Richtung Abfahrt – mit allen verbundenen Vor- und Nachteilen. Dazu gibt's jede Menge schicke wie durchdachte Details und die Individualisierungsmöglichkeiten des MyO-Programms.
Nicht nur der durchaus passende World Cup-Sieg von Tahnée Seagrave, sondern auch die Fahreigenschaften ihres Arbeitsgeräts, des neuen Orbea Rallon DH, sorgen meiner Meinung nach für ein sehr gelungenes Downhill-Debüt der Basken.
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Testablauf
Wir hatten die Möglichkeit, das neue Orbea Rallon auf einem Pressecamp in Spanien für zwei Tage zu testen. Dabei wurden die meisten Höhenmeter per Shuttle zurückgelegt. Am ersten Testtag wurde die DH-Variante des Rallons auf nassen, rutschigen Trails getestet, während am zweiten Tag der Test des Enduro-Bikes auf dem Programm stand. Die Kosten für das Pressecamp wurden von Orbea getragen.
Hier haben wir das Orbea Rallon getestet
- Val d’Aran, Spanien abwechslungsreiche teils gebaute, teils natürliche Trails jedweder Couleur. Von eng bis schnell und von wurzelig bis steinig war alles mit dabei.
Körpergröße | 184 cm |
Schrittlänge | 87 cm |
Oberkörperlänge | 67 cm |
Armlänge | 63 cm |
Gewicht | 74 kg |
- Fahrstil
- sauber, hohes Grundtempo
- Ich fahre hauptsächlich
- Enduro, Trail, Downhill
- Vorlieben beim Fahrwerk
- vorne straffer als hinten, schneller Rebound, nicht zu viel Dämpfung
- Vorlieben bei der Geometrie
- moderater Reach, keine zu kurzen Kettenstreben, flacher Lenkwinkel