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Getriebe, Gewichte und noch mehr Elektronik: 7 Technik-Trends vom Downhill World Cup in Polen

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Der erste Downhill World Cup 2025 ist Geschichte, doch einige technische Innovationen werden uns mit Sicherheit die ganze Saison lang begleiten. Wir haben die wichtigsten Technik-Trends vom Downhill World Cup für euch zusammengefasst.

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„Fußball ist ein einfaches Spiel. 22 Männer jagen 90 Minuten einen Ball und am Ende gewinnen immer die Deutschen.” Dieses Zitat der englischen Fußball-Legende Gary Lineker könnte man auch ziemlich problemlos auf den Downhill World Cup übertragen, denn am Ende gewinnt im Normalfall ein Franzose. Der World Cup-Auftakt im polnischen Bielsko-Biala war der beste Beleg hierfür, denn trotz aller Widrigkeiten, extremen Wetterverhältnisse und Ungewissheit im Vorfeld konnte sich – mal wieder – Loïc Bruni durchsetzen. Langeweile kam aber definitiv keine auf, was auch daran liegt, dass es zum Saison-Auftakt neben den zahlreichen Regel-Änderungen auch viel spannende Technik zu entdecken gab. Wir haben die wichtigsten Technik-Trends aus Bielsko-Biala für euch zusammengefasst.

Getriebe-Bikes sind keine Exoten mehr

Schon seit vielen Jahren wird prophezeit, dass die klassische Kettenschaltung längst ausgedient hat und Getrieben die Zukunft gehört. Wenn man ehrlich ist, war das bisher aber eher Wunschdenken als Realität. 2025 sind Räder mit Getriebe und Riemen-Antrieb aber deutlich häufiger in den Pits vertreten. Gleich vier World Series-Teams – MS Racing auf Zerode, Intense Factory Racing, Continental Atherton und AON Racing auf Rädern von Gamux setzen in dieser Saison voll und ganz auf Arbeitsgeräte mit Getriebe und Gates-Riemen.

# AON Racing ist eines von vier Teams, das in diesem Jahr auf einem Bike mit Getriebe und Gates-Riemen unterwegs ist - zum Sieg hat es zwar nicht gereicht, aber man sieht in diesem Jahr definitiv mehr Räder ohne Kettenschaltung.

Das liegt sicherlich auch an der Gates Belted Purse-Challenge, bei der die oder der erste Sieger in der Elite-Kategorie ein saftiges Preisgeld in Höhe von 100.000 € erhalten wird. Doch die besagten Teams setzen mit Sicherheit nicht nur wegen dieses saftigen Anreizes auf Getriebe – schließlich dürften die Entwicklungskosten und die laufenden Kosten für ein World Series-Team das hypothetische Preisgeld deutlich übersteigen. Die Räder mit Riemen-Antrieb sind in Polen vor allem durch ihre äußerst geringe Geräuschkulisse positiv aufgefallen. Ergebnistechnisch waren die Athletinnen und Athleten auf Getriebe-Bikes aber recht weit davon entfernt, die Gates Belted Purse-Challenge zu knacken.

Bei den Männern hat es mit Joe Breeden lediglich ein Fahrer mit Getriebe-Bike ins Finale geschafft und dort mit Platz 16 die Erwartungen übertroffen. In den Top 15 der Frauen waren mit Gloria Scarsi und Hattie Harnden gleich zwei ehemalige Enduristinnen auf Getriebe-Bikes unterwegs. Beide waren stark unterwegs, hatten im Finale aber nichts mit der Entscheidung zu tun – auch wenn Hattie Harnden Gerüchten zufolge nicht von einem Zuschauer, sondern einem Gates-Mitarbeiter auf dem Weg zum möglichen Sieg ausgebremst worden ist. Eindruck hinterlassen hat außerdem Oli Cark von MS Racing, der sein Zerode in der Junioren-Kategorie auf Platz 3 katapultiert hat und bereits im Training für Staunen gesorgt hat. Basierend auf den Impressionen aus Bielsko-Biala scheint es aber durchaus wahrscheinlich, dass vor allem in der Frauen-Kategorie dieses Jahr Bikes mit Getriebe ziemlich weit vorne landen könnten.

Ist eine neue Generation Flight Attendant im Anflug?

Elektronik ist auch im Downhill-Sport inzwischen nicht mehr wegzudenken. Seit einiger Zeit sind elektronische Fahrwerke zumindest in der Weltspitze fest etabliert – egal, ob die Fahrwerke nun aus dem Hause Fox, Öhlins oder RockShox stammen. Das RockShox Flight Attendant-Fahrwerk konnte schon diverse World Cup-Siege und WM-Titel feiern. Nun scheint es so, dass eine neue Variante erprobt wird.

# Die Flight Attendant-Kontrolleinheit an den Bikes der Commencal Muc-Off-Profis war definitiv größer als die regulärer Flight Attendant-Fahrwerke - auch Vali Höll war mit einem ähnlich großen Kasten an der Gabel unterwegs.

Auffällig war jedenfalls, dass an einigen Rädern der Commencal Muc-Off-Profis eine deutlich größere Kontrolleinheit an der Federgabel verbaut und mit einem Blackbox-Schriftzug versehen war. Diese größere Kontrolleinheit, die wir unter anderem an den Rädern von Amaury Pierron und Loris Vergier erspäht haben, ist per Kabel mit einem großen, runden Leuchtknopf am Vorbau verbunden. Dieser Leuchtknopf, der wirklich kaum zu übersehen war, scheint in erster Linie eine visuelle Anzeige über den aktuellen Flight Attendant-Modus zu sein.

# Dieser Leuchtknopf war per Kabel mit der Kontrolleinheit verbunden - er zeigt an, in welchem Modus sich das Flight Attendant-kontrollierte Fahrwerk befindet.

Interessant jedoch ist, dass zumindest Loris Vergier in seinem Final-Run ohne Leuchtknopf am Vorbau unterwegs war, aber dennoch die deutlich größere Kontrolleinheit an seiner RockShox Boxxer montiert hatte. Möglicherweise wollte sich der ehemalige Weltmeister im entscheidenden Run nicht ablenken lassen. Um aber einfach nur einen leuchtenden Indikator mit Informationen zu füttern, erscheint uns die vergrößerte Kontrolleinheit dann doch etwas sehr groß. Man darf gespannt sein, woran RockShox hier aktuell arbeitet.

Das Fashion-Accessoire 2025: Bremsscheiben-Cover!

Wer in diesem Jahr zu den coolen Kids gehören will, braucht ganz eindeutig Abdeckungen für die Bremsscheiben. Diesen Motocross-inspirierten Trend hat kein Geringerer als Loïc Bruni 2024 beim World Cup-Auftakt in Fort William bei ebenfalls nassen und kalten Bedingungen losgetreten. Die Abdeckungen sollen Nässe von der Bremsscheibe fernhalten und somit bei Verhältnissen wie am vergangenen Wochenende für ein deutlich konstanteres Bremsverhalten sorgen. Zwar wirken sich die Cover sicherlich nachteilig auf die Belüftung der Bremsscheibe und damit die Hitzekonstanz aus, doch bei einem etwa 3-minütigen Final-Run in der Kälte dürfte das ein zu vernachlässigender Aspekt sein.

# Wenn's so weitergeht, dann wird Scott in spätestens drei Jahren den Fahrer vollständig ins Rad integrieren.

So waren in Bielsko-Biala nahezu alle großen Teams mit verdeckten Bremsscheiben unterwegs. Der Anblick der verhüllten Bremsscheiben ist sicherlich gewöhnungsbedürftig – einige Lösungen wirkten schon sehr durchdesignt, andere hingegen etwas hemdsärmliger konstruiert. Optisch den Vogel abgeschossen hat das Scott Factory-Team, das die Bremsscheiben-Cover mal eben als Werbefläche für die Team-Sponsoren genutzt hat. Bleibt die Frage: Wann gibt’s endlich Mountainbikes mit komplett integrierten Bremsscheiben!?

Gewichte und Gegengewichte

Dass sich die schnellsten Fahrerinnen und Fahrer der Welt freiwillig Gewichte an die Arbeitsgeräte basteln, um den Schwerpunkt möglichst tief und zentral zu bekommen, ist schon seit einigen Jahren ein weit verbreiteter Ansatz. Das neue Orbea Rallon, das wohl in Kürze gelauncht wird, verfügt sogar über ein vorgefertigtes System, mit dem das Gewicht im Tretlager-Bereich angepasst werden kann. Der Zweck heiligt beim Thema Gewicht aber die Mittel, sodass in Bielsko-Biala die Gewichte oft auch einfach nur angeklebt oder mit Kabelbindern befestigt waren.

Interessant ist aber definitiv der Trend, dass Gewichte nicht nur im Bereich des Tretlagers, sondern auch rund um die Startnummer montiert sind. Massedämpfer sind sozusagen das passende Gegengewicht. Sie werden entweder am gefederten Element, also nahe der Gabel oder dem Dämpfer, in der Nähe zum Fahrer angebracht oder auch im Bereich der Hinterrad-Achse. Von Rimpact gibt es inzwischen außerdem ein System, das im Steuerrohr montiert wird. Das Ziel ist bei allen Ansätzen, hochfrequente Vibrationen zu unterdrücken und somit Traktion und Komfort zu verbessern.

# Mondraker war eines der ersten Teams, das mit Massedämpfern experimentiert hat - hier gut zu erkennen ist das silberne Röhrchen neben der Startnummer am Rad von Ronan Dunne. Inzwischen haben sehr viele Fahrer einen vergleichbaren Ansatz montiert.

Nachdem der Chef-Bastler Loris Vergier und das Mondraker Factory Team in der vergangenen Saison mit solchen Massedämpfern herumexperimentiert haben, waren diese Systeme beim Auftakt in Polen nun an vielen Rädern zu entdecken. Besonders auffällig sind natürlich die Ansätze, bei denen das System in der Nähe der Gabelkrone montiert ist, während der Ansatz von Rimpact unsichtbar integriert ist (aber unseren Informationen nach auch an diversen Bikes gefahren wird). Interessant war auch der am Arbeitsgerät von Loris Vergier montierte Massedämpfer, der aufgrund seiner Form optisch an eine Mini-Pumpe erinnert hat. In den Elite-Kategorien haben sich am Ende allerdings Räder ohne Massedämpfer durchsetzen können, jedenfalls basierend auf unseren Beobachtungen. Massedämpfer werden aber mit Sicherheit eines der spannendsten Technik-Themen dieser Saison.

Mehr Buttons!

Loïc Bruni mag auf Massedämpfer verzichtet haben, doch keiner reicht dem Franzosen das Wasser, wenn es um Knöpfchen am Lenker geht. Schon seit einigen Jahren fährt der ausnahmsweise mal nicht amtierende Weltmeister mit einem Controller mit drei farbigen Buttons im Bereich des linken Bremshebels seines Specialized-Arbeitsgeräts. In Bielsko-Biala war nun ein zusätzlicher Controller an der rechten Seite befestigt.

# Den Controller auf der linken Seite am Rad von Loïc Bruni kennen wir bereits …
# … doch 2025 kommen noch mehr Knöpfchen dazu.

Dieser neue Controller auf der rechten Seite ähnelt dem auf der linken Seite, verfügt aber lediglich über zwei Buttons: Ein roter Knopf unten und ein schwarzer Knopf darüber. Was genau mit den Buttons gesteuert wird, bleibt natürlich ein Geheimnis. In den Pits konnten wir jedoch beobachten, wie Loïc Mechaniker die Buttons am rechten Controller gedrückt und dabei mit seinem Ohr am Dämpfer gelauscht hat. Daher könnte es sein, dass die Elektronik am Öhlins-Dämpfer mit den Knöpfchen rechts an- und ausgeschaltet und mit den bunten Tasten am linken Controller dann in den verschiedenen Modi verstellt wird. Gerüchten zufolge ist Loïc Bruni aber auch großer Fan von FIFA und verbringt viele Stunden an der Playstation. Es kann also auch sein, dass der Franzose während der Fahrt hier einfach ein paar Tricks und Schussfinten übt. Ob er 2026 dann einfach mit einem 780 mm breiten Dual Shock-Controller statt mit einem Renthal-Lenker an den Start gehen wird? Gut möglich.

Freie Sicht per Knopfdruck

Vor allem bei regnerischen Rennen ist die Sicht wohl das leidigste Thema – so auch in Bielsko-Biala. Prinzipiell war die Strecke nicht langsamer als bei Trockenheit, was auch ein Blick auf die Ergebnisse offenbart: Loïc Bruni war im Finale bei extrem nasser Strecke ganze 4 Sekunden schneller als in seinem Quali-Run auf trockener Strecke. Was im Finale jedoch deutlich eingeschränkt war, war die Sicht, denn die Goggles der Fahrerinnen und Fahrer waren von Anfang bis Ende heftigem Matsch-Beschuss ausgesetzt. Unter anderem hatten Richie Rude und Vali Höll in ihren Final-Runs mit den Tear Offs an ihren Brillen zu kämpfen, was sicherlich wertvolle Zeit gekostet haben dürfte.

# Die Goggle von Jackson Goldstone kam uns im Q1-Lauf ungewohnt wuchtig vor - hier war scheinbar das kabellose Risk Racing Ripper-System befestigt. Per Knopfdruck am Lenker hat man so wieder freie Sicht. Auch hier ist übrigens ein Massedämpfer an der Gabel verbaut.

Aufgefallen ist uns zumindest im Training ein kabelloses System, das unter anderem an den Goggles von Jackson Goldstone und Thibaut Daprela befestigt war. Unserer Recherche nach könnte es sich dabei um das Ripper-System des nordirischen Herstellers Risk Racing handeln. Per Knopfdruck am Lenker wird hier das spezielle Roll Off-System aktiviert, sodass man nicht mehr die Hände vom Lenker entfernen muss, um klare Sicht zu haben. Weshalb es keine vergleichbaren Systeme von anderen Herstellern gibt, ist für uns nicht ganz ersichtlich – im Vergleich zu elektronisch gesteuerten Fahrwerken scheint es sich hier um eine vergleichsweise simple Funktionsweise mit großer Wirkung zu handeln. Wenn uns nicht alles täuscht, war zumindest Jackson Goldstone im Finale jedoch ohne das System unterwegs, obwohl das Wetter hier mit Abstand am schlechtesten war. Und ein tiefer Blick in die Augen von Andi Kolb hat nach dessen Rennlauf trotz Abwesenheit von Tear Offs oder Roll Offs eine perfekte Sicht offenbart. Entweder ist der Österreicher also zu cool für eine vollgesaute Brille oder hat das Glas kurzerhand eingesprüht. Schon Mehmet Scholl war ja bekanntlich so heiß, dass der FC Bayern überlegt hat, das Olympia-Stadion mit Teflon einzusprühen, damit er nicht festklebt …

Pedal-Kickback kontrollieren ohne O-Chain

Das italienische O-Chain-System hat den Downhill- und Enduro-Sport in den letzten Jahren maßgeblich geprägt. Beim O-Chain handelt es sich um ein bewegliches Bauteil, das zwischen Kurbel und Kettenblatt sitzt und eine gewisse Bewegung zwischen den Bauteilen erlaubt. Das soll dafür sorgen, dass Schläge in den Füßen nicht mehr so stark wahrgenommen und Pedal-Kickback gedämpft wird. In unserem O-Chain-Test konnte das System überzeugen. Obwohl sie nicht von O-Chain gesponsert wurden, haben viele Fahrerinnen und Fahrer das System in den letzten Jahren freiwillig an ihren Arbeitsgeräten verbaut.

Das Thema Pedal-Kickback ist nach wie vor relevant, doch inzwischen scheint es so, als ob sich andere Ansätze stärker verbreiten. Bereits im vergangenen Jahr hat e*thirteen mit der Sidekick-Nabe eine Hinterrad-Nabe mit eingebautem Miniatur-O-Chain auf den Markt gebracht und erfolgreich im World Cup getestet (zu unserem Artikel: e*thirteen Sidekick Nabe Test). Als wir das Arbeitsgerät von Andi Kolb näher unter die Lupe genommen haben, ist uns aufgefallen, dass der Österreicher an seinem YT Tues kein O-Chain mehr fährt, obwohl er in der Vergangenheit auf Atherton auf das italienische System geschworen hat.

# Am Arbeitsgerät von Andi Kolb war in beide Richtungen auffällig viel Leerweg - und das, obwohl der Österreicher inzwischen ohne O-Chain fährt. Die Lösung für dieses Mysterium dürfte in der Hinterrad-Nabe von DT Swiss stecken.

Stattdessen scheint DT Swiss wohl an einer eigenen Lösung zu arbeiten, den Pedalrückschlag schon in der Hinterrad-Nabe in den Griff zu bekommen. Auffällig war jedenfalls zum einen der spürbar großzügige Freilauf an der uns unbekannt vorkommenden DT Swiss-Nabe von Andi Kolb und andererseits auch die Tatsache, dass plötzlich einige Profis im World Cup-Zirkus vom O-Chain-System abgekommen sind – gleichzeitig aber besagte DT Swiss-Nabe verbaut haben. Daher würde es uns nicht wundern, wenn der von e*thirteen im Downhill World Cup erfolgreich implementierte Ansatz derzeit auch von anderen Naben-Herstellern erprobt wird. Wie genau die jeweiligen Lösungen aussehen, ist aktuell noch nicht zu sagen. Doch man kann fest davon ausgehen, dass das Thema Pedalrückschlag möglichst effektiv eliminiert werden soll.

Welcher Technik-Trend fasziniert dich besonders?


Alle Artikel zum Downhill World Cup Bielsko Biala 2025 | Alle Infos zum Downhill World Cup 2025

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