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Ahmed Al-Akedy: Allrounder im Grenzgebiet

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Mit dem Auto dauert es keine Viertelstunde, bis man von Behren-lés-Forbach zum Stadtrand von Saarbrücken, also von Frankreich nach Deutschland gelangt. Und wenn Ahmed Al-Akedy auf diesen zwölf Kilometern jeden Strauch mit Vornamen kennt, hat das sehr viel mit seiner Leidenschaft für den Kampfsport zu tun. Jenseits der Grenze, im Départment Moselle, steht die kommunale Mehrzweckhalle, in der er an zwei bis drei Mal unter der Woche Jugendliche und junge Erwachsene im olympischen Boxen, in Kickboxen und Muay Thai trainiert. Aber auch sein Eigenheim mit dem umfunktionierten Keller, wo er in Corona-Zeiten manchen Youngster aus den schmucklosen Wohnblocks in der Nachbarschaft in Form halten konnte.

Diesseits wiederum, auf deutschem Boden, praktiziert Al-Akedy jeden Dienstag und Donnerstag das Gleiche in einer geräumigen Halle an der Metzer Straße, einen Steinwurf vom Grenzübergang Goldene Bremm entfernt. Dabei wird er von Sindi, seiner mindestens ebenso sportversessenen Gattin, sowie weiteren, lizenzierten Ausbildern assistiert. Allein wäre er mit dreißig und mehr Aktiven aller Herkunft auch heillos überfordert, wie er gesteht. Jeder braucht doch seine eigene, individuelle Ansprache und seinen eigenen Fahrplan, ob er nun Neueinsteiger oder Routinier, Lothringer oder Saarländer ist – wobei erstere nach seiner Erfahrung im Zweifel »härter, bissiger« sind, »die Frauen noch schlimmer als die Männer«.

So ist das Überschreiten von Grenzen für den dezent auftretenden Mann mit dem getrimmten Henriquatre-Bärtchen eine alltägliche Übung – und er als Deutscher mit irakischen Wurzeln so etwas wie das verbindende Scharnier. Viel lieber als zu trennen und zu unterscheiden, bringt der 51-jährige seit jeher Menschen und Inhalte zusammen. Das gilt für die bunt gemischten Trainingsgruppen wie für die Box- und Kampfstile, mit denen er letztlich dieselben Tugenden vermitteln will: Disziplin und Achtsamkeit, Konzentration und, das vor allem, Respekt für den Gegner.

»Deswegen ist es für die jungen Leute gar nicht so wichtig, womit sie anfangen«, sagt er. »Die sollen einfach erstmal machen… Man kann doch nur zusammen was erreichen.«

Alles unter einem Dach: Zweikampf hat hier viele Facetten

In dem Sinne ist unter dem hohen Dach des Gyms in Saarbrücken so einiges zu Hause – von der Nai Khanom Tom Akademie für Muay Thai über eine Kickbox-Gruppe bis zu dem Verein fürs klassische Boxen, der mit neun anderen zur Saarländischen Box-Union (SBU) und damit auch zum DBV gehört. Der heißt Fight Team Gypsy, »weil wir lange keine feste Halle hatten und zum Trainieren durch die ganze Stadt wandern mussten«, wie dessen Begründer erzählt, und was dem an Historie fehlen mag, lässt sich eines Tages vielleicht durch ein Plus an Zukunft ausgleichen. Gerade, weil hier erstmal jede® eingefangen wird, der oder die sich in Richtung Kampfsport ausprobieren, aber nicht gleich festlegen will.

Al-Akedy ist in jedem Fall vorbereitet: Er hat unterm Dach der SBU nicht nur seinen DBV-Trainerschein gemacht, sondern auch mehrere Kurse in der medizinischen Versorgung der Aktiven zwischen den Runden absolviert. Außerdem blickt er auf langjährige Praxis als Ansprechpartner in der Ecke zurück; nicht zu reden von eigenen Erfahrungen im Ring. Das alles hat ihm klar gemacht, wie wichtig das Vertrauensverhältnis zwischen Aktiven und Betreuern ist: »Ein Kampf ist immer etwas, das Druck erzeugt, und diesen Druck kannst du nicht allein bewältigen. Den musst du mit jemand teilen, der dich versteht. Du teilst mit ihm ja auch die Verantwortung für deine Gesundheit, deinen Körper…«

Ein Kampf ist immer etwas, das Druck erzeugt, und diesen Druck kannst du nicht allein bewältigen. Den musst du mit jemand teilen, der dich versteht.

Ganz nah dran und jederzeit verbindlich zu sein: Diese besondere Art ist wohl ein Vermächtnis des Vaters, wie er selbst einordnet. Der hat ihm und seinen Geschwistern nach dem Wechsel von Bagdad an die Saar (1980) eingeschärft, sich aktiv in die aufnehmende Gesellschaft einzubringen. In dem Spirit ist sein Sohn Mitarbeiter eines nahen Unternehmens für Baumaschinen und Familienvater, zweifacher Gym-Betreiber und Trainer geworden – sowie inzwischen auch Vize-Präsident der SBU, die schon aufgrund ihrer überschaubaren Mitgliedschaften jede konstruktive Hand gebrauchen kann. So wie im letzten Herbst, als die deutschen U22-Meisterschaften zu stemmen waren.

Alle ins Spiel bringen: Die soziale Ader beseelt auch den kleinen Landesverband

Wenn der Ahmed etwas zusage, geben Präsident Uwe Busse und seine Frau Susanne zu verstehen, werde das ausnahmslos und sehr zeitnah umgesetzt. Dazu wirke sich »diese soziale Ader« im Verband spürbar positiv aus. Warum also nicht mal einem Quereinsteiger die Chance geben, der allerorts lieber zusammenführt als Lager zu bilden? Ähnlich ist mit Wessam Slamana der aktuell bekannteste olympische Boxer im Landesverband mit dem Übungsleiter zufrieden, der ihn seit Herbst beim Fight Team Gypsy trainiert. So punktgenau, dass er im Dezember in Schwerin deutscher Meister im Federgewicht werden konnte — 34 Jahre nach Harald Wildanger aus Saarlouis, der 1988 den bisher letzten deutschen Titel für die SBU gewann.

»Er gibt im Training alles, was er kann«, lobt der gebürtige Syrer, der gerade die dritte Teilnahme am olympischen Turnier innerhalb des Flüchtlingteams anpeilt, seinen Trainer»und er steht immer hinter uns.«

So viel Zustimmung freut den Überzeugungstäter selbstredend, der über den Daumen gepeilt fünfzehn bis zwanzig Wochenenden im Jahr mit Schützlingen von beiden Seiten der Grenze unterwegs ist – ganze Wochen für Trainingscamps nicht eingerechnet. Entscheidend ist jedoch auch für ihn, »wenn der Ringrichter am Ende die Hand meines Kämpfers hebt«. Dann weiß Ahmed Al-Akedy, »dass ich alles richtig gemacht habe«, und das ist in diesen Tagen beinahe genauso schön wie selbst im Zentrum der Dinge zu stehen.


Ahmed Al-Akedy

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