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Gesundheit: Tischtennis-Superstar Timo Boll erklärt, warum sein Sport den Blick schärft und das Hirn jung hält

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Gesundheit: Tischtennis-Superstar Timo Boll erklärt, warum sein Sport den Blick schärft und das Hirn jung hält

Eckart von Hirschhausen hat das Tischtennis-Genie Timo Boll getroffen: ein Gespräch über Selbstdisziplin, Fasten und den Adlerblick.

Hier sitze ich also mit dem erfolgreichsten deutschen Tischtennisspieler aller Zeiten, einem König der Koordination und Konzentration – und du holst dir erst mal einen Kaffee. Manch einen macht er nervös, was macht er mit dir?

Tatsächlich habe ich erst mit 25 Jahren erstmals Kaffee getrunken, anfangs ganz süß und mit viel Milch. Mittlerweile ist meine Sensorik sehr fein geworden. Ich versuche, die vielfältigen Aromen herauszuschmecken, die in der Kaffeebohne versteckt sind.

Es heißt, dass du alles, was du tust, mit immenser Hingabe machst. Hast du herausgefunden, welche Koffein-Dosis für ein Match optimal ist?

Kaffee vor dem Spiel ist nicht so gut. Ich esse dann auch sehr wenig, denn ich möchte eine gewisse Leichtigkeit haben.

Jeder Mensch hat einen individuellen Tagesrhythmus, manche von uns trimmen ihn sich mit ihrem Morgenkaffee ein wenig – welcher ist deiner, gibt es eine Tageszeit, zu der du optimal spielst?

Lieber nachmittags, aber natürlich gibt es auch Wettkämpfe am Morgen. Dann stehe ich vier Stunden vorher auf, esse ein wenig, dann aber nichts mehr. Ich brauche dann zwei Stunden, um mich warmzuspielen. Aber in unserer Spielklasse wird man auch Weltmeister darin, an seiner inneren Uhr zu drehen, denn wir reisen ständig durch die verschiedensten Zeitzonen.

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© Gruner+Jahr

Wie belohnst du dich für all die Entbehrungen, die der Profisport mit sich bringt?

Ehrlich gesagt, oft mit Essen. Einen Erfolg genieße ich einfach, dann gönne ich mir gern noch einen Nachtisch, den ich sonst vielleicht weggelassen hätte. Wenn es mal nicht gut gelaufen ist, schikaniere ich mich aber auch mal, indem ich etwas Leckeres weglasse. Leider nehme ich schnell zu.

Hast du mal Intervallfasten probiert? Ich wurde damit ja etwas unverhofft zum Ernährungs-Guru, mit der "Hirschhausen-Diät", also täglich 16 Stunden Essenspause und acht Stunden Zeit für Mahlzeiten …

Ja, im Alltag versuche ich das umzusetzen. Es bringt mir viel für die Gewichtsreduktion. Viele fürchten schlechte Laune, wenn sie 16 Stunden nichts essen, bei mir ist das nicht so. Wenn ich bemerke, mein Kreislauf möchte das jetzt nicht mehr, ist es Zeit, wieder etwas zu essen, aber übel gelaunt werde ich beim Intervallfasten nicht.

Körper und Geist sind deine Werkzeuge. Gerade musstest du eine chancenreiche Weltmeisterschaft abbrechen. Was war los?

Ich war wegen vorheriger Verletzungsprobleme nicht voll fit. Die ersten Runden haben mich richtig geschlaucht. Dann kam ein Virus, und da hatte ich wohl nicht die Substanz, um den Infekt abzuwehren. Ich suche allerdings den Fehler immer ein wenig bei mir und versuche, daraus etwas zu lernen.

Das ist löblich, aber als Arzt muss ich dir sagen: einen Infekt, den bekommt man auch mal einfach so. Klar, wenn du eine positive Hormonlage hast, wenig Stress, bist du resistenter gegen Viren. Aber die Vorstellung, jede Zuckung des Körpers will mir etwas sagen, alles ist eine Botschaft, vor der würde ich warnen. Damit kann man sich verrückt machen.

Als ich morgens mit Schüttelfrost aufgewacht bin, war der Frust schon sehr groß.

Schüttelfrust sozusagen.

Genau. Der Schüttelfrust war riesengroß.

Wie schüttelt der Profi ihn ab?

Einer verlorenen Chance trauere ich nicht lange nach. Auch bei Erfolgen ist das so. Ich feiere sie nicht exzessiv, sondern richte den Blick bald schon auf das nächste Turnier.

Ist Gelassenheit angeboren?

Ich erinnere mich gut, wie mein Papa mich zu Turnieren gefahren hat, ich war so neun oder zehn Jahre alt. Ein Kumpel von mir war dabei, er war nervös und hibbelig, hatte in der Nacht zuvor immer ganz schlecht geschlafen. Ich habe oft erst während der Fahrt gefragt, wohin wir eigentlich fahren. Diese Gelassenheit hatte ich immer. Aber man kann daran arbeiten. Ich etwa habe viel durch Yoga gelernt.

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So also schafftest du es auf Platz eins der Weltrangliste!

Nein, Yoga kam viel später, durch einen Zufall. Ich habe Dirk Nowitzki in den USA besucht. Seine Yoga-Lehrerin kam vorbei, und ich habe einfach mitgemacht. Cool, dachte ich. Und richtig anstrengend.

Ihr seid befreundet?

Ja, seit der Olympiade 2008 in Peking. Es ist untypisch, dass Sportler aus so unterschiedlichen Sportarten den Kontakt halten. Bei uns hat einfach die Chemie gestimmt.

Dirk Nowitzki ist 40, jetzt hat er seine Karriere beendet, du bist 38 und immer noch Weltspitze – ältere Herrschaften sozusagen, aber uneingeschränkt meisterlich. Mentale Stärke, Selbstbeherrschung und Konzentration sind euch gemeinsam. Was ist das Spezifische am Tischtennis?

Zunächst: Die Basis an Athletik muss weiterhin stimmen. Aber Tischtennis ist wirklich eine sehr, sehr technische Sportart. Wenn du gut ausgebildet bist und clever spielst, kannst du lange ganz oben dabei sein. Ich versuche heute, viel mehr vorauszuplanen bei den Ballwechseln – wie müssen die Schlägerwinkel stehen bei der Rotation des Balles? So versuche ich, gedanklich immer einen Schritt weiter zu sein als mein Gegenspieler.

Bei dir klingt das so, als würdest du Schach spielen. So ein Tischtennisball fliegt mit 180 km/h: Sekundenbruchteile, um Entscheidungen zu treffen. Wie fühlt sich das in deinem Kopf an?

Der Stempel auf dem Ball ist der Anhaltspunkt. Ohne ihn ist oft nicht zu erkennen, welche Rotation der Ball hat. Ich versuche, mich auf diesen Stempel zu konzentrieren. Dabei kommt mir zugute, dass ich ein extrem starkes dynamisches Sehen habe.

Du hast das in der Universität Bochum genau untersuchen lassen und erreichst dabei 280 Prozent eines normal sehenden Menschen – vielleicht könnte dich die Polizei ja als Blitzer einsetzen, und du wüsstest genau, wie schnell jedes Auto fährt?

So etwa! Der Test geht so: Jeder kennt die Sehtests, wo man ein C sieht, es ist zu einer Seite geöffnet. Beim dynamischen Sehtest kommt nun dazu, dass dieses C mit einer höllischen Geschwindigkeit an dir vorüberfliegt. Und da konnte ich eben immer noch sehr gut scharf stellen. Meine Augenmuskulatur scheint sehr gut trainiert zu sein.Hirschhausen Hustvedt_11.20

Ich habe gegen den 88-jährigen Heinz Nink verloren, der 1961 mit eurem Verein Deutscher Meister wurde. Seitdem habe ich, wenn ich mit meinem Bühnenprogramm auf Tour bin, immer im Truck eine Tischtennisplatte dabei. Ein paar Aufschläge sind für mich die beste Meditationsübung vor jedem Auftritt. Das bringt mich sofort ganz in die Gegenwart, so ähnlich wie Tanzen.

Tischtennis ist koordinativ sehr anspruchsvoll. Auf die kleinen Schritte muss man sich besonders konzentrieren, damit du immer gut zum Ball stehst.

Man sagt: Die Jüngeren laufen schneller, aber die Älteren kennen die Abkürzungen.

Das gilt auch beim Training, Tischtennis-spezifisch trainiere ich heute nur noch eine Stunde am Tag, plus Fitnesstraining. Wenn ich mir Jüngere anschaue, die täglich stundenlang trainieren, aber mit dem Kopf nicht so aktiv dabei sind, fürchte ich, sie gewöhnen sich eher schlechte Dinge an.

Ich habe mit dem Hirnforscher Gerd Kempermann darüber gesprochen. Er sagt: Denkt beim Sport nicht nur ans Herz, denkt auch an das Gehirn. Ein Sport wie deiner fordert es. Die Auge-Hand-Koordination, die Orientierung – das alles hast du auf dem Laufband nicht. Also empfehlen wir Tischtennis für jeden?

Klar. Man braucht nicht viel Platz, eine Steinplatte findet sich überall, und die Schläger sind auch nicht gerade unheimlich teuer.

Also dann los! Das Runde muss aufs Eckige!

Genau.

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