EKRC-Masters-Trainingswochenende Kleinboot
Zwei Tage prall gefüllt mit Rudertechnik und neuen Erfahrungen
Zum Ende des Sommers boten die beiden EKRC-Coaches Hauke und Mark ein Trainingswochenende an für alle erwachsenen Mitglieder, die überlegen, auch mal Skiff oder Rennzweier als Trainingsboot zu nutzen. Teilnehmen konnten bis zu zehn Masters-Ruderer. Mit dabei sind schlussendlich acht: Sieben Frauen und ein Mann. Zwei Plätze bleiben also unbelegt, was aufgrund der Attraktivität dieses Angebot für Verwunderung sorgt.
Das Trainingswochenende findet in der Ruderakademie Ratzeburg statt, die nach einer fünfjährigen Planungs- und Bauphase im September 2024 wiedereröffnet wurde.
Die Ruderakademie Ratzeburg ist der zentrale Standort der Schwerpunktsportart Rudern des Olympiastützpunkts Hamburg/Schleswig-Holstein, Bundesstützpunkt Ratzeburg/Hamburg des Deutschen Ruderverbands und das Landesleistungszentrum des Ruderverbands Schleswig-Holstein. Sie ist seit der Ära Karl Adam weltberühmtes Trainingszentrum und inmitten der Stadt Ratzeburg auf der Domhalbinsel gelegen.
Quelle: https://www.ruderakademie.de/haus/
Einige von uns sind zum ersten Mal hier in der Akademie. Die Teilnahme lohnt sich schon allein dafür, diesen besonderen Ort zu besuchen, an dem sich alles ums Rudern dreht.
Untergebracht sind wir im nagelneuen Anbau und zwar in Einzelzimmern (!), jeweils mit eigenem kleinen Badezimmer (!) inkl. Handtuchheizung (!). Ausgesprochen komfortabel und angenehm.
Zudem sind die Bedingungen auf dem Ratzeburger See natürlich ideal.
Aus unserem EKRC-Bootspark haben wir die beiden Skiffs „Störtebeker“ und „Kielia“ mit dabei sowie den Rennzweier „Strande“. Weitere Boote stellt uns die Ruderakademie zur Verfügung, so dass wir verschiedene Bauarten ausprobieren können.
Ein grundsätzliches Ziel des Wochenendes besteht darin, Kontrolle über das Kleinboot zu bekommen und es dazu zu bringen, sich so zu verhalten, wie man es beabsichtigt.
Das Programm sieht wie folgt aus:
Samstag
- 9.30 Uhr: Treffen an der Ruderakademie Ratzeburg, beziehen der Zimmer und Vorbereiten der Boote
- 10.30 – 12.00 Uhr: Training Balance und Sicherheit
- 14.30 – 15.30 Uhr: Training Kentern und Einsteigen
- 16.30 – 17.30 Uhr: Balance hU (hintere Umkehr) und MZ (Mittelzug)
- ab 19.30 Uhr: Theorie „Aufbau des Ruderschlags“
Sonntag
- 6.30 – 7.30 Uhr: Sunriser (optional)
- 9.30 – 11.00 Uhr: Dynamik und Balance
- 14.00 – 15.00 Uhr: Dynamik und Balance
- 15.30 Uhr: Verladen der Boote und Abfahrt
- 17.00 Uhr: Abladen in Kiel
Zwei Motorboote sind im Einsatz, von denen aus Hauke und Mark das Training anleiten. Sie haben sich die Betreuung aufgeteilt. Abwechselnd konzentrieren sie sich auf jeden einzelnen Ruderer, geben Anregungen für die Verbesserung von Haltung und Bewegungen, prüfen die Umsetzung und schlagen Korrekturen vor.
In der ersten Trainingseinheit mit dem Schwerpunkt „Balance und Sicherheit“ werden Martin und ich der „Strande“ zugewiesen. Nachdem wir das Boot zu Wasser gelassen haben, kommt für uns schon die erste kleine Herausforderung: Es gilt, die wasserseitigen Dollen zu öffnen. Dafür müssen wir mit einem Bein im Boot stehend, hockend den Körperschwerpunkt nach unten verlagernd den Arm ganz lang ausstreckend an die Dolle gelangen. Gar nicht so einfach, in diesem kippeligen Boot die Dolle aufzubekommen, schlussendlich gelingt es aber. Wir legen die Skulls ein und los geht’s! Erstmal mit „alles gegen“ vom Steg weg, dann eine erste wackelige Wende. Da ich im Bug sitze und somit fürs Steuern verantwortlich bin, gebe ich nach bestem Wissen und Gewissen Kommandos. Es folgen erste vorsichtige Schläge. Um zunächst ein Gefühl für das Boot zu entwickeln, sollen wir die Blätter immer leicht auf dem Wasser schleifen lassen, damit das Boot stabil liegt. Es folgt die nächste nun schon etwas größere Herausforderung: Das Boot kippt im Endzug nach Backbord, danach eiern wir zurück nach Steuerbord. Mark schaut sich das ein Weilchen an, dann ruft er mir zu: „Im Endzug beim Aushebeln drückst Du Deine Backbordhand zu weit runter, dadurch kippelt das Boot. Versuch mal, das zu unterlassen.“ Gesagt getan und tatsächlich – das Boot läuft stabiler. Dies ist nur ein Beispiel für gefühlt tausende nützliche und gut verständliche Hinweise, die wir im Laufe dieses Wochenendes bekommen und die spürbar das Rudern erleichtern. Je besser wir im Laufe der Zeit werden, desto mehr Spaß macht es. Vor allem im Skiff das erste Mal mutig und kontrolliert die Geschwindigkeit zu erhöhen und leicht, schnell und elegant übers Wasser zu sausen – das ist schon ein großartiges Erlebnis!
Aber eins nach dem anderen. Nach der Mittagspause wenden wir uns nun zunächst einer weiteren wichtigen grundsätzlichen Übung zu: Dem Wiedereinsteigen ins Skiff nach dem Kentern. Die meisten von uns tragen dafür ganz normale Ruderkleidung. Es soll ja möglichst nah an einer realen Situation sein. Hauke begibt sich neben einem der Skiffs ins Wasser und zeigt uns, wie man am besten wieder hineinkommt:
Den Griff des Skulls auf der Seite, auf der man sich gerade befindet auf der gegenüberliegenden Seite unter dem Ausleger festklemmen, sich dann auf die andere Seite begeben, beide Griffe in eine Hand nehmen und herunterdrücken, sich dann mit einem kräftigem Schwimmstoß in die Höhe katapultieren und möglichst mittig quer über dem Boot kurz zum Liegen kommen, um sich dann noch mal mit einem Hopser seitlich in die Sitzposition zu bringen. Von hier aus kann man sich dann ganz in Ruhe wieder ins Boot einsortieren.
Fasziniert schauen wir zu, wie uns Hauke diesen Ablauf zweimal vormacht. Dann sind wir an der Reihe: Einer nach dem anderen kentert munter vor sich hin und erklimmt danach wieder das Boot. Es ist herausfordernd, aber erstaunlicherweise schafft es wirklich jeder, im Endeffekt wieder im Boot zu sitzen.
Ein wesentlicher Zweck der Übung besteht auch darin, uns die Angst vor dem Kentern zu nehmen. Wie eine Art Konfrontationstherapie. Im Grunde hat man somit „das Schlimmste“ schon einmal erlebt, so dass das Rudern danach erheblich entspannter vonstatten gehen sollte.
In der nach einer kurzen Pause darauf folgenden Einheit werden die Boote neu zugeteilt. Ich lande diesmal in der „Kielia“, mit der ich mich sogleich ganz gut anfreunde. Hauke und Mark machen beim Training zahlreiche Videos. Beim Anschauen einer Aufnahme meiner Ruderversuche im Skiff stelle ich erstaunt fest, dass ich nach Ende des Schlages, wenn ich das Boot unter mir durchziehe, immer die Knie nach außen drücke. Das sieht nicht nur komisch aus, es ist auch nicht zweckmäßig. Eine weitere Sache also, auf die ich zukünftig achten kann.
Nach dem Abendessen setzen wir uns in gemütlicher Runde in einem Seminarraum zusammen. Zum einen geht Hauke näher auf den Aufbau des Ruderschlags ein, zum anderen tauschen wir uns über unsere individuellen Ziele aus. Einige sind recht ambitioniert, möchten mit festen Trainingsgruppen an Regatten teilnehmen, andere betreiben das Rudern als Freizeitvergnügen zum Ausgleich. Alles hat seine Berechtigung und wird akzeptiert.
Im Anschluss begeben wir uns im Städtchen in ein Lokal und lassen den Tag bei einem erfrischenden Getränk und anregenden Gesprächen Revue passieren. Danach gehen wir recht früh zu Bett. Zum einen war der Tag kräftezehrend, zum anderen ist für Sonntag ein „Early Bird“ geplant.
Tatsächlich erscheinen am nächsten Tag alle pünktlich um 6.30 Uhr am Steg zum „Sunriser“. Martin und ich nehmen wieder die „Strande“. Zudem werden ein weiterer Rennzweier und ein Rennvierer zu Wasser gelassen. Gestern haben parallel zu uns etliche Segler trainiert, so dass wir darauf achten mussten, jenseits der Bojen zu bleiben. Jetzt ist der See leer. Somit haben wir jede Menge Platz und können uns ganz in Ruhe aufs Rudern konzentrieren. Diesmal geht es ab dem gegenüberliegenden Ufer entlang weiter den See hinauf Richtung Norden. Maren und Martina, die ja schon seit langer Zeit intensiv zusammen trainieren, geben freudig Vollgas. Mit kräftigen gleichmäßigen Ruderschlägen flitzen sie übers Wasser und verschwinden rasch am Horizont. Auch der Rennvierer mit Irene, Inga, Bärbel und Tanja schießt schnell dahin. Was für ein dynamischer Start in den Tag!
Nach dem Frühstück haben wir in zwei weiteren Einheiten Gelegenheit, in unterschiedlichen Booten und Besetzungen weiter zu üben und die korrigierten Bewegungsabläufe zu verinnerlichen.
Im Skiff lässt sich die Essenz des Rudern erleben. Im Gegensatz zum Gig-Boot reagiert es sofort auf jede Bewegung. Diese Kombination aus Körperanspannung bei gleichzeitiger Ruhe und Gelassenheit ist es, was das Rudern interessant und herausfordernd macht. Ähnlich wie beim Billardspielen besteht die Kunst darin, in jeder Situation locker und dennoch konzentriert zu bleiben. Dies beinhaltet auch, sich nicht über einen verpatzen Schlag zu ärgern, sondern sich darauf zu fokussieren, den nächsten besser zu machen. Nach und nach wird der Umgang mit dem Boot vertrauter.
Fazit: Das war ein intensives Ruderwochenende mit hohem Erkenntnisgewinn und konkreten Tipps für die Weiterentwicklung und das Verfeinern der eigenen Rudertechnik. Jeder Teilnehmer wurde auf seinem persönlichen Stand abgeholt.
Das Angebot richtete sich an alle EKRC-Breitensportler und -Freizeitruderer, die Freude daran haben, an ih rer Technik zu feilen und ihre Bewegungsabläufe im Boot zu optimieren. Mitmachen durften alle Mastersruderer unabhängig davon, ob sie an Regatten teilnehmen oder das Rudern lediglich als Ausgleichssport betreiben.
Falls eine solche Aktion zukünftig wieder angeboten werden sollte, profitieren aus meiner Sicht allerdings vor allem diejenigen, die bereits einige Saisons rudern und auch schon am Skifftag im Preetz teilgenommen haben, der eine sehr gute Möglichkeit bietet, sich erstmalig in Kleinboote zu setzen und erste Erfahrungen damit zu sammeln.
Bericht: Katja Brockmann
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