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Sinsheim: Plötzlich waren es 225.000 Kubikmeter Erde

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		Sinsheim:  Plötzlich waren es 225.000 Kubikmeter Erde

Von Tim Kegel

Sinsheim. Der Umbau des Golfplatzes im Buchenauerhof, bei dem 15.000 Lastwagen rund 225.000 anstelle ursprünglicher 8000 Kubikmeter Erde durch die Dörfer karren, kann – trotz seiner ungewöhnlichen Vorgeschichte – wohl im jetzigen Anlauf genehmigt werden. Unterdessen haben die Bauherren umfassend über das komplexe Vorhaben berichtet und Verbesserungen für die vom Verkehr geplagte Bevölkerung zugesagt. Zuletzt geschehen bei einem runden Tisch mit Planern, Stadtbehörden und Anwohnern am Montag im Rathaus.

Bei dem fast dreistündigen, nicht öffentlichen Treffen mit dem Clubvorsitzenden Harry Zimmermann und Planungsingenieur Philipp Schwab wurde kritisch gefragt, offen informiert, sachlich diskutiert, gepoltert und auch gelacht. Bisweilen hart in der Sache, war man sich im Grunde sympathisch. Das half. Es wurde klar, dass sich eine Vielzahl kleiner Details, vermeintlicher Nebensächlichkeiten und beschränkender Faktoren in einer für alle Beteiligten schwer zu überblickenden Fülle auf das Verfahren auswirkten und noch auswirken werden. Außerdem klang durch, dass der Schuh, den sich der Golfclub mit dem Umbau angezogen hat, immer größer und schließlich riesig wurde – was wohl nicht immer absehbar war.

Und – dass der Verkehr für die Bevölkerungsmehrheit das Haupt-, wenn nicht gar das einzige Problem des Projekts darstellt: Vertreter einer Bürgerinitiative aus Weiler übergaben gemeinsam mit Ortsvorsteher Manfred Wiedl 457 Unterschriften gegen die massive Verkehrsbelastung an Stadtverwaltung und Club und drängen auf eine bessere Verteilung der Verkehrsströme. Denn obwohl die Lkw inzwischen auch über Sinsheim-Süd und den Steinsberg anliefern, kulminiert der Verkehr noch immer in Weiler. Die zur zusätzlichen Entlastung organisierte Rückfahrt über Waldangelloch und Elsenz vorbei an Eppingen sorgte während der Osterferien für mehr Entlastung und soll künftig wieder möglich werden. Problem dabei ist, dass die Lkw dann direkt an der Grundschule Waldangelloch vorbeikommen, weshalb dieses Modell am besten während der Ferienzeit funktioniert. Denkbar ist künftig auch eine Anlieferung über Dühren, allerdings erst dann, wenn die Baustelle in der Michelfelder Ortsdurchfahrt beendet ist. Rund 70.000 Kubikmeter Erde vom Kochendorfer Schwarz-Campus müssen noch angeliefert werden, wohl bis August. Die restlichen rund 35.000 Kubikmeter kämen dann von anderen Zulieferern, mit einer zeitlich und verkehrlich flexibleren Anlieferstruktur.

Deutlich zu schnell oder rücksichtslos fahren einige der Lkw von fünf Fuhrunternehmen trotzdem. Der überwiegende Teil der Fahrer decke zudem die Ladeflächen nicht mit einer Plane ab. Anwohner haben akribische Zählungen vorgenommen und befürchten eine Feinstaubbelastung. Planer Schwab rät dazu, die Verstöße im Anlieferverkehr "genau zu dokumentieren" und ihm mitzuteilen. Er gebe die Probleme auf der Baustelle an die Leitungen der Fuhrunternehmen weiter, rede sich aber auch vor Ort "den Mund fusselig", weil unter den Fahrern "in fünf osteuropäische Sprachen" übersetzt werden müsse. Vorsitzender Zimmermann sicherte zu, das Thema "zur Chefsache" zu machen.

Das Bauherren-Duo war bei der Ursprungsplanung, deren Genehmigung seit 2016 kontinuierlich verlängert wurde, noch nicht mit dem Bau betraut: Zimmermann ist seit 2019 im Amt, Schwab, der hauptberuflich Golfplätze und große Außenanlagen plant, übernahm das Projekt im November 2021; er ist Clubmitglied und lebt in Weiler, sagt von sich, dass er die Probleme im Ort "selbst hautnah" erlebt.

Und während Teile der Bevölkerung das Großprojekt mit Argusaugen verfolgen, herrscht bei den Bauherren ebenfalls große Wachsamkeit. Schwab hat nach eigener Aussage "Stunden an der Waldkante" verbracht und mit Handyfotos dokumentiert, dass der rund zehn Meter hohe Wall "keinen Schatten wirft" auf den Waldsaum.

Die Stellungnahmen der beteiligten Behörden – fünf an der Zahl, von Wasser- und Abfallrecht bis Boden- und Naturschutz – hätten indessen das Rathaus erreicht, sagt Sebastian Falke, Leiter der Stadtplanung und zuständig für die Baugenehmigung. Wann diese erteilt wird, sagte er noch nicht, jedoch werde man "noch die ein oder andere Woche brauchen", da die Stellungnahmen eingearbeitet und Auflagen formuliert werden müssten, in "einem iterativen Prozess". Für Irritationen sorgte der Verbleib einer Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde – laut Rathaus-Aussage vom 22. April liegt diese vor, laut Landratsamt am selben Tag liegt sie nicht vor. Auch Amtsleiter Falke wusste von "offenen Fragen zum Thema Artenschutz", allerdings lediglich "bezüglich der Ausführung".

Eindeutig vom Tisch scheint das Horrorszenario, die Erde könnte bei nicht erteilter Genehmigung wieder aufwendig abtransportiert werden müssen. "Das Gute", weil Vereinfachende, der Angelegenheit ist laut Oberbürgermeister Jörg Albrecht, "dass es einen Bebauungsplan für den Gesamtbereich Buchenauerhof" gibt – wenn auch im Jahr 1990 aufgestellt –, weshalb die umstrittene Baustelle baurechtlich "nicht im Außenbereich" liege. Auch ein Urteil des Bundesgerichtshofs hilft dem in Bedrängnis geratenen Golfclub, weil darin klargestellt wird, dass Fremdmaterialien im Sportstättenbau nicht dazu führen, dass der Bauplatz rechtlich als Deponie einzustufen ist. Schwab erläuterte der Runde die Prüfung des Aushubmaterials "etwa auf Blei, Arsen und Nickel" über Labore und Gegenprüfungen. Erst wenn diese erfolgt seien, werde der Anlieferung stattgegeben. "Rückstellproben" würden außerdem "über Jahre hinweg in Containern gelagert".

Dennoch hatte allein die Erhöhung des Auffüllmaterials um ein 30-Faches für Stirnrunzeln und den Vorwurf der Naivität gesorgt. Tatsächlich wurde die Erdmenge in der ersten, älteren Baugenehmigung "nicht in Form einer zur Auffüllung erforderlichen Kubikmeterzahl" genannt. Dass aus 8000 Kubikmetern laut alter Planung 225.000 unter neuen Voraussetzungen werden, hätten Fachleute des Baurechtsamts erst nach RNZ-Recherchen im Februar "anhand von Schnitten" und anderer Geländedaten errechnet, räumte Amtsleiter Falke ein. Mit Fortschreiten des Projekts habe man beim Golfclub getan, was aufgrund der Umstände nötig erschienen sei und habe permanent "alle Behörden" beteiligt. So sei man laut Zimmermann davon ausgegangen, dass die Baugenehmigung "absolut gültig" sei.

Dass überhaupt so aufwendig neu geplant wurde, hängt indessen zusammen mit einer Erdgasleitung der "terranets", die auf voller Länge unter der Baustelle verläuft. Als bei Schürfen und Untersuchungen in Form "von vier Gutachten" festgestellt wurde, dass die Röhre der Trasse nicht in der erforderlichen Tiefe liegt, habe man die Pläne anpassen müssen. Dies wiederum hatte zur Folge, dass die Pipeline mit einer "bis zu zwei Meter" starken Erdschicht überbaut und zusätzlich mit einem mehrere Meter breiten beidseitigen Schutzstreifen versehen werden muss. Dadurch – und auch um darauf hinterher überhaupt Golf spielen zu können – wächst das gesamte Gelände deutlich in die Höhe: Statt einer Schicht von 1,50 bis zwei Metern müssen nun stellenweise bis zu acht Meter aufgebracht werden. Zwischen Energieunternehmen und Golfclub besteht ein Gestattungsvertrag, in dem auch eine Zugriffsmöglichkeit auf die Rohre binnen 24 Stunden zu jedem Zeitpunkt ermöglicht werden muss.

Nicht einfacher sei die Angelegenheit durch den Vertrag des Clubs mit der Schwarz-Gruppe geworden: Die Regelung gewährleiste zwar, dass sich der Platzbau "selbst finanziert", wonach man "null Guthaben" erziele. Hätte man die Erde jedoch nicht wie zugesichert abnehmen können, hätte der Lidl- und PreZero-Mutterkonzern "bis zu 50.000 Euro Schadenersatz pro Tag" geltend gemacht. "Dann können wir uns einsargen", hat Zimmermann in mancher Minute gedacht, wie er schilderte. Die Existenz des Clubs, der als Aktiengesellschaft firmiert, hänge klar vom Gelingen des Vorhabens ab.

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