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Hardheimer Ärzte appellieren: Was für die Corona-Impfung von Kindern spricht

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		Hardheimer Ärzte appellieren:  Was für die Corona-Impfung von Kindern spricht

Von Janek Mayer

Hardheim. Die Narrative rund um das Coronavirus und die Jüngsten in der Bevölkerung haben sich im Laufe der Zeit gewandelt: "Kinder erkranken nicht an Covid und verbreiten das Virus nicht" wurde zu "Kinder sterben nicht an Corona", und das wiederum machte Platz für "Kinder sterben zwar an Covid, aber nur die vorerkrankten". All diesen Behauptungen gemein ist, dass sie sich im Nachhinein als falsch herausgestellt haben. Unbestreitbar ist, dass Kinder selten schwer an Covid-19 erkranken und noch seltener an der Krankheit sterben. Aber: Ihr Risiko ist nicht Null. Seit Mai bzw. November des Vorjahrs sind wir jedoch laut Fachleuten in der komfortablen Situation, das Leben unserer Kinder mit einer präventiven Maßnahme sicherer gestalten zu können: mit der Covid-Impfung für alle ab fünf Jahren. Für diese werben aktuell die Ärzte Dr. Bettina und Dr. Martin Seitz. Die RNZ hat sich mit ihnen unterhalten.

"Jeder, der geimpft ist, ist ein Fortschritt für uns alle"

"Die Impflücke bei Kindern und Jugendlichen im Schulalter ist noch sehr groß", warnt die Hardheimer Allgemeinmedizinerin. Deshalb bieten sie und ihr Ehemann in ihrer Praxis in der Wertheimer Straße immer mittwochs von 13 bis 16 Uhr Impfungen für Fünf- bis Elfjährige ohne Voranmeldung an. Dr. Martin Seitz verspricht: "Wir haben genügend Impfstoff für Kinder." Dieser verhindere schwere Verläufe und treibe die ohnehin schon geringe Hospitalisierungsrate bei Jüngeren noch weiter nach unten. Der Biontech-Impfstoff senkt bei Jugendlichen zwischen zwölf und 17 Jahren das Risiko für einen coronabedingten Krankenhausaufenthalt um den Faktor 20. Auf der Intensivstation landen Ungeimpfte dieser Altersgruppe sogar mit einer 50-fach höheren Wahrscheinlichkeit, wie neueste Studien zeigen. Bei den Fünf- bis Elfjährigen liegen bislang nur Daten für den Schutz vor symptomatischer Erkrankung vor: Die Wirksamkeit wird mit mehr als 90 Prozent angeben.

Den sehr guten Schutz der Impfungen vor einer schweren Covid-Erkrankung – über alle impfberechtigten Altersgruppen hinweg – können die Hardheimer Ärzte anhand ihrer eigenen Erfahrungen in der Praxis bestätigen. "Wir sehen bei Geimpften milde Verläufe, aber um die Ungeimpften ist mir bange", berichtet Dr. Bettina Seitz. Sie warnt: "Wer nicht geimpft ist, ist in erheblichem Maße gefährdet." Während sich dieser Appell vor allem an die älteren Schichten der Bevölkerung richtet, sollten Eltern junger Kinder oder von Jugendlichen zwar nicht in Panik verfallen, aber zumindest die Datenlage kennen.

Kein Kind soll sterben

Bis 5. Januar sind dem Robert-Koch-Institut 47 validierte Covid-19-Todesfälle bei unter 20-Jährigen übermittelt worden – mindestens zehn davon hatten keine bekannte Vorerkrankung. Diese Zahl mag beim Blick auf mehr als 112.000 Todesfälle seit Beginn der Pandemie verschwindend gering wirken. Wer aber deshalb argumentiert, dass Kinder nicht vor einer Infektion geschützt werden müssen, klammert den springenden Punkt aus: Kinder sollen einfach nicht sterben.

Und obwohl es auf den ersten Blick beruhigend sein mag, dass das Coronavirus bei Kindern sehr viel seltener zum Tod führt als bei Erwachsenen, gilt es zu beachten: Jüngere sterben generell seltener als Ältere. In der Kinderheilkunde gilt es als Norm, dass sich Kinder von einer Erkrankung erholen. Daher sollte jede Ausnahme von dieser Regel als Mahnung dienen. Im Oktober – also noch bevor Omikron die Infektionszahlen bei Kindern (und allen anderen Altersgruppen) in den USA explodieren ließ – rangierte Covid-19 auf der Liste der Todesursachen bei US-amerikanischen Kindern auf Rang sechs. Für Deutschland liegen ähnlich aktuelle Daten nicht vor.

Doch es ist natürlich nicht nur der Tod, vor dem die Impfung schützen soll. "Mit den Mutationen hat sich das Risikoprofil für Kinder etwas verschoben", merkt Dr. Bettina Seitz an. "Wir hatten zu Beginn noch viele Kinder, die sich trotz einer Infektion in ihrem Haushalt nicht angesteckt haben." Das hat sich im Laufe der Pandemie gewandelt. Und dieser Effekt schlägt sich aktuell in der Region nieder: "Wir sehen Kinder, die hospitalisiert werden müssen", bedauert Dr. Seitz.

Der Immunologe Carsten Watzl ordnet diese Beobachtung in einen größeren Kontext ein: "Die Infektion stellt ein relativ geringes Risiko für Fünf- bis Elfjährige dar, sie ist aber nicht ungefährlich." Ihm zufolge landet etwa eines von 2000 infizierten Kindern im Krankenhaus – einige davon mit der Infektionsspätfolge PIMS, einer Entzündungsreaktion, die drei bis vier Wochen nach der Infektion auftritt. "Die Impfung kann das verhindern!", sagt der Professor an der Universität Dortmund.

Das Virus wütet im Körper

Damit schneidet er ein Thema an, das Dr. Bettina Seitz ebenfalls beunruhigt: Komplikationen, die erst einige Zeit nach der Infektion zutage treten. "Eine Covid-Erkrankung hat erhebliche Spätfolgen, wenn das Virus im Körper wütet", sagt die Hardheimer Ärztin. "Selbst eine Infektion ist keine Bagatelle." Denn das Virus kann innerhalb von Tagen von den Atemwegen aus Herz, Gehirn und beinahe jedes andere Organsystem im Körper befallen und dort zum Teil für Monate überdauern.

Eine große Übersichtsarbeit über 81 Studien legt zum Beispiel nahe, dass jeder fünfte Covid-Erkrankte – unabhängig von der Krankheitsschwere – nach sechs Monaten noch in seiner Denkleistung beeinträchtigt ist. Bei Erwachsenen treten diese Beschwerden wie Vergesslichkeit, herabgesetzte Aufmerksamkeit, Konzentrationsprobleme und Sprachstörungen häufiger auf als bei Kindern, die aber ebenfalls betroffen sind. Noch dazu haben amerikanische und italienische Forscher entdeckt, dass eine Coronavirus-Infektion bei Kindern Diabetes auslösen kann.

Trotz dieser und weiterer bereits bekannter Langzeitfolgen der Infektion überwiegt bei manchen Eltern die Angst vor "Spätfolgen der Impfung", berichtet das Ehepaar Seitz. Dass ein Schaden erst mit einer Verzögerung von vielen Monaten oder Jahren nach einer Impfung auftritt, ist laut dem Paul-Ehrlich-Institut jedoch eine unberechtigte Sorge: "Wir kennen solche sehr spät einsetzenden Nebenwirkungen von Impfstoffen nicht", heißt es in einem aktuellen Sicherheitsbericht des Bundesinstituts, das für Deutschland die Impfstoffsicherheit überwacht.

Zu den zeitnah auftretenden Nebenwirkungen, die nach mehr als neun Milliarden verabreichten Covid-Impfdosen bestens untersucht sind, zählt die Myokarditis (Herzmuskelentzündung), die vor allem bei männlichen Jugendlichen auftritt – sowohl nach der Impfung als auch nach der Infektion. Doch selbst in dieser gefährdetsten Gruppe verhindert die Immunisierung mehr Herzmuskelentzündungen, als sie verursacht. "Nach derzeitigem Kenntnisstand sind schwerwiegende Nebenwirkungen sehr selten und ändern nicht das positive Nutzen-Risiko-Verhältnis der Impfstoffe", schreibt das Paul-Ehrlich-Institut.

Die richtige Frage stellen

Das beruht auf einer einfachen Wirklichkeit, mit der die Hardheimer Ärzte jeden Ungeimpften unverblümt konfrontieren: "Sie werden sich infizieren." Für Zögerliche heißt das: Es geht nicht um eine Abwägung zwischen Impfen und Nichtimpfen. Stattdessen müssen sie sich fragen: Entscheide ich mich für die Impfung oder für eine Infektion ohne Schutz. Dr. Bettina Seitz hat diese Frage längst für sich beantwortet: "Der Nutzen der Impfung überwiegt auf jeden Fall das Risiko, das ich als sehr gering ansehe." Dementsprechend berät sie ihre Patienten so, wie sie selbst handeln würde – für sich selbst und ihre Kinder.

Eben weil das Hardheimer Ärzteehepaar derart von der Impfung überzeugt ist, nehmen die beiden und ihr Praxisteam seit Beginn der Impfkampagne eine gehörige Mehrbelastung in Kauf. Für sie brauchte es nicht die unverschämte Aufforderung des nordrhein-westfälischen Gesundheitsministers Karl-Josef Laumann, um die Wochenenden zu opfern. Naumann hatte von Ärzten im November verlangt, samstags zu impfen statt "zu golfen". Dabei bekämpfen Allgemeinmediziner wie das Ehepaar Seitz längst mit allen Mitteln die Pandemie – und das sehr wohl auch außerhalb der normalen Praxiszeit. "Das Personal zieht Gott sei Dank mit. Die machen Überstunden ohne Ende", sagt Dr. Martin Seitz. Ihn ärgert es daher umso mehr, dass die Politik "so populistisch reagiert" und "mit ihren ständigen Richtungswechseln für Verunsicherung sorgt".

Zur allgemeinen Konfusion trägt noch dazu die Arbeit der Ständigen Impfkommission während der Pandemie bei. "Die Empfehlungen sind schlecht formuliert", kritisiert Dr. Martin Seitz. Das unabhängige Expertengremium empfiehlt die Impfung bei den unter Zwölfjährigen nur für Kinder mit Vorerkrankungen oder schutzbedürftigen Angehörigen ausdrücklich. Es betont aber, dass die Impfung bei "individuellem Wunsch" für alle Kinder zwischen fünf und elf möglich ist. Für viele Eltern liegt daher der falsche Schluss nahe, dass ihr Kind keine Covid-Impfung benötigt. Dabei hinkt der deutsche Expertenrat mit seiner Empfehlung – wie bereits öfter in dieser Pandemie – denen in anderen Ländern hinterher. In den USA gibt es bereits seit Anfang November eine uneingeschränkte Empfehlung für Fünf- bis Elfjährige.

Noch mehr Kritik ernten jedoch "die Unbelehrbaren – die, die wir nicht mehr erreichen", wie es Dr. Bettina Seitz ausdrückt. In den Augen ihres Mannes wähnen sich manche dieser Impfverweigerer in einem "viralen Krieg" – und dieses verzerrte Weltbild hat Konsequenzen für Ärzte, auf die sich der Frust dieser Minderheit ablädt. "Kollegen von uns in der Region haben schon Morddrohungen erhalten", berichtet Dr. Martin Seitz, der anfügt: "Da ist eindeutig eine Grenze überschritten."

Doch längst nicht alle Ungeimpften sind so weit abgedriftet. "Bei uns in der Praxis gibt es immer noch die eine oder andere Erstimpfung", berichtet Dr. Bettina Seitz. In diesen Fällen fruchtet die ärztliche Aufklärung. Denn: "Unsicherheiten sind legitim", sagt Dr. Bettina Seitz. Bei solchen Patienten steigt sie auf Augenhöhe in die Diskussion ein und hilft mit gezielten Informationen, die Zweifel und Ängste zu beseitigen – und sie freut sich über jeden Einzelnen, den sie so überzeugen kann: "Jeder, der geimpft ist, ist ein Fortschritt für uns alle."

Info: www.dranbleiben-bw.de 

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