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Eberbach: Als Josephine Baker die Stadt ins Fernsehen brachte

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		Eberbach:  Als Josephine Baker die Stadt ins Fernsehen brachte

Von Rainer Hofmeyer

Eberbach. In Paris wurde ihr dieser Tage eine außergewöhnliche Ehre zuteil: Josephine Baker, die 1975 gestorbene französisch-amerikanische Tänzerin, Sängerin und Schauspielerin, erhielt symbolisch einen Platz im Pariser Panthéon. Vor genau 65 Jahren war diese Künstlerin auch zu einem Auftritt in Eberbach.

Das Panthéon ist Frankreichs Ruhmeshalle für Helden und Heldinnen. Aufgestellt wurde dort ein Sarg mit Erde aus den Ländern, in denen Josephine Baker zeitlebens aufgetreten war; ihr Leichnam blieb in Monaco. Für den französischen Präsidenten Macron war die posthume Ehrung ein Zeichen gegen Rassismus. Die schwarze Josephine Baker war Bürgerrechtlerin und unterstützte die amerikanische Bürgerrechtsbewegung schon in den 1950er-Jahren.

In Eberbach erinnern sich einige noch daran, wie die leibhaftige Josephine Baker am 1. Dezember 1956 in der Neckarstadt bei einer Fernsehsendung, "7 Wünsche", auftrat.

Damals wurde eine der großen Fernsehsendungen "direkt" übertragen, mit denen das "Deutsche Fernsehen", die ARD, Deutsche sowie Österreicher versorgte. Erst 1963 kam das Attribut zum "Ersten Deutschen Fernsehen" dazu, als das ZDF (das Zweite Deutsche Fernsehen) gegründet wurde. Die Sendung "7 Wünsche" erschien in Schwarz-Weiß – flächendeckendes Farbfernsehen gab es nicht vor 1967.

1956 war das Jahr des ungarischen Volksaufstandes, begonnen am 23. Oktober jenes Jahres, dann niedergewalzt von sowjetischen Panzern. Die KPD wurde vom Bundesverfassungsgericht verboten. In München startete der Bundesnachrichtendienst mit seinen Spionen. Es gab den ersten "Grand Prix de la Chanson". Die Wehrpflicht trat in Kraft. Es sendete die erste "Tagesschau". Die männlichen Jugendlichen bekamen den Namen "Die Halbstarken" verpasst, so ein Film mit Horst Buchholz und Karin Baal. Am Jahresende kam das Saargebiet wieder zu Deutschland.

Der 1. Dezember 1956 war ein großer Tag für Eberbach – nicht nur wegen des großen Stars des Abends. Ein Teil der überschwänglichen Freude gehörte der nagelneuen Stadthalle mit ihrem Großen Saal. Das Gebäude war gerade erst nach knapp über einjähriger Bauzeit eröffnet worden. Eine größere Show dürfte die Halle danach nicht mehr erlebt haben, auch dann nicht, als das Gebäude später als Kurhaus firmierte. 1956 konnte man in Eberbach unmittelbar bei den Fernsehaufnahmen dabei sein. Eine Sensation. Es war ein Samstag. Für die Deutschen war das damals der Tag der großen Familiensendungen im Fernsehen.

Sofern die Familien überhaupt ein Fernsehgerät hatten. Gucken konnte man in Eberbach nur in den höheren Stadtlagen. Den besten Empfang hatte das Café Neckarblick. Bei Radio Träger in der Bahnhofstraße war es möglich, durchs Schaufenster fernzusehen.

Draußen hing ein Lautsprecher. Es war bereits die neunte Folge der Reihe "7 Wünsche", jeweils "direkt" (heute: "live") übertragen vom Südfunk Stuttgart, zuständig für das nordbadische Sendegebiet. Tagelang wurden Kabel verlegt, Kameras, Gerätschaften und Kulissen aufgebaut. Die Stadthalle war unter Beschlag

Konzept der Veranstaltung: Zuschauer können Wünsche äußern, die dann in einer der nächsten Übertragungen erfüllt werden. Moderator der Sendung, wie man ihn heute nennen würde, war Peter Frankenfeld, schon bekannt aus zahlreichen "Fernsehquizveranstaltungen". Damals hieß so jemand noch "Conférencier".

Es war Frankenfelds erste Leitung dieser Reihe. Der mit seinem Markenzeichen kariertes Sakko Bekleidete glitt im Scheinwerferlicht auf einem Boot den Neckar herüber zum Lauer. Hermann Rumstadt begrüßte ihn und brachte ihn in die Stadthalle. Rumstadt, Leiter der "Katholischen Jugendmusikkapelle" und des Kirchenchores, war ausgewählt worden, weil er das Lied "Kinder ist das Leben schön" komponiert hatte.

Heinz Erhardt hieß einer der Zuschauer im Saal, dessen Wunsch in Erfüllung ging. Sein humorvoller Namensvetter brachte nicht nur "Noch ein Gedicht" zum Vortrag, sondern brachte auch "eine Kostprobe seines mundenden Humors" vor, wie der Stadt- und Landbote in seinem Bericht über den bunten Abend Heinz Erhardts Auftritt lobte. Sechs "Mannequins", heute "Models", wurden eigens aus dem Pariser Modesalon von Madame Marie-Louise Carven eingeflogen, weil "eine Hausfrau" es sich so gewünscht hatte.

Mit der Clowns-Gruppe "Les Francescos" wurde der Wunsch eines weiteren Gewinners des Abend erfüllt. Eine amerikanische Kindergruppe aus Heidelberg sang "Kling, Glöckchen, kling", und das Südfunk-Ballett schwang die Tanzbeine. Es spielte das Orchester Max Greger, allerdings ohne kranken Kapellmeister. Philippe Meunier, ein französischer Student aus Heidelberg, hatte sich Josephine Baker gewünscht. Die kam aus Frankreich, brachte drei ihrer acht Adoptivkinder mit. Auf der Bühne der Eberbacher Stadthalle gesungen hat Baker zwei Lieder: "Le village du monde" und "J’ai deux amours". Ihre andere Botschaft des Abends aber war, "die Herzen der Menschen aufzureißen", zitierte zumindest der Stadt- und Landbote. Zu seinem Text im Lokalteil hatte er damals noch keine Bilder veröffentlicht.

"Liebe unter den Völkern, gleich welcher Rasse, Religion und Hautfarbe" – so lautete der Appell von Madame. Am Bühnenaufgang platzierte man drei zweieinhalbjährige Waisen aus Japan und Frankreich, dazu ein Kind aus Afrika.

Bakers Eberbacher Auftritt war, gemessen an heutigen Gagen, geradezu kostengünstig: 2000 Deutsche Mark hat sie erhalten. Beifall brandete auf, als Baker das Geld der Ungarnhilfe des Deutschen Roten Kreuzes zur Verfügung stellte.

Info: Recherche unterstützt vom Eberbacher Stadtarchiv.

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