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Heidelberg: Jeden Herbst werden bedeutende Kunstwerke versteigert - auch in Heidelberg

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		Heidelberg:  Jeden Herbst werden bedeutende Kunstwerke versteigert - auch in Heidelberg

Von Volker Oesterreich

Heidelberg. Für sage und schreibe 11,6 Millionen Euro wurde gerade erst der Zuschlag für ein 54-seitiges Dokument aus der Feder Albert Einsteins erteilt. Bei Christie’s in Paris. Der Schätzpreis lag bei zwei bis drei Millionen. Der Physik-Nobelpreisträger erklärte in dem Schriftstück aus den Jahren 1913/14 seine allgemeine Relativitätstheorie. Ein Einstein-Brief von 1936 fand kurz darauf bei einer anderen Versteigerung in Israel für vergleichsweise "günstige" 48.000 Euro einen neuen Besitzer. Zahlen, die schwindelig machen.

Aus New York wiederum wurde Mitte November ein Rekord für ein Gemälde der mexikanischen Künstlerin Frida Kahlo (1907-1954) gemeldet. Ihr Selbstporträt "Diego und ich" (1949) ging für umgerechnet 31 Millionen Euro in andere Hände. Laut Sotheby’s erwarb es ein argentinischer Unternehmer. Normalerweise erfährt man nicht, wer welches Werk ersteigert. Die Branche hält sich bedeckt. Gleiches gilt für die Transaktionen, die diskret per Überweisung folgen. "Bares für Rares" gibt’s bei Auktionen in der Regel nicht, das ist eher etwas fürs populäre TV-Format oder für die Schätzchen auf Trödelmärkten.

Die oben genannten Beispiele zeigen, dass im Herbst der Kunst- und Antiquitätenmarkt heftig in Bewegung ist. In jedem Jahr. Auch in Heidelberg, wo der Numismatiker Herbert Grün kürzlich die wohl begehrteste sächsische Gedenkmünze aus der Kaiserzeit in exzellenter Erhaltung versteigern konnte – für 110.000 Euro zuzüglich 23 Prozent Aufgeld. Kriegsbedingt konnten 1917 nur 100 Exemplare des Dreimarkstücks geprägt werden. Der Silberling würdigt den 400. Jahrestag der Reformation und bringt weniger als 17 Gramm auf die Waage. Viel Geld für wenig Edelmetall.

Anderes Auktionshaus, andere Zahlen: Ein regelrechtes Bietergefecht gab es bei dem 1954 in Halle entstandenen Gemälde "Mädchen mit Spiegel" des nur Insidern bekannten Künstlers Herbert Kitzel (1928-1978). Der Heidelberger Auktionator Thilo Winterberg konnte es während seiner Herbstauktion für 78.000 Euro versteigern (inklusive Aufgeld). "Dabei lag der Schätzwert zunächst nur bei 1200 Euro, orientiert an anderen Auktionsergebnissen für diesen Künstler", sagte Winterberg der RNZ. Als Startpreis waren im Auktionskatalog 800 Euro genannt worden. Die Steigerung von einem drei- bis zu einem hohen fünfstelligen Betrag gleicht einer Sensation. Da das Werk aus der frühen Schaffensphase des Künstlers stammt, ist es sehr begehrt. Acht Bieter hätten sich laut Winterberg dafür interessiert.

Ganz ohne Schätzpreis kommt am nächsten Wochenende im Heidelberger Kunst- und Auktionshaus Metz ein auf die Jahre 1918 bis 1920 datiertes Aquarell Emil Noldes unter den Hammer. Der Auktionator Mike Metz will gegenüber der RNZ keine Prognose wagen, welcher Preis erzielt werden könnte. Versteigerungserlöse lassen sich eben schwerer vorhersagen als das Wetter.

Das von Nolde (1867-1956) aquarellierte Porträt mit breitem Halsband entspricht dem modernen Frauentypus der 1920er Jahre. Ein selbstbewusster Augenausdruck blickt den Bildbetrachter an. Während der modische Schopf an die Helme des gerade überstandenen Ersten Weltkriegs erinnern mag, suggeriert das kräftige Rot der Lippen eine gewisse Laszivität. Als Exponat würde das Werk hervorragend zur derzeit im Kurpfälzischen Museum gezeigten Sonderausstellung "Frauenkörper" passen. Auf erneute Nachfrage, ob ein mittlerer fünfstelliger Betrag für diesen Nolde angemessen sei, ringt sich Metz dann doch zu ein paar Worten durch: "Einen gewissen Realitätssinn" könnte diese Schätzung schon haben. Mehr will er nicht sagen.

Wie immer bei Auktionen bedeutender Stücke ist die Provenienz-Forschung eminent wichtig. Darauf weisen Thilo Winterberg und Mike Metz unisono hin. Für die Versteigerung des Nolde-Aquarells wurde nicht nur die seit 1991 bestehende und ständig erweiterte Datenbank des "Art Loss"-Registers durchforstet, sondern auch ein Gutachten bei dem Kunsthistoriker Manfred Reuther in Auftrag gegeben. 20 Jahre lang war er Direktor der Nolde-Stiftung in Seebüll.

Laut Reuther sei das Werk um 1928 für das König Albert Museum in Zwickau erworben worden. Bis 1930 wurde das Museum von dem Kunstexperten und Galeristen Hildebrand Gurlitt geleitet, Vater jenes Cornelius Gurlitt, dessen Sammlung vor ein paar Jahren weltweit für Schlagzeilen sorgte – vor allem wegen des Raubkunst-Verdachts, der bei zahlreichen Werken geprüft und teilweise auch nachgewiesen wurde. Vermacht hatte der weitgehend von der Öffentlichkeit abgeschottete Gurlitt seine Schätze dem Kunstmuseum Bern.

Doch zurück zu Noldes Frauenkopf, der nun in Heidelberg versteigert werden soll. Während der NS-Diktatur wurde das Werk als "Entartete Kunst" im Zwickauer Museum beschlagnahmt und gegen Devisen in die USA verkauft. So gelangte die expressionistische Arbeit in den Besitz des New Yorker Galeristen Curt Valentin, der sie 1939 für eine große Nolde-Ausstellung in San Francisco zur Verfügung stellte. Ein noch gut erhaltenes Etikett auf der Rückseite des Bildes bestätigt das.

Danach befand sich das Werk über Jahrzehnte im Privatbesitz und wurde nicht mehr öffentlich gezeigt. Als Auktionsnummer 2000 ist es jetzt aber wieder zu sehen – gut geschützt in einer Vitrine des Heidelberger Auktionators. Wäre eigentlich schön, wenn am 11. Dezember ein Museum den Zuschlag bekäme. Dann hätten alle Kunstfreunde etwas von der Bubikopf-Lady mit dem strengen Blick und den roten Lippen.

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